Dogmen

Rund um Bibel und Glaube
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sven23
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#221 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Fr 19. Aug 2016, 19:16

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: was meinst du, warum Theobald Ratzinger vorwirft, die historisch-kritische Methode zu Grabe tragen zu wollen? Aber das wird Ratzinger nicht gelingen, in diesem Leben nicht mehr.
Da geht es um Pfründe. - Im übrigen erwartet sicherlich keiner, dass die HKM zu Grabe getragen wird. Es wäre ein Bauernopfer, das nichts bringt - das eigentliche Problem "atheistische Theologie" wäre damit nicht gelöst.
Es geht vor allem um intellektuelle Redlichkeit. Man kann nicht einerseits die historisch-kritische Methode zum Schein loben, und andererseits alle Ergebnisse ignorieren.

closs hat geschrieben: Es wird laufen, wie es eh schon läuft: Trennung der Deutungs-Stränge. Ratzingers Exegese war ein vergeblicher Versuch, ein wissenschaftliches Schisma zu vermeiden - nun wird es eher um eine Schärfung der jeweiligen Konturen gehen.
Es gibt kein Wissenschafts-Schisma. Es gibt wissenschaftliche Vorgehensweise einerseits und Glaubensdogmatik andererseits. Ratzinger gibt dies ja auch zu, indem er zum Glaubensentscheid aufruft.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#222 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Fr 19. Aug 2016, 21:08

sven23 hat geschrieben:Es geht vor allem um intellektuelle Redlichkeit. Man kann nicht einerseits die historisch-kritische Methode zum Schein loben, und andererseits alle Ergebnisse ignorieren.
Der Begriff "intellektuelle Redlichkeit" ist zum inhaltslosen Kampfbegriff geworden - das bringt nix. Ich könnte es genauso als intellektuell untredlich bezeichnen, wenn sich biblische HKM-ler keine geistige Grundlagen-Gedanken machen.

Des weiteren ist Deine Behauptung falsch. Weder lobt man die HKM zum Schein noch ignoriert man alle Ergebnisse. Allerdings unterscheidet man zwischen rein sachlichen Beobachtungs-Ergebnissen und deren Interpretation, da letztere oft in einer Art weltanschaulich bedingt ist, die der christlichen Weltanschauung widerspricht. Da sollte man schon differenziert denken.

sven23 hat geschrieben:Es gibt kein Wissenschafts-Schisma.
Wenn Du im Namen von Wissenschaft geäußerte weltanschauliche Interpretationen inkludierst, gibt es sehr wohl ein Wissenschafts-Schisma. - Bleibt die Wissenschaft diszipliniert bei ihren Leisten, gibt es kein Wissenschafts-Schisma.

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sven23
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#223 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Sa 20. Aug 2016, 07:27

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es geht vor allem um intellektuelle Redlichkeit. Man kann nicht einerseits die historisch-kritische Methode zum Schein loben, und andererseits alle Ergebnisse ignorieren.
Der Begriff "intellektuelle Redlichkeit" ist zum inhaltslosen Kampfbegriff geworden - das bringt nix. Ich könnte es genauso als intellektuell untredlich bezeichnen, wenn sich biblische HKM-ler keine geistige Grundlagen-Gedanken machen.
Die Forschung muss sich zwangsläufig mit dem geistigen Glaubenskonstrukt beschäftigen, das ist selbstverständliche Basisarbeit.

closs hat geschrieben: Des weiteren ist Deine Behauptung falsch. Weder lobt man die HKM zum Schein noch ignoriert man alle Ergebnisse. Allerdings unterscheidet man zwischen rein sachlichen Beobachtungs-Ergebnissen und deren Interpretation, da letztere oft in einer Art weltanschaulich bedingt ist, die der christlichen Weltanschauung widerspricht. Da sollte man schon differenziert denken.
Ratzinger denkt aber nicht differenziert. Er behauptet lediglich, dass die Ergebnisse der Forschung falsch sind, bleibt aber den Beweis dafür schuldig. Das ist zu wenig. Entweder ist man Wissenschaftler oder Glaubensdogmatiker, beides zusammen geht nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es gibt kein Wissenschafts-Schisma.
Wenn Du im Namen von Wissenschaft geäußerte weltanschauliche Interpretationen inkludierst, gibt es sehr wohl ein Wissenschafts-Schisma. - Bleibt die Wissenschaft diszipliniert bei ihren Leisten, gibt es kein Wissenschafts-Schisma.
Wo in der Literatur wird dieses angebliche Wissenschaft-Schisma ernsthaft diskutiert? Oder wieder mal nur closssche Fantasie?
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Münek
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#224 Re: Dogmen

Beitrag von Münek » Sa 20. Aug 2016, 08:06

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du weißt genau, dass Du jetzt blanken Unsinn von Dir gibst.
Nein - das ist nüchterne Analyse.
Unsinn bleibt Unsinn - auch wenn man ihn mit dem Etikett "nüchterne Analyse" versieht. Das scheint hier offensichtlich der Fall zu sein.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Naturalismus ist weltoffen und universell aufnahmefähig.
Nein - er ist nur aufnahmefähig für naturalistische Dinge, die intersubjektiv nachweisbar sind.
Bei persönlichen Glaubensvorstellungen und unbelegten Behauptungen transzendenter Art, bei beliebig-willkürlichen Setzungen und subjektiven Annahmen ohne einen Hauch von Plausibilität und Evidenz sind dem Naturalismus bei aller Weltoffenheit naturgemäß die
Hände gebunden.


Der Ball liegt im Feld der "Gläubigen" jeglicher Couleur. Sie müssten liefern, können es aber nicht. Dieses Unvermögen der "Spirituellen"
kann dem Naturalismus selbstverständlich nicht angelastet werden; sollen die "Spirits" ruhig weiterhin in ihrem Sandkasten spielen - und
gut is...

Für den begehrten Wissenschafts-TÜV-Stempel reichts halt nicht.

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#225 Re: Dogmen

Beitrag von Pluto » Sa 20. Aug 2016, 09:42

closs hat geschrieben:Der Begriff "intellektuelle Redlichkeit" ist zum inhaltslosen Kampfbegriff geworden - das bringt nix.
Du magst darüber spotten. Aber für viele Menschen ist intellektuelle Redlichkeit ein Synonym für Ehrlichkeit.

closs hat geschrieben:Ich könnte es genauso als intellektuell unredlich bezeichnen, wenn sich biblische HKM-ler keine geistige Grundlagen-Gedanken machen.
Wie würdest du diese Behauptung begründen?

closs hat geschrieben:Bleibt die Wissenschaft diszipliniert bei ihren Leisten, gibt es kein Wissenschafts-Schisma.
Wer bestimmt was die Wissenschaft darf und was nicht, so lange ihre Ergebnisse ehrlich bleiben und der Erkenntnismehrung dienen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#226 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Sa 20. Aug 2016, 09:57

sven23 hat geschrieben:Die Forschung muss sich zwangsläufig mit dem geistigen Glaubenskonstrukt beschäftigen, das ist selbstverständliche Basisarbeit.
Aber die säkular beschränkte Forschung tut es von außen, also in der Regel ohne inneres Verständnis. Sie kann es neutral analysieren, aber nicht empfinden.

sven23 hat geschrieben: Er behauptet lediglich, dass die Ergebnisse der Forschung falsch sind, bleibt aber den Beweis dafür schuldig.
Das kann man nicht "beweisen", weil "falsch" ja nicht "handwerklich falsch" heisst, sondern "verständnismäßig falsch". - Man stellt dann das eigene geistige Verständnis dagegen, was aber keine Widerlegung ist, weil ja auch dieses geistige Verständnis ein weltanschauliches Verständnis ist.

Es geht hier nicht um "Wissenschaft contra Nicht-Wissenschaft", sondern um "Weltanschauung contra Weltanschauung".

sven23 hat geschrieben:Wo in der Literatur wird dieses angebliche Wissenschaft-Schisma ernsthaft diskutiert?
Müsste ich nachgucken - überm Weg gelaufen ist es mir einige Male. Du musst nur einmal unter "Ratzinger-Exegese" googeln - dann wirst Du Hinweise auf umfassende Diskussionen zum Thema Wissenschaft, Theologie, Wissenschafts-Theorie,etc. stoßen.

Ich behaupte übrigens nicht, dass die Ratzinger-Exegese das non-plus-ultra ist, sehe aber darin einen Versuch, die Einheit der Wissenschaft zu erhalten. Diese könnte allerdings viel einfacher zu haben sein, wenn sich beide Seiten diszipliniert daran halten würden, was Wissenschaft eigentlich ist - diese Kritik trifft am meisten diejenigen, die unter dem Vorwand von "Wissenschaft" mit der HKM weltanschauliche Arbeit leisten. Ratzingers Vorstoß war eine RE-Aktion darauf.

Münek hat geschrieben:Unsinn bleibt Unsinn - auch wenn man ihn mit dem Etikett "nüchterne Analyse" versieht.
Es wäre aber schon gut, wenn Du Dich auch inhaltlich dazu äußern würdest.

Münek hat geschrieben:sollen die "Spirits" ruhig weiterhin in ihrem Sandkasten spielen
Der Sandkasten-Vorwurf geht in den Geistes-Wissenschaften an die Naturalisten.

Münek hat geschrieben:Für den begehrten Wissenschafts-TÜV-Stempel reichts halt nicht.
Die Theologie hat kein Begehren nach einem säkular-weltanschaulich geprägten Wissenschafts-TÜV-Stempel. Damit würde sie jeden substantiellen Zugang zu geistigen Schriften schließen - das DARF doch gar nicht ihr Begehren sein.

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#227 Re: Dogmen

Beitrag von Pluto » Sa 20. Aug 2016, 10:04

closs hat geschrieben:Man stellt dann das eigene geistige Verständnis dagegen, was aber keine Widerlegung ist, weil ja auch dieses geistige Verständnis ein weltanschauliches Verständnis ist.
Der Grund, warum es keine Beweise geben kann, ist ein ganz anderer. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, lies diesen Artikel: Münchhausen Trilemma

closs hat geschrieben:Es geht hier nicht um "Wissenschaft contra Nicht-Wissenschaft", sondern um "Weltanschauung contra Weltanschauung".
Ich denke es geht vielmehr um Wissenschaft kontra spirituelle Dogmen und Ideologie.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#228 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Sa 20. Aug 2016, 10:16

Pluto hat geschrieben:Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, lies diesen Artikel: Münchhausen Trilemma
Im Grunde beschreibt er den Hermeneutischen Prozess. Natürlich ist es ein Tri- oder Dilemma, wenn man nicht zu einem Ende kommen kann - aber gerade das ist Ausdruck der ontologischen Differenz zwischen Realität und Wahrnehmung. - Vollkommen normal.

Die Tatsache, dass Popper den unendlichen Regress methodisch abschafft, heisst doch nicht, dass er philosophisch abgeschafft ist.

Pluto hat geschrieben:Ich denke es geht vielmehr um Wissenschaft kontra spirituelle Dogmen und Ideologie.
Nur dann, wenn man Wissenschaft als einseitig weltanschauliche Größe versteht.

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#229 Re: Dogmen

Beitrag von Pluto » Sa 20. Aug 2016, 10:42

closs hat geschrieben:Die Tatsache, dass Popper den unendlichen Regress methodisch abschafft, heisst doch nicht, dass er philosophisch abgeschafft ist.
In der Erfahrungswelt der Erkenntnisse muss man den unendlichen Regress abschaffen, um überhaupt zum Erfolg zu kommen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich denke es geht vielmehr um Wissenschaft kontra spirituelle Dogmen und Ideologie.
Nur dann, wenn man Wissenschaft als einseitig weltanschauliche Größe versteht.
Vielleicht muss ich noch klarer werden:
Es geht um Erkenntnis in der realen Welt gegen Glaube und Vermutung in einer Schein- oder Phantasiewelt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#230 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Sa 20. Aug 2016, 10:58

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung muss sich zwangsläufig mit dem geistigen Glaubenskonstrukt beschäftigen, das ist selbstverständliche Basisarbeit.
Aber die säkular beschränkte Forschung tut es von außen, also in der Regel ohne inneres Verständnis. Sie kann es neutral analysieren, aber nicht empfinden.
Also wieder mal die Forderung nach dem Glaubensentscheid. Und genau an diesem Punkt setzt das Schisma ein zwischen Wissenschaft und Glaubendogmatik.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Er behauptet lediglich, dass die Ergebnisse der Forschung falsch sind, bleibt aber den Beweis dafür schuldig.
Das kann man nicht "beweisen", weil "falsch" ja nicht "handwerklich falsch" heisst, sondern "verständnismäßig falsch". - Man stellt dann das eigene geistige Verständnis dagegen, was aber keine Widerlegung ist, weil ja auch dieses geistige Verständnis ein weltanschauliches Verständnis ist.
Es geht nicht nur um Verständnisfragen. Wenn die Evangelien gar nicht von Aposteln stammen, die Geburtslegenden Erfindungen der Schreiber sind, das Johannesevangelium weitgehend als Eigenkomposition des Schreibers gilt, viele Paulusbriefe gar nicht von Paulus (bzw. dem gleichen Schreiber stammen), der Missionsbefehl eine spätere christliche Erfindung ist, usw, usw., dann sind das harte Fakten, die man mal zur Kenntnis nehmen sollte.
Vom Irrtum der Naherwartung ganz zu schweigen.

closs hat geschrieben: Es geht hier nicht um "Wissenschaft contra Nicht-Wissenschaft", ....".
Doch, genau darum geht es. Genauer gesagt, um Wissenschaft contra Glaubensdogmatik. Deshalb ist Ratzinger ja auf den Glaubensentscheid angewiesen. Sonst hat er ja nichts vorzuweisen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wo in der Literatur wird dieses angebliche Wissenschaft-Schisma ernsthaft diskutiert?
Müsste ich nachgucken - überm Weg gelaufen ist es mir einige Male. Du musst nur einmal unter "Ratzinger-Exegese" googeln - dann wirst Du Hinweise auf umfassende Diskussionen zum Thema Wissenschaft, Theologie, Wissenschafts-Theorie,etc. stoßen.
Ratzinger-Exegese war die Schnapsidee, Wissenschaft mit Glaubensdogmatik zu verbinden. So etwas muss immer scheitern.
Das sehen auch renommierte Theologen so, die die historisch-kritische Methode ernsthaft betreiben und nicht nur zum schönen Schein loben.
https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.p ... stbuch.pdf


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Für den begehrten Wissenschafts-TÜV-Stempel reichts halt nicht.
Die Theologie hat kein Begehren nach einem säkular-weltanschaulich geprägten Wissenschafts-TÜV-Stempel. Damit würde sie jeden substantiellen Zugang zu geistigen Schriften schließen - das DARF doch gar nicht ihr Begehren sein.
Und warum dann immer der Hinweis, es gäbe noch irgendeine andere Art von Wissenschaft, die es mit der Wahrheit nicht so genau nehme?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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