closs hat geschrieben:Unterscheidest Du zwischen "Reflektion" und "Reflex"?
Selbstverständlich (wobei ich gerade erkannt habe, das ich „Reflektion“ eigentlich als „Reflexion“ schreiben sollte – mein Fehler).
„Reflexion“ ist sozusagen das Verstehen der gerade im Reaktionssystem ablaufenden Verarbeitungen. „Reflexion“ sehe ich als das zentrale Element zu dem, was man als „Bewusstsein“ bezeichnet: „Eine Reaktion auf das, was gerade abläuft unter Beachtung der subjektiven Perspektive“
„Reflex“ ist für mich in erster Linie eine Direktsteuerung der Muskulatur. Ein gereizter Nerv ist quasi direkt mit dem Muskel verbunden (z.B. direkt über das Rückenmark).
An dieser Stelle muss ich mich korrigieren:
das Wegziehen der Hand von einer heissen Herdplatte, folgt genau dem Ablauf über das Rückenmark -> das Gehirn ist an der Bewegung
nicht beteiligt.
(ich bin hier von einem unbewussten Ablauf, also durchaus von einer Gehirnbeteiligung ausgegangen)
Ich denke, keiner von uns wollte auf diese Art der Direktsteuerung hinaus, sondern auf unbewusste Steuerung durch das Gehirn.
Hierfür bleibe ich bei meiner Aussage, dass das Gehirn immer die Entscheidung trifft.
Ich sehe auch keinen Grund hierbei zwischen Denken, Empfinden, Fühlen, Erleben usw. zu unterscheiden, weil dies alles Gehirnvorgänge, also Gehirnentscheidungen sind.
Als Beispiel kann man die „schrägen Linien“ verwenden: „die Schräge wird erlebt/gespürt/empfunden, obwohl das Bewusstsein das als nicht korrekt ablehnt“
=> die Kontrolle hat das Gehirn.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:„Im Bewusstsein“ kommt es zu dem Verstehen dieser komischen „Subjektivität“.
Verstehst D unter "Verstehen" eine Reflektions-Handlung oder Reflex-Handlung?
Weder noch.
Wie ich geschrieben habe, führt der aktive Körper einen Verstehprozess durch:
Das Gehirn reagiert, und zwar unter „Beachtung“ des aktiven Körpers als Ausgangspunkt.
Diese „Beachtung“ kommt durch die Struktur des Gehirns zustande, die sich auf Basis der Körperzusammenhänge in bisherigen Situationen ergeben hat (evolutionär und auch innerhalb der Lebensspanne).
D.h. eine Reaktion unter „Beachtung“ des aktiven Körpers als Ausgangspunkt, ist ein Verstehen der aktuellen Situation – dies ist die Aufgabe von Wahrnehmung.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Die Religionen/Philosophien sagen: „es ist nicht der Körper, also ist es etwas neben dem Körper, ein anderer Teil, neue Eigenschaften, eine Instanz, eine eigene Existenz“.
Mir wäre lieber:
In der naturalistischen Welt (also solange der Mensch "hier" ist), gibt es diese Trennung nicht - aber AUCH: Die Existenz des Menschen ist nicht berührt, wenn es den Daseins-Körper nicht mehr gibt.
Es ist mir schon klar, dass du lediglich ein Schlupfloch suchst, um einen Zusammenhang zu einem „Nachleben“ zu suggerieren.
Letztlich möchtest du, dass es egal ist, was man über den Menschen herausfindet, der Körper soll das „Produkt des Geistes sein, an das er auf unbekannte Weise gebunden ist“ und nach seinem Tod ist er wieder frei (und soll die gleichen Fähigkeiten haben, nur halt ohne körperliche Ausprägung)
Du behauptest hier sowohl ein unbekanntes Existenzkonzept, eine unbekannte Verbindung zur materiellen Welt als auch eine eigenartige Funktionsübernahme.
Es ist nach wie vor offen, was „Geist“ sein soll.
Aus deiner Aussage „Materie ist Produkt des Geistes“ kann man entnehmen, dass der Körper definitiv nicht „Geist“ sein soll. D.h. alle Funktionen, die vom Gehirn abgedeckt werden, sind keine „Geist“-Funktionen.
Damit es zu der behaupteten Glaubenswirkung kommt, muss somit der „Geist“ direkt aktiv werden (Gehirnaktivität reicht nicht aus).
Ich vermute, du behauptest eine Trennung zwischen Denken (was über das Gehirn abläuft) und Fühlen, Spüren, Empfinden (was über „das Bewusstsein“ ablaufen soll).
Du behauptest also drei Dinge:
1. „Geist“ hat den Körper (samt Gehirn) geschaffen.
Wenn „Geist“ bewusste Funktionen abdecken soll, dann müsste er sich auch an dieses „Erschaffen“ erinnern können – das ist aber nicht der Fall.
„Geist“ müsste Fehler im Gehirn (Krankheit/Verletzung) reparieren können – das ist aber nicht der Fall.
„Geist“ müsste "Wissen" über den Körper und das Gehirn haben – das ist aber nicht der Fall.
2. „Geist“ steht in einer wechselseitigen Verbindung zum Gehirn
„Geist“ weiss nichts darüber. Er soll alles mögliche spüren, fühlen und erkennen können, aber bei dem, was er andauernd durchführen müsste, scheint er gar nicht dabei zu sein.
Die einfache Gehirnzellenaktivität (elektrische Impulse, Neuronen) bringen den „Geist“ offenbar dazu, „schräge Linien“ zu erkennen, wo keine sind. Er kann sich dagegen nicht wehren, obwohl er sich dagegen entscheidet. Das sieht nicht nach einem „Erschaffer des Gehirns“ aus.
Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass das „Erkennen von sich selbst“ etwas anderes sein könnte, als das „Erkennen der schrägen Linien“. Das Gehirn legt offenbar das „Erkennen“ fest. Die Idee, dies würde bei beistimmten „Geist“-Situationen anders sein, ist reines Wunschdenken.
„Geist“ müsste einen korrekten Einblick in die komplizierte Gehirnstruktur haben und zwar ohne dass er es weiss
Der „Geist“ müsste immer auf dem Laufenden über die dynamischen Veränderungen der Gehirnstruktur bleiben, ohne dass er den Aufwand dazu überhaupt merkt
Bei den obigen „unsichtbaren“ Fähigkeiten stellt sich die Frage, wozu „Geist“ überhaupt ein Gehirn erschaffen hat, wenn er doch sowieso ein derartig detailliertes und ständig anzupassendes Wissen über ein materielles Objekt haben kann.
3. „Geist“ verfügt nach dem Tod über alle Funktionen
Man fragt sich wozu „Geist“ eine körperliche Einschränkung erschafft, wenn er sowieso über die Funktionen verfügt.
closs hat geschrieben:Meinst Du wirklich, "Bewusstsein" sei nichts als eine besonders gelungene Kombination von Neuronen? Das Eigen-Gefühl "Ich-bin" wäre quantitativ über biologische Muster erklärbar?
Du fällst auf deine eigene Suggestion herein, wenn du annimmst, dass es eine Alternative zu der „besonders gelungenen Kombination von Neuronen“ gäbe.
Tatsache ist, die Kombination ist vorhanden und sie ist aktiv.
Bei den „schrägen Linien“ ist eindeutig ersichtlich, dass sich „das Bewusstsein“, trotz Einsicht in die fehlerhaften Zusammenhänge, nicht korrigierend verhalten kann. Wenn du neben Gehirn und „Geist“ nicht noch eine dritte Partei ins Spiel bringen möchtest, dann ist es (auch in deinem Entwurf) exakt die „besonders gelungene Kombination von Neuronen“, die den „Geist“ festlegt.
=> Das Wort „Geist“, das du als Ausweg aus dem Bewusstseins-Rätsel und der neuronalen Verarbeitung ansehen möchtest, ist keine Lösung.
Egal was „Geist“ können soll: er muss das Gehirn interpretieren. Hierbei vergrössert sich das Problem, denn davon weiss der „Geist“ gar nichts.
Neben der Analyse der Gehirnaktivität benötigst du somit den unbekannten Vorgang der „Beobachtung von Gehirnaktivität“, dann brauchst du den unbekannten Vorgang der „Interpretation in irgendetwas Phänomenales“, du brauchst den Vorgang des „Nicht-Durchschauens-der-Eigennen-Gehirn-Beobachtungs-Tätigkeit“, du brauchst den Vorgang des „Nachvollziehens von Gehirnumbauten“ und schliesslich brauchst du natürlich auch noch die „Geist“-Existenz selbst.
Fazit:
Die Problemstellung ist einfacher, wenn „Geist“ gar nicht vorkommt.
Wozu also das Wort „Geist“ überhaupt erst erfinden?
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Das ist wie wenn man zu einem „Arzt“ geht, der die menschliche Anatomie nicht kennt, aber „ganz tolle Sachen“ vor hat
Was machst Du, wenn die Problem seelischer Natur sind? Meinst Du ernsthaft, Du könntest solche Probleme endlos über Manipulation neuronaler Vorgänge "heilen"?
Selbstverständlich.
Laut deinem eigenen Entwurf steht „Geist“ in extrem engen Kontakt zu Gehirnaktivität.
Im Fall der „schrägen Linien“ wird deutlich, dass sich auch in deiner Idee, „Geist“ nicht gegen die Festlegungen durch das Gehirn wehren kann.
Es wäre ja geradezu unvernünftig, wenn man versuchen würde, auf den „abhängigen Geist“ einzuwirken, wenn das kontrollierende Gehirn die viel stärkere Wirkung entfalten kann.