Was ist eigentlich "Aufklärung"?

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Pluto
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#161 Re: Was ist eigentlich "Aufklärung"?

Beitrag von Pluto » Mo 18. Jul 2016, 13:43

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die aufgeklärten Menschen sollen sich ihre EIGENE Meinung bilden (sich ihres eigenen Verstandes bedienen). Das verstehe ich unter Aufklärung.
Problem: Das beansprucht - gerade in einer Meinungsgesellschaft - jeder für sich. - Damit kann man nicht qualifizieren.
Ich sehe darin kein Problem.
Durch die Aufklärung haben wir genau das erreicht, was dir offenbar missfällt: Pluralität in einer offenen Meinungsgesellschaft. Es ist nicht schlimm wenn jeder seine Meinung hat.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die selige Mutter Kirche fürchtet hingegen Aufklärung wie der Leibhaftige das Weihwasser
Aus ihrer Sicht will sie selber aufklären
... schafft es aber nicht, denn das sprichwörtliche Pferd ist längst entflohen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#162 Re: Was ist eigentlich "Aufklärung"?

Beitrag von closs » Mo 18. Jul 2016, 13:52

Pluto hat geschrieben:Durch die Aufklärung haben wir genau das erreicht, was dir offenbar missfällt: Pluralität in einer offenen Meinungsgesellschaft.
Da reden wir wirklich aneinander vorbei - mein Problem ist (wie bei Dir mit anderen Vorzeichen) eine Dogmatisierung gewisser Sichtweisen über das System-Feld hinaus. Dieses Problem scheint es bei dem zu geben, was man als "Aufklärung" in den letzten Generationen bezeichnet.

Pluto hat geschrieben:... schafft es aber nicht, denn das sprichwörtliche Pferd ist längst entflohen.
Eher verendet.

SilverBullet
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#163 Re: Was ist eigentlich "Aufklärung"?

Beitrag von SilverBullet » Mo 18. Jul 2016, 15:15

closs hat geschrieben:Unterscheidest Du zwischen "Reflektion" und "Reflex"?
Selbstverständlich (wobei ich gerade erkannt habe, das ich „Reflektion“ eigentlich als „Reflexion“ schreiben sollte – mein Fehler).

„Reflexion“ ist sozusagen das Verstehen der gerade im Reaktionssystem ablaufenden Verarbeitungen. „Reflexion“ sehe ich als das zentrale Element zu dem, was man als „Bewusstsein“ bezeichnet: „Eine Reaktion auf das, was gerade abläuft unter Beachtung der subjektiven Perspektive“

„Reflex“ ist für mich in erster Linie eine Direktsteuerung der Muskulatur. Ein gereizter Nerv ist quasi direkt mit dem Muskel verbunden (z.B. direkt über das Rückenmark).
An dieser Stelle muss ich mich korrigieren:
das Wegziehen der Hand von einer heissen Herdplatte, folgt genau dem Ablauf über das Rückenmark -> das Gehirn ist an der Bewegung nicht beteiligt.
(ich bin hier von einem unbewussten Ablauf, also durchaus von einer Gehirnbeteiligung ausgegangen)

Ich denke, keiner von uns wollte auf diese Art der Direktsteuerung hinaus, sondern auf unbewusste Steuerung durch das Gehirn.
Hierfür bleibe ich bei meiner Aussage, dass das Gehirn immer die Entscheidung trifft.

Ich sehe auch keinen Grund hierbei zwischen Denken, Empfinden, Fühlen, Erleben usw. zu unterscheiden, weil dies alles Gehirnvorgänge, also Gehirnentscheidungen sind.

Als Beispiel kann man die „schrägen Linien“ verwenden: „die Schräge wird erlebt/gespürt/empfunden, obwohl das Bewusstsein das als nicht korrekt ablehnt“
=> die Kontrolle hat das Gehirn.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:„Im Bewusstsein“ kommt es zu dem Verstehen dieser komischen „Subjektivität“.
Verstehst D unter "Verstehen" eine Reflektions-Handlung oder Reflex-Handlung?
Weder noch.
Wie ich geschrieben habe, führt der aktive Körper einen Verstehprozess durch:
Das Gehirn reagiert, und zwar unter „Beachtung“ des aktiven Körpers als Ausgangspunkt.
Diese „Beachtung“ kommt durch die Struktur des Gehirns zustande, die sich auf Basis der Körperzusammenhänge in bisherigen Situationen ergeben hat (evolutionär und auch innerhalb der Lebensspanne).
D.h. eine Reaktion unter „Beachtung“ des aktiven Körpers als Ausgangspunkt, ist ein Verstehen der aktuellen Situation – dies ist die Aufgabe von Wahrnehmung.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Die Religionen/Philosophien sagen: „es ist nicht der Körper, also ist es etwas neben dem Körper, ein anderer Teil, neue Eigenschaften, eine Instanz, eine eigene Existenz“.
Mir wäre lieber:
In der naturalistischen Welt (also solange der Mensch "hier" ist), gibt es diese Trennung nicht - aber AUCH: Die Existenz des Menschen ist nicht berührt, wenn es den Daseins-Körper nicht mehr gibt.
Es ist mir schon klar, dass du lediglich ein Schlupfloch suchst, um einen Zusammenhang zu einem „Nachleben“ zu suggerieren.

Letztlich möchtest du, dass es egal ist, was man über den Menschen herausfindet, der Körper soll das „Produkt des Geistes sein, an das er auf unbekannte Weise gebunden ist“ und nach seinem Tod ist er wieder frei (und soll die gleichen Fähigkeiten haben, nur halt ohne körperliche Ausprägung)

Du behauptest hier sowohl ein unbekanntes Existenzkonzept, eine unbekannte Verbindung zur materiellen Welt als auch eine eigenartige Funktionsübernahme.
Es ist nach wie vor offen, was „Geist“ sein soll.

Aus deiner Aussage „Materie ist Produkt des Geistes“ kann man entnehmen, dass der Körper definitiv nicht „Geist“ sein soll. D.h. alle Funktionen, die vom Gehirn abgedeckt werden, sind keine „Geist“-Funktionen.

Damit es zu der behaupteten Glaubenswirkung kommt, muss somit der „Geist“ direkt aktiv werden (Gehirnaktivität reicht nicht aus).
Ich vermute, du behauptest eine Trennung zwischen Denken (was über das Gehirn abläuft) und Fühlen, Spüren, Empfinden (was über „das Bewusstsein“ ablaufen soll).

Du behauptest also drei Dinge:

1. „Geist“ hat den Körper (samt Gehirn) geschaffen.

Wenn „Geist“ bewusste Funktionen abdecken soll, dann müsste er sich auch an dieses „Erschaffen“ erinnern können – das ist aber nicht der Fall.

„Geist“ müsste Fehler im Gehirn (Krankheit/Verletzung) reparieren können – das ist aber nicht der Fall.

„Geist“ müsste "Wissen" über den Körper und das Gehirn haben – das ist aber nicht der Fall.

2. „Geist“ steht in einer wechselseitigen Verbindung zum Gehirn

„Geist“ weiss nichts darüber. Er soll alles mögliche spüren, fühlen und erkennen können, aber bei dem, was er andauernd durchführen müsste, scheint er gar nicht dabei zu sein.

Die einfache Gehirnzellenaktivität (elektrische Impulse, Neuronen) bringen den „Geist“ offenbar dazu, „schräge Linien“ zu erkennen, wo keine sind. Er kann sich dagegen nicht wehren, obwohl er sich dagegen entscheidet. Das sieht nicht nach einem „Erschaffer des Gehirns“ aus.

Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass das „Erkennen von sich selbst“ etwas anderes sein könnte, als das „Erkennen der schrägen Linien“. Das Gehirn legt offenbar das „Erkennen“ fest. Die Idee, dies würde bei beistimmten „Geist“-Situationen anders sein, ist reines Wunschdenken.

„Geist“ müsste einen korrekten Einblick in die komplizierte Gehirnstruktur haben und zwar ohne dass er es weiss :-)

Der „Geist“ müsste immer auf dem Laufenden über die dynamischen Veränderungen der Gehirnstruktur bleiben, ohne dass er den Aufwand dazu überhaupt merkt :-)

Bei den obigen „unsichtbaren“ Fähigkeiten stellt sich die Frage, wozu „Geist“ überhaupt ein Gehirn erschaffen hat, wenn er doch sowieso ein derartig detailliertes und ständig anzupassendes Wissen über ein materielles Objekt haben kann.

3. „Geist“ verfügt nach dem Tod über alle Funktionen

Man fragt sich wozu „Geist“ eine körperliche Einschränkung erschafft, wenn er sowieso über die Funktionen verfügt.

closs hat geschrieben:Meinst Du wirklich, "Bewusstsein" sei nichts als eine besonders gelungene Kombination von Neuronen? Das Eigen-Gefühl "Ich-bin" wäre quantitativ über biologische Muster erklärbar?
Du fällst auf deine eigene Suggestion herein, wenn du annimmst, dass es eine Alternative zu der „besonders gelungenen Kombination von Neuronen“ gäbe.

Tatsache ist, die Kombination ist vorhanden und sie ist aktiv.

Bei den „schrägen Linien“ ist eindeutig ersichtlich, dass sich „das Bewusstsein“, trotz Einsicht in die fehlerhaften Zusammenhänge, nicht korrigierend verhalten kann. Wenn du neben Gehirn und „Geist“ nicht noch eine dritte Partei ins Spiel bringen möchtest, dann ist es (auch in deinem Entwurf) exakt die „besonders gelungene Kombination von Neuronen“, die den „Geist“ festlegt.

=> Das Wort „Geist“, das du als Ausweg aus dem Bewusstseins-Rätsel und der neuronalen Verarbeitung ansehen möchtest, ist keine Lösung.
Egal was „Geist“ können soll: er muss das Gehirn interpretieren. Hierbei vergrössert sich das Problem, denn davon weiss der „Geist“ gar nichts.
Neben der Analyse der Gehirnaktivität benötigst du somit den unbekannten Vorgang der „Beobachtung von Gehirnaktivität“, dann brauchst du den unbekannten Vorgang der „Interpretation in irgendetwas Phänomenales“, du brauchst den Vorgang des „Nicht-Durchschauens-der-Eigennen-Gehirn-Beobachtungs-Tätigkeit“, du brauchst den Vorgang des „Nachvollziehens von Gehirnumbauten“ und schliesslich brauchst du natürlich auch noch die „Geist“-Existenz selbst.

Fazit:
Die Problemstellung ist einfacher, wenn „Geist“ gar nicht vorkommt.

Wozu also das Wort „Geist“ überhaupt erst erfinden?

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Das ist wie wenn man zu einem „Arzt“ geht, der die menschliche Anatomie nicht kennt, aber „ganz tolle Sachen“ vor hat
Was machst Du, wenn die Problem seelischer Natur sind? Meinst Du ernsthaft, Du könntest solche Probleme endlos über Manipulation neuronaler Vorgänge "heilen"?
Selbstverständlich.

Laut deinem eigenen Entwurf steht „Geist“ in extrem engen Kontakt zu Gehirnaktivität.
Im Fall der „schrägen Linien“ wird deutlich, dass sich auch in deiner Idee, „Geist“ nicht gegen die Festlegungen durch das Gehirn wehren kann.

Es wäre ja geradezu unvernünftig, wenn man versuchen würde, auf den „abhängigen Geist“ einzuwirken, wenn das kontrollierende Gehirn die viel stärkere Wirkung entfalten kann.

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#164 Re: Was ist eigentlich "Aufklärung"?

Beitrag von closs » Mo 18. Jul 2016, 19:29

SilverBullet hat geschrieben:dass ich „Reflektion“ eigentlich als „Reflexion“ schreiben sollte
Stimmt, meine ich, beides.

SilverBullet hat geschrieben:„Reflexion“ sehe ich als das zentrale Element zu dem, was man als „Bewusstsein“ bezeichnet
Genau.

SilverBullet hat geschrieben:Ich denke, keiner von uns wollte auf diese Art der Direktsteuerung hinaus, sondern auf unbewusste Steuerung durch das Gehirn.
Moment: Wenn Du auf "unbewusste Steuerung durch das Gehirn" rauswillst - wie kann dann Reflexion zentrales Element des Bewusstseins sein?

SilverBullet hat geschrieben:Ich sehe auch keinen Grund hierbei zwischen Denken, Empfinden, Fühlen, Erleben usw. zu unterscheiden, weil dies alles Gehirnvorgänge, also Gehirnentscheidungen sind.
Gibt es für Dich keinen Unterschied zwischen Automatismen (bspw. eintrainierte Sprache - man redet einfach, ohne bewusst drüber zu reflektieren - ich meine jetzt die Sprache und nicht den Inhalt des Sprechens).

SilverBullet hat geschrieben:Letztlich möchtest du, dass es egal ist, was man über den Menschen herausfindet, der Körper soll das „Produkt des Geistes sein, an das er auf unbekannte Weise gebunden ist“ und nach seinem Tod ist er wieder frei
"Egal" nicht, was die materiellen Abläufe selbst abgeht - aber existentiell hast Du das richtig verstanden.

SilverBullet hat geschrieben:us deiner Aussage „Materie ist Produkt des Geistes“ kann man entnehmen, dass der Körper definitiv nicht „Geist“ sein soll. D.h. alle Funktionen, die vom Gehirn abgedeckt werden, sind keine „Geist“-Funktionen.
Doch - dafür wird doch das Gehirn gebraucht. - Aber das Gehirn schafft Geist nicht PRIMÄR (als gälte]"ohne Gehirn kein Geist").

SilverBullet hat geschrieben:Wenn „Geist“ bewusste Funktionen abdecken soll, dann müsste er sich auch an dieses „Erschaffen“ erinnern können
Warum sollte er? UNSER Anteil an Geist muss doch nicht wissen, was DER Geist weiß.

SilverBullet hat geschrieben:Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass das „Erkennen von sich selbst“ etwas anderes sein könnte, als das „Erkennen der schrägen Linien“. Das Gehirn legt offenbar das „Erkennen“ fest. Die Idee, dies würde bei beistimmten „Geist“-Situationen anders sein, ist reines Wunschdenken.
Die Mechanismen des Gehirns sind immer diesselben - ihm ist es wurscht, ob es eine schräge Linie, einen Hamburger oder geistige Situationen erkennt - so wie es einer Schaufel wurscht ist, ob sie Sand, Kies oder Goldstaub schaufelt.

Stelle es Dir einfach so vor:
DER Geist "be-geistet" Materie mit Leben - damit können die Dir bekannten biologischen Prozesse ablaufen. Wenn dieser Geist entzogen wird, ist der Mensch tot.

SilverBullet hat geschrieben:Tatsache ist, die Kombination ist vorhanden und sie ist aktiv.
Natürlich.

SilverBullet hat geschrieben:Wenn du neben Gehirn und „Geist“ nicht noch eine dritte Partei ins Spiel bringen möchtest
Wieso das? "Gehirn" ist die materielle Rückseite der Vorderseite Geist. - Das kann man getrost monistisch sehen.

SilverBullet hat geschrieben:dann ist es (auch in deinem Entwurf) exakt die „besonders gelungene Kombination von Neuronen“, die den „Geist“ festlegt.
Nein - DER Geist hat sich diese Kombination geschaffen. - Stell Dir vor, Du wachst im Weltraum auf und hast einen perfekt sitzenden Astronautenanzug an.

SilverBullet hat geschrieben:Egal was „Geist“ können soll: er muss das Gehirn interpretieren.
Verstehe ich nicht. - Du darfst Dir Gehirn und Geist im Dasein nicht getrennt vorstellen - sie sind verschmolzen.

SilverBullet hat geschrieben:Die Problemstellung ist einfacher, wenn „Geist“ gar nicht vorkommt.
Für den Fall, dass es nur die naturalistische Welt gibt, hast Du recht. - Dann kann man sich "die Welt" als "Clockwork" vorstellen, das mechanisch abläuft.

SilverBullet hat geschrieben:Laut deinem eigenen Entwurf steht „Geist“ in extrem engen Kontakt zu Gehirnaktivität.
Nochmals: In der materiellen Existenz sind beide verschmolzen.

SilverBullet hat geschrieben:Es wäre ja geradezu unvernünftig, wenn man versuchen würde, auf den „abhängigen Geist“ einzuwirken, wenn das kontrollierende Gehirn die viel stärkere Wirkung entfalten kann.
Was heisst "abhängig"? - Es ist wohl richtig, dass beschädigte MAterie (bspw. Hirnverletzung) dazu führt, dass sich die geistige Existenz des Menschen ins Materielle nur gestört kommunizieren kann - insofern mag eine diesbezügliche "Abhängigkeit" erkennen.

Aber substantiell ist der Geist überhaupt nicht abhängig von der Materie. - Ist der Geist weg, ist die Materie tot - ist Materie weg, ist der Geist putzmunter.

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#165 Re: Was ist eigentlich "Aufklärung"?

Beitrag von JackSparrow » Mo 18. Jul 2016, 20:20

closs hat geschrieben:DER Geist "be-geistet" Materie mit Leben - damit können die Dir bekannten biologischen Prozesse ablaufen.
Die können ablaufen, wenn ein biochemisches Energiegefälle vorhanden ist. Und auch im Reagenzglas, wenn man die passenden Enzyme reinschüttet.

Ist der Geist weg, ist die Materie tot
Eigentlich gibt es nur genau eine Sorte von Materie. Nämlich solche, die aus Atomen besteht. Und in welchen Fällen du eine Ansammlung von Atomen als "lebendig" zu bezeichnen gedenkst, ist allein deiner Fantasie überlassen.

ist Materie weg, ist der Geist putzmunter.
Materie kann nicht verschwinden. Sie ist unzerstörbar.

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#166 Re: Was ist eigentlich "Aufklärung"?

Beitrag von closs » Mo 18. Jul 2016, 20:46

JackSparrow hat geschrieben:Die können ablaufen, wenn ein biochemisches Energiegefälle vorhanden ist.
Ja.

JackSparrow hat geschrieben:Eigentlich gibt es nur genau eine Sorte von Materie. Nämlich solche, die aus Atomen besteht.
Ja.

JackSparrow hat geschrieben:Materie kann nicht verschwinden. Sie ist unzerstörbar.
Wollen wir jetzt nicht über Einsteins-Formel sprechen. - Hier war gemeint: Wenn die Materie weg ist von der menschlichen Existenz.

SilverBullet
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#167 Re: Was ist eigentlich "Aufklärung"?

Beitrag von SilverBullet » Mo 18. Jul 2016, 21:02

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Ich denke, keiner von uns wollte auf diese Art der Direktsteuerung hinaus, sondern auf unbewusste Steuerung durch das Gehirn.
Moment: Wenn Du auf "unbewusste Steuerung durch das Gehirn" rauswillst - wie kann dann Reflexion zentrales Element des Bewusstseins sein?
Das Gehirn macht doch weitaus mehr, als nur die bewussten Zusammenhänge aufzubereiten.

Unser „Verständnis des Sehbildes“ ist viel schärfer, als es die Augen liefern. Das ist nur durch das Gehirn möglich, das viele Zusatzdaten zu einem Sehverständnis aufbereitet.
Des Weiteren bewegen sich die Augen ständig hin und her – das ruhige Bild ist ein „überbrücktes Verständnis“.
Da sind sogar zwei „blinde Flecke“, die quasi „statistisch geglättet“ werden.
Unsere Sinnesorgane liefen die Daten unterschiedlich schnell. Eine korrekte Zuordnung ist nur durch Abgleich im Gehirn möglich – diese Aktivität wird nicht reflektiert.
Usw. usw.

closs hat geschrieben:Gibt es für Dich keinen Unterschied zwischen Automatismen…
„zwischen Automatismen“ und was???

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Aus deiner Aussage „Materie ist Produkt des Geistes“ kann man entnehmen, dass der Körper definitiv nicht „Geist“ sein soll. D.h. alle Funktionen, die vom Gehirn abgedeckt werden, sind keine „Geist“-Funktionen.
Doch - dafür wird doch das Gehirn gebraucht. - Aber das Gehirn schafft Geist nicht PRIMÄR (als gälte]"ohne Gehirn kein Geist").
Moment, wenn sich das Gehirn auf Basis einer Situation umbaut (was es ständig macht), dann soll dieser Umbau vom „Geist“ aus erfolgen, damit die neuen Abläufe wiederum dem „Geist“ entsprechende „Geist“-Funktionen sein können?
Was ist dann mit Verletzungen wieso baut der „Geist“ dann dort nicht einfach um?
Wieso baut der „Geist“ überhaupt um, denn für den Umbau müsste er ja das Denken bereits vorwegnehmen? – was das Gehirn überflüssig macht.
Wieso weiss der „Geist“ nichts von den Umbaudetails?
Warum führt der „Geist“ dieses lustige „Avatar-Spielchen“ durch?

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wenn „Geist“ bewusste Funktionen abdecken soll, dann müsste er sich auch an dieses „Erschaffen“ erinnern können
Warum sollte er? UNSER Anteil an Geist muss doch nicht wissen, was DER Geist weiß.
Besteht ein Mensch aus mehreren „Geist“-Anteilen?
Welcher Anteil erschafft das Gehirn und welcher baut es um?

closs hat geschrieben:Die Mechanismen des Gehirns sind immer diesselben - ihm ist es wurscht, ob es eine schräge Linie, einen Hamburger oder geistige Situationen erkennt - so wie es einer Schaufel wurscht ist, ob sie Sand, Kies oder Goldstaub schaufelt.
Das Gehirn ist eine Wahrnehmungsbasis, aber selbst keine Wahrnehmung – deshalb ist die Formulierung „ihm ist es wurscht“, falsch.
Die Abläufe im aktiven Gehirn sind sehr wohl individuell und bilden für jeden deiner Begriffe unterschiedliche Aktivitätssignaturen – d.h. die Bedeutungszusammenhänge werden bis ins kleinste Detail erfasst und verwaltet – mehr ist gar nicht da.

closs hat geschrieben:Stelle es Dir einfach so vor:
DER Geist "be-geistet" Materie mit Leben - damit können die Dir bekannten biologischen Prozesse ablaufen. Wenn dieser Geist entzogen wird, ist der Mensch tot.
Dann muss der „Geist“ aber ganz schön unterschiedlich „be-geistern“, denn eine Muskelzelle trägt nun mal gar nichts zur Wahrnehmung bei, die unbewussten Gehirnabläufe soll dieser „Geist“ zwar umbauen, hat aber keine Ahnung dass er dafür verantwortlich ist und „am Bewusstsein“ soll er sogar ganz intensiv mitmischen (denn das Gehirn kann ja nur aktive Struktur hervorbringen), wobei er gar nicht weiss, dass er mit Gehirnaktivität zusammenarbeitet.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wenn du neben Gehirn und „Geist“ nicht noch eine dritte Partei ins Spiel bringen möchtest
Wieso das? "Gehirn" ist die materielle Rückseite der Vorderseite Geist. - Das kann man getrost monistisch sehen.
Hast du für deine Antwort gerade einen anderen „Geist“-Anteil im Auge, oder ist es doch der „Geist“, der Gehirn erschafft, umbaut, interpretiert und von all dem keine Ahnung hat?

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:dann ist es (auch in deinem Entwurf) exakt die „besonders gelungene Kombination von Neuronen“, die den „Geist“ festlegt.
Nein - DER Geist hat sich diese Kombination geschaffen.
Wie bitte?
Hat sich der „Geist“ die „schrägen Linien“ ausgedacht, die Gehirnaktivität veranlasst, hat das alles vergessen und will es jetzt auch nicht mehr, aber bekommt die Struktur nicht mehr korrigiert?

closs hat geschrieben:Du darfst Dir Gehirn und Geist im Dasein nicht getrennt vorstellen - sie sind verschmolzen
„Verschmolzen“ ist ein tolles Wort, aber was bedeutet das hier?
Ist das „Feuern eines Neurons“ gleichzeitig ein „Zwicken“?
Wieso ist dann das eine Feuern ein Zwicken und das andere ein Sehen?

Wieso verändern sich Sehareale im Gehirn von Blinden z.B. zu Tastarealen.
Ist das „Verschmelzen“ umkehrbar und neu anwendbar?

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Die Problemstellung ist einfacher, wenn „Geist“ gar nicht vorkommt.
Für den Fall, dass es nur die naturalistische Welt gibt, hast Du recht.
Wenn du dir selbst zuhören würdest, würdest du beide Daumen fest drücken: „Hoffentlich wird Geist(?) nicht benötigt“

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Es wäre ja geradezu unvernünftig, wenn man versuchen würde, auf den „abhängigen Geist“ einzuwirken, wenn das kontrollierende Gehirn die viel stärkere Wirkung entfalten kann.
Was heisst "abhängig"? - Es ist wohl richtig, dass beschädigte MAterie (bspw. Hirnverletzung) dazu führt, dass sich die geistige Existenz des Menschen ins Materielle nur gestört kommunizieren kann - insofern mag eine diesbezügliche "Abhängigkeit" erkennen.
"Abhängig" heisst: der „Geist“ erlebt die Schräge, will sie nicht mehr, weil ihm klar ist, dass sie falsch ist, kann aber nichts mehr ändern.
Stimmt, bei Krankheiten/Verletzungen kann von Umbau keine Rede mehr sein.
Wie erklärst du dir diese Abhängigkeit?

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#168 Re: Was ist eigentlich "Aufklärung"?

Beitrag von closs » Mo 18. Jul 2016, 22:53

SilverBullet hat geschrieben:Das Gehirn macht doch weitaus mehr, als nur die bewussten Zusammenhänge aufzubereiten.
Eben - also beides.

SilverBullet hat geschrieben:„zwischen Automatismen“ und was???
Und ich-bewussten Handlungen.

SilverBullet hat geschrieben:Moment, wenn sich das Gehirn auf Basis einer Situation umbaut (was es ständig macht), dann soll dieser Umbau vom „Geist“ aus erfolgen
Kein "Umbau", sondern Anlage.

SilverBullet hat geschrieben:Was ist dann mit Verletzungen wieso baut der „Geist“ dann dort nicht einfach um?
Weil es letztlich egal ist - dann ist der Mensch halt nicht mehr in gewissen Daseins-Funktionen da.

SilverBullet hat geschrieben:Wieso baut der „Geist“ überhaupt um?
Das muss er nach meinem Verständnis doch gar nicht.

SilverBullet hat geschrieben:Welcher Anteil erschafft das Gehirn und welcher baut es um?
Weder noch. - Das Gehirn ist ein Instrument des Geistes für die materielle Welt.

SilverBullet hat geschrieben:Dann muss der „Geist“ aber ganz schön unterschiedlich „be-geistern“
Ja - suum cuique.

SilverBullet hat geschrieben:Hast du für deine Antwort gerade einen anderen „Geist“-Anteil im Auge, oder ist es doch der „Geist“, der Gehirn erschafft, umbaut, interpretiert und von all dem keine Ahnung hat?
Dein dualistischer Ansatz führt in die Irre.

SilverBullet hat geschrieben:Hat sich der „Geist“ die „schrägen Linien“ ausgedacht, die Gehirnaktivität veranlasst
Veranlasst/ermöglicht - wie Du es haben willst.

SilverBullet hat geschrieben:hat das alles vergessen
Moment: DER Geist wäre Gott - unser Anteil davon hat nichts selber gebaut. - Es entwickelt sich im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten.

SilverBullet hat geschrieben:Wieso ist dann das eine Feuern ein Zwicken und das andere ein Sehen?
Weil die jeweilige neuronale Kombination dafür vorgesehen ist, mal dieses und mal jenes zu bewirken.

SilverBullet hat geschrieben:Wieso verändern sich Sehareale im Gehirn von Blinden z.B. zu Tastarealen.
Weil vorgesehen ist, dass materiell verloren gegangene Funktionen auf andere Weise teilweise ersetzt werden.

SilverBullet hat geschrieben:Wie erklärst du dir diese Abhängigkeit?
"Abhängig" ist erstmal Materie von Geist. - Das, was Du ansprichst, ist eine Ebene tiefer: Was passiert, wenn das für die Daseins-Kommunikation/Funktion zuständige Gehirn fehlerhaft ist?

Dann ist vorgesehen, dass sich Geist dementsprechend reduziert materiell kommunizieren lässt - was unterm Strich wurscht ist, weil dieser Zustand bei jedem irgendwann kommt. - Es ist kein qualitatives Problem.

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#169 Re: Was ist eigentlich "Aufklärung"?

Beitrag von Pluto » Mo 18. Jul 2016, 23:37

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wieso baut der „Geist“ überhaupt um?
Das muss er nach meinem Verständnis doch gar nicht.

closs hat geschrieben:Das Gehirn ist ein Instrument des Geistes für die materielle Welt.
Das ist spirituelles Wunschdenken.

Es ist erwiesen, dass während der Pubertät ca. 70% aller Verschaltungen im Gehirn neu entstehen. Warum?

closs hat geschrieben:Das, was Du ansprichst, ist eine Ebene tiefer: Was passiert, wenn das für die Daseins-Kommunikation/Funktion zuständige Gehirn fehlerhaft ist?

Dann ist vorgesehen, dass sich Geist dementsprechend reduziert materiell kommunizieren lässt - was unterm Strich wurscht ist, weil dieser Zustand bei jedem irgendwann kommt. - Es ist kein qualitatives Problem.
Aha?!
Dann braucht es also keinen Körper. Wozu also das irdische Dasein?
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#170 Re: Was ist eigentlich "Aufklärung"?

Beitrag von closs » Mo 18. Jul 2016, 23:53

Pluto hat geschrieben:Es ist erwiesen, dass während der Pubertät ca. 70% aller Verschaltungen im Gehirn neu entstehen.
Glaube ich gerne - und jetzt? - Was hat das mit dem Thema zu tun?

Pluto hat geschrieben:Dann braucht es also keinen Körper.
Prinzipiell nicht - korrekt.

Pluto hat geschrieben:Wozu also das irdische Dasein?
Das ist eine interessante und beantwortbare Frage, die fundamental-theologischer Natur ist. - Hatten wir übrigens schon einige Male in anderen Threads.

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