Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
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Münek
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#1431 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Di 6. Dez 2016, 18:33

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Meines Wissens berichten die Schriften des "Neuen Testaments" nichts von einer "Grabeskirche". Also kein Fall für die HKM.
HKM ist doch nicht nur für Evangelien erfunden worden.
In der Tat wird diese Methode bei der Auslegung aller biblischen Schriften angewendet - nicht nur der Evangelien. Du hast die Bibelwissenschaft im Zusammenhang mit der Grabeskirche erwähnt. Das ist insofern falsch, als von der Grabeskirche in der Bi-
bel keine Rede ist .


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Von was man nichts wissen kann, darüber sollte man schweigen.
Das ist ein Wittgenstein-Satz mit klarer atheistischer Ausrichtung und kein allgemein gültiger Lehrsatz.
Es ist ein kluger allgemein gültiger Satz (kein Lehrsatz), den sich Dampfplauderer hinters Ohr schreiben sollten.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Er muss glaubhaft machen und belegen, dass seine Behauptung "IST".
Dieser Ansatz ist schon richtig - aber "müssen" ist etwas übertrieben.
"Müssen" ist schon richtig. Der Behaupter will doch in der Regel, dass man seiner Behauptung Glauben schenkt. Wenn er dazu nicht imstande ist, steht er nackt und mit leeren Händen da.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Er schließt eben nicht aus, dass ein Gott existiert.
Formal hast Du nach wie vor Recht. - De facto jedoch wird es ausgeschlossen
Nein - Du hast es immer noch nicht kapiert. Im Gegensatz zum ontologischen (starken) Naturalismus schließt der methodologische (schwache) Naturalismus der Wissenschaft die Existenz von göttlichen Wesen GANZ BEWUSST nicht aus.

closs hat geschrieben:konkret: Gäbe es Gott, könnte der Naturalismus nicht feststellen, dass es ihn gibt.
Niemand konnte bisher feststellen, dass es Gott gibt. Manche GLAUBEN, festgestellt zu haben, dass es ihn gibt. Im Übrigen läge es an Gott, sich allen Menschen zu erkennen zu geben. Für ein allmächtiges Wesen müsste das ein Klacks sein.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich wüsste auch nicht, dass die Kirche dies tut.
Dann nimm Deinen Wanderstab und klappere mal jedes Bistum und jedes Kloster ab und frage dort nach.
Das wäre Deine Aufgabe, schließlich hast Du diese Behauptung in die Welt gesetzt. Da Du sie offensichtlich nicht belegen kannst, gehe ich davon aus, dass sie falsch ist.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die nüchterne Feststellung der Theologen, dass sich der historische Jesus in seiner Naherwartung geirrt hat, hat nichts mit irgendwelchen Glaubensansichten zu tun.
Doch - natürlich. - Es ist eine Interpretation aufgrund eines weltanschaulichen Glaubens, der halt unterschiedlich sein kann.
Nein - persönliche Glaubensauffassungen spielen in der Wissenschaft, demnach auch bei der Anwendung der HKM keine Rolle.

closs
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#1432 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Di 6. Dez 2016, 19:13

Münek hat geschrieben:In der Tat wird diese Methode bei der Auslegung aller biblischen Schriften angewendet - nicht nur der Evangelien.
Auch bei Literatur im allgemeinen.

Münek hat geschrieben:Es ist ein kluger allgemein gültiger Satz
Ist Dir klar, dass dann jeder schweigen müsste? - Oder Du definierst Wissen als System-Wissen - dann kann jeder reden. - Wie hätten wir es gerne?

Münek hat geschrieben:Der Behaupter will doch in der Regel, dass man seiner Behauptung Glauben schenkt. Wenn er dazu nicht imstande ist, steht er nackt und mit leeren Händen da.
Auf jeden Fall ist es frustrierend - aber nochmals: Wie erklärt man dem Blinden die Farbe?

Münek hat geschrieben:Im Gegensatz zum ontologischen (starken) Naturalismus schließt der methodologische (schwache) Naturalismus der Wissenschaft die Existenz von göttlichen Wesen GANZ BEWUSST nicht aus.
DANN müsste die HKM die Bibel AUCH so untersuchen, als gäbe es Gott - also so auslegen ("Exegese"), als wäre die Bibel göttlich inspiriert. - Tut die HKM das?

Münek hat geschrieben:Niemand konnte bisher feststellen, dass es Gott gibt.
Das stimmt nicht - auf persönlicher Ebene stellen das viele fest.

Münek hat geschrieben:Im Übrigen läge es an Gott, sich allen Menschen zu erkennen zu geben.
Geduld.

Münek hat geschrieben:Das wäre Deine Aufgabe, schließlich hast Du diese Behauptung in die Welt gesetzt.
Wenn Du es nicht kapierst, geht nicht mir was ab. - Ich kann Dir nicht einen SChwarzkittel nach dem anderen vorbeischicken, damit Du es glaubst.

Münek hat geschrieben:Nein - persönliche Glaubensauffassungen spielen in der Wissenschaft, demnach auch bei der Anwendung der HKM keine Rolle.
Dann darf man auch nicht dementsprechend interpretieren - siehe methodische Vorgaben, die ja eine Glaubens-Funktion insofern haben, dass man sie zugrunde legt, aber nicht falsifizieren kann.

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Münek
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#1433 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Di 6. Dez 2016, 21:59

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:In der Tat wird diese Methode bei der Auslegung aller biblischen Schriften angewendet - nicht nur der Evangelien.
Auch bei Literatur im allgemeinen.
Richtig. Aber was hat Bibel-HKM mit der Grabeskirche zu tun, von der in der Bibel keine Rede ist? Darum geht es doch.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es ist ein kluger allgemein gültiger Satz
Ist Dir klar, dass dann jeder schweigen müsste? - Oder Du definierst Wissen als System-Wissen - dann kann jeder reden. - Wie hätten wir es gerne?
Der Komiker Dieter Nuhr drückte es deftig aus: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten." :lol:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Behaupter will doch in der Regel, dass man seiner Behauptung Glauben schenkt. Wenn er dazu nicht imstande ist, steht er nackt und mit leeren Händen da.
Auf jeden Fall ist es frustrierend - aber nochmals: Wie erklärt man dem Blinden die Farbe?
Mit Vergleichen standst Du immer schon auf Kriegsfuß.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Im Gegensatz zum ontologischen (starken) Naturalismus schließt der methodologische (schwache) Naturalismus der Wissenschaft die Existenz von göttlichen Wesen GANZ BEWUSST nicht aus.
DANN müsste die HKM die Bibel AUCH so untersuchen, als gäbe es Gott - also so auslegen ("Exegese"), als wäre die Bibel göttlich inspiriert. - Tut die HKM das?
Dass der methodologische Naturalismus die Existenz Gottes nicht ausschließt, heißt nicht, dass er von der Existenz Gottes ausgeht. Die Annahme einer göttlichen Existenz ist der wissenschaftlichen Forschung nicht zugänglich. Wo die Annahme eines Schöpfers in die Wissenschaft selbst als Hypothese eingeführt wird, hört die Wissenschaft auf, eine wissenschaftliche Methode zu benutzen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das wäre Deine Aufgabe, schließlich hast Du diese Behauptung in die Welt gesetzt.
Wenn Du es nicht kapierst, geht nicht mir was ab. - Ich kann Dir nicht einen SChwarzkittel nach dem anderen vorbeischicken, damit Du es glaubst.
Du solltest damit aufhören, der Theologie Auffassungen zu unterstellen, die sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht hat. Wenn Du Behauptungen aufstellst, dann belege sie. Wenn Du das nicht kannst, gehe ich davon aus, dass sie aus der Luft gegriffen sind.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - persönliche Glaubensauffassungen spielen in der Wissenschaft, demnach auch bei der Anwendung der HKM keine Rolle.
Dann darf man auch nicht dementsprechend interpretieren.
Doch - man interpretiert korrekterweise, ohne den persönlichen Glauben einfließen zu lassen. So - und nur so gelangt man zu sachgerechten Ergebnissen.

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#1434 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Di 6. Dez 2016, 23:09

Münek hat geschrieben:Dass der methodologische Naturalismus die Existenz Gottes nicht ausschließt, heißt nicht, dass er von der Existenz Gottes ausgeht.
LetztlIch geht es doch um die Ergebnisoffenheit in Bezug auf das, was historisch geschehen sein kann. - Und da geht kein weder Fisch noch Fleisch.

Münek hat geschrieben:Du solltest damit aufhören, der Theologie Auffassungen zu unterstellen, die sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht hat.
Sie HAT sie - ich habe, wirklich zufällig, heute mit einem theologischen Akademiker über dieses Thema gesprochen, der gemeint hat: "Ach Gott, reden die immer noch darüber?". - Mit "die" waren die Beteiligten des Naherwartungs-Streits gemeint.

Dieses Thema ist in der christlichen Theologie seit Jahrzehnten auf breiter Front durch. Natürlich weiss man von den Argumenten beider Seiten - aber man stellt einfach fest, dass dies eine Standpunktfrage ist und keine objektiv wissenschaftliche Frage.

Wir führen hier seit 500 Seiten eine Phantomdebatte - wenngleich ich viel dabei gelernt habe. - Und zur Erinnerung: Es geht bei dieser Debatte nicht um "Naherwartung" an sich, sondern um wissenschafts-theoretische Fragen, für die sich dieses Thema halt als Beispiel gut eignet. - Eigentlich gehört es in den Thread "Teufelszeug" - jetzt hat es sich hier schon wieder aufgebaut.

Andererseits ist es verständlich, dass sich solche wissenschafts-theoretischen Fragen ständig aufbauen, weil in ihnen die Lösung der Frage liegt, warum hier jedes Thema ständig so ganz unterschiedlich interpretiert wird - immer dasselbe. - Und es wird immer dasselbe bleiben - eben weil es ein ergebnis-präjudizierenden Effekt hat, ob man auf anthropozentrischer oder theozentrischer Basis interpretiert.

Münek hat geschrieben:Doch - man interpretiert korrekterweise, ohne den persönlichen Glauben einfließen zu lassen.
Der methodische Ansatz, dass Jesus nichts anderes als ein Mensch ist, hat den Charakter eines methodischen Credos. - Es stehen sich hier zwei GLAUBENS-Systeme gegenüber - das ist der eigentliche Punkt, der einen arglosen Wissenschaftler ohne wissenschafts-theoretischen oder ontologischen Hintergrund erschrecken lässt.

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#1435 Re: Theodizee

Beitrag von Rembremerding » Mi 7. Dez 2016, 14:27

closs hat geschrieben: - ich habe, wirklich zufällig, heute mit einem theologischen Akademiker über dieses Thema gesprochen, der gemeint hat: "Ach Gott, reden die immer noch darüber?". - Mit "die" waren die Beteiligten des Naherwartungs-Streits gemeint.

Dieses Thema ist in der christlichen Theologie seit Jahrzehnten auf breiter Front durch. Natürlich weiss man von den Argumenten beider Seiten - aber man stellt einfach fest, dass dies eine Standpunktfrage ist und keine objektiv wissenschaftliche Frage.

Man kann dazu anmerken, dass es gerade die historisch-kritische Forschung der letzten drei Jahrzehnte war, welche Antworten auf die Fragen zur Naherwartung lieferte, welche aussagen, dass sich Jesus eben nicht irrte. Vielmehr zeigt sich, dass sich hier seine Arbeitsweise, eine "göttliche Pädagogik" offenbarte.
Die HKM konnte die historische Abfolge des Wirkens Jesu anhand der Evangelien immer mehr konkretisieren, indem sie Texte zeitlich einordnete, bewusste Absichten der Schreiber für ihr Publikum erkannten sowie literarische Zwänge. Nach Abzug späterer Einschübe und mythologisierenden Bezügen, wurde die Vorgehensweise des Herrn bei seiner Verkündigung klarer.

Im Rückblick wussten die Evangelisten, dass Jesus der Messias und Gott war, er selbst ließ dies aus konkreten Gründen in der Schwebe, denn unter dem Kommen des Messias und der Gottesherrschaft hatten die Juden eine klare Vorstellung. Diese Vorstellung konnte und wollte Jesus nicht erfüllen, nur den Willen des Vaters, dessen Gottesreich das vom Gottesvolk erwartete himmelhoch überragte.

So stellte Jesus behutsam zuerst in drei Seligpreisungen eine Verbindung her zwischen ihm und dem Propheten Jesaja. Damit erweckte er die Erwartungen der Hörer auf das kommende Gottesreich. Er tat es ebenso mit den Wunderzeichen, die Jesaja für die Heilszeit ankündigte. Damit schaffte er bei seinen Hörern ein glaubwürdiges Fundament für seine Sendung von Gott her für seine eigentliche Botschaft.

Diese verkündigte er dann und diese Botschaft war für damalige Juden gewaltig und wäre ohne Jesu Vorbereitungen niemals gehört worden: Der Messias ist nicht gekommen, um zu richten, sondern um zu retten! Gott will die Menschen nicht zu seinen Knechten, sondern zu seinen Kindern machen! Das Reich Gottes war also nicht das irdische messianische Reich, in dem Gott König und Richter ist, wie es die Juden erwarteten, sondern eine andere messianische Gotteskindschaft, die in Glaube und Taufe zum mystischen Leib Christi wird. Hier setzen nun Jesu Verkündigungen vom wahren Gottesreich in den Gleichnissen ein.

Besonders anstößig war die Sendung und Botschaft Jesu auch, weil er zu den Sündern kam. Aber er trennt sie noch nicht von den Gerechten, er sucht sie vielmehr, um sie zu bekehren. Dies lehrt Jesus nach Beispiel des Vaters, wie das Gleichnis vom verlorenen Sohn aussagt und natürlich auch in Taten. Damit lässt er ein völlig neues Licht auf das kommende Gottesreich fallen, wie Gott es will.
Jesus zeigt also auf: Ja, ich bin der erwartete Messias und Menschensohn und Richter über Lebende und Tote, über Israel und der Menschheit, doch ich komme vorerst nicht zum Gericht, sondern als sanftmütiger Knecht Gottes, um zu retten, was verloren war/ist.

Von diesen zwei Phasen der Arbeitsweise Jesu her müssen seine Aussagen "das Gottesreich kommt bald" und die tatsächliche Ankunft des Gottesreichs betrachtet werden. Jesus war einerseits selbst das kommende Gottesreich in Person, deshalb ist es schon mitten unter ihnen gewesen, andererseits diese Generation oder dieses Volk nicht vergehen, bis bald das Gottesreich anbricht, denn es entsteht in den Herzen der Menschen durch den herabgesendeten Hl. Geist. Und es ist noch nicht gekommen, in dem Sinn, wie es die Juden erwarteten, als Reich mit Säbelrasseln und durch das Gericht.
Erst die HKM konnte durch stimmige historische Zuordnungen die Reihenfolge von Jesu Worten und Taten einigermaßen konkret festlegen und aufgrund dieser Basis konnte man in der Forschung den Schluß ziehen: Jesus hat sich nicht geirrt und die Evangelisten haben korrekt seine Arbeitsweise wiedergegeben. Gerade die Naherwartungsfrage ist also eine gutes Beispiel dafür, wie die historisch-kritische und kanonische Methode zusammen eine stimmige Antwort erlangten.
Warum dies atheistische Autoren noch nicht begreifen wollen, kann nur an ihrer Absicht liegen.

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#1436 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Mi 7. Dez 2016, 15:01

Rembremerding hat geschrieben:Warum dies atheistische Autoren noch nicht begreifen wollen, kann nur an ihrer Absicht liegen.
Neutraler wäre vielleicht: Es liegt an ihrem Ansatz, an dem sie wirklich glauben. - So wie Deine Ausführungen ebenfalls auf dem Glauben beruhen, dass Jesus nicht nur irgendein Wanderprediger war.

Dass da zum Teil doch ideologische Bösartigkeit dabei sein kann, ist wohl so. Aber auch hier habe ich den Eindruck, dass dieses Bösartige nicht bewusst absichtlich kommt, sondern aus einem Eingebundensein in ein materialistisches Verständnis von "Aufklärung", das sich selber als "Fortschritt" versteht. - Es besteht also kein Unrechtsbewusstsein, sondern ein Selbst-Bild der "Redlichkeit", das nicht in der Lage ist, über das eigene Feld Hinausgehende als "redlich" verstehen zu können. - Also ein riesiger Zirkel.

Eine ganz andere Frage:
Glaubst Du (wie ich), dass die Textverfasser zunächst selber nicht gecheckt haben, was Jesus eigentlich wollte? Und dessen eigentliche Intentionen erst mit der Zeit hermeneutisch ("heilsgeschichtlich") erschlossen wurden?

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#1437 Re: Theodizee

Beitrag von Rembremerding » Mi 7. Dez 2016, 15:44

closs hat geschrieben:So wie Deine Ausführungen ebenfalls auf dem Glauben beruhen, dass Jesus nicht nur irgendein Wanderprediger war.
Dabei muss sich jeder die Frage stellen, warum es wohl gerade dieser Wanderprediger war, der die Welt veränderte.

Glaubst Du (wie ich), dass die Textverfasser zunächst selber nicht gecheckt haben, was Jesus eigentlich wollte? Und dessen eigentliche Intentionen erst mit der Zeit hermeneutisch ("heilsgeschichtlich") erschlossen wurden?
In allem, was geschrieben wurde, lag bereits der Kern alles später erschlossenen.
Man muss hier auch zeitliche Abstände berücksichtigen. Nach Jesu Tod war für alle die Sache Jesu enttäuschend vorüber, niemand wusste, was Jesus wollte und er war mindestens gescheitert. Nach seiner Auferstehung und erst recht nach der Herabkunft des Hl. Geists war die Befähigung des Verstehens gegeben. Dann kamen die paulinischen und deuteropaulinischen Briefe und darin zeigt sich, dass es "gecheckt" wurde, alle Erkennntis war da. Schon aufgrund der Zeichen und der besonderen Gotteserfahrungen, die innerhalb der ersten Christengemeinden geschahen. Die späteren Briefe und das Johannesevangelium (dieses auch noch aus historischer Sicht) waren bereits richtungsweisende und damit geistig durchdrungene Schriften, die eine Lehre Jesu umrissen, die sich gegen andere, meist hellenistisch und gnostisch durchsetzte Lehren, behaupten konnte.
Die Theorien, dass die Osterberichte nachträgliche Erfindungen der Gemeinde waren, sind bereits widerlegt. Zumindest können sie aufgrund ihrer Resonanz nicht rückwirkend, sondern nur von einem Ereignis ausgehend aus betrachtet werden.
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#1438 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Mi 7. Dez 2016, 18:44

Rembremerding hat geschrieben:In allem, was geschrieben wurde, lag bereits der Kern alles später erschlossenen.
Das glaube ich auch. - Trotzdem scheint es mir eine Entwicklung zu geben, die zeigt, dass man erst später das Geschehene geistig immer mehr erschlossen hat.

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#1439 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Fr 9. Dez 2016, 04:03

Rembremerding hat geschrieben: Erst die HKM konnte durch stimmige historische Zuordnungen die Reihenfolge von Jesu Worten und Taten einigermaßen konkret festlegen und aufgrund dieser Basis konnte man in der Forschung den Schluß ziehen: Jesus hat sich nicht geirrt und die Evangelisten haben korrekt seine Arbeitsweise wiedergegeben.
Wo hast Du denn diesen Blödsinn her? Exakt das Gegenteil ist richtig. Dass Jesus sich zweifelsfrei GEIRRT hat, darüber besteht in der historisch-kritischen, an keinerlei Glaubensdogmen gebundenen Bibelexegese ein breiter Konsens.

Der Hang und die Bereitschaft vieler Gläubiger, sich selbst in die Tasche zu lügen und dem Glauben widerstreitende Tatsachen auszublenden,
zu ignorieren, zu verdrängen, zu leugnen, scheint mir ein weitverbreitetes Phänomen zu sein. Ich bin mir sicher, die Psychologie liefert dafür plausible Erklärungen.

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#1440 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » Fr 9. Dez 2016, 17:04

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:- Jesus hatte eine Nahewartung
- Er wollte keine Weltmission
- Er wollte keinen Opertod sterben
- die Geburtslegenden sind nicht historisch
- die Auferstehungslegenden sind später erfunden worden
Alles Interpretationen - was ja nicht heißen muss, dass es falsch ist.

Würdest Du Deinen Beispielen Fakten-Rang geben?
Ich schließe mich da der neutestamentlichen Forschung an. Die alleits bekannten Schlussfolgerungen sind auf Grund der Quellenlage in sich plausibel und nachvollziehbar. Glaubensdogmatische Beteuerungen können diese nicht ausser Kraft setzen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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