Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
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sven23
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#1391 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » So 4. Dez 2016, 07:04

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das Markusevangelium endet mit dem leeren Grab. Erst im 2. und 3. Jahrhundert!!!! wurden Erscheinungsgeschichten hinzugefügt.
Hast Du Rem dazu gelesen - ich zitiere:
"Bei all den Unterschieden kommt die HKM zu folgender Kernbotschaft: Jesus ist nach dem Tod bestimmten Jüngern erschienen, er hat sich als lebendig erwiesen und er ist als von den Toten auferstanden verkündet worden. Um diese Mitte kreisen alle Traditionen. ... Es gibt nämlich ... weitere gewichtige Indizien, welche die Historizität der Berichte auch und gerade im Licht der HKM wahrscheinlich machen. Würde es bei der Vielzahl an Indizien nicht um Glaube und Gott gehen, sondern um Napoleon oder Karl Marx, würde die HKM von einer Tatsache sprechen, aber unter ihrem atheistischen Einfluss darf sie es halt nicht".
Der gute Rem verwechselt kanonische Exegese mit der historisch-kritischen Methode.
Bevor man sich zum Verteidiger der HKM aufschwingt, sollte man sie erst einmal verstanden haben.

"Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung herausgebildet, dass wir denjenigen Sinn eines Textes herausarbeiten müssen, den der/die Autor/in im historischen Ursprungs-Kontext zum Ausdruck gebracht hat, und nicht den, den spätere Leserschaften ihm zuerkannt haben oder zuerkennen. Diese Herangehensweise macht die historisch-kritische Methode aus."
Aaron Schart

Es ist unbestritten, dass spätere Schreiber und die Kirche den Eindruck erwecken wollten, Jesus sei auferstanden. Wenn man z. B. die Entwicklung des Markusevangeliums ausser Acht läßt, dann findet die kanonische Exegese logischerweise das Glaubenskonstrukt bestätigt, das ja gerade daraufhin verändert wurde. Man findet sich also ständig zirkelreferent bestätigt, weil man die Glaubwürdigkeit der Texte überhaupt nicht in Frage stellt.

Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.
Quelle: Wikipedia


closs hat geschrieben: Halten wir fest: Es gibt offenbar zwei unterschiedliche HKMs. :D
Nein, die gibt es nicht. Es gibt die historisch-kritische Methode und den Rest, also kanonische Exegese, Ratzinger Exegese und alle glaubensdogmatisch geprägten Exegeseformen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#1392 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 4. Dez 2016, 09:30

Münek hat geschrieben: Dein Szenario hat doch mit der Realität absolut nichts zu tun.
Man setzt also, dass ein geistiges Szenario mit der Realität nichts zu tun hat - genau mein Vorwurf.

Münek hat geschrieben: "setzen" ist doch Dein Steckenpferd. Von wem hast Du das?
Ein Grundbegriff der Methodik. - Jede Methodik muss wissen, woraus sie besteht und worauf sie aufbaut. - Man nennt das je nach Nuance "Setzung"/"Voraus-Setzung"/"Axiom"/"Dogma"/etc.

Münek hat geschrieben:Ich sage es mal deutlich: Der gute Rem hat von der "historisch-kritischen Exegese" schlicht keine Ahnung.
Das besprichtst Du mit ihm. :D

Münek hat geschrieben:Nie kämen Exegeten auf die Idee zu konstatieren, Jesu SEI nach seinem Tod bestimmten Jüngern erschienen.
Auch nicht, wenn es in den Quellen stünde?

sven23 hat geschrieben:Der gute Rem verwechselt kanonische Exegese mit der historisch-kritischen Methode.
Das glaube ich nicht - frag ihn nochmal konkret danach.

sven23 hat geschrieben:Nein, die gibt es nicht. Es gibt die historisch-kritische Methode und den Rest
Aber wie Du hörst, scheint es doch auch innerhalb der HKM ganz unterschiedliche Ansätze zu geben. - Hmmm. ;)

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#1393 Re: Theodizee

Beitrag von Pluto » So 4. Dez 2016, 09:41

closs hat geschrieben:Man setzt also, dass ein geistiges Szenario mit der Realität nichts zu tun hat - genau mein Vorwurf.
Nein, man setzt das nicht.
Wegen deinem Weltbild brauchst du immer Setzungen. Die Wissenschaft braucht keine Setungen, weil sie die Welt so nimmt wie sie ist und sie untersucht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: "setzen" ist doch Dein Steckenpferd. Von wem hast Du das?
Ein Grundbegriff der Methodik.
Du von deiner Sicht auf andere. Das gilt NUR in den theologisch-kanonischen Disziplinen.

closs hat geschrieben:Man nennt das je nach Nuance "Setzung"/"Voraus-Setzung"/"Axiom"/"Dogma"/etc.
Seit wann sind Axiom und Dogma dasselbe?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#1394 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » So 4. Dez 2016, 09:46

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der gute Rem verwechselt kanonische Exegese mit der historisch-kritischen Methode.
Das glaube ich nicht - frag ihn nochmal konkret danach.
Er hat keine historisch-kritisch forschenden Exegeten nennen können. Barth kann es jedenfall nicht sein, der ist Glaubensdogmatiker.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, die gibt es nicht. Es gibt die historisch-kritische Methode und den Rest
Aber wie Du hörst, scheint es doch auch innerhalb der HKM ganz unterschiedliche Ansätze zu geben. - Hmmm. ;)
Es gibt die Theißens, die die Ergebnisse zur Kenntnis nehmen und solche, die sie ignorieren. Das hat aber nicht mit der historisch-kritischen Methode zu tun. Das sind ideologische und glaubensdogmatische Begrenzungen, die sich manche selbst auferlegen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1395 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 4. Dez 2016, 10:20

Pluto hat geschrieben:Wegen deinem Weltbild brauchst du immer Setzungen. Die Wissenschaft braucht keine Setungen, weil sie die Welt so nimmt wie sie ist und sie untersucht.
Das IST doch die Setzung: "Wir setzen, dass die Welt so IST (und es sonst nichts gibt), wie wir es als Menschen untersuchen können". - Das ist methodisch klug, aber philosophisch katastrophal.

Pluto hat geschrieben:Das gilt NUR in den theologisch-kanonischen Disziplinen.
Nein - es gilt auch im Kritischen Rationalismus - s.o.

Pluto hat geschrieben:Seit wann sind Axiom und Dogma dasselbe?
Sie sind per Definition nicht dasselbe, jedoch ist der praktische Unterschied gleich Null. - Denn was nützt es, wenn man Axiome so definiert, dass sie nur theoretisch falsifiziert werden können. - Oder umgekehrt: Auch ein Dogma wird falsifiziert, wenn die "Realität" zuschlägt.

sven23 hat geschrieben: Das sind ideologische und glaubensdogmatische Begrenzungen, die sich manche selbst auferlegen.
Und die sich ganz offensichtlich gegenüberstehen. - Und dann sagen BEIDE Seiten: "MEINE HKM ist die richtige."

Viel klüger wäre, wenn sich beide Seiten ihrer jeweiligen weltanschaulichen Orientierung bewusst wären UND dies auch öffentlich machen würden - und sagen würden: "Wir wenden jetzt die HKM auf UNSERE Positionierung an".

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#1396 Re: Theodizee

Beitrag von Pluto » So 4. Dez 2016, 10:56

closs hat geschrieben:Das IST doch die Setzung: "Wir setzen, dass die Welt so IST (und es sonst nichts gibt), wie wir es als Menschen untersuchen können".
Falsch!
Die Wissenschaft setzt NUR, dass die Welt mit ALLEM was darin ist, untersuchbar ist.

Der Unterschied zur Theologie sollte klar sein. Die Theologie muss an jeder Ecke und und jeder Verzweigung ihrer verschwurbelten Erkenntnsse irgend etwas setzen. Zum Beispiel:
Theologen setzten die Existenz Gottes voraus. Dann unterdrücken sie in ihren Untersuchungen alles was auch nur im Entferntesten dieser Setzung widerspricht.
Frage an dich: Ist das ergebnisoffene Forschung?


closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das gilt NUR in den theologisch-kanonischen Disziplinen.
Nein - es gilt auch im Kritischen Rationalismus - s.o.
Das "oben" habe ich widerlegt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Seit wann sind Axiom und Dogma dasselbe?
Sie sind per Definition nicht dasselbe, jedoch ist der praktische Unterschied gleich Null. - Denn was nützt es, wenn man Axiome so definiert, dass sie nur theoretisch falsifiziert werden können.
Merkst du den Unterschied nicht? Dogmen sind überhaupt nicht falsifizierbar — mit keiner Methode — sie sind nichts weiter als sinnleere Behauptungen.
Ein Beispiel:
Als Papst Bendikt war er gem. kirchlichem Dogma unfehlbar. Ist das immer noch der Fall, jetzt wo er wieder Joseph Ratzinger heißt?

Fazit: Das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit ist damit widerlegt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1397 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » So 4. Dez 2016, 10:56

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das sind ideologische und glaubensdogmatische Begrenzungen, die sich manche selbst auferlegen.
Und die sich ganz offensichtlich gegenüberstehen. - Und dann sagen BEIDE Seiten: "MEINE HKM ist die richtige."
Natürlich stehen sich die historisch-kritische Methode und die kanonische Exegese unversöhnlich gegenüber. Die kanonische Exegese ist ja extra als Gegenmodell zur HKM entwickelt worden. :roll:
Was erwartest du da?
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#1398 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » So 4. Dez 2016, 11:39

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Dein Szenario hat doch mit der Realität absolut nichts zu tun.
Man setzt also, dass ein geistiges Szenario mit der Realität nichts zu tun hat - genau mein Vorwurf.
Ich spreche nicht von einem "geistigen" Szenario, sondern von Deiner Fiktion eines nunmehr erbrachten unumstößlichen Beweises, dass Jesus tatsächlich von den Toten auferstanden ist - und wie die wissenschaftliche Exegese damit umgehen würde.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: "setzen" ist doch Dein Steckenpferd. Von wem hast Du das?
Ein Grundbegriff der Methodik. - Jede Methodik muss wissen, woraus sie besteht und worauf sie aufbaut. - Man nennt das je nach Nuance "Setzung"/"Voraus-Setzung"/"Axiom"/"Dogma"/etc.
Zu welcher Methodik gehört es, die Existenz von Göttern und sonstigen himmlischen Mächten zu "setzen"?

="closs"
Münek hat geschrieben:Ich sage es mal deutlich: Der gute Rem hat von der "historisch-kritischen Exegese" schlicht keine Ahnung.
Das besprichtst Du mit ihm. :D
Mit dieser Kritik warst auch Du (nicht zum erstenmal) angesprochen; denn ich schrieb: Diesbezüglich sitzt ihr beiden in demselben Strandkorb.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nie kämen Exegeten auf die Idee zu konstatieren, Jesu SEI nach seinem Tod bestimmten Jüngern erschienen.
Auch nicht, wenn es in den Quellen stünde?
Richtig. Eigentlich müsstest Du langsam geschnallt haben, dass sich die historisch-kritische Exegese nicht mit Glaubensaussagen übernatürlichen Charakters befasst. Deswegen würde sie niemals sagen, Jesus sei mit großer Wahrscheinlichkeit auferstanden
und seinen Jüngern erschienen.

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#1399 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » So 4. Dez 2016, 11:50

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Man nennt das je nach Nuance "Setzung"/"Voraus-Setzung"/"Axiom"/"Dogma"/etc.
Seit wann sind Axiom und Dogma dasselbe?
Durch seine Glaubensbrille betrachtet, erscheinen unserem lieben Kurt beide Begriffe synonym. :)

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#1400 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 4. Dez 2016, 13:05

Pluto hat geschrieben:Die Wissenschaft setzt NUR, dass die Welt mit ALLEM was darin ist, untersuchbar ist.
Das ist eine METHODISCHE Setzung des Wissenschaft und als solche absolut ok - sie sagt damit, was sie untersucht. - Ich rede von der WELTANSCHAULICHEN Setzung des Materialismus, dass es nichts anderes geben KÖNNE als das, was die Wissenschaft methodisch macht. - Das ist etwas ganz anderes.

Pluto hat geschrieben:Das "oben" habe ich widerlegt.
Du hast es wissenschaftlich widerlegt, was gar nicht die Frage war. - Es geht um den Kritischen Rationalismus, der WELTANSCHAULICH interpretiert wird. - Und da ist es NICHT widerlegt - diese Setzung des Materialismus kann man gar nicht widerlegen, weil sie dogmatischen Charakter hat.

Pluto hat geschrieben:Dogmen sind überhaupt nicht falsifizierbar — mit keiner Methode — sie sind nichts weiter als sinnleere Behauptungen.
Also ist die dogmatische Aussage des Materialismus, es gäbe nur das, was naturwissenschaftlich-methodisch untersuchbar ist, eine "sinnleere Behauptung"?

Pluto hat geschrieben:Fazit: Das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit ist damit widerlegt.
Auch falsch. - Es geht hier um eine Definition für eine Amtsfunktion und nicht um Ratzinger als Person. - Das Wort "widerlegen" wird hier im Forum so oft gebraucht, dass jedem klar werden muss, dass es eigentlich nichts bedeutet - man sollte damit disziplinierter umgehen.

sven23 hat geschrieben:Natürlich stehen sich die historisch-kritische Methode und die kanonische Exegese unversöhnlich gegenüber. Die kanonische Exegese ist ja extra als Gegenmodell zur HKM entwickelt worden.
Ja - um das abzudecken, was die andere Seite methodisch nicht abdecken kann. - Die Synthese wäre das gewesen, was Ratzinger wollte: Eine HKM, die sich geistig öffnet, als auch in Bezug auf nicht-materialsitische Schlussfolgerungen ergebnisoffen ist.

Münek hat geschrieben:sondern von Deiner Fiktion eines nunmehr erbrachten unumstößlichen Beweises, dass Jesus tatsächlich von den Toten auferstanden ist - und wie die wissenschaftliche Exegese damit umgehen würde.
RIchtig: Was wäre mit der HKM, falls es tatsächlich so wäre. - Und da ist Deine Antwort verwaschen: Es habe nichts mit der Realität zu tun.

Und das heisst, dass Du die HKM-Methodik aushebeln würdest, sobald irgend etwas nicht mit dem übereinstimmt, was Du unter "Realität" verstehst. - Also was jetzt? - Gilt der HKM-Satz "Quelle = Realität" oder nicht?

Münek hat geschrieben:Zu welcher Methodik gehört es, die Existenz von Göttern und sonstigen himmlischen Mächten zu "setzen"?
Das wäre der hermeunetische Ansatz.- Während die HKM DEINER Lesart de facto setzt, dass es Gott nicht geben kann, setzt der hermeneutische Ansatz, dass es ihn gibt - also nichts anderes als die Gegenposition auf gleicher Ebene.

Münek hat geschrieben:Deswegen würde sie niemals sagen, Jesus sei mit großer Wahrscheinlichkeit auferstanden und seinen Jüngern erschienen.
Aber sie würde sagen, er sei mit großer Wahrscheinlichkeit NICHT auferstanden - gell? - Was spielen dann Quellen noch eine Rolle, wenn sie am Ende eh überstimmt werden?

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