Wie geht ihr mit den aggressiven Dingen im Glauben um?

Rund um Bibel und Glaube
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Naqual
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#21 Re: Wie geht ihr mit den aggressiven Dingen im Glauben um?

Beitrag von Naqual » Fr 4. Apr 2014, 21:53

Hi Abischai,

Dein Beitrag mit der Gegenüberstellung Glaube und Religion gefällt mir ausgezeichnet.

Der Glaube an der Auferstandenen geht anders.: "Wenn der Sohn* euch nun frei macht, so seid ihr recht frei." (*Gottes Sohn, Jesus der Christus)
Und an dieser Stelle ist es der Glaube: Ich darf das glauben, ich kann das glauben und mich blind darauf verlassen; *Jesus hat mich frei gemacht.
"Religion" kann solches niemals vermitteln.
Bis auf den hier zitierten Absatz kann ich alles unterschreiben. Hier stutzte ich ein wenig. Das Problem für mich ist,
dass das Beispiel auf mich unglücklich wirkt (im Gegensatz zu allem anderen was Du ausgeführt hast).
Hier wird wieder ein "Glaube an" assoziiert (muss von Dir nicht so gemeint sein, kommt auf mich so rüber). Also Glaube an *Dogma* und damit wieder tendenziell (nicht absolut, Dogmen sind durchaus auch hilfreich) gesetzeswerklich in den Bereich der Religion.
Glaube sehe ich in den Bereich Lebenseinstellung, Erfahren und Empfinden, "es" leben.
Religion wird für mich dann "positiv" bzw. konstruktiv, wenn es Glaube ermöglicht, schafft.
Das schreckliche Gegenteil zu "Glaube" sehe ich darin, dass Religion ein theoretisches Konstrukt sein kann, abgetrennt von eigenen Erleben und Empfinden, Denken, Fühlen und Handeln. In diesem Fall ist "Glaube" im wesentlichen ein Für-wahr-halten. Also ein rationaler Akt der Zustimmung auf ein gehörtes oder gelesenes Dogma.

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Magdalena61
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#22 Re: Wie geht ihr mit den aggressiven Dingen im Glauben um?

Beitrag von Magdalena61 » Sa 5. Apr 2014, 01:14

michaelit hat geschrieben:Magdalena, das letzte Beispiel wäre aus dem Neuen Testament das nicht in Hebräisch sondern in Griechisch geschrieben wurde.
Stimmt.
Aber Paulus war ein reinrassiger Jude aus dem Stamm Benjamin und in den Schriften bestens bewandert Apg. 22,3, Phil. 3,5. Ich nehme an, dass er die Bedeutung der Rute aus dem AT kannte und beibehielt.
Auch kann ein Wort mit mehreren Bedeutungen mal das eine, oder das andere bedeuten. Ein Tor ist ein Narr, aber ein Tor kann auch eine Tür sein.
Also, für SO "dumm" würde ich die Übersetzer nun nicht gerade halten :) .
Sich über die ernsthaften Gläubigen der vergangenen Jahrtausende zu erheben und ihnen zu unterstellen, sie hätten alle keine Ahnung gehabt... erweckt einen Anschein von Hochmut.

Es gab und gibt ja nicht nur die überlieferten Teile, das Schriftliche, welches meist ausgelegt und erklärt werden muß, sondern auch noch die mündliche Torah. -
Die ersten Christen waren (schriftkundige) Juden. Ihre "Bibel", in welcher sie forschten und auf deren Lehren sie ihren Glauben gründeten, war (lediglich) das Alte Testament.
Das Lehrer- Schüler- Prinzip, welches bereits Jesus praktizierte, wurde beibehalten 1. Kor. 4,17; Hebr. 3,17 etc. plus Joh. 14, 26; 1. Kor. 12,8 etc.

Deswegen bin ich recht zuversichtlich, dass
a) die Bibel relativ gut übersetzt wurde, sodass auch wir heute die wichtigsten Botschaften verstehen und begreifen können und
b) dass es in der gesamten Kirchengeschichte immer Gläubige gab, die vom Geist Gottes geleitet und mit der Gabe der Erkenntnis beschenkt wurden.

In den christlichen Konfessionen gibt es zwar einige Unterschiede vom Verständnis her, und es gab/ gibt Fehlentwicklungen, aber das war bei den Juden, die in der Zeit Jesu lebten auch so. Es existierten verschiedene Strömungen, die unterschiedliche Schwerpunkte setzten und auch von der Lehre her nicht einheitlich waren.

Nicht umsonst rief Jesus seine Leute dazu auf, Buße zu tun und sich von Ihm belehren und erneuern zu lassen. Heute ist es nicht anders. Christen neigen ebenfalls dazu, in pure Gesetzlichkeit und Traditionen abzudriften und sich (ideelle) Gottesbilder anzufertigen, die immer weniger Ähnlichkeit mit dem lebendigen Gott aufweisen.

Wenn sie inne halten, ihre Glaubensinhalte und -praxis auf den Prüfstand stellen/ überdenken und den HERRN um Weisheit und um Korrektur bitten, dann können sie auch sein Wort (wieder) besser verstehen. Egal, in welcher Sprache es geschrieben ist :) .
LG
God bless you all for what you all have done for me.

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Magdalena61
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#23 Re: Wie geht ihr mit den aggressiven Dingen im Glauben um?

Beitrag von Magdalena61 » Sa 5. Apr 2014, 01:31

Thema abgetrennt: Religion vs. Glauben
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2Lena
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#24 Re: Wie geht ihr mit den aggressiven Dingen im Glauben um?

Beitrag von 2Lena » Sa 5. Apr 2014, 12:11

Naqal hat geschrieben:Denke, dass es keine Richtung in der Antike gibt, der soviel Unrecht in der Bewertung geschieht wie den Gnostikern. Diese waren über Jahrhunderte Hauptkonkurrenten des späteren katholischen Christentums.

Danke Naqal für deinen lehrreichen Beitrag.
Beim Wort "Gnosis" habe ich schon beim Schreiben gezögert, weil es vorbelastet ist. In Griechisch heißt das Wort Erkenntnis ganz unschuldig "Gnosis". Es erinnert mich irgendwie an die uralte Kulturstätte "Knosos" auf Kreta (als Eselsbrücke).

2Lena, bist du also Gnostikerin? Wie die Irrlehre?
Michaelit, du müsstest wie Naqal etwas mehr in das allgemeine Wissen einsteigen.
Da das AT anders zu lesen war - (auch das NT) gab es Gruppen, die seit alter Zeit das Wissen aus der Bibel nutzten. Die sahen zwei Komponenten - meist in einem Text vor: Gutes und Schlechtes. Ein Ausleger musste beide Seiten überlegen - sich zur richtigen Seite hin entscheiden.

Die anderen, sich an den NT-Text und an Wunder haltend, gerieten in Aufruhr. Sie deuteten etwas anderes in die Texte hinein und konnten den Zusammenhang nicht finden. Die Lehre wurde entstellt und verwässert.

Stell dir mal die Szene vor: Die Kainiten (Gnostiker) behaupten, sie hätten die beste Lehre. Du denkst, ach was - Kain und Abel - ist nur eine gruselige Geschichte. Die Verrückten machen eine Sekte draus! Die Alten dachten: Kain (Gewonnenes oder Erfahrung) hat laufend einen Wettstreit mit Idolen (Abel). Doch das Wort kann auch Nichtigkeit sein. In dem Fall würgt Kain den Abel ab. die Erfahrung gibt sich nicht mit Nichtsnutz ab. Im anderen Fall bringt sie Ideen hoch (mit gleichem Wort). Da liegt ein Unterschied in der Blickweise vor.

Die Katholische Kirche entstand durch einen Zusammenschluss vieler Philosophieschulen. Die meisten Gruppen gingen darin auf, andere weigerten sich. Die Kirche nahm die Bibeltexte mit Auslegung, jedoch ohne die "Gnostik". (Weshalb sie zum großen Teil in Widerspruch mit der Bibel ist, z.B. bei den meisten Dogmen, die unverständlich erscheinen, nur Glauben verlangen.) Bei der "Gnosis", dem Durchdenken, kamen nicht alle mit Fremdsprachen mit. Die Basis war zu klein.

In dem römischen Vielvölkerstaat wurde das Alte Testament vernachlässigt. Die "Gnosis" wurde zu einem ganz anderen Begriff. Die "Erkenntnis" verlief ab dort ungefähr so:
Zum Hl. Geist beten, der aufgemalt als Taube irgendwas darstellt. Zweiter Schritt: Sich durch ein paar (falsch verstandene) Bibelsprüche erlöst fühlen. Dritter Schritt: Alle Gedanken, die nach solcher "Einweihung" entstehen, heißt man "Gnosis", etwas überaus Geheimnisvolles. Diese Ausrichtungen widersprachen der Kirche und gingen mehr nach Fantasien.

Ich danke Magdalena61 für ihren Beitrag, der zeigt, dass mit etwas Hoffnung und dem Beharren auf den guten Werten das Christentum es zweitausend Jahre geschafft hat. Beim Willen zum Restaurieren kann es auch wieder den alten Glanz abbekommen.

michaelit
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#25 Re: Wie geht ihr mit den aggressiven Dingen im Glauben um?

Beitrag von michaelit » Do 10. Apr 2014, 08:06

Hallo Abischai,

das mit deiner Einschätzung von Religion teile ich nicht so, aber das hängt an den Definitionen. Für mich ist Religion assoziiert mit Kirchgang, Kerzen, dem Altar, Tauben, Morgenandachten und so. Und mit dem gelegentlichen Dienst am Nächsten den Gott an uns achtet, wenn wir ihn tun. Paulus hat das mal so gesagt daß Religion immer ein Dienst am Bedürftigen sein muß und daß man nicht alles in der Welt so mitmacht. Aber auch der Rest was man so allgemeinhin als Religion versteht muß nicht immer eine Bürde sondern kann auch eine Bereicherung sein. Irgendwie hängt meiner Ansicht nach das Christentum zu sehr in Rechtfertigungsideen drin. Daß wir durch Glaube und Gnade gerettet sind, usw. Da ist so ein ganzer Schwanz an Ideen, doch ich habe das irgendwie abgehakt und sehe uns in Gottes Liebe gerettet an, und daß Gnade nur die andere Art Liebe ist die der Mensch ebenso manchmal braucht weil er nicht perfekt sein kann. Wenn man Religion als Rechtfertigungsversuch sieht, oder als grundsätzliche, streng einzuhaltende Menschenpflicht, dann ist sie Unsinn und nur eine Bürde, und es wäre so wie du sagst. Aber wir sind ja frei uns unsere eigenen Gedanken zu machen. Ich bin da so auf der Spur daß ich mich zwar als Christ sehe, aber durchaus so lebe als hätte ich nicht nur die christliche Religion sondern dazu noch meine eigene. Ich mache in der Kirche mit, aber ich habe auch meine eigenen Dinge laufen mit Gott. Und das ist für mich in der Religion erlaubt. Seh sie doch nicht so als eine Hierarchie sondern als ein gedankliches Behältnis für das was von Gott und dem Menschen, für das spirituelle Leben des Menschen, auf Erden etabliert wurde. Also Priester, Segenssprüche, Kirchgebäude, Gottesdienste, Rituale, usw. Diese Dinge sind nicht alle leer sondern machen Sinn wenn sie recht verfügbar und angewendet sind. Ich habe etwa nur durch Gottesdienstbesuche und Segenssprüche und so Freiheit von Dämonen gefunden. Wenn man in der Religion völlig frei sein kann, wenn man in ihr keinerlei Menschen- oder Gottesfurcht zu haben braucht, dann ist sie so gut wie vieles andere auch. Und ich glaube man kann in der Religion so frei sein.

2Lena
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#26 Re: Wie geht ihr mit den aggressiven Dingen im Glauben um?

Beitrag von 2Lena » Do 10. Apr 2014, 09:15

michaelit hat geschrieben:Irgendwie hängt meiner Ansicht nach das Christentum zu sehr in Rechtfertigungsideen drin. Daß wir durch Glaube und Gnade gerettet sind, usw.
Du bringst das - wie immer - nett formuliert daher, auch was die Wirkung bei dir betrifft. Es reizte mich zu antworten:

Katholisch ist Marienandachten, Hl. Messe
Orthodox in ähnlicher Weise - und besonders andächtig sein.
Evangelisch ist sich Gedanken um ein Bekenntnis zu Jesus zu machen, ob er durch den Tod am Kreuz alle erlöst. Zeugen Jehovas: Ein paar Bibelstellen auswendig kennen. Dazwischen gibt es Abertausende, die ihr "Ding" mit Gott abmachen, keiner Kirche trauen und von dem religiösen Gerede genug haben, dem Griff in den Nebel.

Insgesamt entsteht ein ziemlich uneinheitliches Bild über Religion, bei der ganz Vorsichtige übertreiben oder gar nicht mehr da mitziehen wollen oder können.

Ganz anders war die Alte Kirche.
Die Diskussionen gingen um Weisheitsgesetze, uralte Überlieferungen, bewährte Lebenskonzepte, Gemeinschaftspflicht, Wohlstand und Ruhe für alle. Das betraf alle, das ganze Staatswesen.

Als die Katholische Kirche als Staatsreligion dies als Ausbildung unternahm, führte sie die Symbole und Riten aus alter Zeit weiter, die das Wissen verkörperten und mit einem Blick nur an alles erinnern konnten. Nun aber sagen die Symbole und Riten wenig aus, denn die Erinnerung wurde abgeschnitten. Man kennt nicht mehr die Bibeltexte (mit Auslegung) im vollen Umfang und stellt sich auch falsche historischen Gegebenheiten vor.

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