Neuzeitliche Exegese der Bibel

Rund um Bibel und Glaube
Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#211 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » Do 1. Jan 2015, 16:41

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Standen nicht einige seiner Werke auf dem katholischen Index und durften von Gläubigen nicht ge- lesen werden?
Auch sein protenstantischer Preussen-König hat ihn gebremst. - Kant war ganz einfach zu grundlegend, um in die Glaubens-Praxis der Kirchen zu passen. - Da war Kant ganz einfach weiter und somit eine Bedrohung.

Münek hat geschrieben:Und Du weißt auch, dass Kant, den Du so gern anführst, aus Vernunftsgründen nicht an die Existenz überirdischer Himmelswesen glaubte.
Kant war META-Physiker (= Synonym für "spiritueller Mensch"). - Dass er nicht den gängigen Vorstellungen der Zeit nicht gefolgt ist, ist sehr verständlich - gilt übrigens auch für Goethe. - Trotzdem waren Kant und Goethe Meta-Physiker und NICHT Naturalisten im heutigen Verständnis.

Er folgte offensichtlich nicht den gängigen Vorstellungen der BIBEL mit ihren
mythologischen Aussagen über Gott, Mensch gewordener Gottessohn, Himmel,
Engel, Teufel und Hölle etc. 8-)

So wird ein Schuh draus.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#212 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » Do 1. Jan 2015, 17:08

closs hat geschrieben:Es ist genauso unglaubwürdig, dass die Naherwartung berechtigt ist, wenn man sonstige Aussagen Jesu heranzieht, die die weitere Zukunft betreffen (ein Mitforist hat da mal eine ganze Serie gebracht - bringe sie jetzt nicht zusammen). - Wat nu? Stimmen kann nur EINE Version - und diese Frage lässt sich ganz offensichtlich reduktiv (also historisch-kritisch) nicht beantworten.

Das waren aber keine Aussagen, die der Naherwartung eindeutig widersprochen hätten.
Wenn Jesus sagt, daß der genaue Tag ungewiss sei, dann widerpricht das in keiner Weise der Parusie. Es sagt lediglich, daß der genaue Zeitpunkt innerhalb des Zeithorizonts einer Generation nicht feststeht.

"Und es wird gefragt, ob sich die Kirchen denn zu Recht auf jenen Jesus von Nazareth berufen, den sie als Gottes Sohn verkündigen. Die wissenschaftliche Forschung hat längst erkannt, dass Jesus ein ganz anderer war. Er hat sich bis zum Ende als frommer Jude verstanden, der das nahe Gottesreich ankündigt. In diesem zentralen Punkt seiner Verkündigung hat er sich geirrt, denn das Gottesreich kam nicht. Und auch auf Jesu Wiederkunft warten die Christen seit 2000 Jahren vergeblich. Er wird nicht kommen, denn Jesus hatte nie die Absicht eine neue Religion zu gründen, und wollte auch nicht selber verehrt oder gar zum Gott erhoben werden. Erst die Kirche hat Jesus zu einem Gott gemacht."
Quelle
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#213 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » Do 1. Jan 2015, 18:12

sven23 hat geschrieben:Das waren aber keine Aussagen, die der Naherwartung eindeutig widersprochen hätten.
Ich krieg's nicht mehr hin (es steht nach meiner Erinnerung in unserem langen NAherwartungs-Thread und war , meine ich, von Catholic oder Rembri), aber das waren weit mehr Aussagen:
a) Ecclesia
b) Anti-Christ
c) diverse Aussagen, wie sich die Welt entwickeln würde
Das hat als Ganzes sehr wohl der Naherwartung widersprochen.

Kubitza ist EINE Meinung aus agnostischer(?) Sicht, die zudem Dinge wie Verklärung, Auferstehenung, Pfingsten vollkommen außen vor lässt und anscheinend streng reduktiv arbeitet. Man kann sicherlich Einzelaussagen finden, aber es passt einfach nicht in den Gesamtkontext der Bibel.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#214 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » Do 1. Jan 2015, 18:25

Pluto hat geschrieben:Selbst ein Laie wie ich, erkennt an den einschlägigen Bibelversen, dass Jesus die baldigen Wiederkunft und das Ende der Welt predigte.
Wenn man streng reduktiv rangeht, ist das gut möglich. - Aber damit werden Gesichtspunkte wie Verklärung, Auferstehtung, Pfingsten, Fehlverständisse der Textverfasser, gelegentlich auch Fehlübersetzungen, etc. ausgespart - man sieht den Satz ohne Bezug darauf. - Dann kann da so was rauskommen.

Münek hat geschrieben: Wenn Jesus verkündete, das Reich Gottes sei nahe (z.b. Mk. 1,15), dann meinte er auch nah und nichts anderes.
Stimmt.

Münek hat geschrieben: Und zwar als zeitliches Moment
Nicht unbedingt, aber auch - und zwar wenn es sich auf die Verklörung,Erlösung, Pfingsten bezieht - "Die Zeit der Erlösung/Auferstehung ist nah".

Münek hat geschrieben:"Das Reich Gottes ist nah zu euch gekommen." (Lk. 10, 9).
Ja - siehe dazu Paulus, der sinngemäß sagt, dass er der erste "neue Mensch" ist, weil nach dem Kreuz alles anders ist als zuvor.

Münek hat geschrieben:Wie man angesichts dieser klaren Aussagen immer noch zu dem Ergebnis kommen kann, Jesus hätte bezüglich des Anbruchs des Gottesreiches keine NAHerwartung gehabt, ist für mich nicht mehr nachvollziehbar.
Weil Du es offensichtlich ohne jeglichen geistigen Bezug interpretierst - wahrscheinlich mit der Begründung, Wissenschaft habe ergebnissoffen und neutral zu sein. - So wird das nix.

Münek hat geschrieben:Umso mehr, als bei den Theologen über diese Frage Einigkeit herrscht.
Moment (habe gestern extra nochmals Theologen angerufen - in Verbindung mit Wünschen zum neuen Jahr): Es gibt Einigkeit, dass es viele Urchristen gab, die eine Naherwartung hatten - es gibt (milde gesagt) keine Einigkeit, dass Jesus diese Naherwartung hatte.

Münek hat geschrieben:Er folgte offensichtlich nicht den gängigen Vorstellungen der BIBEL
Er folgte nicht den gängigen Interpretationen der Bibel - die Bibel selbst wird ihn wahrscheinlich auch nicht so sehr interessiert haben, weil seine Sprache weit weg war von Gleichnis-Werken wie die Bibel - Kant wollte das Transzendente und Gott jenseits der einzelnen Welt-Religionen formulieren.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#215 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » Do 1. Jan 2015, 18:51

closs hat geschrieben:Ich krieg's nicht mehr hin (es steht nach meiner Erinnerung in unserem langen NAherwartungs-Thread und war , meine ich, von Catholic oder Rembri), aber das waren weit mehr Aussagen:
a) Ecclesia
b) Anti-Christ
c) diverse Aussagen, wie sich die Welt entwickeln würde
Das hat als Ganzes sehr wohl der Naherwartung widersprochen.

Alle Aussagen beziehen sich auf das nahe Reich Gottes.
http://www.bibelkritik.ch/bibel/g28.htm
http://www.bibelkritik.ch/bibel/g26.htm

closs hat geschrieben: Kubitza ist EINE Meinung aus agnostischer(?) Sicht, die zudem Dinge wie Verklärung, Auferstehenung, Pfingsten vollkommen außen vor lässt und anscheinend streng reduktiv arbeitet. Man kann sicherlich Einzelaussagen finden, aber es passt einfach nicht in den Gesamtkontext der Bibel.

Die Naherwartung ist ja nur ein Puzzlestein von vielen.

"Die Skepsis im Umgang mit den Berichten der Heiligen Schrift hat sich im Zuge einer eindrucksvollen Forschungsgeschichte herausgebildet und ruht heute auf einem breiten Konsens. Sie ist auch darin begründet, dass die vier Evangelisten unbekannt sind und nicht zur ersten Generation der frühen Christen gehören."

Quelle

closs hat geschrieben: Moment (habe gestern extra nochmals Theologen angerufen - in Verbindung mit Wünschen zum neuen Jahr): Es gibt Einigkeit, dass es viele Urchristen gab, die eine Naherwartung hatten - es gibt (milde gesagt) keine Einigkeit, dass Jesus diese Naherwartung hatte..

Da war aber mit Sicherheit ein "verklärter" Theologe, also einer, der mit wissenschaftlichen Methoden nichts am Hut hat. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#216 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » Do 1. Jan 2015, 19:16

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Er folgte offensichtlich nicht den gängigen Vorstellungen der BIBEL
Er folgte nicht den gängigen Interpretationen der Bibel - die Bibel selbst wird ihn wahrscheinlich auch nicht so sehr interessiert haben, weil seine Sprache weit weg war von Gleichnis-Werken wie die Bibel - Kant wollte das Transzendente und Gott jenseits der einzelnen Welt-Religionen formulieren.

Die Verfasser der Bibel gehen von der Existenz eines personalen Gottes aus.
Christen glauben an diesen lebendigen Gott als höchstes Wesen. Du kannst das
als Interpretation bewerten. Aber an den klaren biblischen Aussagen zur Person
Gottes gibt es nichts zu interpretieren.

Gott als Person lehnte Kant strikt ab.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#217 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » Do 1. Jan 2015, 19:36

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Umso mehr, als bei den Theologen über diese Frage Einigkeit herrscht.
Moment (habe gestern extra nochmals Theologen angerufen - in Verbindung mit Wünschen zum neuen Jahr): Es gibt Einigkeit, dass es viele Urchristen gab, die eine Naherwartung hatten - es gibt (milde gesagt) keine Einigkeit, dass Jesus diese Naherwartung hatte.

Du hast Dich mit Sicherheit verhört oder die Frage falsch formuliert. Unabhängig davon,
die Frage der Naherwartung Jesu ist in der Theologenschaft nicht strittig.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#218 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » Do 1. Jan 2015, 19:53

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wie man angesichts dieser klaren Aussagen immer noch zu dem Ergebnis kommen kann, Jesus hätte bezüglich des Anbruchs des Gottesreiches keine NAHerwartung gehabt, ist für mich nicht mehr nachvollziehbar.
Weil Du es offensichtlich ohne jeglichen geistigen Bezug interpretierst - wahrscheinlich mit der Begründung, Wissenschaft habe ergebnissoffen und neutral zu sein. - So wird das nix.

Ich interpretiere nichts, sondern nehme schlicht zur Kenntnis, was Jesus mit
einfachen klaren Worten dem Volk verkündet hat
.

Bei der historischen Frage, ob Jesus die zeitliche Nähe des Anbruchs der Got-
tesherrschaft gepredigt hat (Naherwartung), haben persönliche Glaubensvor-
stellungen keine Rolle zu spielen, sonst kann von Wissenschaftlichkeit der Exe-
gese keine Rede mehr sein.

Ist das so schwer zu verstehen?

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#219 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » Do 1. Jan 2015, 20:09

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Wenn Jesus verkündete, das Reich Gottes sei nahe (z.b. Mk. 1,15), dann meinte er auch nah und nichts anderes.
Stimmt.

Münek hat geschrieben: Und zwar als zeitliches Moment
Nicht unbedingt, aber auch - und zwar wenn es sich auf die Verklörung,Erlösung, Pfingsten bezieht - "Die Zeit der Erlösung/Auferstehung ist nah".

Münek hat geschrieben:"Das Reich Gottes ist nah zu euch gekommen." (Lk. 10, 9).
Ja - siehe dazu Paulus, der sinngemäß sagt, dass er der erste "neue Mensch" ist, weil nach dem Kreuz alles anders ist als zuvor.

Wir sprechen hier nicht über Paulus, sondern über Jesus.

Die "Frohe Botschaft" (Evangelium) Jesu an seine Zeitgenossen über den unmittelbar be-
vorstehenden Anbruch der Gottesherrschaft auf Erden beinhaltete keine Aussagen über
Verklärung, Auferstehung, Erlösung und Pfingsten.

Das Volk hätte ihn dieserhalb überhaupt nicht verstanden.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#220 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » Do 1. Jan 2015, 20:53

sven23 hat geschrieben:Alle Aussagen beziehen sich auf das nahe Reich Gottes.
Aus Deinem Link "Bibelkritik": (Lk. 1,32): "Und Gott der Herr wird ihm (Jesus) den Thron seines Vaters David (Gründervater Israels) geben, und er wird König sein über das Haus Jakob (Israel) in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben." Leider bis heute alles gelogen.

Damit ist doch das Reich Gottes gemeint und nicht ein irdisches Reich. - Wer hätte den der König sein sollen? Jesus? - Dann wäre die Kreuzigung ein Betriebsunfall gewesen? - Oder wie meinst Du das?

sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung ist ja nur ein Puzzlestein von vielen.
Dein Link "Spiegel": "Benedikt XVI. lobt in seinem neuen Jesusbuch die historische Methode in höchsten Tönen und streicht die Notwendigkeit ihres Gebrauchs heraus". Benedikt hat an anderer Stelle einmal rhetorisch gefragt, ob denn die historisch-kritische Methode das Christentum weitergebracht habe? Er meint also, dass diese Methode das Christentum NICHT weitergebracht habe. - Wenn er das Historisch-Kritische lobt, dann als Methode innerhalb der Grenzen dessen, was es als Methode bewirken kann.

Was willst Du aus einer Quelle "Bibelkritik" oder "Spiegel" erwarten? Da kann man genauso Ronald Reagan als seriöse Quelle für Kommunismus befragen. - Aber es wird ersichtlich, wie all diese Meinungen zustandekommen - echt nicht satisfaktionsfähig.

sven23 hat geschrieben:Da war aber mit Sicherheit ein "verklärter" Theologe
Nee - das waren in diesem Fall Theologen, die einen Überblick über diverse theologische Richtungen haben - auch die historisch-kritische Richtung ist ihnen natürlich bekannt. - Aber sie sehen sie als Hilfswissenschaft zur weiteren Texterschließung (sehe ich genauso) - und sonst nichts.

Antworten