Folgende Erklärung halte ich für plausibel (Zitat):
"In der urtümlichen Physiologie [= Naturlehre] der Menschen des Altertums war der
Atem - wie das Blut - das Anzeichen von Leben und wurde daher mit diesem selbst
gleichgesetzt: Atmen ist gleichbedeutend mit "lebendig sein".
Es ist unwahrscheinlich, dass der Text sagen will, Gott habe mit seinem Atem dem
Menschen etwas Göttliches oder etwas Geistiges, wie die "Seele", die von der rein
Körperlichkeit zu unterscheiden wären, eingehaucht.
Die Aussage zielt ganz offensichtlich nur auf die Belebung der aus dem Rohstoff ge-
formten Gestalt ab, eine in den Mythen vieler Völker häufige Vorstellung."
Quelle: Heinrich Krauss - Max Küchler "
Erzählungen der Bibel - Das Buch Genesis
in literarischer Perspektive - Die biblische Urgeschichte -, S.67)
Im Übrigen:
Nach Gen.6,3 beschließt Gott in einem Selbstgespräch, sein "
Geist", d.h. der göttliche Le-
bensatem, durch den der Mensch ein
lebendiges Wesen wurde (Gen. 2,7), solle
nicht für
immer (wie bei göttlichen Wesen), im Menschen bleiben, "weil er auch
Fleisch ist", wo-
mit die Hinfälligkeit und Begrenztheit des Menschen gemeint ist. Gott verkürzt die
Lebens-
zeit des Menschen drastisch auf 120 Jahre.
Ein Letztes noch:
Die Tiere, die im Meer entstehen (Gen. 1,20) und die Tiere des Landes (Gen. 1,24) werden
im hebräischen Urtext als "
Nephesch Chaja" (= lebendige Wesen) bezeichnet. Von Adam
heißt es in der zweiten Schöpfungslegende, nachdem er den "lebendigen Atem Gottes" em-
pfangen hat, ebenfalls: "Und Adam ward ein "
Nephesch Chaja", d.h. eine lebendige Seele.
Um irgendwelchen Gerüchten vorzubeugen:
Ich bin NICHT ins Lager der "Zeugen Jehovas" übergewechselt!