Pluto hat geschrieben:Nun müsste man nur noch feststellen, welches System der Wirklichkeit am Nächsten kommt.
Da müsste man vermutlich "Wirklichkeit" definieren. - Wenn man damit "Wirklichkeit" im säkularen Sinn definiert, wird das säkulare Denk-System dazu das passendere sein. - Definiert man "Wirklichkeit" im geistigen Sinn, wird das geistige Denk-System das passendere sein. - Immer wieder: Es kommt auf die Setzung an.
Pluto hat geschrieben:Wie würdest du dabei vorgehen?
Gemäß meiner Setzung, welche - zur Vermeidung des Wortes "christlich" - platonischer Natur ist - heisst das der Spur nach (in Anlehnung an Mario Livio "Ist Gott ein Mathematiker?"): Der Platonismus setzt eine unveränderliche Realität, die autonom ist gegenüber der vergänglichen Welt, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen - und mehr haben wir ja nicht (lassen wir hier außen vor, ob man geistiges Denken als sinnliche Wahrnehmung bezeichnen kann).
Der Mensch (als sinnlich Wahrnehmender des Daseins) kann also - wie jene Gefangenen in der Höhle des "Höhlengleichnisses" - prinzipiell nicht zwischen Realität und Schatten der Realität (also seiner Wahrnehmung der Realität) unterscheiden.
Umgekehrt (also aus der Perspektive der unvergänglichen Realität) heisst dies, dass jedes mathematische Konzept, und jede objektive Aussage oder die unendliche Zahl an Konzepten und objektiver Aussagen, absolute Enitäten und Universalien sind, die weder geschaffen noch zerstört werden können. - Man findet oder findet nicht.
In diesem Sinne steht - christlich gesehen - "Gott" für die unveränderliche Realität und Mensch für Daseins-Wahrnehmung eben dieser Realität.
Der "Sündenfall" steht in diesem Sinne für die Trennung von Realität und Wahrnehmung, die in Gott vollständig koinzidiert, aber eben nicht im "gefallenen" Menschen. - Deshalb die Diskrepanz.
Gott-Zuwendung ("gut") wäre in diesem Sinne Orientierung an der unveränderlichen Realität, selbst wenn man sie nicht oder nicht vollständig wahrnehmen kann. - Gott-Abwendung ("böse") wäre in diesem Sinne Orientierung am Maßstab der eigenen Wahrnehmung. In diesem Sinne ist die "Aufklärung" seit ca. dem 19. Jh. per Definition "böse".
Erst mal so weit. - Kommt der Gedanke rüber?