Neuzeitliche Exegese der Bibel

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Münek
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#241 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » Fr 2. Jan 2015, 19:57

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Historisch bzw. text-kritisch (im linguistischen Sinne) soll es doch ergebnisoffen sein - da hat kein Dogmatiker etwas dagegen - im Gegenteil: Es wäre auch für einen Dogmatiker Zeitverschwendung, wenn es nicht ergebnisoffen wäre.

Und warum regen sich Dogmatiker so auf, wenn die h.k.M. feststellt, daß Jesus sich in der Naherwartung getäuscht hat?

Tja, da sitzt der Stachel tief im Fleisch - und schmerzt!

Wenn es aber um Ehrlichkeit und Wahrheit geht, müssen Schmerzen ertragen werden, sonst
wird es unehrlich. Dann geht die Fahrt ab in den dunklen Tunnel der Selbsttäuschung. Ein
mir hier im Forum immer wieder begegnendes Phänomen.

closs
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#242 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » Fr 2. Jan 2015, 19:58

Münek hat geschrieben:Dieses "Ziel" kann und darf die historisch-kritische Bibelauslegung (übrigens keine "Hilfswissenschaft", sondern Standartexegese an den Universitäten) auf gar keinen Fall verfolgen
Welchen Sinn macht es, dass in historischen und sprachlichen Dingen ausgebildete Wissenschaftler sich die Bibel dementsprechend vornehmen, ohne die geistige Substanz derselben miteinzubeziehen? - Was bringt es, wenn man (im gegebenen Fall) den Bezug auf Verklärung, Auferstehung und Pfingsten aus Gründen der Ergebnis-Offenheit :devil: schenkt und sich damit gleichzeitig die Verständnis-Basis nimmt? - Was hat es mit "ergebnisoffen" zu tun, wenn man das Bezugs-System so eingeschränkt, dass der Bibel-Text auch ein Telefonbuch sein könnte? - Meinst Du, man könne Goethe verstehen, indem man zählt, wie oft das Wort "aber" vorkommt?

Münek hat geschrieben:Standartexegese an den Universitäten
Verständnisfrage: Versteht sich "Theologie" heute als philologische/theologische oder als sprachwissenschaftliche Disziplin? - Sind Theologen heute Christen oder aus säkularer Sicht die Bibel untersuchende Wissenschaftler? (Ich weiss es wirklich nicht - aber in der Antwort dieser Fragen könnte des Rätsels Lösung liegen)

Münek hat geschrieben:Solche "Weihen" verleiht die Wissenschaft so schnell nicht.
Das ist umgekehrt genauso - bisher ist das hier Gehörte eher nicht satisfaktionsfähig.

Münek hat geschrieben:Für eine wissenschaftliche Diziplin kann es schlichtweg nicht Aufgabe sein, subjektive Glaubensvorstellungen jeglicher Art auf eine höhere, nämlich objektive Ebene zu heben.
Es sollte aber ihre Aufgabe sein, einen Text auf dessen (und nicht der eigenen) Höhe zu lesen - das sollte der Berufsstoz gebieten.

Münek hat geschrieben:Ergebnisse der historisch-theologischen Forschung
Diese Ergebnisse sind dann nichtig, wenn sie nicht der Textebene der Bibel gerecht werden.

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Münek
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#243 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » Fr 2. Jan 2015, 19:58

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Historisch bzw. text-kritisch (im linguistischen Sinne) soll es doch ergebnisoffen sein - da hat kein Dogmatiker etwas dagegen - im Gegenteil: Es wäre auch für einen Dogmatiker Zeitverschwendung, wenn es nicht ergebnisoffen wäre.

Und warum regen sich Dogmatiker so auf, wenn die h.k.M. feststellt, daß Jesus sich in der Naherwartung getäuscht hat?

Tja, da sitzt der Stachel tief im Fleisch - und schmerzt!

Wenn es aber um Ehrlichkeit und Wahrheit geht, müssen Schmerzen ertragen werden, sonst
wird es unehrlich. Dann geht die Fahrt ab in den dunklen Tunnel der Selbsttäuschung. Ein
mir hier im Forum immer wieder begegnendes Phänomen.

closs
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#244 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » Fr 2. Jan 2015, 20:02

Münek hat geschrieben:in den dunklen Tunnel der Selbsttäuschung
Das ist - gemessen an dem, was hier unter dem Label "historisch-kritisch" vorgestellt wird - genau mein Gegen-Vorwurf. - Man drückt die Texte und Textzusammenhänge auf sein säkulares Niveau runter und meint dann, auf diese Weise "neutral" und "ergebnisoffen" arbeiten zu können. - Das ist so, als würde man mit Perlen Murmeln spielen.

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sven23
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#245 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » Fr 2. Jan 2015, 20:03

closs hat geschrieben:Weil es diese Naherwartung bei entsprechenden Bezügen zu geistigen Parametern nicht gibt. -
Das muß man bei nüchtern-sachlicher Betrachtung auf Grund der Quellen ganz einfach anders sehen.

closs hat geschrieben: Das wäre wirklich mal ein Beispiel für "Verschwörungs-Theorie".

Ich denke nicht. Paulus sah wohl in Jesus die geeignete Figur, um einen neuen Kult zu begründen unter Verwendung aller möglichen Elemente aus anderen Kulten und Mythen. Dabei machte er aus der Niederlage der Kreuzigung einen Sieg durch die Wiederauferstehung, die auch aus anderen Mythen entnommen ist.

„Welch primitive Mythologie, dass ein menschgewordenes Gotteswesen durch sein Blut die Sünden der Menschen sühnt!“ schrieb Bultmann.

"Dieses Geschehen ist in der Tat durch und durch mythologisch. Wem es schwerfällt, dies zu erkennen, stelle sich einfach einen Indiostamm vor, der einen Menschen rituell opfert, um mit seinem
Blut die Götter zu besänftigen. Was uns dort abschreckt und primitiv vorkommt, wird uns hier seit zweitausend Jahren von den Kirchen als göttliches Heilsgeschehen serviert. Jesus stirbt einen Opfertod, auch sein Blut soll versöhnen, wie das Blut eines geopferten Tieres versöhnen soll. Im Johannesevangelium stirbt Jesus zu derselben Stunde, da im Tempel die Passahlämmer geschlachtet
werden. Damit soll Jesus als das wahre Passahlamm verdeutlicht werden. Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd’ der Welt, heißt es noch heute in der kirchlichen Liturgie."

Quelle: Jesuswahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Münek
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#246 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » Fr 2. Jan 2015, 20:12

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dieses "Ziel" kann und darf die historisch-kritische Bibelauslegung (übrigens keine "Hilfswissenschaft", sondern Standartexegese an den Universitäten) auf gar keinen Fall verfolgen
Welchen Sinn macht es, dass in historischen und sprachlichen Dingen ausgebildete Wissenschaftler sich die Bibel dementsprechend vornehmen, ohne die geistige Substanz derselben miteinzubeziehen?

Aber Kurt,

dass es diese "geistige Substanz" gibt, wird doch von Dir und anderen Gläubigen
lediglich behauptet. Ein Postulat. Eine Wunschvorstellung. Mehr ist doch für "Au-
ßenstehende" auch mit gutem Willen nicht erkennbar!

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#247 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » Fr 2. Jan 2015, 20:50

sven23 hat geschrieben:Das muß man bei nüchtern-sachlicher Betrachtung auf Grund der Quellen ganz einfach anders sehen.
Da steckt schon ein fettes Stück Ideologie dabei, wenn man meint, man MÜSSE das so sehen. - Es wurden genug Hinweise gegeben, dass es ganz anders aussieht, wenn man ausgesparte Parameter hinzunimmt.

sven23 hat geschrieben:„Welch primitive Mythologie, dass ein menschgewordenes Gotteswesen durch sein Blut die Sünden der Menschen sühnt!“ schrieb Bultmann.
Unter agnostischen Gesichtspunkten kann man das so sehen. - Nimmt man das Sinn-Geflecht der ganzen Bibel (incl. AT) hinzu, sieht das ganz anders aus.

Wollte Bultmann ein Christentum ohne Bibel - am Ende auch ohne Jesus? (ich kenne ihn zu wenig).

Münek hat geschrieben: Ein Postulat.
Richtig - ohne das geht es nicht. - Wenn man die Bibel ohne spirituelle (muss nicht intellektuell sein) Zündung liest, kann man keine geistige Substanz in ihr finden. - Dann kann man genauso Karl May lesen.

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#248 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » Fr 2. Jan 2015, 20:51

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:in den dunklen Tunnel der Selbsttäuschung
Das ist - gemessen an dem, was hier unter dem Label "historisch-kritisch" vorgestellt wird - genau mein Gegen-Vorwurf. - Man drückt die Texte und Textzusammenhänge auf sein säkulares Niveau runter und meint dann, auf diese Weise "neutral" und "ergebnisoffen" arbeiten zu können. - Das ist so, als würde man mit Perlen Murmeln spielen.

Lieber Kurt!

Es geht schlicht um "intellektuelle Ehrlichkeit". Dieser räume ich bei den Diskussionen hier im
Forum die absolute Priorität ein. Möglicherweise habe ich den "Vorteil", so betont sachlich argu-
mentieren zu können, dass mich die Aussicht auf den ewigen Tod in keiner Weise schreckt.

Ich weiß, dass Du da völlig anders empfindest. (Du würdest "durchdrehen", wenn es nicht so wä-
re, wie Du es Dir vorstellst.) Das erklärt für mich auch so viele Deiner in meinen Augen "unange-
messenen" Reaktionen und Repliken, die Deinem hohen intellektuellen Niveau eigentlich über-
haupt nicht entsprechen (deswegen habe ich Dir kürzlich "Borniertheit" vorgeworfen).

Watt solls. Machs gut, Junge. Bist ein feiner Kerl!!! :thumbup:

closs
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#249 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » Fr 2. Jan 2015, 21:02

Münek hat geschrieben:Es geht schlicht um "intellektuelle Ehrlichkeit".
Das ist in diesem Fall eine Selbsttäuschung, weil diese Ehrlichkeit in einem Bereich angesiedelt ist, die substantiell mit dem Objekt nichts zu tun hat. - Man ist angeschnallt, hat einen Führerschein, das Gaspedal ist durchgetreten, aber es ist kein Gang drin.

Münek hat geschrieben:Ich weiß, dass Du da völlig anders empfindest. (Du würdest "durchdrehen", wenn es nicht so wäre, wie Du es Dir vorstellst.)
Das bezog sich darauf, wie man sich fühlen würde, wenn das Dasein alles wäre - wenn man sich also im Dasein beweisen müsste.

Münek hat geschrieben: Bist ein feiner Kerl!!!
Dankschön gleichfalls. - Du bist aus meiner Sicht ein klassisches Beispiel dafür, persönlich viel weiter zu sein als philosophisch. - Bei mir ist es eher umgekehrt.

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#250 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Pluto » Fr 2. Jan 2015, 21:23

closs hat geschrieben:Das ist so, als würde man mit Perlen Murmeln spielen.
...oder sich mit einem 50-Euro Schein die Zigarre anzünden würde.
Was ist daran so schlimm, außer der Verschwendung?

Dabei ist das Spiel mit den Perlen nicht mal verschwenderisch — es geschieht ihnen doch nichts.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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