Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#1231 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 08:47

Münek hat geschrieben:der "Original-Jesus" war der historische Jesus von Nazareth.
So ist es - und dem kann man sich von der einen Seite historisch-kritisch und von der anderen Seite kanonisch annähern. - Mal gucken, wer am Ende gewinnt.

sven23 hat geschrieben:Es spielt vor allem eine Rolle, in welcher Tradition die Texte enstanden sind, und die sind höchst unterschiedlich
Dieser Aspekt ist ebenfalls interessant, aber ein anderer als der, von dem ich spreche.

sven23 hat geschrieben:Wie will sie das bewerkstelligen, wenn sie sich nicht mal für die Intention des Schreibers interessiert?
Tut sie ja, aber nicht ausschließlich - primär geht es ihr um den geistigen Gesamt-Kontext.

sven23 hat geschrieben:Jesus sah im Gegensatz zum traditionellen Judentum die Zeit als unmittelbar bevorstehend an.
Das hast Du wahrscheinlich missverstanden - und nicht nur Du.

sven23 hat geschrieben:Im übrigen endet bei Theißen jedes Kapitel mit einer hermeneutischen Reflexion.
Theißen ist in einer schwierigen Situation: Einerseits ist er HKM-ler, andererseits ist er Theologe. Ich würde mich gerne mal mit ihm unterhalten, was für ihn letztlich entscheidend ist.

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sven23
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#1232 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » So 20. Nov 2016, 09:59

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:der "Original-Jesus" war der historische Jesus von Nazareth.
So ist es - und dem kann man sich von der einen Seite historisch-kritisch und von der anderen Seite kanonisch annähern. - Mal gucken, wer am Ende gewinnt.
NT-Forschung ist keine Lotteriebude.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es spielt vor allem eine Rolle, in welcher Tradition die Texte enstanden sind, und die sind höchst unterschiedlich
Dieser Aspekt ist ebenfalls interessant, aber ein anderer als der, von dem ich spreche.
Es ist der entscheidende Aspekt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie will sie das bewerkstelligen, wenn sie sich nicht mal für die Intention des Schreibers interessiert?
Tut sie ja, aber nicht ausschließlich - primär geht es ihr um den geistigen Gesamt-Kontext.
Tut sie eben nicht, denn sie interessiert sich nur für die Rezeption der Texte, als das, was man nachträglich aus ihnen gemacht hat.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jesus sah im Gegensatz zum traditionellen Judentum die Zeit als unmittelbar bevorstehend an.
Das hast Du wahrscheinlich missverstanden - und nicht nur Du.
Natürlich, die gesamte NT-Forschung beruht auf einem Mißveständnis. Gut, dass closs das mal aufgedeckt hat. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Im übrigen endet bei Theißen jedes Kapitel mit einer hermeneutischen Reflexion.
Theißen ist in einer schwierigen Situation: Einerseits ist er HKM-ler, andererseits ist er Theologe. Ich würde mich gerne mal mit ihm unterhalten, was für ihn letztlich entscheidend ist.
Dann lies mal wenigstens seine Bücher. Danach kannst du ihn immer noch löchern. :lol:
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#1233 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 11:17

sven23 hat geschrieben:NT-Forschung ist keine Lotteriebude.
Vor allem das, was IST, ist keine Lotteriebude - darum geht es mir eigentlich.

sven23 hat geschrieben:Es ist der entscheidende Aspekt.
Nicht zum geistigen Verständnis der Bibel.

sven23 hat geschrieben:Tut sie eben nicht, denn sie interessiert sich nur für die Rezeption der Texte, als das, was man nachträglich aus ihnen gemacht hat.
Sie interessiert sich für die geistigen Inhalte ALLER Texte - in einem Punkt hast Du recht: Deshalb muss man sie noch lange nicht historisch korrekt nennen.

sven23 hat geschrieben:Natürlich, die gesamte NT-Forschung beruht auf einem Mißveständnis.
Möglicherweise müsste man darüber reden, wie das, was Du in Deinem Sinne "NT-Forschung" nennst, und die Theologie zueinanderstehen. - Formulieren wir es deshalb neutral:

Das, was Du NT-Forschung nennst, hat einen Konsens, welcher in dem, was ich Theologie nenne, nicht übernommen ist.

sven23 hat geschrieben:Dann lies mal wenigstens seine Bücher. Danach kannst du ihn immer noch löchern.
Solche grundsätzlichen Fragen kann man direkt stellen, weil sie VOR der reinen Facharbeit stehen.

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Münek
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#1234 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » So 20. Nov 2016, 13:21

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:der "Original-Jesus" war der historische Jesus von Nazareth.
So ist es - und dem kann man sich von der einen Seite historisch-kritisch und von der anderen Seite kanonisch annähern.
Nee - völlig daneben. Die kanonische Exegese interessiert sich NICHT die Bohne für den "historischen Jesus", sondern ausschließlich für den dogmatischen "Christus des Glaubens". Mit dieser unwissenschaftlich-gläubigen Einstellung stünde sie in der exegetischen Jesusforschung auf verlorenem Posten.

Niemand würde sie hier ernst nehmen. Wissenschaft und Götterglaube verhalten sich zueinander wie Feuer und Wasser. Nicht kompatibel.

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#1235 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 13:38

Münek hat geschrieben: Die kanonische Exegese interessiert sich NICHT die Bohne für den "historischen Jesus"
Sie interessiert sich für den WIRKLICHEN Jesus, der somit automatisch auch historisch ist.

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#1236 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » So 20. Nov 2016, 14:05

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:NT-Forschung ist keine Lotteriebude.
Vor allem das, was IST, ist keine Lotteriebude - darum geht es mir eigentlich.
Also dir geht es um irgendwas, was "ist", was aber niemand kennt. Und diese "Etwas" ist immer so, wie du es gerne hättest. Ist das nicht ein bißchen zu simpel und riecht schon sehr nach Selbstbetrug?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist der entscheidende Aspekt.
Nicht zum geistigen Verständnis der Bibel.
Natürlich, denn auch geistige Konstrukte sind beschreibbar. Ob sie sinnvoll oder plausibel sind, ist eine andere Frage.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Tut sie eben nicht, denn sie interessiert sich nur für die Rezeption der Texte, als das, was man nachträglich aus ihnen gemacht hat.
Sie interessiert sich für die geistigen Inhalte ALLER Texte - in einem Punkt hast Du recht: Deshalb muss man sie noch lange nicht historisch korrekt nennen.
Ist sie auch nicht, deshalb sind die Texte meistens historisch unzuverlässig, wie die Forschung gezeigt hat.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich, die gesamte NT-Forschung beruht auf einem Mißveständnis.
Möglicherweise müsste man darüber reden, wie das, was Du in Deinem Sinne "NT-Forschung" nennst, und die Theologie zueinanderstehen. - Formulieren wir es deshalb neutral:
Das, was Du NT-Forschung nennst, hat einen Konsens, welcher in dem, was ich Theologie nenne, nicht übernommen ist.
Das ist nicht erst sein Conzelmann bekannt und ist ja gerade das Schizophrene, das zu diesem Spagat führt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann lies mal wenigstens seine Bücher. Danach kannst du ihn immer noch löchern.
Solche grundsätzlichen Fragen kann man direkt stellen, weil sie VOR der reinen Facharbeit stehen.
Dann hätte Theißen zuerst closs konsultieren sollen, bevor er sein Jesusbuch schreibt. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1237 Re: Theodizee

Beitrag von Rembremerding » So 20. Nov 2016, 14:16

In inzwischen 4 Threads gleichzeitig und das nach Jahren wird nun schon über die HKM diskutiert, wobei die einen sie lediglich dazu verwenden ihre Ideologie eines nicht existenten Gottes bestätigen zu wollen, die anderen um schwärmerisch ihren vermenschlichten Gott zu retten.
Keiner hat dabei nur die geringste Ahnung, was die HKM will und kann, aber Hauptsache man spricht klug darüber, um Recht zu behalten.

Ich würde deshalb um zwei Dinge bitten:
1. Bleibt endlich in einem Thread, wo man sich seine unfundierten, aber für seine Setzung bearbeiteten HKM-Argumente in einer Endlosschleife um die Ohren hauen kann.
2. Liest doch endlich einmal ein Buch über das, was man hier darzubieten versucht, um es auch zu verstehen, aber nicht ein Buch von jemanden, der das darbietet, was man gerne selbst setzen will, um daraus zitierend sich selbst darzubieten.

Möge sich angesprochen fühlen, wer will (also wahrscheinlich niemand), und dies verstehen, wer kann (also wahrscheinlich jeder, aber nur so, dass er wiederum seine Setzung darbieten kann).

:yawn:
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#1238 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 14:31

Rembremerding hat geschrieben:In inzwischen 4 Threads gleichzeitig und das nach Jahren wird nun schon über die HKM diskutiert
Ja - das ist undiszipliniert, da hast Du recht.

Allerdings gibt es dafür auch eine Entschuldigung:
Denn egal, welches halbwegs anspruchsvolle Thema wir hier haben: Über kurz oder lang scheitert i.d.R. dessen Diskussion aufgrund unterschiedlicher Grundlagen - man kann also nur selten auf gleicher Ebene sprechen. Und meistens ist es bei theologischen Fragen der Gegensatz zwischen spiritueller und historisch-kritischer Deutung der Bibel. - Ich weiß auch nicht, wie man dieses Problem lösen kann, um überhaupt erst mal sinnvoll ANFANGEN zu können.

Rembremerding hat geschrieben:Keiner hat dabei nur die geringste Ahnung, was die HKM will und kann
Ganz so ist es nicht - ich habe jahrelang selber literatur-wissenschaftlich mit der HKM gearbeitet und weiss, was HKM vor 30 Jahren war. - Was HKM heute ist, wird ganz anders dargestellt.

Entweder es wird hier falsch dargestellt oder es hat sich in den letzten Jahrzehnten viel geändert. Bei uns war HKM eine BEGLEITENDE Disziplin als Hilfe für die Auslegung (so verstehe ich es auch heute noch) - heute wird es so dargestellt, als sei HKM die Auslegung selbst. - Als wären Geister gerufen worden, die man nicht mehr unter Kontrolle hat.

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#1239 Re: Theodizee

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 14:37

sven23 hat geschrieben:Also dir geht es um irgendwas, was "ist", was aber niemand kennt.
Nein - sondern dass das, was man methodisch schlüssig wahrnimmt, etwas ganz anderes sein kann, als das, was "ist".

sven23 hat geschrieben:sind die Texte meistens historisch unzuverlässig
Möglich - die Prüfungsebene lautet hier aber, was sie GEISTIG aussagen: Spiegeln sie etwas wider, was der Wirklichkeit Jesu nahe kommt oder nicht.

sven23 hat geschrieben:Das ist nicht erst sein Conzelmann bekannt und ist ja gerade das Schizophrene, das zu diesem Spagat führt.
Das ist keine "Schizophrenie", sonder vollkommen normal: Abhängig von DEINER Position als Beobachter kommen unterschiedliche Ergebnisse raus - über-platt gesagt:
Von uns aus ist Marokko im Süden und von Südafrika im Norden.

sven23 hat geschrieben:Dann hätte Theißen zuerst closs konsultieren sollen, bevor er sein Jesusbuch schreibt.
Nee - er weiss es ja, wenn ich seine Einleitung richtig interpretiere.

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#1240 Re: Theodizee

Beitrag von Rembremerding » So 20. Nov 2016, 15:27

closs hat geschrieben: Denn egal, welches halbwegs anspruchsvolle Thema wir hier haben: Über kurz oder lang scheitert i.d.R. dessen Diskussion aufgrund unterschiedlicher Grundlagen - man kann also nur selten auf gleicher Ebene sprechen. Und meistens ist es bei theologischen Fragen der Gegensatz zwischen spiritueller und historisch-kritischer Deutung der Bibel.
Wenn man jeden Therad flutet, werden die Fische sich zwar darin wohl fühlen, aber, was fliegen bedeutet, werden sie dadurch auch nicht besser verstehen.
Indes ziehen die Vögel zu den guten Plätzen weiter. ;)

Ganz so ist es nicht - ich habe jahrelang selber literatur-wissenschaftlich mit der HKM gearbeitet und weiss, was HKM vor 30 Jahren war. - Was HKM heute ist, wird ganz anders dargestellt.
Ach @closs, es war mir klar, dass jener, der sich am wenigsten angesprochen zu fühlen braucht, dies aus Demut und innewohnender Selbstreflexion am ehesten für sich in Anspruch nehmen möchte.
Die HKM wird hier oft aus rein ideologischer Sichtweise anders, nein, absichtlich oder unabsichtlich falsch dargestellt. Im Grunde ist es eine missbrauchte und eine zurückgebliebene HKM, die den Gegenstand, den sie untersuchen will, verneint. Meist wird sie nur mehr von Atheisten be- und getrieben.

Du bist schon noch auf einem guten HKM-Stand, was die wissenschaftliche Methodik anbelangt, denn die sollte sich ja nie ändern.
Seit Ratzinger und Kasper gibt es eine neue Hauptströmung der HKM, die nicht auf katholische Theologen beschränkt ist. Man hat erkannt, dass dort, wo die HKM und mit ihr die Theologie nur noch Interpretation von überlieferten Formeln und Begriffen ist, zu Scholastik im schlechten Sinn wird. Aus Lehrformeln werden Leerformeln.
Vereinfacht gilt nun wieder das Bekenntnis der kirchlichen Gemeinschaft als Ausgangspunkt der Christologie (denn um diese geht es ja im Grunde).
Sie hat dadurch einen zweiteiligen Aufbau: 1. Geschichte und Geschick Jesu Christi; 2. Das Geheimnis Jesu Christi.
Ratzinger formuliert dies als eine historisch-kritische Methode, die sich am Kreuz und der Auferstehung Jesu zu messen hat, von der sie ihre Berechtigung erlangt. Diese Berechtigung wiederum darf sich in das Licht der historisch-kritischen Betrachtung stellen.
Es gibt einen Übergang vom Jesus der Geschichte zum erhöhten Christus des Glaubens, der historisch-kritisch sowie kanonisch erkannt und gewürdigt werden muss.
In der Schrift, die von und für Glaubende überliefert, hat die Christologie ihre Mitte in Kreuz und Auferstehung (was im Grunde den Menschen- und Gottessohn definiert). Von dieser Mitte aus greift sie nach vorne aus nach der Parusie und nach rückwärts zur Präexistenz und zur Inkarnation.

Natürlich treffen wir hier auf ein grundsätzliches Problem des Denkens: Wie ist das Verhältnis von Sein und Zeit?
Nicht allein das Wesen Jesu ist also relevant, sondern auch das christliche Wirklichkeitsverständnis im allgemeinen.
Dieser katholische User ist hier dauerhaft inaktiv

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