Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
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Münek
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#131 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Mo 5. Sep 2016, 12:30

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ja - was willst Du denn dann eigentlich?
Meinst Du ernsthaft, irgend jemand würde in Frage stellen, dass geistige Dinge beim Menschen im Kopf stattfinden?
Das sollte eigentlich so sein. Dann verstehe ich aber Deine Verwunderung und Kritik nicht, dass Materialisten in Bezug auf Intellekt/Kognition "zur allgemeinen Verwirrung" auch das Wort "geistig" verwenden.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was ist die "NT-Forschung als Ganzes"? Gibt es neben der universitären Bibelexegese noch eine andere wissenschaftlich ausgerichtete Theologie?
Geh halt mal die Theologie-Fächer durch.
Für die Auslegung von Bibeltexten an den theologischen Fakultäten ist ausschließlich die "Exegese" zuständig. Die Dogmatik legt keine Bibeltexte aus, sondern die Glaubenslehre der Kirche.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: der entscheidende Punkt ist, dass die alten Kirchenväter, die das Dogma der immerwährenden Jungfräulichkeit Marias als heilsgeschichtlich relevante Wahrheit festzurrten, mit "Chiffren" nichts, aber auch gar nichts am Kopf hatten.
Möglicherweise haben sie es als "Offenbarungen" bezeichnet - an der Sache ändert sich doch nichts.
Richtig - an der Sache ändert sich nichts. Die Kirche wird sich hüten, an dem Dogma der immerwährenden Jungfräulichkeit zu rütteln.

Das hat aber nichts mit "Chiffren" zu tun. Ich bin mir sehr sicher, dass die Kirche den Begriff "Chiffre", den Du so gern verwendest, wenn Dir
die Argumente auszugehen scheinen, überhaupt nicht in ihrem Gepäck hat. Oder weißt Du da was anderes?

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#132 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Mo 5. Sep 2016, 12:37

Münek hat geschrieben:Dann verstehe ich aber Deine Verwunderung und Kritik nicht, dass Materialisten in Bezug auf Intellekt/Kognition "zur allgemeinen Verwirrung" auch das Wort "geistig" verwenden.
Weil sie damit nichts (Spirituell-)Geistiges, sondern lediglich Kognitives meinen.

Münek hat geschrieben:Ich bin mir sehr sicher, dass die Kirche den Begriff "Chiffre", den Du so gern verwendest, wenn Dir
die Argumente auszugehen scheinen, überhaupt nicht in ihrem Gepäck hat. Oder weißt Du da was anderes?
Ob sie gerade DIESEN Begriff verwenden, weiß ich nicht - aber sie sprechen von "Zeichen" und "Offenbarungen", was im Grunde dasselbe ist. - Der Unterschied zwischen göttlichem Sein und unserer Wahrnehmung davon ist der Theologie sehr geläufig.

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Münek
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#133 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Mo 5. Sep 2016, 13:21

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dann verstehe ich aber Deine Verwunderung und Kritik nicht, dass Materialisten in Bezug auf Intellekt/Kognition "zur allgemeinen Verwirrung" auch das Wort "geistig" verwenden.
Weil sie damit nichts (Spirituell-)Geistiges, sondern lediglich Kognitives meinen.
Und Intellekt/Kognition sollen nichts mit menschlichem Geist zu tun haben? :o

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich bin mir sehr sicher, dass die Kirche den Begriff "Chiffre", den Du so gern verwendest, wenn Dir
die Argumente auszugehen scheinen, überhaupt nicht in ihrem Gepäck hat. Oder weißt Du da was anderes?
Ob sie gerade DIESEN Begriff verwenden, weiß ich nicht - aber sie sprechen von "Zeichen" und "Offenbarungen", was im Grunde dasselbe ist.
So wie Du hier den Begriff "Chiffre" verwendest, scheint er mir eher nichts mit "Zeichen und Offenbarungen" zu tun zu haben. Ich
verstehe unter "Chiffre" eher einen GEHEIMTEXT, der erst noch entschlüsselt werden muss, damit er verstanden und offenbar wird.

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#134 Re: Theodizee

Beitrag von Pluto » Mo 5. Sep 2016, 13:30

Halman hat geschrieben:Es besteht Konsens darüber, dass es sich beim Wort "Geist" um ein Polysem handelt. Dies hatte ich übrigens schon erklärt.
Ja schon. Aber bei Wiki sucht man vergeblich nach dem Wortsinn den closs meint.

Wikipedia hat geschrieben:Geist steht für:

Geist, allgemeiner Ausdruck für die kognitiven Fähigkeiten des Menschen
Geist (Band), deutsche Alternative-Rock-Band, gegründet 2000
Geïst, deutsche Black-Metal-Band, 2005 bis 2010 (danach „Eïs“)
Geist, anderer Name für Geest, Landschaftsform
Geistwesen, immateriell vorgestellte Wesen in Glaubensvorstellungen
Naturgeist, Wesenheit, die in Verbindung mit einem bestimmten Ort in der Natur steht
Totengeist, ein unkörperlich vorgestelltes Wesen, siehe Gespenst
Schicksalsgeist, Oberbegriff für verschiedene unkörperliche Wesen in Religionen, siehe Dämon
Heiliger Geist, in der christlichen Lehre die dritte Person Gottes
Ernst Heinrich Geist Elektrizität, deutscher Automobilhersteller
Geist, Destillate mazerisierter Früchte, siehe Spirituosen #Brand, Wasser oder Geist
Geist, Rechengröße in der Quantenfeldtheorie, siehe Faddejew-Popow-Geister
Geist, ein Videospiel für den Nintendo Gamecube
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#135 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Mo 5. Sep 2016, 14:47

Münek hat geschrieben:Und Intellekt/Kognition sollen nichts mit menschlichem Geist zu tun haben?
Doch - "Geist" ist (christlich/abendländisch) die transzendente Quelle dazu.

Pluto hat geschrieben: Aber bei Wiki sucht man vergeblich nach dem Wortsinn den closs meint.
Der Wortsinn erschließt sich aus dem "Heiligen Geist" sowie im Sinne der Literatur bis ins 19. Jh.

Ich habe doch nichts dagegen, wenn sich Sprache ändert - früher hieß "gay" lustig, heute heisst es "schwul". - Das Problem ist hier ein anderes: Durch die Besetzung des traditionellen Wortsinnes wird der alte Wortsinn von vielen nicht mehr verstanden - und während man für "lustig" im Englischen andere Wörter finden kann, gibt es für "geistig" in Ableitung von "HG" kein anderes Wort - und somit ist Chaos vorprogrammiert.

Dazu kommt noch, dass man die gesamte Literatur und Philosophie bis ins 19. Jh. nicht mehr verstehen kann, wenn man sich auf die wiki-Auskunft bezieht - eben weil es damals ganz anders gemeint war ("Ausdruck für die kognitiven Fähigkeiten des Menschen" ist eine vollkommen irreführende Verkürzung). - Natürlich kann wiki nichts anderes tun, als die heutige westliche Welt widerzuspiegeln - aber es macht es dem naiven Leser unmöglich, theologische und philosophie-geschichtliche Fragestellungen zu verstehen.

Münek hat geschrieben:Ich verstehe unter "Chiffre" eher einen GEHEIMTEXT
Eigentlich nicht - jedes Gleichnis ist im Grunde eine Chiffre. Wenn es nicht verstanden wird, dann mag man es als "geheim" bezeichnen - aber so ist es nicht gemeint. Es ist aber nicht als bewusste Verschlüsselung gemeint - eher im Sinne von "Offenbarung" oder in dem, was Goethe sagt: "Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis".

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#136 Re: Theodizee

Beitrag von SilverBullet » Mo 5. Sep 2016, 20:16

Ich möchte mal versuchen das Thema wieder etwas zurück in Richtung „Theodizee“ zu lenken:

Angenommen wir Menschen wären in der Lage, eine neue Lebensform, also einen Körper, herzustellen, der über Mechanismen (ähnlich zu Gehirnaktivitäten) verfügen würde, aus denen sich ein Bewusstsein ergäbe bzw. sich entwickeln würde, sollten wir es dann tatsächlich durchführen?

Ich denke es stellen sich hierzu gleich mehrere Probleme:
1.
Was ist wenn das sich entwickelnde Bewusstsein ein „furchtbares Bewusstsein“ für diese Lebensform ist – sich also Leid durch unsere Unfähigkeit einer Entwicklungsabschätzung ergibt?
2.
Angenommen es funktioniert: welche Schwierigkeiten erwartet dann so ein Lebewesen?
Die Mehrheit der Menschen würde diese Art von Bewusstsein/Lebewesen niemals als gleichrangig akzeptieren. -> Folge: eine Art „neuer Rassismus“.
3.
Machen wir diese Lebensform „abschaltbar“?
Würde ich es abschalten, wenn ich von der Gleichrangigkeit überzeugt wäre?

Neben der Faszination der zugrunde liegenden Technik, muss man sich also auch mit den „üblen Seiten des Erschaffens“ befassen.

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir keine neue Lebensform erschaffen sollten.

Was bedeutet es aber nun, dass ich, als menschliche Intelligenz, auf die Notwendigkeit eines Verzichtes schliesse (wegen unkontrollierbarer Leidgefahr), aber das Erschaffen von unfassbar umfangreichem Leid auf eine religiös behauptete gigantische Intelligenz („den Schöpfer“ – was auch immer dieser sein soll) zurückgeführt werden soll?

Warum soll eine „umfassende Intelligenz“, die sowieso „alles“ wissen soll, nicht genauso auf den Zusammenhang kommen, einfach keine Welt zu erschaffen?

Hier wurde schon die Idee von Leibniz erwähnt „die beste aller möglichen Welten“.
Ist eine erschaffene Welt, die „das Üble“ irgendwie benötigt, um „das Gute“ (irgendwann) hervorzubringen, nicht automatisch immer schlechter, als keine Welt?

In einem anderen Thread hat ein „Gläubiger“ in etwa die Aussage gemacht „Gott darf nicht so vorliegen, dass er naturwissenschaftlich definierbar sein kann, sonst ist es kein Gott mehr“.
Was ist mit dem „Erschaffen der Welt“ – warum sollte es trotzdem noch ein „Gott“ sein?
Ist das „als Vollkommen Vorstellbare“ nicht „Etwas“, das aus Einsicht, auf das Erschaffen einer Welt verzichten müsste?

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#137 Re: Theodizee

Beitrag von Pluto » Mo 5. Sep 2016, 20:19

closs hat geschrieben:Der Wortsinn erschließt sich aus dem "Heiligen Geist" sowie im Sinne der Literatur bis ins 19. Jh.
Schon klar. Aber wir leben jetzt im 21.Jahrhundert — dem Zeitalter der Information. Deshalb ist eine Umdeutung des Begriffs "Geist" unumgänglich.

closs hat geschrieben:Das Problem ist hier ein anderes: Durch die Besetzung des traditionellen Wortsinnes wird der alte Wortsinn von vielen nicht mehr verstanden
Das ist der Lauf der Dinge. Begriffe sterben aus, andere werden neu erfunden und von einer breiten Schicht von Schreibern und Lesern akzeptiert.

closs hat geschrieben:Dazu kommt noch, dass man die gesamte Literatur und Philosophie bis ins 19. Jh. nicht mehr verstehen kann, wenn man sich auf die wiki-Auskunft bezieht - eben weil es damals ganz anders gemeint war.
Ich komme mit dem 17/18/19. Jahrhundert gut klar. Schwierig wird es erst mit Texten aus dem 16. Jahrhundert und davor. Geht man noch weiter zurück, gab es nur religiöse & esoterische Texte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#138 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Mo 5. Sep 2016, 20:37

Pluto hat geschrieben:Aber wir leben jetzt im 21.Jahrhundert — dem Zeitalter der Information. Deshalb ist eine Umdeutung des Begriffs "Geist" unumgänglich.
Aber warum muss für das, was man ausdrücken will, ein Wort benutzen, das bereits inhaltlich anders besetzt ist?

Pluto hat geschrieben:Begriffe sterben aus, andere werden neu erfunden und von einer breiten Schicht von Schreibern und Lesern akzeptiert.
Das wäre i.O. - Aber der traditionelle Wortsinn ist doch noch da und muss ihn mit einem neuen Wortsinn teilen, der etwas anderes bedeutet.

Pluto hat geschrieben:Schwierig wird es erst mit Texten aus dem 16. Jahrhundert und davor. Geht man noch weiter zurück, gab es nur religiöse & esoterische Texte.
Philosophische auch.

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#139 Re: Theodizee

Beitrag von Halman » Di 6. Sep 2016, 19:51

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Es besteht Konsens darüber, dass es sich beim Wort "Geist" um ein Polysem handelt. Dies hatte ich übrigens schon erklärt.
Ja schon. Aber bei Wiki sucht man vergeblich nach dem Wortsinn den closs meint.

Wikipedia hat geschrieben:Geist steht für:

Geist, allgemeiner Ausdruck für die kognitiven Fähigkeiten des Menschen
Geist (Band), deutsche Alternative-Rock-Band, gegründet 2000
Geïst, deutsche Black-Metal-Band, 2005 bis 2010 (danach „Eïs“)
Geist, anderer Name für Geest, Landschaftsform
Geistwesen, immateriell vorgestellte Wesen in Glaubensvorstellungen
Naturgeist, Wesenheit, die in Verbindung mit einem bestimmten Ort in der Natur steht
Totengeist, ein unkörperlich vorgestelltes Wesen, siehe Gespenst
Schicksalsgeist, Oberbegriff für verschiedene unkörperliche Wesen in Religionen, siehe Dämon
Heiliger Geist, in der christlichen Lehre die dritte Person Gottes
Ernst Heinrich Geist Elektrizität, deutscher Automobilhersteller
Geist, Destillate mazerisierter Früchte, siehe Spirituosen #Brand, Wasser oder Geist
Geist, Rechengröße in der Quantenfeldtheorie, siehe Faddejew-Popow-Geister
Geist, ein Videospiel für den Nintendo Gamecube
Also, ich habe mal zwei Zeilen blau gefärbt, weil ich meine, dass Kurt "Geist" in diesem Sinne meint. Natürlich kann es sein, dass ich ihn missverstehe. Kurt wird es uns sagen können. ;)

Außerdem präsentiert uns dieser Wikipedia-Artikel grob zwei Bedeutungskomponenten des Wortes „Geist“ i.V.m. dem Bewusstsein. Dieser Begriff kann aber losgelöst vom Bewusstsein Geistwesen, wie Engel und Dämonen, gebraucht werden. Auch kann damit der Heilige Geist gemeint sein.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#140 Re: Theodizee

Beitrag von Halman » Di 6. Sep 2016, 20:47

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Genau das meine ich damit, wenn ich feststelle, dass ich nicht ernst genommen werde. Übereinstimmend mit der jüdischen Religionswissenschaftlerin Prof. Dr. Ruth Lapide erklärte ich bereits wiederholt, dass es keinen Gottesbefehl zur veranwortungslosen Ausbeutung der Erde gibt. Dies ist eine fatale Fehlinterpretation.
Irrtum, lieber Halman. Dich nehme ich ernst wenn es um Diskussionen im Forum geht.
Das freut mich zu lesen und ich glaube es Dir auch. :) Doch woran liegt es dann, wenn es hier an Entwicklung in den Diskussionen oftmal mangelt?

Pluto hat geschrieben:Nur die Dame, und wenn sie Professorin ist, interpretiert falsch.
Eindeutiger könnte Genesis 1,28 nicht sein...
Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan...
Damit stützt Du dich auf die deutsche Übersetzung, die durchaus kritisierbar ist und dann eröffnet sich sehr wohl ein Bedeutungsspielraum. Außerdem sollte sich ein Christ nicht nur an einem Vers orientieren. Genesis 2:15 ist ebenfalls eine Grundlage.
In meinem Beitrag vom Di 23. Jun 2015, 01:01 berief ich mich auf Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm und dem Exegeten Zenger.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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