Moin Pluto,
Pluto hat geschrieben: Man guckt sich also die Gesetze mal an (von Einhalten ist keine rede — wäre ja lächerlich ) und schon hat man quasi die Erleuchtung??
Nee, nee, mein Lieber so einfach ist das nicht. Die Gesetze sind auch zu was Anderem da, oder etwa nicht?
Israel wollte Gott nicht als König und bekam den bösen König Saul, Israel wollte nicht glauben und bekam das Gesetz. Christus aber, den Christen auch das Ende des Gesetzes nennen, hat diese kaputte Beziehung zwischen Gott und Mensch wieder gekittet. Wer in Christus ist, benötigt kein Gesetz mehr, sondern lebt im Vertrauen auf Gott aus Gott heraus, wie es ja auch sein sollte. Wer das Gesetz bloß als Handlungsanweisung liest, versteht es nicht recht, denn es ist zuerst und vor allem ein Mißtrauensbeweis, der Beleg einer gestörten Beziehung. Regeln und Gesetze braucht es nur da, wo kein Vertrauen herrscht. Durch Jesus aber sind wir wieder in dem ursprünglichen Vertrauen.
Pluto hat geschrieben: Thomas Jefferson, einer der Gründerväter der USA hat mal eine Bibel genommen und alle Seiten herausgerissen, die (aus seiner Sicht) nicht von der Liebe Gottes erzählten. Übriggeblieben ist ein ganz dünnes Büchlein — mehr ein Heftchen — mit Namen Jefferson Bible.
Das ist nicht richtig, siehe den Beitrag von Salome. Thomas Jefferson selbst war ein Rassist, der seine Gedanken von Freiheit und Gleichheit aller Menschen nur auf die weiße Rasse anzuwenden wußte, seine ganzen Sklaven, die er hielt, hatten nur wenig bis nichts davon, galten sie ihm doch nicht als "richtige" Menschen, sondern bestenfalls als minderwertige, menschenähnliche Rasse, die der weißen Rasse weit unterlegen sei. Trotzdem war er sich nicht zu schade, ein Verhältnis mit der Sklavin seiner Frau einzugehen, mit der er zwei Kinder zeugte, die er immerhin mitsamt der Mutter in die Freiheit entließ, überhaupt die einzigen Sklaven, denen er je die Freiheit schenkte. Soweit mal etwas zu diesem vielbewunderten Mann. Die Wunder hat Jefferson aus der Bibel entfernt, die schienen ihm halt unglaublich; typisch Aufklärer. Im heutigen Licht haben die Wunder uns einiges zu sagen, was Jefferson damals nicht einsehen konnte.
Pluto hat geschrieben: Man sollte eben nicht ein Buch mit einer aufgesetzten Spezialbrille lesen, die nur schönklingede Passagagen durchlässt, sondern die Bibel als Ganzheit verstehen.
Darum bemühe ich mich doch auch, sprichst Du von closs? Ich sehe Gott nicht als freundlichen Buddy und Kuschelbären, sondern betone hier auch immer die dunkle und unverständliche Seite Gottes, den "Deus absconditus", versuche diese aber speziell zu deuten und nicht pauschal. Wir kommen nicht weiter, indem wir einfach behaupten, Gott hätte eben oft Mist gebaut und sei eben nichts als ein wütendes Kind, das ausrastet, wenn es nicht seinen Willen bekommt. Die Bibel ist viel tiefer, als man glauben will und mag. Die Weisheitsschätze darin sind reine Diamanten, man sollte nicht am Buchstaben hängenbleiben, sondern wirklich auch mal dahinter kucken - da tun sich unergründliche Weiten auf!
Pluto hat geschrieben: Wenn ER, so wie im Deuteronomium als zorniger, strafender und eifersüchtiger Gott dargestellt wird, dann wird es dafür einen Grund geben, den ich gerne verstehen möchte.
Es geht dort m.E. darum, die Gnade Gottes herauszustellen und die Folgen der Sünde aufzuzeigen. Es ist Gott ernst, Sünde ist kein Spiel oder ein Kavaliersdelikt. Die barschen Warnungen und grausamen Gerichte sind zu unserem Schutz gegeben und aufgeschrieben, damit wir Gott suchen und nicht die Sünde.
Pluto hat geschrieben: Ich finde es ziemlich seltsam, dass du sechs konkrete Verse als Pauschalisierung bezeichnest.
Lies doch mal den Zusammenhang in der Gesamtschau der Bibel! "Gott ist grausam und doof" paßt doch gar nicht zu Jesus und den ganzen Lobpreisungen seiner Barmherzigkeit, Güte und Gnade, wie kann das also gemeint sein? Man sollte jeden Fall einzeln besprechen in einem eigenen Thread. Das sprengt hier schlicht den Rahmen.
Pluto hat geschrieben: Wie heißt es doch so schön bei Luther... sola scriptura — nur das Wort der Bibel gilt.
Darin liegt mE ein unüberwindbarer Widerspruch, mit dem DU allein fertig werden musst, lieber Simpli!
Sola scriptura hat auch noch liebe Geschwister, etwa
Solus christus, (alles, auch die Bibel, hat sich an Christus auszurichten). Luther selbst fühlte sich frei, die Bibel zu kritisieren, wo er Christus nicht gepredigt fand (Jakobusbrief, Mose, Esther usw.)... Sola scriptura bedeutet nicht, daß nur gilt, was in der Bibel steht, sondern daß die Bibel ausreicht, um Christus zu verkündigen. Dieses Mißverständnis, daß die Bibel gleichsam Gott ist, hält sich so hartnäckig wie Zahnstein. Sogar Wikipedia kann dem aber abhelfen:
Wikipedia hat geschrieben: Die Forderung des „sola scriptura“ soll keineswegs zum Ausdruck bringen, dass nur der genaue Wortlaut der Heiligen Schrift für das Leben eines Christen ausschlaggebend sei, wie dies in der Neuzeit als Programm des christlichen Fundamentalismus formuliert wurde. Vielmehr ging es um die Frage, wer die Schrift recht auslegt. Nach der Vorstellung Luthers konnte dies nur durch die Schrift selbst geschehen, da sie „durch sich selbst glaubwürdig, deutlich und ihr eigener Ausleger“ sei. Auch sollte nicht das Schriftstück Bibel sakralisiert werden, sondern das in ihm enthaltene Wort Gottes ständig neu zur Sprache kommen (viva vox werden). Bei diesem Vorgang sei der Mensch nur passiv – er empfange das unverfügbare Wort. Damit diese Unverfügbarkeit nicht wiederum zur Willkür der Schriftauslegung führt, betonte Luther die „Mitte der Schrift“. Diese Mitte liege in der Christusbotschaft, die somit der innere Maßstab der Schrift sei. Von hier aus sei es möglich, kirchliche Entscheidungen und sogar die einzelnen Schriften der Bibel zu kritisieren – je nachdem, ob sie „Christum treyben“, also das Evangelium den Gläubigen zuführen, oder nicht.
Ich muß mit nichts fertig werden und Widersprüche sehe ich nicht, sofern man guten Willens ist, die Dinge recht verstehen zu wollen und sie nicht bloß nach seinem gegenwärtigen Geschmack deutet.
"Die Schrift legt sich selbst aus", sagt Luther und meint damit, daß wir mit unserem Geist da selbst hinein müssen und aufrichtig suchen lernen. Wer Widersprüche finden will, um nicht glauben zu müssen, wird Widersprüche finden, damit er nicht glaubt. Gott widersteht schließlich den Hochmütigen. Wer sich aber ernsthaft mit dem Wort auseinandersetzt, wird wahre Wunder erleben, dazu gehört aber ein demütiges Wesen.
Liebe Grüße, Simplicius.