Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
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fin
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#1501 Re: Theodizee

Beitrag von fin » Mo 12. Dez 2016, 11:06

sven23 hat geschrieben:
fin hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und als Gottessohn hätte er das Unheil voraussehen müssen. Hat er aber nicht.

Doch - er hat das "Unheil" vorausgesehen!
Das NT ist allerdings kein Wahrsagebuch, wo alle zukünftigen Handlungsstränge minutiös nachzulesen wären ... :roll:

Also nichts konkretes, eher was auf Nostradamus-Niveau.

Du glaubst also nicht an Jesus, sondern an Nostradamus ...

sven23 hat geschrieben:
fin hat geschrieben: Punkte (1-4) benötigen dagegen mehr Sorgfalt und Differenzierung in der Besprechung!
Dann leg mal los.

Wie lauteten deine Postulate noch?

sven23 hat geschrieben: (1) dass die Kirchenväter die Juden als Gottesmörder stigmatisieren werden,
(2) dass Luther mit widerlichem Antismetismus Stimmung gegen die Juden machen würde,
(3) dass selbst ein Hitler sich auf Luther berufen würde
(4) und alles im Holocaust enden würde?

Fangen wir mit Punkt (1) und (2) an:
(1) Sie haben sich vermutlich auf das NT bezogen. :idea:
(2) Luther hatte den Juden gegenüber keine antisemtische, sondern (wenn schon) eine antijudaistische Haltung ...

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Münek
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#1502 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Mo 12. Dez 2016, 17:32

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Und was Du unter Erkenntnis verstehst, ist lediglich schlichter Glaube an die Existenz höherer Mächte.
Aber in diesem Kontext nicht: Hier geht es um Denken über den eigenen methodischen/weltanschaulichen Tellerrand hinaus.
Spekulieren ist in der Tat nicht verboten, solange man sich bewusst ist, dass es sich nur um Spekulationen handelt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Deine Unterstellung wird auch durch ständiges Wiederholen nicht richtig.
Damit immunisierst Du Dich wirksam.
Nö. Ich folge keiner Immunisierungsstrategie.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Es gibt aber völlig unterschiedliche Religionen, die sich inhaltlich ganz enorm unterscheiden.
Das ist doch bei Wissenschaft genauso: Du musst nur einmal 5 wissenschaftliche Ausarbeitungen zum selben Thema lesen - oft kommt etwas völlig Unterschiedliches raus.
In den Naturwissenschaften eher unwahrscheinlich.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Zur Welterklärung ist die Annahme des Gottes der Bibel entbehrlich.
Klar - ein Hund kann auch die Welt nach seiner Vorstellung erklären.
Nee - denke mal an Newton - und dann an Laplace.

closs hat geschrieben: "Anthropozentrisch" heisst hier nicht, dass der Mensch eine große oder kleine Rolle spielt, sondern bezieht sich auf den Maßstab. - Und da ist es ein Unterschied, ob man die eigene Wahrnehmung (incl. Wissenschaft) zum Maßstab macht (Anthropozentrik = Naturwissenschaft) oder den Maßstab Gottes ("Theozentrik).
Wer kennt schon den Maßstab Gottes?! Niemand.

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#1503 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Mo 12. Dez 2016, 18:17

Münek hat geschrieben:Spekulieren ist in der Tat nicht verboten, solange man sich bewusst ist, dass es sich nur um Spekulationen handelt.
Das hat zunächst damit nichts zu tun - es geht um die Position des eigenen Systems: Was es kann und was es nicht kann.

Münek hat geschrieben:Ich folge keiner Immunisierungsstrategie.
Das ist Teil davon.

Münek hat geschrieben:In den Naturwissenschaften eher unwahrscheinlich.
Da am wenigsten, das stimmt. Aber bei Geistes- oder Gesellschaftswissenschaften um so mehr - auch bei Wirtschaftswissenschaften.

Münek hat geschrieben:Wer kennt schon den Maßstab Gottes?! Niemand.
Darum geht es nicht. - Es geht darum, dass man den eigenen Maßstab relativiert.

Das heisst nicht, dass man aufgeben muss - aber man muss ihn relativieren. Konkret in unserem Fall:
"Ich stelle in meinem methodischen System, das so oder so begründet ist, folgendes fest. Es kann sein, dass ein anderes System zur selben Frage zu ganz anderen Ergebnissen führt. Wer davon recht hat, ist mit den Mitteln EINES Systems nicht ermittelbar". - Das reicht schon.

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Münek
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#1504 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Mo 12. Dez 2016, 21:59

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Spekulieren ist in der Tat nicht verboten, solange man sich bewusst ist, dass es sich nur um Spekulationen handelt.
Das hat zunächst damit nichts zu tun - es geht um die Position des eigenen Systems: Was es kann und was es nicht kann.
Wer von der Existenz transzendenter personaler Mächte ausgeht, befindet sich zwangsläufig im Spekulationsbereich. Von einem besonderen eigenen "System" vermag ich hierbei nichts zu erkennen. Man glaubt halt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich folge keiner Immunisierungsstrategie.
Das ist Teil davon.
Nein - der Soziologe und Philosoph des Kritischen Rationalismus, Hans Albert, versteht unter Immunisierungsstrategie - im Anschluss an Karl Popper - alle Versuche, Theorien, religiöse und säkulare Anschauungen durch DOGMATISIERUNG gegen unvoreingenommene, kritische Überprüfung, gegen rationale Einwände abzuschirmen (zu immunisieren), unwiderlegbar zu machen, indem man sie z.B. zu absoluten und unumstößlichen Wahrheiten erklärt.
(Quelle Wiki)

Wer würde hier nicht sofort an die katholische Kirche denken?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wer kennt schon den Maßstab Gottes?! Niemand.
Darum geht es nicht. - Es geht darum, dass man den eigenen Maßstab relativiert.
Das sollten sich Menschen hinter die Ohren schreiben, die anmaßend wie selbstverständlich davon ausgehen, die Krone der Schöpfung und der Mittelpunkt eines extra für sie erschaffenen Universums zu sein.

closs hat geschrieben:"Ich stelle in meinem methodischen System, das so oder so begründet ist, folgendes fest. Es kann sein, dass ein anderes System zur selben Frage zu ganz anderen Ergebnissen führt. Wer davon recht hat, ist mit den Mitteln EINES Systems nicht ermittelbar". - Das reicht schon.
Keine Einwände. Es steht jedermann frei, an die Existenz eines allmächtigen, dem Menschen liebevoll zugewandten Gottes zu glauben, welcher persönlich in die Geschicke des Menschen eingreift und nach dessen Tod die Auferstehung in die himmlische ewige Glücksselig-
keit verheißt.

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#1505 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Mo 12. Dez 2016, 22:13

Münek hat geschrieben:Wer von der Existenz transzendenter personaler Mächte ausgeht, befindet man sich zwangsläufig im Spekulationsbereich.
Das ist nicht vermeidbar, wenn man Fragen beantworten will, die über das Naturalistische hinausgehen.

Man kann diese Sache nicht dadurch heilen, dass man sich auf Naturalistisches beschränkt - sonst ist man wie der Polizist, der eine Leiche vor dem Gymnasium hin zur Realschule schleift, weil er nicht weiß, wie man "Gymnasium" schreibt.

Münek hat geschrieben:Nein - der Soziologe und Philosoph des Kritischen Rationalismus, Hans Albert, versteht unter Immunisierungsstrategie ....
Jetzt machst Du aber den Bock zum Gärtner: Albert ist ein Vertreter der Analytischen Philosophie, also gerade einer von denen, die auf anderer Ebene dasselbe machen wie Du.

Münek hat geschrieben:Das sollten sich Menschen hinter die Ohren schreiben, die anmaßend wie selbstverständlich davon ausgehen, die Krone der Schöpfung und der Mittelpunkt des extra für sie erschaffenen Universums zu sein.
Unter "Universum" hat man damals die Erde gemeint - mit ein paar Sternen, die über einer Kuppel darüber hängen. Man würde die Genesis heute anders chiffrieren.

Du lenkst ab: Das Christentum denkt theozentrisch, die säkularen Religionen denken anthropozentrisch.

Münek hat geschrieben:Keine Einwände. Es steht jedermann frei, an die Existenz eines allmächtigen, dem Menschen liebevoll zugewandten Gottes zu glauben
Das sowieso. - Es geht hier aber darum, dass einzelne Wissenschaftsdisziplinen ERKENNEN, dass ihre methodische Objektivität nichsdestoweniger nur EINE Perspektive aufzeigt - mehr wird nicht verlangt.

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#1506 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Mo 12. Dez 2016, 22:55

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wer von der Existenz transzendenter personaler Mächte ausgeht, befindet man sich zwangsläufig im Spekulationsbereich.
Das ist nicht vermeidbar, wenn man Fragen beantworten will, die über das Naturalistische hinausgehen. Man kann diese Sache nicht dadurch heilen, dass man sich auf Naturalistisches beschränkt.
Mit fantastischen Spekulationen über transzendente Welten und Wesen sind Fragen, die über das Naturalistische hinausgehen, NICHT BEANTWORTBAR.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - der Soziologe und Philosoph des Kritischen Rationalismus, Hans Albert, versteht unter Immunisierungsstrategie ....
Jetzt machst Du aber den Bock zum Gärtner: Albert ist ein Vertreter der Analytischen Philosophie, also gerade einer von denen, die auf anderer Ebene dasselbe machen wie Du.
Entscheidend ist, dass er mit seiner Definition des Begriffs "Immunisierungsstrategie" den Nagel auf den Kopf trifft.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das sollten sich Menschen hinter die Ohren schreiben, die anmaßend wie selbstverständlich davon ausgehen, die Krone der Schöpfung und der Mittelpunkt des extra für sie erschaffenen Universums zu sein.
Unter "Universum" hat man damals die Erde gemeint - mit ein paar Sternen, die über einer Kuppel darüber hängen. Man würde die Genesis heute anders chiffrieren.
Ich spreche von den heutigen Menschen, die in ihrer Egozentrik diesen anmaßenden Schwachsinn glauben.

closs hat geschrieben:Du lenkst ab: Das Christentum denkt theozentrisch.
Solange sich der christliche Mensch als Zentrum der Welt wähnt, denkt er anthropozentrisch. Mit dieser Denkweise ist natürlich auch der Gottesgedanke verknüpft.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Keine Einwände. Es steht jedermann frei, an die Existenz eines allmächtigen, dem Menschen liebevoll zugewandten Gottes zu glauben
Das sowieso. - Es geht hier aber darum, dass einzelne Wissenschaftsdisziplinen ERKENNEN, dass ihre methodische Objektivität nichsdestoweniger nur EINE Perspektive aufzeigt - mehr wird nicht verlangt.
Warum sollten sie so denken, solange ihnen keine wirkliche Alternative aufgezeigt wird. Wie gesagt, die Welt lässt sich auch ohne Gott erklären. Die Hypothese "Gott" wird schon lange nicht mehr benötigt.

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#1507 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Di 13. Dez 2016, 00:24

Münek hat geschrieben:Mit fantastischen Spekulationen über transzendente Welten und Wesen sind Fragen, die über das Naturalistische hinausgehen, NICHT BEANTWORTBAR.
Man kann eh nur mit Vorbehalt beantworten. - Es geht auch nicht um DIE Antwort, sondern um die Entwicklung von Antwort-Versuchen, die immer dichter und schlüssiger werden - man nennt das Hermeneutik oder - im weiteren Sinne - Kulturgeschichte.

Münek hat geschrieben:Entscheidend ist, dass er mit seiner Definition des Begriffs "Immunisierungsstrategie" den Nagel auf den Kopf trifft.
Er sitzt aber im Glashaus - es betrifft ihn selbst am meisten. - Man läuft nur dann nicht Gefahr, sich gegen Einflüsse von außen zu immunisieren, wenn man verschiedene Disziplinen in ihrer Sinnhaftigkeit anerkennt und nicht meint, dass das eigene System das maßgebliche ist.

Münek hat geschrieben:Ich spreche von den heutigen Menschen, die in ihrer Egozentrik diesen anmaßenden Schwachsinn glauben.
Ist nicht repräsentativ für Christen.

Münek hat geschrieben:Solange sich der christliche Mensch als Zentrum der Welt wähnt, denkt er anthropozentrisch.
Der Punkt ist ein anderer: Wenn der Mensch erkennt, dass anthropozentrisches Denken NICHT der Maßstab ist, kann er so viel anthropozentrisch denken, wie er will. - Im GRunde ist nicht das antropozentrische Denken ("Ich denke von mir aus") das Problem, sondern dessen ERhöhung in eine Maßstäblichkeit ("Alles, was der Fall ist, muss ich prinzipiell erkennen können, sonst ist es Fake").

Christen wissen, dass sie als Menschen denken ("anthropozentrisch") - aber sie stellen Gottes Denken darüber ("theozentrisch") - wobei wir wieder bei "Hiob" wären. - Naturalisten/MAterialisten gehen diesen zweiten Schritt NICHT.

Münek hat geschrieben:Warum sollten sie so denken, solange ihnen keine wirkliche Alternative aufgezeigt wird.
Wenn man an Wahrheit interessiert ist, kann man sich auch mal selber um Alternativen kümmern - es gibt welche.

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Halman
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#1508 Re: Theodizee

Beitrag von Halman » Di 13. Dez 2016, 01:07

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Mit fantastischen Spekulationen über transzendente Welten und Wesen sind Fragen, die über das Naturalistische hinausgehen, NICHT BEANTWORTBAR.
Man kann eh nur mit Vorbehalt beantworten. - Es geht auch nicht um DIE Antwort, sondern um die Entwicklung von Antwort-Versuchen, die immer dichter und schlüssiger werden - man nennt das Hermeneutik oder - im weiteren Sinne - Kulturgeschichte.
Eben. Sicherlich liegen solche Fragen jenseits der naturwissenschaftlichen Methodik, dennoch halte ich es für legitim sie zu stellen. Die Weltanschaung von Menschen kann und sollte Naturwissenschaft berücksichtigen und insofern enthalten, aber die Weltanschauung ist in Gänze nicht-naturwissenschaftlich. Dies erklärte Thomas in seinem Buch Naturwissenschaft und Glauben im Gespräch über hunderte von Seiten recht einleuchtend.
Im Grunde weisen Fragen nach transzendenten Welten, wie dem Himmel Gottes, und Wesen, wie Gott und die Engel, ins Unergründliche. Die Menschen der Altertums konnten dies natürlich nicht konkretisieren (schließlich gelingt dies uns auch heute nicht). Darum verwandten sie für Dinge, die über das Greifbare hinaus ins Unergründliche weisen, Symbole und gebrauchten sie gewissermaßen als übersprachliche Begriffe für Vorstellungen, welche mit Erfahrungen korrelieren und daher erahnbar sind und geglaubt werden, aber nicht gewusst werden können. Es ging und geht also gar nicht um den Anspruch naturwissenschaftlicher Greifbarkeit, aber auch nicht notwendig um fantastische Spekulationen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Entscheidend ist, dass er mit seiner Definition des Begriffs "Immunisierungsstrategie" den Nagel auf den Kopf trifft.
Er sitzt aber im Glashaus - es betrifft ihn selbst am meisten. - Man läuft nur dann nicht Gefahr, sich gegen Einflüsse von außen zu immunisieren, wenn man verschiedene Disziplinen in ihrer Sinnhaftigkeit anerkennt und nicht meint, dass das eigene System das maßgebliche ist.
:clap:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich spreche von den heutigen Menschen, die in ihrer Egozentrik diesen anmaßenden Schwachsinn glauben.
Ist nicht repräsentativ für Christen.
Eben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Solange sich der christliche Mensch als Zentrum der Welt wähnt, denkt er anthropozentrisch.
Der Punkt ist ein anderer: Wenn der Mensch erkennt, dass anthropozentrisches Denken NICHT der Maßstab ist, kann er so viel anthropozentrisch denken, wie er will. - Im GRunde ist nicht das antropozentrische Denken ("Ich denke von mir aus") das Problem, sondern dessen ERhöhung in eine Maßstäblichkeit ("Alles, was der Fall ist, muss ich prinzipiell erkennen können, sonst ist es Fake").
Das anthropozentrische Denken im katholischen Europa des Mittelalters halte ich für einen der größten philosphischen Fehler unseres Abendlandes und außerdem für eine Fehlinterpretation der Bibel. Natürlich wurde sie vom menschlichen Standpunkt aus beschrieben und die Schreiber schilderten die Welt mit alltäglicher, phänomenbezogener Sprache; ein Beispiel hierfür ist Josua.
Der Kardinalfehler besteht darin, diese Sprache mit abstrakt-philosophischer Sprache zu verwechseln. Dies muss zu Fehldeutungen führen. Die Bibelhermeneutik wird so verfehlt und somit sind sinnvolle Diskussionen nicht mehr möglich. Deshalb halte ich mich hier aus so zurück.

closs hat geschrieben:Christen wissen, dass sie als Menschen denken ("anthropozentrisch") - aber sie stellen Gottes Denken darüber ("theozentrisch") - wobei wir wieder bei "Hiob" wären. - Naturalisten/MAterialisten gehen diesen zweiten Schritt NICHT.
Richtig. Wer genauer lies, sollte eigentlich bemerken, dass die Bibel am Leser dazu appelliert, den menschlichen Standpunkt nicht für den absoluten Standpunkt zu halten, auch wenn er notwendig aus einer menschlichen Perspektive die Welt betrachtet. Da denke ich an Jesaja.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Warum sollten sie so denken, solange ihnen keine wirkliche Alternative aufgezeigt wird.
Wenn man an Wahrheit interessiert ist, kann man sich auch mal selber um Alternativen kümmern - es gibt welche.
Welche denn?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#1509 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Di 13. Dez 2016, 01:36

Halman hat geschrieben:Welche denn?
Aus Sicht des Naturalisten/Materialisten käme dafür die Philosophie-Geschichte (und übrigens auch Literatur - und noch mehr: Musik) seit dem Mittelalter bis ins 19./20. Jh. hinein als Anknüpfungspunkt in Frage.

Halman hat geschrieben:Der Kardinalfehler besteht darin, diese Sprache mit abstrakt-philosophischer Sprache zu verwechseln. Dies muss zu Fehldeutungen führen. Die Bibelhermeneutik wird so verfehlt und somit sind sinnvolle Diskussionen nicht mehr möglich. Deshalb halte ich mich hier aus so zurück.
Da verstehe ich Dich gut - im übrigen ist das ein normaler Bestandteil der Heilsgeschichte. - Und diese ist in jeder Epoche vermengt mit dem Denken dieser Zeit.

So wurde im Hochmittelalter die Bibel sicherlich im Schatten des Investiturstreits gedeutet - also streng macht-orientiert. - Heute versuchen einige, die Bibel im Schatten der säkularen Aufklärung zu deuten. - Alles hoch-anthropozentrische Ansätze.

Aus meiner Sicht gibt es zwei erfolgreiche Möglichkeiten der Bibel-Deutung:
(1) Per geistigem Instinkt ohne viel intellektuellen Einsatz.
(2) Eine fundamental-ontologische Deutung - was letztlich auf "theistische Deutung" hinausläuft.

(1) gab und gibt es immer - mir sind viele Nicht-Akademiker bekannt, die Bibelsätze einfach VERSTEHEN - sie haben die innere Grundlage, etwas darin wieder zu erkennen. - (2) findet man selten. - Und der große Rest findet irgendwo zwischendrin statt.

Und dazu fällt einem dann sehr schnell ein paar Sätze von Schiller ein:
zu (1): "Daher ist der Mensch, ehe er anfängt zu philosophieren, der Wahrheit näher als der Philosoph"

zu (2) Die „Totalität", die "beide widersprechende Enden vereinigt“ - also das "Naive" ("Selig die Armen im Geiste") und "das Intellektuelle" (würden wir vielleicht heute sagen) - also die Synthese aus geistigem Instinkt und brillantem Geist.

Und zwischen (1) und (2) ist halt das übliche Halbzeug, sei es in der Philosophie oder in der Theologie - bis wieder einmal einer kommt, der dem (2) gerecht wird. - Mir hat einmal eine taffe Katholikin gesagt, dass "Heilige" mehr eine Mahnung an die Kirche als an die Welt sind - wider dem dünnbrett-bohrenden Zeitgeist einer modischen Theologie.

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#1510 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Di 13. Dez 2016, 02:04

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Mit fantastischen Spekulationen über transzendente Welten und Wesen sind Fragen, die über das Naturalistische hinausgehen, NICHT BEANTWORTBAR.
Man kann eh nur mit Vorbehalt beantworten. - Es geht auch nicht um DIE Antwort, sondern um die Entwicklung von Antwort-Versuchen, die immer dichter und schlüssiger werden - man nennt das Hermeneutik oder - im weiteren Sinne - Kulturgeschichte.
Hermeneutik hilft erkenntnismäßig nicht weiter, weil sie auf einer spekulativen Setzung beruht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Entscheidend ist, dass er mit seiner Definition des Begriffs "Immunisierungsstrategie" den Nagel auf den Kopf trifft.
Er sitzt aber im Glashaus - es betrifft ihn selbst am meisten.
Das wage ich zu bezweifeln. Aber selbst wenn es so wäre, änderte dies nichts an der Richtigkeit seiner Definition - und die katholische Kirche darf sich zu Recht angesprochen fühlen.

closs hat geschrieben:Man läuft nur dann nicht Gefahr, sich gegen Einflüsse von außen zu immunisieren, wenn man verschiedene Disziplinen in ihrer Sinnhaftigkeit anerkennt und nicht meint, dass das eigene System das maßgebliche ist.
Das sollte sich die dogmatische Kirche hinter die Ohren schreiben. Meines Wissens beansprucht Hans Albert nicht, im Besitz absoluter Wahrheiten zu sein.

closs hat geschrieben:]
Münek hat geschrieben:Ich spreche von den heutigen Menschen, die in ihrer Egozentrik diesen anmaßenden Schwachsinn glauben.
Ist nicht repräsentativ für Christen.
Woher willst Du das wissen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Solange sich der christliche Mensch als Zentrum der Welt wähnt, denkt er anthropozentrisch.
Der Punkt ist ein anderer: Wenn der Mensch erkennt, dass anthropozentrisches Denken NICHT der Maßstab ist, kann er so viel anthropozentrisch denken, wie er will. - Im GRunde ist nicht das antropozentrische Denken ("Ich denke von mir aus") das Problem, sondern dessen ERhöhung in eine Maßstäblichkeit ("Alles, was der Fall ist, muss ich prinzipiell erkennen können, sonst ist es Fake").
Das wäre ontologischer (starker) Naturalismus, der meines Wissens in der Wissenschaft nicht vertreten wird. Wissenschaft lässt die nicht zu beantwortende Frage nach der Existenz transzendenter Welten und Wesen zu Recht außen vor.

closs hat geschrieben:Christen wissen, dass sie als Menschen denken ("anthropozentrisch") - aber sie stellen Gottes Denken darüber ("theozentrisch") - wobei wir wieder bei "Hiob" wären. - Naturalisten/MAterialisten gehen diesen zweiten Schritt NICHT.
Der Mensch kennt Gottes Denken nicht. "Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken", heißt es im AT. Warum sollten Naturalisten spekulatives Gelände betreten?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Warum sollten sie so denken, solange ihnen keine wirkliche Alternative aufgezeigt wird.
Wenn man an Wahrheit interessiert ist, kann man sich auch mal selber um Alternativen kümmern - es gibt welche.
Das ist Sache des Gläubigen. Wer höchst außergewöhnliche Behauptungen aufstellt, sollte diese nachweisen bzw. glaubhaft belegen. Wenn er sich dazu außerstande sieht, steht er nackt und mit leeren Händen da.

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