clausadi hat geschrieben:Naqual hat geschrieben:Das jüdische Opfer wurde vom Reuigen selbst dargebracht.
Nein, denn Gott gab den Israeliten Weisung, wie sie Sühnung für ihre Verfehlung erwirken sollten, nämlich indem der Hohepriester am Versöhnungstag
das Blut von Tieren auf dem Altar im Allerheiligsten opferte. (3. Mose Kap 16)
Du musst verschiedene Opfer im Judentum unterscheiden. Eine ganz große Rolle nahm die Opfergabe des Räuigen ein. Genau und detailliert wurde geregelt, wer da was zu opfern hat und dafür entsprechend zahlte. Das kann man gar nicht abstreiten, denn da ist das mosaische Recht voll von.
Dein, hm, "Lieblingskapitel" regelt wieder ganz andere Sachen. Einmal wurde der Altar im Tempel mit dem Blut eines Tieropfers "geistlich gereinigt", (passt nun auf Jesus gar nicht, wo der Vorhang im Tempel zeriss - was im jüdischen Denken wohl am ehesten einer Entweihung entspricht), das andere mal, ich hatte es schon geschrieben, ging es NICHT um individuelle Sünden von Einzelnen, sondern um das falsche sündige Tun des Volkes Israel. Ein Volk kann nun nicht in Gänze antreten, sondern braucht einen Vertreter, schlicht den Hohepriester. Gott sollte seinem Volk gegenüber gnädig gestimmt werden. Sogar eine dritte Opferversion kommt in 3. Mose Kap 16 vor. Da wird das Tier nicht tödlich geopfert, sondern einfach in die Landschaft geschickt!
Naqual hat geschrieben:Wirksam in Bezug auf die göttliche Vergebung bzw. Gottes Wohlwollen war aber nicht das Töten des Tieres, sondern die innere Einstellung dessen, der das Tier opferte. Salopp ausgedrückt: er musste sehr zerknirscht sein und seine Besserung wollen.
Wie kommst du auf die Idee, dass aufgrund von Reue ein Straftäter ungestraft bleibt? Lehrt dich das deine Religion?
Denn
nicht die Hörer des Gesetzes sind Gerechte bei Gott, sondern
die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden.
Nönö, ich habe keine Religion die mich das lehrt. Eher Eingebungen.

Allerdings lehrt die jüdische Religion, auf die sich das Christentum so gerne beruft, darauf, dass ein Täter, der Gott mit einem Opfer bei rechter Einstellung huldigt, von Gott Gnade erfährt - also ungeschoren davon kommen kann. Und diese Aussagen sind keine phantasievollen Produkte späterer Juden, sondern die lasen das so aus dem AT heraus, dessen Sprache sie bekanntlich fließend beherrschten.
Naqual hat geschrieben:Bei den Blut-Jesu-Theorien gibt aber nicht der Reuige das Opfer. Ganz im Gegenteil, dies tut der Adressat des Opfers (Gott selbst). Nun kann man sich nicht selbst opfern (im doppelten Wortsinn). Das ist eine völlig andere Vorstellung zwischen Blut-Jesu-Opfer und jüdisches Opfer.
Also Jesus hat sich geopfert durch die Darbringung seines Leibes, also seines Blutes, nicht aber Gott!
Eine Frage der Sichtweise. Für die meisten Christen ist er Gott. Wer die Trinität für richtig hält (ich nicht), der kann eigentlich nur sagen, dass Gott am Kreuz starb. Man kann doch nicht mal hüh und mal hott tönen, je nach belieben. Vielleicht so: Jesus war zwar vollumfänglich Mensch und vollumfänglich Gott, aber sein göttlicher Anteil verließ ihn rechtzeitig (mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen) und nur der menschliche Teil verblieb sterbend. Dass Jesus einen nichtgöttlichen Teil und einen göttlichen Teil hat und dann mal das eine oder das andere den Ton angab, ist zumindest dem NT völlig fremd. Aus gutem Grund.
Aber unabhängig davon bleibt meine Aussage ja im Raum: Bei den Blut-Jesu-Theorien gibt der Täter nichts von sich, sondern lässt einen anderen dem Gott opfern. Es bleibt mit einem "fauligen Beigeschmack". Egal ob Jesus sich nun als Gott in Menschengestalt selbst opfert oder ob Gott seinen eigenen Sohn liquidieren muss, weil er nur Vergeltung kennt und keine Gnade.
Im Christentum mit dieser Vorstellung qualifziert man sich nun mit dem Glauben daran für den Himmel. Also mit der eigentlich zutiefst egoistischen Einstellung, dass jemand anders für einen sterben muss.
Ehrenhaft und liebevoll wäre es zu Gott zu schreien: "Herr, lass mich die Strafe tragen für meine Taten und nicht einen Unschuldigen! "
Eigenartig, dass man sich in der christlichen Religion solche Gedanken eher weniger macht.
Denn das Evangelium Gottes ist, dass Christus für unsere Verfehlungen starb gemäß den Geschriebenen; und dass er begraben wurde, und dass er erweckt worden ist in dem dritten Tag gemäß den Geschriebenen.
Ob das Jesus so gesehen hat ist die Frage. Er hat das Evangelium schon gepredigt, als das Kreuz noch gar nicht passiert war. Was war da dann das Evangelium inhaltlich?
Mt 9,35 Und Jesus ging ringsum in alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen.
Es ging ihm und das Reich Gottes auf Erden. Also wie man im Diesseits Gottes Willen umsetzt. Jedenfalls so im genannten Beispiel.
Naqual hat geschrieben:Also gerade die im Hebräerbrief angesprochenen dürften eine durchaus skeptische Einstellung zu den Ausführungen des Paulus gehabt haben. Rein von ihrem HIntergrund her, der im heutigen christlichen Denken schnell komplett ausgeklammert wird.
So ist es, denn
das Wort des Kreuzes ist denen, die verloren gehen, Torheit;
denen aber, die errettet werden – uns – ist es Gottes Vermögenskraft.
Denn weil in der Weisheit Gottes der Kosmos durch die Weisheit Gott nicht erkannte, wohlgefiel es Gott, durch die Torheit der Verkündigung die Glaubenden zu retten.
Weil denn auch Juden Zeichen fordern und Hellenen Weisheit suchen, wir aber, wir verkünden
Christus als gekreuzigt, so ist es
den Juden ein Ärgernis, der Ethnie („Heiden“) aber Torheit, ihnen aber, den Berufenen, Juden außerdem auch Hellenen, verkünden wir Christus als Gottes Vermögenskraft und Gottes Weisheit; da das Törichte Gottes weiser ist als die Menschen, und das Schwache Gottes stärker ist als die Menschen.
Was gibt Dir die Sicherheit, dass die christliche Version nicht die Torheit ist, die Paulus meinte? Das könnten nämlich auch sein.
Die Heiden (Griechen und Römer) hatten mit Menschenopfer und Halbgötter-Opfer absolut kein intellektuelles Problem und hätten es insofern nicht als Torheit bezeichnet. Also die Vorstellung des stellv. Opfertodes kannten die ganz gut. (Brauchst ja nur mal Homer's Götterwelt anschauen)
Lächerlich hätten die es empfunden, dass man als Starker sich ganz schwach macht. Dass man einen Lebenstil predigt, der auch einen Starken durch die Liebe, die er praktiziert, in einen vermeintlichen Schwächling verwandelt.
Gerade die Torheits-Bezichtigung des Paulus in den historischen Kontext gestellt, belegt eher, dass das stellv. Opfertod-System gar nicht gemeint war von den frühen Christen.
Also das Blut ist das Leben allen Fleisches; sein Blut steht für sein Leben!
Und die Lohnzahlungen der Verfehlung sind der Tod.
D. h. der Verfehler (Sünder) muss mit seinem Leben bezahlen (sühnen), also mit seinem Blut, das vergossen wird.
Womit hat Jesus dann gezahlt? Also gestorben wäre er als Mensch sowieso. Ich weiß es klingt frech, aber es ist absolut konsequent:
Jesus ist nach damaliger Lebenserwartung gestorben bei der in der Antike durchschnittlichen Lebenserwartung die zwischen 30 und allerhöchstens 40 Jahren lag.
Auch die stellv. Strafübernahme durch Jesus in anderer Hinsicht befriedigt mich nicht:
Wenn er unsere Strafe (nach kirchenchristlicher Vorstellung die ewige Verdammmnis) übernommen hätte, müsste er jetzt noch in der Hölle sein und als er später den Jüngern und anderen noch einmal erschien, hatte er quasi "Hafturlaub".
Im übrigen stirbt der Mensch so oder so bereits einmal in seinen Leben - so bereits das AT. Dieses begründet die Sterblichkeit ja wegen der Sündhaftigkeit.