Pluto hat geschrieben:Wo wird in der Bibel die Naherwartung verworfen oder gar geleugnet
Andersrum: Viele der Naherwartung zugeordneten Zitate sind nicht belastbar - spontan aus dem Gedächtnis:
1) Man übersetzt ein Wort mit "Generation" (Assoziation: ca. 25 Jahre), dabei ist damit "Geschlecht/Volk" gemeint. - Damit wird die Bedeutung "Euer Volk wird noch bestehen, wenn ich zurückkomme" umgebaut in "Solange ihr noch lebt, werde ich kommen" - das wäre dann wirklich Naherwartung.
2) Irgendwo sagt Jesus, dass er bald kommt - ersichtlicher mit Hinblick auf seine "Verklärung", die wenige Verse später stattfindet. - Daraus wird gemacht "Ich komme bald" im generellen Sinn der Naherwartung - Verklärung hin oder her (steht ja woanders)
3) Es gibt Zitate, aus denen ersichtlich wird, dass das Himmelreich nah ist - da ist selbstverständlich kein zeitlicher Bezug gemeint (Du guckst ja auch nicht auf die Uhr, wenn Du zu Deiner Tochter sagst, dass sie Dir nah ist), wird aber so interpretiert (= "Ich komme bald zurück")
4) Von K.Barths übergeordneter Deutung (die ich sehr gut nachvollziehen kann) ganz abgesehen, die all diese Zitate in einen geistigen Kontext stellt (was bei der Bibel eigentlich nicht überraschen dürfte)
Und dann gibt es 5) zwischendrin tatsächlich vereinzelte Zitate, aus denen man schließen muss, dass Paulus tatsächlich eine Naherwartung hatte. - Das wiederum würde ich unter "Kontaminierung" einordnen - er hat einfach nicht gecheckt, was sein Chef gemeint hat (was ja öfter der Fall ist - "und sie verstanden ihn nicht").
Unterm Strich: Paulus und sicherlich auch andere Jünger haben wie viele Urchristen eine Naherwartung gehabt - Jesus ganz sicher nicht (was aus dem hier Gesagten und sicherlich vielen anderen Zitaten, die hier auch schon jemand massenweise eingestellt hat, leicht begründbar ist. - Insofern irritiert mich die jugendliche Frische

, mit der hier Behauptungen als Tatsachen hingestellt werden, schon ein bißchen.