Savonlinna hat geschrieben: dass man Deine "Metatheorie" vielleicht als "Erkenntnistheorie" titulieren könnte. Deckt das alles ab, was Dir vorschwebt?
Wahrscheinlich ja. - Allerdings mit dem Vorbehalt, dass auch der Begriff "Erkenntnis-Theorie" inzwischen irgendwie einseitig besetzt ist. - Ich meine es also unschuldig wörtlich: Eine Theorie, wie der Mensch erkennt.
Am nähesten dran sind hier nach meinem Dafürhalten Hegel und Heidegger - einerseits die hegelsche Dialektik, die eigentlich so einfach ist, aber irgendwie nicht in die heutigen Köpfe zu passen scheint - andererseits die heideggersche Ontologie, für die dasselbe gelten könnte.
Damit es aber nicht zu abgehoben klingt: Es geht eigentlicht darum, wie der Mensch am freiesten von Einzelsystemen erkennt, wie er zur Realität/zum Sein steht. - Dazu gehört - und da sind Augustinus und Descartes zu nennen - , dass man überhaupt erstmal kapiert, dass Wahrnehmung eine andere Kategorie ist als Realität/Sein, und jegliche Wahrnehmung unter Vorbehalt des gewählten Systems steht. - Praktisch heisst das:
Ein sogenannter "bibeltreuer Christ" müsste wissen, dass die Bibel nicht die Wahrheit/die Realität/das Sein "ist", sondern eine Chiffre, also eine Wahrnehmungs-Hilfe dazu ist. - Dasselbe gälte dann auf der anderen Seite auch für den Naturwissenschaftler, der wissen müsste, dass seine Methodik ebenfalls kategorial "nur" eine Wahrnehmungs-Hilfe ist, nicht aber die Realität selbst. - Beide müssten weiterhin wissen, dass es immer das gibt, was Heidegger "ontologische Differenz" genannt hat - sei es horizontal zwischen Wahrnehmung und Daseins-Objekt, sei es vertikal zwischen Dasein und Jenseits/Seins-Objekt.
Diese "ontologische Differenz" scheint sowohl von sog. "bibeltreuen Christen" als auch von Naturwissenschaftler gelegentlich kritisch gesehen zu werden - denn man gewinnt manchmal in beiden Fällen den Eindruck, dass das jeweilige Wahrnehmungs-System ("Bibel" oder "Kritischer Rationalismus") ÜBER die Realität/das Sein gestellt werden - im Sinne von: "Steht nicht in der Bibel, also irrelevant"/"Nicht nachweisbar, also irrelevant". - Als sei also Realität (!) irrelevant, wenn sie nicht mit dem eigenen System greifbar ist. - Dies nenne ich anthropozentrische Vorgehensweise.
Und darüber würde ich gerne ein Erkenntnis-System (Meta-System) setzen, das sagt: Jeder braucht ein System der Wahrnehmung - ohne geht nicht. - ABER: Es ist immer nur ein Behelf, der selber keinen Eigenrang in puncto Realität/Sein hat. - Denn es könnte theoretisch sein, dass die Bibel von vorne bis hinten gefälscht ist - es könnte ebenfalls sein, dass unsere sogenannte objektivierte Wahrnehmung nichts anderes als ein Streich unseres Gehirns ist. - Ich glaube, dass dem NICHT so ist - aber es ist eben ein Glaube und kein Wissen.
Mit anderen Worten: Man muss bei aller Überzeugung in Bezug auf das eigene Erkenntnis-System das Sein auch unbekannterweise darüber stellen - also als letzte Relevanz erkennen - und nicht als Irrelevanz, weil es im eigenen System nicht vorkommt.