Detlef hat geschrieben:Magdalena61 hat geschrieben:Wenn du den Wert der Persönlichkeit eines Menschen daran bemessen willst, wie weit er sich selbst als Individuum erkennen sowie autonome Entscheidungen treffen und realisieren kann oder... wie "klar im Kopf" er ist, also wie weit er seine Umgebung bewußt wahrnehmen und mit ihr kommunizieren kann... mußt du sämtliche Dementen: Geistig behinderte Menschen und eine ganze Anzahl von Senioren, mit demselben Maßstab messen und ggf. für die "Entsorgung" derselben plädieren.
Das sind unterschiedliche Themen, die kann man nicht so einfach, wie du das tust, miteinander vermengen. Im Unterschied zum Thema "geistig Behinderte" oder "Senioren" besteht bei der Frage "Schwangerschaftsabbruch" ein grundsätzlicher Konflikt zwischen den Interessen des ungeborenen Kindes und den Interessen der werdenden Mutter.
Dieser Logik folgend muß man dann ebenfalls einen grundsätzlichen Konflikt realisieren zwischen den Interessen der geistig Unmündigen (Menschen mit Behinderung) und der Gesellschaft, mindestens ihrer Familien, denn diese werden beispielsweise empfindlich zur Kasse gebeten, wenn sie die Betreuung der Person mit Behinderung nicht komplett selbst übernehmen können oder wollen. Finanziell ist es sehr aufwändig, ein Kind oder ein anderes Familienmitglied mit Behinderung haben zu müssen. Auch die Betroffenen selbst dürfen kaum etwas sparen, weil sie, wenn sie es können, nach Kräften dazu beitragen müssen, ihre Pflegekosten zu bestreiten.
So lange es endlose Wartelisten von kinderlosen Paaren gibt, die wahnsinnig gerne ein Baby hätten, gibt es keine Rechtfertigung für ungewollt Schwangere, ein gesundes Kind abzutreiben, da sie dieses sofort nach der Geburt "loswerden" und in liebevolle Hände abgeben können. Teilweise gibt es die offene Adoption, da können sie bezüglich der Wahl der Adoptiveltern sogar mitreden.
"Ihr kämpft für das ungeborene Leben? Kümmert euch erst mal um das geborene!"
Man sollte das eine tun und das andere nicht lassen.
Magdalena61 hat geschrieben:Wenn die Mutter kein Interesse daran hat, schwanger zu werden, dann kann sie etwas dagegen tun. Bevor sie Sex hat, nicht hinterher. Und noch besser wäre, der Erzeuger übernimmt die Verantwortung für seine Manneskraft und schwängert nicht, wo er kein Kind will.
Würdest du dich vor einem betroffenenem jungen Mädchen oder einer Frau hinstellen und ihr das so ins Gesicht sagen?
Prinzipiell würde ich das Gleiche sagen, aber so vorsichtig und einfühlsam, wie es mir nur möglich ist, in der Absicht, die werdende Mutter zu überzeugen, ihr Baby auszutragen und dann (eventuell) abzugeben.
Es ist auch besser für ihren Körper.
Auf Dauer wird sie mit dieser Lösung "glücklicher" sein. Und wie wird eine andere Frau, die unverschuldet unfruchtbar ist, sehr, sehr glücklich machen.
Diese Aussage halte ich für sehr lebensfremd. Es gibt die unterschiedlichsten Situationen für Frauen, ungewollt, oder auch "unverschuldet", schwanger zu werden, von erzwungenen Geschlechtsverkehr mal ganz zu schweigen.
Sorry, aber ich verstehe durchaus Notlagen durch ungewollte Schwangerschaft, war ja selbst davon betroffen.
Verwerflich ist die Haltung der Gesellschaft, auch der "Berater", die die Persilscheine ausstellen. In der Frühphase der Schwangerschaft ist man als Frau psychisch sehr sensibel und teilweise überhaupt nicht belastbar. Man traut sich nichts mehr zu, man hat Angst vor der Zukunft, man zweifelt daran, dem Kind gerecht werden zu können, man fühlt sich einfach beschissen- das hängt auch mit der hormonellen Umstellung zusammen. Wenn da keine Unterstützung kommt, vom Vater des Kindes, von der Familie oder anderen Menschen... und Abtreibung ginge so schnell und unkompliziert... dann ist der Gedanke, das "alte Leben" wiederherzustellen schnell da.
DASS es möglich ist, die Herausforderung zu "packen" und das Kind tatsächlich zu lieben, kann man nur dann erfahren, wenn man sich dieser Aufgabe stellt.
Ich spreche von "Normalos", nicht von Extremfällen wie Vergewaltigung und so weiter. Die Hälfte aller unerwünschten Babys wird in Deutschland von verheirateten Frauen abgetrieben. Ein oder zwei Kinder sind ihnen genug, mehr wollen sie nicht. Viele dieser Frauen werden von ihrem Partner oder von ihrem Umfeld unter Druck gesetzt. Ich bin da selbst durchgegangen... das ist unglaublich, wer sich hier alles als zuständig sieht und ungebetenerweise beeinflussen will, (nicht nur) MIR Vorschriften zu machen, wenn ich es wage, von der gesellschaftlichen Norm abzuweichen.
Zwei Kinder werden gerade noch so toleriert. Ab drei Kids bist du asozial, ein Sozialschmarotzer, eine Belastung für die Gesellschaft und so weiter.
Anstatt Abtreibung zu bewerben und ersatzweise Migranten und damit noch mehr Probleme ins Land zu holen, weil die Deutschen zu wenig Kinder kriegen, sollte man junge Familien mehr unterstützen.
Außerdem, wo willst du denn eine Grenze ziehen? - Beim "rausziehen" der "mechanischen"Schwangerschaftsverhütung (wird z.B. von der RKK abgelehnt),Pille davor, Pille danach, Abtreibung des Fötus nach 6.-, 9.- oder 12.Schwangerschaftswoche?
Es gibt keine Grenze.
Und Coitus interruptus ist 1. unsicher und 2. nicht erfreulich und geht 3. die RKK überhaupt nichts an.
Du liebe Zeit... man kann auch auf alternative Weise Sex haben-- dazu braucht es nicht einmal Verhütungsmittel.
Letzlich muss man sich deshalb auf einen Kompromiß einigen, der Gesetzgeber hierzulande hat das getan mit den §§ 218ff und dem SchKG. Das hat man erst mal so zu akzeptieren, wer Änderungen will, muss sich entsprechend politisch egagieren -punkt.
Wer den Gesetzgeber zu seinem Gott macht, der mag es tun und ihm nachfolgen. In diesem Thread geht es jedoch nicht primär um eine ethische Bewertung von Abtreibungen, sondern ich stellte die weit verbreitete Toleranz der Kindstötung der für mein Empfinden heuchlerischen Empörung bezüglich der Haltung der ZJ zu Bluttransfusionen gegenüber. Also, entweder ist man FÜR das Leben, aber dann bitte kompromißlos und nicht selektiv, oder aber man genehmigt sich und anderen, wehrlose Kinder gezielt umzubringen und hält dann aber auch konsequent den Mund, wenn Mitglieder der ZJ durch die Hölle gehen, weil sie einen geliebten Menschen sterben lassen müssen, dem man - vielleicht- mit modernen medizinischen Maßnahmen helfen könnte.
Der Beitrag ist zu lang. Ich muß ihn teilen.