Dogmen

Rund um Bibel und Glaube
Pluto
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#161 Re: Dogmen

Beitrag von Pluto » Sa 6. Aug 2016, 10:34

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bultmann hat aber vorher herausgearbeitet, dass der biblische Jesus nicht identisch ist mit dem historischen
Mit dem "historisch-kritischen"!!!
Nein. Mit dem historischen.

closs hat geschrieben:Letztlich ist die Frage, ob der heute verkündete Jesus authentisch ist zu dem, was Jesus wirklich, also historisch gemeint hat. Dies ist nicht über HKM-Routinen ermittelbar.
Wie denn sonst?
closs hat geschrieben:Natürlich kann der wirkliche Jesus kerygmatisch nicht getroffen sein - aber man kann dies nicht nach Schema F ermitteln - wahrscheinlich kann man es weitgehend GAR nicht ermitteln.
Dann sollte man inne halten, und sich dazu nicht äußern.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Also brauchen wir ein Werkzeug, um Korrektheit zu identifizieren.
Und immer wieder die anthropozentristische SChiene.
Wieso meinst du, der Versuch Korrektheit zu indentifizieren, sei anthropozentrisch?
closs hat geschrieben:Als ob das, was der Fall ist, sich darum scheren würde, was wir für unsere mickrige Wahrnehmung an Werkzeugen brauchen.
Da wir nich wissen was das sein könnte, sollten wir auch hier inne halten und uns vor jedem Urteil darüber zurückhalten.

closs hat geschrieben:Aber man probiert doch nur da aus, wo man weltanschaulich sucht - innerbetrieblich hast Du ja recht, aber doch nicht ontologisch.
Was soll man denn sonst ausprobieren?
Ontologie ist meiner Meinung nach Selbsttäuschung.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#162 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Sa 6. Aug 2016, 11:46

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bultmann hat aber vorher herausgearbeitet, dass der biblische Jesus nicht identisch ist mit dem historischen
Mit dem "historisch-kritischen"!!!
Der biblische Jesus ist nicht identisch mit dem historischen. Ich darf sie recht herzlich in der historischen Jesusforschung begrüßen. :lol:
Darum geht es doch die ganze Zeit. :roll:
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SilverBullet
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#163 Re: Dogmen

Beitrag von SilverBullet » Sa 6. Aug 2016, 13:16

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Also brauchen wir ein Werkzeug, um Korrektheit zu identifizieren.
Und immer wieder die anthropozentristische SChiene. Als ob das, was der Fall ist, sich darum scheren würde, was wir für unsere mickrige Wahrnehmung an Werkzeugen brauchen.
Das Dumme ist halt, dass wir an unserer „Mickrigkeit“ nichts ändern können, also brauchen wir (auch nach deinem Satz) immer noch ein Werkzeug :-)

("Gläubige" sollten ihre "Beschwerden" direkt an den "Hersteller" richten)

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Dort wird sichergestellt, dass genau das umgesetzt wird, auf was man abzielt.
HAst Du falsch verstanden.
Das alte Spiel: falls du etwas schreiben hättest können, dann hättest du es genau hier getan.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:da man dort „Korrektheit“ explizit durch das Ausprobieren, also exakt durch das Herausnehmen des menschlichen Wunschanteils, erreicht.
Aber man probiert doch nur da aus, wo man weltanschaulich sucht - innerbetrieblich hast Du ja recht, aber doch nicht ontologisch.
Soll „Ontologie“ das „Ausserbetriebliche“ sein?

Ist dir klar, dass die Auswertung eines sensorischen Wahrnehmungssystems nie an Existenz herankommt, sondern immer nur mit lokalen Bedeutungszusammenhängen arbeiten kann?

„Ontologie“ ist der philosophische Wunsch, dass dem nicht so ist. Über das „reine Denken“ will man Urteile über Existenzen machen können.
Solange dieser Wunschcharakter aber enthalten ist, solltest du es nicht wie einen „Bereich der Korrektheit“ darstellen.

Wer „ontologisch nach Existenzen forscht“ wünscht sich Inhalte zusammen…

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#164 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Sa 6. Aug 2016, 13:37

Pluto hat geschrieben:Nein. Mit dem historischen.
Das ist aber ein Unterschied!!!

Pluto hat geschrieben:Wie denn sonst?
Die inhaltliche Authentizität ist ausschließlich geistig-theolologisch und nicht säkular-historisch-kritisch ermittelbar (wenn überhaupt). - Die HKM ist dafür nicht ausgerüstet und will es auch nicht sein.

Pluto hat geschrieben:Dann sollte man inne halten, und sich dazu nicht äußern.
Dieser Rat gälte in erster Linie eine sich weltanschaulich vortragende HKM. - Ansonsten sollte man schon hermeneutisch suchen, es sei denn man wollte alles Geistige der Stummheit übergeben.

Pluto hat geschrieben:Wieso meinst du, der Versuch Korrektheit zu indentifizieren, sei anthropozentrisch?
"Korrektheit" geht nur bei einer Kalibrierung durch eine Weltanschauung/ein Modell, welche menschengemacht sind.

Pluto hat geschrieben:Da wir nich wissen was das sein könnte, sollten wir auch hier inne halten und uns vor jedem Urteil darüber zurückhalten.
Eben - Wissenschaft soll nicht in geistigen Dinge urteilen.

Pluto hat geschrieben:Ontologie ist meiner Meinung nach Selbsttäuschung.
Ontologie ist eine Disziplin, die u.a. das Verhältnis von "Realität" und Wahrnehmung zum Gegenstand hat.

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#165 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Sa 6. Aug 2016, 13:41

sven23 hat geschrieben:Der biblische Jesus ist nicht identisch mit dem historischen.
Er ist nicht identisch mit den historisch-kritischen - das ist etwas ganz anderes. - Inwieweit der bibliches Jesus mit dem historischen übereinstimmt, ist eine andere Frage.

SilverBullet hat geschrieben:Das Dumme ist halt, dass wir an unserer „Mickrigkeit“ nichts ändern können, also brauchen wir (auch nach deinem Satz) immer noch ein Werkzeug
Stimmt - und wissenschaftlich redlich legt man auf den Tisch, was ein Werkzeug kann und was es nicht kann.

SilverBullet hat geschrieben:Soll „Ontologie“ das „Ausserbetriebliche“ sein?
Nein - Ontologie ist vollkommen wertfrei die Lehre vom Sein und dessen Wahrnehmung - für Sein kannst Du aus Deiner Perspektive "Realität" sagen.

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#166 Re: Dogmen

Beitrag von Pluto » Sa 6. Aug 2016, 16:21

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der biblische Jesus ist nicht identisch mit dem historischen.
Er ist nicht identisch mit den historisch-kritischen - das ist etwas ganz anderes.
Es ist dasselbe.
Offenbar verstehst du nicht, was man unter historisch-kritisch versteht. H-K bedeutet die Geschichte möglichst genau zu rekonstruieren, bei gleichzeitiger Hinterfragung der eigenen Erkenntnisse.
Da kann/muss die kanonische Exegese noch einiges lernen.

closs hat geschrieben:Inwieweit der bibliches Jesus mit dem historischen übereinstimmt, ist eine andere Frage.
Nein. Es ist dieselbe Frage, denn die Kritik richtet sich gegen die eigenen Erkenntnisse und NICHT gegen den biblischen Text!

closs hat geschrieben:Stimmt - und wissenschaftlich redlich legt man auf den Tisch, was ein Werkzeug kann und was es nicht kann.
Wer tut das nicht? Kannst du Beispiele nennen?

closs hat geschrieben:Ontologie ist vollkommen wertfrei die Lehre vom Sein und dessen Wahrnehmung - für Sein kannst Du aus Deiner Perspektive "Realität" sagen.
  • Die Ontologie befasst sich mit einer Einteilung des Seienden und den Grundstrukturen der Wirklichkeit und der Möglichkeit.
    [Zitat: Wikipedia]
Du scheinst zu meinen, dass alles was denkbar ist, auch möglich ist, und somit wirklich sein kann. Damit liegst du aber falsch, denn zur Wirklichkeit kann man nur das zählen was epistemologisch auch bestätigt werden kann.
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#167 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Sa 6. Aug 2016, 17:10

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der biblische Jesus ist nicht identisch mit dem historischen.
Er ist nicht identisch mit den historisch-kritischen - das ist etwas ganz anderes. - Inwieweit der bibliches Jesus mit dem historischen übereinstimmt, ist eine andere Frage.
Genau das ist Gegenstand der historischen Jesusforschung, die sich dazu der historisch-kritischen Methode bedient.
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#168 Re: Dogmen

Beitrag von Münek » Sa 6. Aug 2016, 17:19

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wie denn sonst?
Die inhaltliche Authentizität ist ausschließlich geistig-theolologisch und nicht säkular-historisch-kritisch ermittelbar (wenn überhaupt). - Die HKM ist dafür nicht ausgerüstet und will es auch nicht sein.
Wenn Du schon die "Authentizität" so hervorhebst, solltest Du nicht unterschlagen, dass in den Evangelien zahlreiche Aussprüche Jesu über den unmittelbar bevorstehenden Anbruch der Gottesherrschaft überliefert worden sind, an deren Authentizität die neutestamentliche Forschung keinen Zweifel hegt.

An diesen Aussagen Jesu zum nahen Kommen des Gottesreiches kommst Du auch bei "geistiger Auslegung" nicht vorbei. Was den Begriff des "Gottesreiches bzw. der Herrschaft Gottes" betrifft, lasse ich nachfolgend Neutestamentler zu Wort kommen.

1. Conzelmann/Lindemann "Arbeitsbuch zum Neuen Testament", 14. Auflage, S. 474:

"Für Jesu Eschatologie [Lehre von den letzten Dingen] gilt Ensprechendens wie für sein Gottesverständnis: Das im zeitgenössischen Judentum vorhandene Denken ist vorausgesetzt, und deshalb braucht Jesus den Begriff des Reiches Gottes nicht zu definieren, sondern er kann, beispielsweise in seinen Gleichnissen, voraussetzen, dass seine Hörer grundsätzlich wissen, was mit dem Begriff "Reich Gottes" gemeint ist."

2. Theißen/Merz "Der historische Jesus", 4. Auflage, S. 220,221:

"Im Zentrum der eschatologischen Verkündigung Jesus steht die Heilsbotschaft von der "Königsherrschaft Gottes"... Jesus sprach von der "Königsherrschaft Gottes", ohne diesen Begriff erklären zu müssen. Er konnte davon ausgehen, dass er seinen Hörern geläufig war, und
zwar aus den Schriften der Hebräischen Bibel, aus zeitgenössischen apokalyptischen Traditionen sowie aus Gebet und Liturgie."


Damit bleibt kein Raum für Deine, von Ratzinger abgelehnte Annahme, Jesus habe ein "inneres Gottesreich" verkündigt (was seinen Landsleuten nicht bekannt war und darum hätte erklärt werden müssen), ebenso für Ratzingers Annahme, Jesus habe sich selbst als
das kommende Gottesreich verkündigt, was in den Evangelien keinen Anhalt hat. Wer so argumentiert, nimmt die Worte Jesu nicht
ernst und will nur sein persönliches Glaubenssüppchen kochen.

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sven23
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#169 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Sa 6. Aug 2016, 17:50

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Entlastung kommt ja von der Forschung: Jesus hat seinen Tod nicht geplant.
"Die Forschung" meint also, dass der Sinn dessen, was wir NT nennen, NICHT von ihm geplant war. Es fehlte noch, dass Du sagen würdest: "theologische Forschung". - Und das soll KEINE weltanschauliche Interpretation sein?
In der Tat sagt das die theologische Forschung.

"Die Leidensankündigungen in den Evangelien wurden Jesus nachträglich in den Mund gelegt und haben die Funktion, den schmachvollen Kreuzestod Jesu als Bestandteil des göttlichen Heilsplans erscheinen zu lassen. Entsprechendes gilt für Jesu Voraussagen seiner Auferstehung. Schließlich handelt es sich auch bei den Ankündigungen des Verrats durch Judas, der Verleugnung durch Petrus und der Zerstreuung aller Jünger um im Nachhinein formulierte Weissagungen."
Quelle: bibelwissenschaft.de
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#170 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Sa 6. Aug 2016, 18:55

Pluto hat geschrieben:Offenbar verstehst du nicht, was man unter historisch-kritisch versteht.
Mich interessiert, was es "ist". - Die HKM versucht mit ihrer Methodik möglichst nahe an die historische Wirklichkeit zu kommen - und das gelingt ihr ja in vielen Fällen auch.

Pluto hat geschrieben:Wer tut das nicht?
Würde man Äußerungen des Forums zur Grundlage machen, täte es die HKM NICHT. - Liest man allerdings in Theißen rein, klingt es weit differenzierter.

Pluto hat geschrieben:Du scheinst zu meinen, dass alles was denkbar ist auch möglich ist, und somit wirklich sein kann.
Nicht alles, was denkbar ist, "ist" auch.

Pluto hat geschrieben:Damit liegst du aber falsch, denn zur Wirklichkeit kann man nur das zählen, was epistemologisch auch bestätigt werden kann.
Dazu können WIR es zählen - was am Ende wirklich ist, wissen wir nicht. - Im übrigen: Weißt Du, wieviele ziemlich unterschiedliche Epistemologien es gibt?

sven23 hat geschrieben:Genau das ist Gegenstand der historischen Jesusforschung, die sich dazu der historisch-kritischen Methode bedient.
Natürlich. - Aber sie kann nur säkulare Phänomene abbilden.

Münek hat geschrieben:An diesen Aussagen Jesu zum nahen Kommen des Gottesreiches kommst Du auch bei "geistiger Auslegung" nicht vorbei.
Daran will doch auch nicht die kirchliche Theologie vorbeikommen - sie interpretiert es nur anders.

Münek hat geschrieben:Conzelmann: "sondern er kann, beispielsweise in seinen Gleichnissen, voraussetzen, dass seine Hörer grundsätzlich wissen, was mit dem Begriff "Reich Gottes" gemeint ist."
Stimmt - und der nächste Schritt wäre dann: Was will Jesus diesen Hörern sagen mit seinem Paradigmenwechsel?

Münek hat geschrieben:Theißen: "Im Zentrum der eschatologischen Verkündigung Jesus steht die Heilsbotschaft von der "Königsherrschaft Gottes"... Jesus sprach von der "Königsherrschaft Gottes", ohne diesen Begriff erklären zu müssen.
Stimmt ebenfalls - selbe Antwort wie eben.

Münek hat geschrieben:Damit bleibt kein Raum für Deine, von Ratzinger abgelehnte Annahme, Jesus habe ein "inneres Gottesreich" verkündigt
Ratzi lehnt zu Recht ab, dass dieses Reich kein PSycho-Reich ist, sondern beharrt auf ein "wirkliches" Reich - das steckt dahinter.

Das, was Ratzi (und ich auch) unter "Reich Gottes" versteht, ist durch Conzelmann und Theißen mitnichten ausgehebelt. - Was beide sagen, ist absolut richtig. - Merkst Du, dass sie beobachten und nicht interpretieren? - Die Interpretation kommt danach - jedoch unterschiedlich jr nach Weltanschauung.

Münek hat geschrieben:Ratzingers Annahme, Jesus habe sich selbst als das kommende Gottesreich verkündigt, was in den Evangelien keinen Anhalt hat.
Mir ist schleierhaft, wie dies eine säkular angelegte Disziplin beurteilen könnte.

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