Dogmen

Rund um Bibel und Glaube
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Janina
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#21 Re: Dogmen

Beitrag von Janina » Mo 1. Aug 2016, 20:13

closs hat geschrieben:
Janina hat geschrieben: Ob ein Existenzsatz über Gott wertlos ist, kann man ja in etwa an der daran abschätzen, wie es gelungen ist, einen zu beweisen oder zu widerlegen.
Das hieße, dass die Frage, ob es Gott gibt, unabhängig davon ist, ob es bewiesene Existenzsätze über Gott gibt - richtig?
Sicher.
Nur ist das auch unabhängig von dem Gottesbild, dem jeder einzelne jeweils anhängt. Ich vermute, dass es so viele gibt wie Menschen.

closs hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Was soll das sein?
Die meisten Kritiken unserer Meinungs-Gesellschaft sind unqualifiziert, weil der Kritisierende gar nicht einer Fragestellung gewachsen ist.
Ach so, um unqualifiziertes Gestammel von Kritik zu unterscheiden - naja, das hatten wir ja schon bei der Evolution. Begriffsstutzigkeit ist keine Kritik. :roll:

2Lena
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#22 Re: Dogmen

Beitrag von 2Lena » Mo 1. Aug 2016, 20:32

Halman hat geschrieben: liebe 2Lena, wie findest Du die Definition von Prof. Dr. Thomas Schwartz?
Sagte er nicht passend etwas über "genaue Feineinstellung", die gemacht gehört?
Das ist voll treffend!
Man müsste die Dogmen längst auseinanderfalten und passend justieren.

Ein Dank, für die gekonnte Erklärung über Higgs-Mechanismus und dergleichen. Manche brauchen so etwas und fühlen dann einen "sicheren Boden", während es mir zuweilen so geht, dass ein Ding anfasse - und meist "erfühle" wie das geht. Aber das hat nicht mit üblichem Anlernen zu tun. Es fehlen auch die Fachbegriffe.

ThomasM
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#23 Re: Dogmen

Beitrag von ThomasM » Mo 1. Aug 2016, 21:25

Halman hat geschrieben: Aber die Basis der Begrifflichkeit ist doch der philosophische Materialismus, gem. dem man von der Alleinwirklichkeit des Stofflichen ausgeht. In philolex wird erklärt:
Die Materie bzw. die körperlichen Dinge als das Primäre der Welt bzw. des Seins anzusehen, nennt man in der Philosophie Materialismus.
Dies entspricht doch dem Substanzen-Denken des 19. Jahrhunderts, welches nicht mehr zeitgemäß ist.
So erläutert hast du sicherlich Recht, der philosophische Materialismus ist in der Form veraltet.

Allerdings solltest du beachten, dass auch die Idee, Felder in den Mittelpunkt des physikalischen Seins zu stellen, möglicherweise nicht dauerhaft haltbar ist. Im Rahmen der Überlegungen, wie die Quantentheorie der Gravitation aussehen könnte, hat man durchaus überzeugende Gründe, dass auch Felder nicht die elementaren Objekte sein können. Es gibt aber- mangels einer Quantentheorie der Gravitation - noch keinen klaren Nachfolger (allerdings jede Menge Spekulation)

Es gab darüber vor einiger Zeit mal einen Spektrum der Wissenschaft Artikel, so etwa 1-2 Jahre her.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

closs
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#24 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Mo 1. Aug 2016, 21:39

Pluto hat geschrieben:Was soll da nicht stimmen?
Dass "Realität" zur abhängigen Größe von menschlichem Wahrnehmungs-Vermögen gemacht wird.

Janina hat geschrieben:Nur ist das auch unabhängig von dem Gottesbild, dem jeder einzelne jeweils anhängt. Ich vermute, dass es so viele gibt wie Menschen.
Zwangsweise - weil jede menschliche Wahrnehmung eine spezifische Perspektive hat. - Wahrnehmung ist immer Variable.

Janina hat geschrieben:Begriffsstutzigkeit ist keine Kritik.
Wo ist die Instanz, die dies in geistigen Dingen unterscheiden kann? Nirgends. - Denn jede geistnahe oder geistferne Position wird genug Intelligenz aufbringen, um das eigene weltanschauliche System zu begründen. - Wir haben keinen Mangel an Intelligenz, sondern einen Mangel an Geist.

JackSparrow
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#25 Re: Dogmen

Beitrag von JackSparrow » Mo 1. Aug 2016, 22:03

closs hat geschrieben:Dass "Realität" zur abhängigen Größe von menschlichem Wahrnehmungs-Vermögen gemacht wird.
Würde man es zur abhängigen Größe von menschlichem Erfindungs- und Lügen-Vermögen machen, könnte man das Wort "Realität" abschaffen.

closs hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Nur ist das auch unabhängig von dem Gottesbild, dem jeder einzelne jeweils anhängt. Ich vermute, dass es so viele gibt wie Menschen.
Zwangsweise - weil jede menschliche Wahrnehmung eine spezifische Perspektive hat. - Wahrnehmung ist immer Variable.
Man muss als Kleinkind oder im Grundschulalter in das monotheistische Gottesbild eingewiesen werden. Von selbst kommt kein Kind auf solche Ideen.

Besonders betrifft das die komplizierte Menschenopfer-Hypothese der Christen. Die hab ich bis heute nicht komplett verstanden, und dass sich sowas jemand spontan von selbst ausdenkt, halte ich für ausgeschlossen. In ein solches Gedankengebäude muss man jahrelang mühsam indoktriniert werden. Und dabei auch viele andere Wahrnehmungen absichtlich ausblenden.

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#26 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Mo 1. Aug 2016, 22:45

JackSparrow hat geschrieben:Würde man es zur abhängigen Größe von menschlichem Erfindungs- und Lügen-Vermögen machen, könnte man das Wort "Realität" abschaffen.
Dann genauso - richtig. - Gäbe es Einvernehmen, dass "das, was ist" kein Produkt von geistigen noch von naturwissenschaftlichen Wahrnehmungs-Systemen ist, wären wir uns einig.

JackSparrow hat geschrieben:Man muss als Kleinkind oder im Grundschulalter in das monotheistische Gottesbild eingewiesen werden. Von selbst kommt kein Kind auf solche Ideen.
Das stimmt. - Es handelt sich hier um Plattformen, die geeignet sind für spätere kognitive Auseinandersetzung. Man könnte es auch lassen und trotzdem würde sich an "dem, was der Fall ist" nichts ändern.

JackSparrow hat geschrieben:Besonders betrifft das die komplizierte Menschenopfer-Hypothese der Christen. Die hab ich bis heute nicht komplett verstanden, und dass sich sowas jemand spontan von selbst ausdenkt, halte ich für ausgeschlossen.
Das ist die Spitze eines Entwicklungs-Prozesses, der ontologisch/dialektisch/philosophisch/hermeneutisch sehr gut begründbar ist, aber heute mehrheitlich nicht mehr verstanden wird. - Der Unterschied zu früher: Damals konnte man Unverstandenes quasi verordnen, während man heute demokratisch zu seinem Unverständnis steht. Insofern ist man heute irgendwie ehrlicher.

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Janina
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#27 Re: Dogmen

Beitrag von Janina » Di 2. Aug 2016, 07:16

closs hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Begriffsstutzigkeit ist keine Kritik.
Wo ist die Instanz, die dies in geistigen Dingen unterscheiden kann? Nirgends. - Denn jede geistnahe oder geistferne Position wird genug Intelligenz aufbringen, um das eigene weltanschauliche System zu begründen. - Wir haben keinen Mangel an Intelligenz, sondern einen Mangel an Geist.
Kompetenz ist immer erkennbar. Du merkst doch, wenn jemand schwafelt wie ein Stein vom Schwimmen. Mach doch nur mal die Nachrichten an, und hör den Erdogan ergebenen Demonstranten beim Schwadronieren über Demokratie zu. Gestern im Radio: "Wo ist die Meinungsfreiheit, wenn Erdogan nicht live-streamen darf?" Ein Blick ins Grundgesetz hätte genügt. Gefolgt von einer Forderung nach "Aussortieren" von Erdogan-Gegnern... Die Röte der Fremdscham ist in mir noch schneller aufgestiegen, als wenn R.F. über Biologie oder Physik labert. Und DAS will echt was heißen... :o

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#28 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Di 2. Aug 2016, 08:59

Janina hat geschrieben:Kompetenz ist immer erkennbar.
Das ist sehr optimistisch gesehen. - Aus meiner Sicht können kulturelle Entwicklungen zu nachhaltigem Kompetenz-Verlust führen - völlig intelligenz-unabhängig. - In Bezug auf spirituelle Dinge betrifft es unsere Epoche als Ganzes und nicht nur Einzelne.

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sven23
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#29 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Di 2. Aug 2016, 09:05

closs hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Man muss als Kleinkind oder im Grundschulalter in das monotheistische Gottesbild eingewiesen werden. Von selbst kommt kein Kind auf solche Ideen.
Das stimmt. - Es handelt sich hier um Plattformen, die geeignet sind für spätere kognitive Auseinandersetzung.
Sag ich doch immer: Religionen sind Folge von Sozialisation. Kein Mensch käme von sich aus auf diese manchmal sehr abstrusen Glaubenskonstrukte.
Hinzu kommt, dass viele religiöse Texte zur Ausbildung einer Ethik völlig ungeeignet sind, ja sogar zur Ab- und Ausgrenzung gegenüber anderen Gruppen dienen.
Richard Dawkins verweist da auf ein Experiment aus Israel.

"Es ist unbegreiflich, dass die Bibel trotz solch ungezügelter Gewaltphantasien immer
noch als eine moralische Instanz angesehen wird, dass immer noch fromme Eltern ihren
Kindern deren Lektüre empfehlen. Denn religiöse Helden können leicht die Ausbildung
einer humanen Ethik behindern. Richard Dawkins erzählt in seinem Buch „Der
Gotteswahn“ (S. 354ff.) von einem Experiment mit über 1000 Schülern in Israel im Alter
von acht bis vierzehn Jahren, denen der Bericht von der Schlacht um Jericho vorgelesen
wurde:


Als die Priester beim siebten Mal die Hörner bliesen, sagte Josua zum Volk: Erhebt das Kriegsgeschrei! Denn der Herr
hat die Stadt in eure Gewalt gegeben. Die Stadt mit allem, was in ihr ist, soll zu Ehren des Herrn dem Untergang
geweiht sein. [...] Alles Gold und Silber und die Geräte aus Bronze und Eisen sollen dem Herrn geweiht sein und in
den Schatz des Herrn kommen. Darauf erhob das Volk das Kriegsgeschrei und die Widderhörner wurden geblasen.
Als das Volk den Hörnerschall hörte, brach es in lautes Kriegsgeschrei aus. Die Stadtmauer stürzte in sich zusammen,
und das Volk stieg in die Stadt hinein, jeder an der nächstbesten Stelle. So eroberten sie die Stadt. Mit scharfem
Schwert weihten sie alles, was in der Stadt war, dem Untergang, Männer und Frauen, Kinder und Greise, Rinder,
Schafe und Esel. [...] Die Stadt aber und alles, was darin war, brannte man nieder; nur das Silber und Gold und die
Geräte aus Bronze und Eisen brachte man in den Schatz im Haus des Herrn.
(Jos 6,16–24)


Anschließend wurde den Schülern die Frage gestellt, ob Josua und die Israeliten richtig
gehandelt haben oder nicht. Zwei Drittel der Kinder fanden das Handeln richtig. Gott
habe es ja befohlen und die Menschen in Jericho hatten ja eine andere Religion, war von
den Kindern als Begründung zu hören. Für israelische Schüler ist Josua eben einfach ein
Volksheld, das hat ihnen ihre Religion eingeschärft. Seine Taten sind deshalb nicht nur
entschuldbar, sondern sogar richtig. Interessant ist das Ergebnis einer Kontrollgruppe.
Bei 168 israelischen Schülern ersetzte man den Namen Josua durch General Lin
und Israel durch ein chinesisches Königreich vor 3000 Jahren .
Das Ergebnis können Sie sich vielleicht denken? Nur 7 % fanden das Verhalten von General
Lin gut, aber 75 % lehnten es ab."

Kubitza, Der Jesuswahn

Die Botschaft der Heiligen Schriften ist klar: im Namen Gottes ist alles erlaubt und legitimiert. Das musste historisch gesehen immer wieder zwangsläufig in Katastrophen führen.



closs hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Besonders betrifft das die komplizierte Menschenopfer-Hypothese der Christen. Die hab ich bis heute nicht komplett verstanden, und dass sich sowas jemand spontan von selbst ausdenkt, halte ich für ausgeschlossen.
Das ist die Spitze eines Entwicklungs-Prozesses, der ontologisch/dialektisch/philosophisch/hermeneutisch sehr gut begründbar ist, aber heute mehrheitlich nicht mehr verstanden wird. - Der Unterschied zu früher: Damals konnte man Unverstandenes quasi verordnen, während man heute demokratisch zu seinem Unverständnis steht. Insofern ist man heute irgendwie ehrlicher.
Also nur rein "schwafeltechnisch". :lol:
Der Unterschied zu früher ist in der Tat, dass die Kirche ihre "Wahrheiten" ex cathedra verkünden und mit Gewalt durchsetzen konnte. Heute darf man diese "Wahrheiten" auch hinterfragen, wenn man sich denn einen Rest an Kritikfähigkeit bewahrt hat.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#30 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Di 2. Aug 2016, 09:41

sven23 hat geschrieben:Sag ich doch immer: Religionen sind Folge von Sozialisation.
Spezifische Religions-Ausprägungen sind das - natürlich. - Verschiedene Kulturen haben unterschiedliche kulturelle Plattformen für die Antwort auf die Frage, wer oder was Gott ist.

sven23 hat geschrieben:Es ist unbegreiflich, dass die Bibel trotz solch ungezügelter Gewaltphantasien immer noch als eine moralische Instanz angesehen wird
Warum immer das AT? Für das Christentum ist das NT zuständig. - Das scheint auch Dawkins zu übersehen.

Das wäre das einfachste. - Wenn man sich, wenn man DAS erst einmal kapiert hat, dem AT zuwenden will, muss man dies unter heilsgeschichtlichen Gesichtspunkten tun ("Wie haben sich Gesellschaft, Kultur, Heilsgeschichte entwickelt?") - dies ist eine wirklich schwierige Frage, der man mit üblichen dumpen Holzhammer-Methoden nicht begegnen kann.

Richtig ist, dass es viele Christen genauso tumb sind und die Gegenwart alttestamentarisch interpretieren (dazu ist die USA ein gutes Beispiel - bei uns teilweise auch noch). - Diesen Christen gegenüber haben die Feststellungen von Dawkins & Co eine gewisse Berechtigung. - Aber dann muss man bitteschön auch im AT bleiben und darf nicht mit Jesus/NT vermischen.

sven23 hat geschrieben:Der Unterschied zu früher ist in der Tat, dass die Kirche ihre "Wahrheiten" ex cathedra verkünden und mit Gewalt durchsetzen konnte. Heute darf man diese "Wahrheiten" auch hinterfragen, wenn man sich denn einen Rest an Kritikfähigkeit bewahrt hat.
Das ist die Freiheit der Ahnungslosigkeit, die sich triumphierend schein-aufgeklärte Lösungen er-meinen kann. - Seuche.

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