Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#1241 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 15:43

Rembremerding hat geschrieben:Natürlich treffen wir hier auf ein grundsätzliches Problem des Denkens: Wie ist das Verhältnis von Sein und Zeit?Nicht allein das Wesen Jesu ist also relevant, sondern auch das christliche Wirklichkeitsverständnis im allgemeinen.
Zunächst mal: Deine Ausführungen sind sehr interessant und für mich auf Anhieb verständlich - keine Fragen meinerseits.

Zum Thema "Problem des Denkens". Hier bleibt für mich die Frage, wie sehr eine Zeit den Menschen in seinem Denken formatieren kann. Wie es aussieht, sehr. - Daran schließt sich an: WIE kann man es ändern?

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sven23
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#1242 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » So 20. Nov 2016, 16:48

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:sind die Texte meistens historisch unzuverlässig
Möglich - die Prüfungsebene lautet hier aber, was sie GEISTIG aussagen: Spiegeln sie etwas wider, was der Wirklichkeit Jesu nahe kommt oder nicht.
Auf Grund der Texte gibt es da eine Diskrepanz, das läßt sich einfach nicht leugnen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist nicht erst sein Conzelmann bekannt und ist ja gerade das Schizophrene, das zu diesem Spagat führt.
Das ist keine "Schizophrenie", sonder vollkommen normal: Abhängig von DEINER Position als Beobachter kommen unterschiedliche Ergebnisse raus - über-platt gesagt:
Von uns aus ist Marokko im Süden und von Südafrika im Norden.
"Normal" bzw. redlich wäre es, wenn man die Forschungsergebnisse offensiv kommunizieren und auch Konsequenzen ziehen würde.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann hätte Theißen zuerst closs konsultieren sollen, bevor er sein Jesusbuch schreibt.
Nee - er weiss es ja, wenn ich seine Einleitung richtig interpretiere.
Genau deshalb sagt er ja auch:
„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Das muss man sich schon vor Augen halten, wenn man den historischen Jesus verstehen will und nicht den nachträglich geformten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Rembremerding
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#1243 Re: Theodizee

Beitrag von Rembremerding » So 20. Nov 2016, 16:50

closs hat geschrieben: Hier bleibt für mich die Frage, wie sehr eine Zeit den Menschen in seinem Denken formatieren kann. Wie es aussieht, sehr. - Daran schließt sich an: WIE kann man es ändern?
Und die Gegenfrage kann lauten: Warum soll man es ändern?
Der Mensch müsste dazu einen Standpunkt außerhalb seiner einnehmen können, was nicht gelingt. Oder man lässt den Standpunkt Gottes, der außerhalb ist, gewähren, was viele nicht wollen.
Den Mensch von seiner Zeit zu schälen, scheint mir gleichbedeutend, als ihn von seiner Geschlechtlichkeit oder seiner Natur schlechthin schälen zu wollen. Das "entwahrheitet" ihn nur mit dem Schein ihn zu befreien. Nun mag die Zeit nicht nur das menschliche Denken formatieren, sondern der Mensch "formatiert" auch Zeit, soweit man sie als Zeitgeist betrachtet. Es gehört zum Leben und Überleben des Menschen, dass er in jeder Zeit die Wahrheit neu erkennt und um -oder übersetzt.

Nehmen wir das Threadthema, dann war bis zur Babylonischen Gefangenschaft der Tun-Ergehen-Zusammenhang relevant, von da an aber nun die Huld, die Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Gottes in einem vom Menschen uneinblickbaren Zusammenhang (bei Job werden beide Zusammenhänge wunderbar behandelt). Will man das nun als Falschformatierung betrachten oder als eine natürliche Suche nach der Wahrheit?

Nehmen wir das große Thema der Emanzipation oder noch eindringlicher in Bezug zur Bibel der Entmythologisierung. In den Evangelien ist es charakteristisch, dass sie Botschaft und Bericht miteinander verbinden. Man trifft damit nicht nur auf das Problem der Mythisierung des Historischen, sondern auch der Historisierung des Mythischen.
Nun begann D. F. Strauß damit Mythologie und Historie trennen zu wollen. Diese Entmythologisierung meinte jedoch zu Anfangs niemals das Verfahren einer Elimination, sondern das Verfahren einer Interpretation. Sie ist nicht von negativen, sondern positiven Interesse geleitet. Sie will den bleibenden sachlichen Kern, der im traditionellen Glaubensbekenntnis in mythologisch verschlüsselter Form vorliegt, retten und das bleibende Anliegen in einem dem neuzeitlichen Bewusstsein angemessenen Weise unverstellt zur Sprache bringen.
Nichts davon will die, nennen wir sie so, atheistische HKM mehr wissen. Sie negiert das zu untersuchende und ist geleitet von negativen Interesse. Allein bei diesem kleinen Bereich zeigt sich, dass Wissenschaft und Wissenschaftler die Formatierung ihrer Zeit, ja vielleicht ihre Formatierung der Zeit im Denken aufnehmen und in ihren nun zu erwartenden Ergebnissen manchmal auch durchaus unbewusst einarbeiten.

Dies ist menschlich und wird immer geschehen, da gerade der wissenschaftliche Mensch nicht bereit ist, sich über sich hinaus zu erheben. Gerade hier hat der glaubende Mensch die Aufgabe das banalisierte und entleerte Objekt der äußeren Welt wieder zu beseelen, indem es das Subjekt, den Menschen wieder aus der Entfremdung zur Natur löst und mit ihr aus Gott heraus vereint, sie wieder bewahrheitet, sakralisiert. Und gerade hinsichtlich der Interpretation der Bibel muss deshalb stets davon ausgegangen werden, dass Gläubige sie für Glaubende von Gott inspiriert verfassten. Das formatiert zurecht die gesamte Herangehensweise einer Interpretation.
Hier bei einigen Beiträgen im Forum meint man fast, als wäre die Bibel von Atheisten über 3000 Jahre hinweg dazu verfasst worden, um damit Glaubende bloßzustellen und die Nichtexistenz Gottes zu beweisen.

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#1244 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » So 20. Nov 2016, 17:44

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Die kanonische Exegese interessiert sich NICHT die Bohne für den "historischen Jesus"
Sie interessiert sich für den WIRKLICHEN Jesus, der somit automatisch auch historisch ist.
Nein - ihr Interesse gilt ausschließlich dem "Christus des Glaubens", dem Messias, dem Sohn Gottes, so wie er von gläubigen Autoren überliefert worden ist. Sie ignoriert z.B., dass sehr viele Worte nicht vom historischen Jesus stammen, sondern ihm von der mündli-
chen Tradition und den Evangelisten in den Mund gelegt worden sind.


"Nicht was ein Mensch namens Jesus gedacht, gewollt, getan hat, sondern was nach seinem Tode mit ihm gedacht, gewollt, getan worden
ist, hat die christliche Religion und mit ihr die Geschichte des so genannten christlichen Abendlandes bestimmt."

(Rudolf Augstein in "Jesus Menschensohn")

Augsteins Fazit: "Der Mensch Jesus, wenn es ihn denn gab, hat mit der Kunstfigur des biblischen und christlichen Jesus Christus nichts
zu tun. Eine Biografie Jesu lässt sich mangels historischer Fakten nicht schreiben. Die meisten Worte, die in der Bibel Jesus zugeschrie-
ben werden, hat er nicht gesprochen, die meisten Taten, die von ihm in der Bibel überliefert werden, hat er nicht vollbracht.

Jesus wollte weder eine Religion stiften noch eine Kirche gründen. Er wollte weder Gott noch die zweite Person eines dreifaltigen Got-
tes sein. Und schon gar nicht wollte er die Menschheit durch seinen Kreuzestod von ihren Sünden erlösen - ein solcher Gedanke wäre
ihm absurd erschienen, von der leiblichen Auferstehung ganz zu schweigen. Aber tatsächlich geglaubt hat der historische Jesus an ein
unmittelbar bevorstehendes Weltende, womit er allerdings falsch lag."

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#1245 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 19:40

sven23 hat geschrieben:"Normal" bzw. redlich wäre es, wenn man die Forschungsergebnisse offensiv kommunizieren und auch Konsequenzen ziehen würde.
Die Inanspruchnahme des Urteils, was redlich oder unredlich ist, ist irgendwas zwischen anmaßend und populistisch. - Du darfst davon ausgehen, dass die Theologie Verständnis hat für system-logische Ergebnisse der HK-Forschung und sehr wohl redliche Gründe hat, wenn sie dementsprechend damit umgeht.

Münek hat geschrieben:ihr Interesse gilt ausschließlich dem "Christus des Glaubens"
Der aber keinen Sinn machen würde, wenn seine geistige Wirklichkeit nicht auch historisch wäre. - Hier scheint es noch Missverständnisse zu geben.

@Sven und Münek
Sprecht Euch ab, wo wir diese Diskussion weiterführen wollen - rem hat schon recht mit seiner Kritik und ist ja beileibe nicht der einzige.

Rembremerding hat geschrieben:Und die Gegenfrage kann lauten: Warum soll man es ändern?Der Mensch müsste dazu einen Standpunkt außerhalb seiner einnehmen können
Und wer sagt es ihnen?

Rembremerding hat geschrieben:Es gehört zum Leben und Überleben des Menschen, dass er in jeder Zeit die Wahrheit neu erkennt und um -oder übersetzt.
So ist Hermeneutik eigentlich gemeint - oder mit Goethe: Erwerbe, um es zu besitzen.

Rembremerding hat geschrieben:Will man das nun als Falschformatierung betrachten oder als eine natürliche Suche nach der Wahrheit?
Es wäre so etwas wie die persönliche Heilsgeschichte, die sich ihren Weg nimmt. - Sollte man so etwas aus Deiner Sicht von außen anstubsen oder nicht?

Rembremerding hat geschrieben:Nun begann D. F. Strauß damit Mythologie und Historie trennen zu wollen. Diese Entmythologisierung meinte jedoch zu Anfangs niemals das Verfahren einer Elimination, sondern das Verfahren einer Interpretation. Sie ist nicht von negativen, sondern positiven Interesse geleitet. Sie will den bleibenden sachlichen Kern, der im traditionellen Glaubensbekenntnis in mythologisch verschlüsselter Form vorliegt, retten und das bleibende Anliegen in einem dem neuzeitlichen Bewusstsein angemessenen Weise unverstellt zur Sprache bringen.
Ja - so war das ursprünglich gemeint. - Wie übrigens auch die Aufklärung ursprünglich so gemeint war. - Bis dann die Zauberlehrlinge kommen.

Mangels Eigen-Wissens frage ich Dich: Kann es sein, dass auch Bultmann so angefangen hat?

Rembremerding hat geschrieben: da gerade der wissenschaftliche Mensch nicht bereit ist, sich über sich hinaus zu erheben.
So ähnlich meint es Heidegger, wenn er sagt: "Wissenschaft denkt nicht".

Damit sollen natürlich NICHT Intelligenz und all die wissenschaftlichen Höchstleistungen abgesprochen werden, sondern lediglich darauf hingewiesen werden, dass Wissenschaft sich, wenn sie diszipliniert bleibt, ausschließlich innerhalb ihres kritisch-rationalen Rahmens bewegt. - Allerdings sollte man hinzufügen, dass auch Wissenschaftler nach Abstreifen ihres Dienst-Kittels über diese Grenzen hinausdenken können und dies sicherlich in vielen Fällen auch tun.

Rembremerding hat geschrieben:Und gerade hinsichtlich der Interpretation der Bibel muss deshalb stets davon ausgegangen werden, dass Gläubige sie für Glaubende von Gott inspiriert verfassten. Das formatiert zurecht die gesamte Herangehensweise einer Interpretation.
Deshalb "Solus Spiritus" - ich bleibe dabei: Die HKM kann den "Solus Spiritus" nicht ersetzen, ihm aber zur Seite stehen. - Ansonsten macht man den Zauberlehrling zum Chef - genau das scheint seit einigen Generationen der Trend zu sein - dieser Trend bezeichnet sich selbst am liebsten als "Aufklärung", was aus meiner Sicht einer Kontaminierung des Aufklärungs-Begriffs gleichkommt.

Und doch wieder: Mir geht es nicht um Zustimmung des Agnostikers - mir geht es darum, dass das alles einfach nur VERSTANDEN wird. - Denn alles andere regelt sich dann von selbst.

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#1246 Re: Theodizee

Beitrag von Rembremerding » Mo 21. Nov 2016, 10:14

closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Will man das nun als Falschformatierung betrachten oder als eine natürliche Suche nach der Wahrheit?
Es wäre so etwas wie die persönliche Heilsgeschichte, die sich ihren Weg nimmt. - Sollte man so etwas aus Deiner Sicht von außen anstubsen oder nicht?
Ich habe die Erfahrung gemacht (natürlich auch an mir selber), dass eine Falschformatierung kaum durch Argumente gerichtet werden kann. Man darf auch Gott vertrauen, dass er Menschen Situationen sendet, die alte Muster aufbrechen und den Horizont erweitern. Manche Menschen zementieren in ihrem Stolz ihre Falschformatierung, wenn man sie ständig darauf aufmerksam macht.

Wie übrigens auch die Aufklärung ursprünglich so gemeint war. - Bis dann die Zauberlehrlinge kommen.
Mangels Eigen-Wissens frage ich Dich: Kann es sein, dass auch Bultmann so angefangen hat?
Bultmann stand in der Tradition der protestantischen Aufklärung seit Melanchthon. Luther erkannte noch einen "objektiven" Sinn der Christologie, Melanchthon wandte bereits das Prinzip "pro me" einseitig an: "Hoc est Christum cognoscere, beneficia ejus cognoscere, non... ejus naturas" ("Christus zu erkennen bedeutet, seine Wohltaten, nicht... seine Naturen zu erkennen." ) Die Christologie beschränkt sich hier auf die Soterologie (und vernachlässigt die universale und geschichtliche Christologie).
Schleiermacher nahm dies als Grundlage und schließt von der gegenwärtigen Erfahrung der Erlösung zurück auf den Erlöser. Bultmann übernahm dieses "pro me" Prinzip in seine Studien, was zunächst durchaus ein positives Interesse für die Erschließung des Lebens Jesu bedeutete. Bald aber zeigte diese Einseitigkeit ihre Grenzen auf: Es entstand die Gefahr, dass alle Sätze über Christologie und zu Jesus Christus zum Ausdruck eines christlichen Selbstbewusstseins wurden und der Herr lediglich zum Urbild eines religiösen Menschen. Bultmann entkleidete durch überzogene Entmythologisierung (das geschichtliche würdigte er ja zu wenig) und Vernachlässigung der universalen Botschaft des Herrn den Christus zu einer Person, die sich nur mehr auf den einzelnen bezieht. So konnte er die Frage stellen: Hilft der Herr mir, weil er der Sohn Gottes ist, oder ist er der Sohn Gottes, weil er mir hilft?
Für Bultmann sind so die Aussagen im NT über die Göttlichkeit des Herrn nicht Aussagen über dessen Natur, sondern nur über seine Bedeutsamkeit. Diese Sackgasse der Christologie und der HKM wurde dann von H. Braun erkannt, in dem er darlegte, dass auf diese Weise der Christus in letzter Konsequenz nur mehr zu einer Variablen der Anthropologie wird.

Dieses Auseinanderklaffen von Sein und Bedeutung in der Christologie nimmt dabei im übrigen nur in ihrer Weise am geistigen Geschick der Neuzeit teil.
Bultmann ist für die HKM daher relevant, weil er Fragen stellte, die heute noch zu beantworten sind. Zudem ging er einen Weg, der gegangen werden musste, damit seine Grenze erkannt werden konnte. Bereits die Schüler Bultmanns (etwa Käsemann, Conzelmann) verließen diese Sackgasse, indem sie den historischen Jesu mehr Bedeutung gaben. So ist Bultmann von seinen Ergebnissen her schon längst nicht mehr Stand der Forschung. Diese muss man sich seither als ein Pendeln zwischen historischen und heilsrelevanten Jesus vorstellen, bei der immer wieder einzelne Aspekte eine größere Bedeutung gewannen. Die neueste Entwicklung (Ratzinger, Kasper) versucht eine Ausgewogenheit zwischen historisch-kritischer und kanonischer Forschung. Übrigens bringt hier die Archäologie neuerdings erstaunliche Fakten in die historischen Bezüge des NT ein, was vor allen zu einer Neubeurteilung des Johannesevangeliums führte.

Neu ist seit den 1990ern, dass diese Forschung von neu-atheistischen Kreisen mit Störfeuern belegt wird. Sie griffen die Sackgassen oder Teilaspekte auf und wollen mit negativen Interesse dadurch den Glauben und die Existenz Gottes diskreditieren. Meist beschränkt sich deren Argumentation auf zusammenhanglose Versatzstücke einzelner Theologen, die sie für ihre Zwecke missbrauchen. Damit machen einige Autoren heute bei leicht manipulierbaren "aufgeklärten" Atheisten große Kasse, die sich stets von neuen selbst Scheinprobleme schaffen, die sie dann zu ihren Gunsten lösen. Und Atheisten schöpfen dann fleißig aus diesen "Quellen", um sich gegenseitig zu bestätigen. Denn bei vielen bleibt da eine Verunsicherung ...

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#1247 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Mo 21. Nov 2016, 12:56

Rembremerding hat geschrieben:Manche Menschen zementieren in ihrem Stolz ihre Falschformatierung, wenn man sie ständig darauf aufmerksam macht.
Das ist leider ein gutes Argument - also schweigen?

Rembremerding hat geschrieben:Diese Sackgasse der Christologie und der HKM wurde dann von H. Braun erkannt, in dem er darlegte, dass auf diese Weise der Christus in letzter Konsequenz nur mehr zu einer Variablen der Anthropologie wird.
Ein interessanter Satz - genau das entspricht meiner Beobachtung auch.

Dass der Säkularismus anthropologisch denkt, ist eh klar. - Aber hier wird das deutlich, was ich in Gesprächen mit Theologen oft gehört habe: Die Kluft innerhalb der Theologie zwischen fundamentalem und (ich würde es nennen) "utilitaristischem" Christentum. Diese Kluft habe ich wiedergefunden in "Hiob": Hier der fundamental denkende Hiob, dort seine utilitaristisch denkenden Freunde.

Es ist erstaunlich, dass die "Moral von der Geschicht'" bei "Hiob", die bereits vor 2.500 Jahren verstanden wurde, heute weitgehend nicht mehr verstanden wird - ein spiritueller Rückschritt also.

Ja - vielen Dank für Deine Ausführungen.

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#1248 Re: Theodizee

Beitrag von Rembremerding » Mo 21. Nov 2016, 13:47

closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Manche Menschen zementieren in ihrem Stolz ihre Falschformatierung, wenn man sie ständig darauf aufmerksam macht.
Das ist leider ein gutes Argument - also schweigen?
Wird eine Formatierung nicht mal erkannt oder gar in Erwägung gezogen, ist der Weg für Worte, die den Verstand erreichen sollen, tatsächlich zu weit geworden. Hier wirken nur mehr (Lebens-)Erfahrungen die den kurzen Weg über das Herz nehmen.

Ja - vielen Dank für Deine Ausführungen.
Immer gerne, so weit es meine Begrenztheit ermöglicht. :wave:
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#1249 Re: Theodizee

Beitrag von Halman » Mo 21. Nov 2016, 13:58

Rembremerding hat geschrieben:Übrigens bringt hier die Archäologie neuerdings erstaunliche Fakten in die historischen Bezüge des NT ein, was vor allen zu einer Neubeurteilung des Johannesevangeliums führte.
Hochinteressant! Hast Du dafür eine Quelle?

Mir wurde neulich die Frage gestellt, was für die Authentizität der JohEv's spricht und ich musste passen, was das erste Jahrhundert betrifft (genauer, was die Zeit vor Papryus 52 angeht).
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#1250 Re: Theodizee

Beitrag von Rembremerding » Mo 21. Nov 2016, 14:53

Halman hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:was vor allen zu einer Neubeurteilung des Johannesevangeliums führte.
Hochinteressant! Hast Du dafür eine Quelle?

Nein, nur in Papierform.
Mir fallen spontan zwei Beispiele ein:
Bereits 1888 wurde die Säulenhalle am Teich Bethesda ausgegraben und die fünf des Johannes zeigte sich keineswegs als nur symbolisch für etwa die 5 Bücher Mose, sondern man entdeckte ein doppeltes Becken, das von einem Säulengang getrennt war und von vier Säulenhallen umgeben. Man konnte in neuerer Zeit nördlich der Haram Mauer ein 110 mal 38 m großes Wasserbecken ausgraben und Zuleitungen mit Stauvorrichtungen zum Teich Bethesda. Zum Austausch des Wassers darin konnte man die Leitungen öffnen und es entstand das "Aufwallen" von dem Joh 5:3 berichtet, weil der Zufluss unter Wasser im Becken lag.

1999 wurde das "richtige" Kana ausgegraben und man entdeckte ein großes Landgut mit Kelter. Man fand auch (wie andernorts auch) große steinerne Wasserkrüge, von der Joh 2 spricht.

Wichtig ist hier, dass Johannes, der vorrangig den Christus verkündigt, von Bibelkritikern keine Historizität zugesprochen wurde, er habe nur in Zeichen und Symbolen sprechen wollen. Jetzt wird immer mehr der Eindruck gefestigt, dass Johannes ein guter Kenner der Örtlichkeiten war und die Wege, welche Jesus ging, logisch und geografisch klar nachvollziehbar sind (etwa 9:1-15, wo er vom Tempel tatsächlich zu dem Ort kam, wo damals "offiziell" anerkannte blinde Bettler saßen und unweit der Teich Schiloach war, heute unter dem Obstgarten einer griechisch-orthodoxen Kirche, 2004 ausgegraben).

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