closs hat geschrieben:
Naqual hat geschrieben:Nur wenige verstehen es, die Bibel so zu lesen, dass jeder Vers von verschiedenen Seiten und Perspektiven betrachtet und abgewogen wird.
Großes Thema: Wie würde sich die Bibel lesen, wenn man sie aus Sicht Gottes lesen würde.
Das ist formal richtig, praktisch aber unter den Bedingungen nicht machbar, weil wir das Ganze in Begrenztheit nicht erfassen können.
Um die Bibel aus Gottes Sicht zu lesen, muss ich ERST Gott kennen und dann die Bibel lesen. Christen gehen den umgekehrten Weg, sie lesen die Bibel um Gottes Sicht zu erfahren, die sie in sich selbst damit erst einmal nicht haben.
Vorausgehen muss damit jedoch zu Beginn eine innere Erkenntnis des sagen wir mal "göttlichen Funkens" (während man das Feuer selbst noch nicht erfasst).
Für mich war dies die Liebe Gottes, mystisch erfahren bis sie zusammenschmilzt, so dass man die erfahrene Liebe nicht mehr trennen kann zu einer Liebe, die man selbst empfindet.
Wenn ich damit an die Bibel erkennend herangehe, kommt aber absolut nichts gemeinhin "Christliches" dabei heraus. Ich erfahre die Autoren im Konflikt und im allmählichen Erkennen. Erkenntnis nicht als Absolutes, sondern sich entwickelnd Graduelles. Ja, es spielt nicht einmal mehr eine Rolle, was historisch passiert ist, ob etwas Gleichnis ist oder nicht. Es gibt einen vergeistigten Kern, der sich stellenweise wie eine Raupe verwandelt in einen Schmetterling. Meister Eckehart ist für mich da durchaus ein gutes Beispiel, wie man die Bibel (auch) erfahren kann. Kraft vernünftiger Überlegung, und der Geist Gottes setzt hier in diesem Prozess ganz natürlich an der Vernunft an. Allerdings eine Vernunft, die das Ganze einschließlich der Gefühle sieht. In einem verdichteten Prozess des Hier und Jetzt.
Ich nehme mal an, Du ahnst was ich meine, da Dein Weg vor dem eigentlichen Bibelstudium begann.
Naqual hat geschrieben:Und dann hätten die Steinzeitmenschen schon Plexiglasblöcke mit Bibelseiten gehabt, die sich unvergänglich über die Zeit retten können.
Was weiterführt zur Frage: Warum hat Gott als Allmacht vorgezogen, die Bibel so schreiben zu lassen, dass sie unterschiedlich interpretierbar ist.
Mit einer konservierten Superbibel wären wir nicht mehr Akteure, sondern Objekte Gottes, Befehlsempfänger. Gedanklich gehorsame Nachvollzieher. Aber so wie sich in der Natur alles unter Auseinandersetzung entwickelt, so auch das Geistige.
Eine Notwendigkeit. Wir wollen aber gefühlsmäßig immer ins Ziel springen ohne den Weg zu gehen. Jesus sprach von einem Weg der zu gehen ist. Nicht von einer Fallschirm-Punktlandung im Zielquadranten, wenn man sich nur der Schwerkraft hingibt.
Allerdings gibt es da ein Problem: Wie kann man Wahres von Falschem unterscheiden, wenn es unterschiedliche Wege gibt? Denn "unterschiedlich" soll ja nicht dasselbe wie "beliebig" sein.
Denn es ist ein Unterschied zwischen Varianten und Falschem - Beispiel: Autos gibt es in verschiedenen Varianten: Mercedes, VW, Lada, etc. - all das sind Autos, die jedoch unterschiedlich sind. - Dagegen ist "Autogramm" KEIN Auto (obwohl es nach "Auto" klingt). - Wie kann man also Varianten von Falschem unterscheiden - dazu eine kleine Vertiefung - ein Gedanken-Experiment:
Wenn man eine Cola-Dose längs in der Mitte von oben nach unten durchsägt, hat man zwei halbe Zylinder - nehmen wir im folgenden EINEN davon. - Wir halten ihn gegen das Licht, beobachten den Schattenwurf und stellen fest, dass der Schattenwurf des Halb-Zylinders je nach Lichteinfall ein Halbkreis (Licht kommt von oben) oder ein Rechteck (Licht kommt von der Seite) sein kann. - Stellen wir uns nun vor, es gäbe 2-dimensionale Schatten-Menschen, die dies beobachten: Der eine sagt: "Das Phänomen, das ich beobachte, muss halbrund sein". - Der andere sagt: " "Das Phänomen, das ich beobachte, muss rechteckig sein". - Am Ende streiten sie sich vielleicht, wer recht hat. ....
Im Buddhismus gibt es da das schöne Beispiel des Elefanten der von verschiedenen Akteuren mit Scheuklappen betrachtet wird. Der eine sieht den Rüssel, der andere den Schwanz, einer die enorm großen Füße. Aber keiner erfasst den Elefanten als Ganzes.
Das Ganze können wir m.E. nur suchen und uns annähern. Gott kann man sich nur nähern, nicht umfassend treffen.
Aber schon bei den Teilen haben wir das grundsätzliche Problem, ob wir ein richtiges Teil der Dose (Elefanten) oder etwas anderes haben.
Eine gewisse bedingte Kontrolle erhalten wir über das Erfahrbarmachen. WIR selbst müssen in uns erfahren können und sehen, dass die Wirkung zur Ursache passt. Trial and Error.
Es ist müßig dogmatisch festzustellen, dass Jesus für mich gestorben ist, wenn ich nicht erfahren kann, wie das Böse, dass ich auch bin, graduell in einem Prozess überwunden wird.
Das Kreuz ist nicht zu glauben, sondern zu tragen. Jesus sprach vom Kreuz nie davon dass man es glauben müsse, sondern dass diejenigen, die sich an ihm orientieren (Nachfolger) es tragen müssen. Das Kreuz tragen heißt u.a. Vergebung zu üben. Das ist schwer. Aber indem wir anderen vergeben, überwinden wir das Böse in uns. Das Böse verleitet uns nicht mehr dazu mit Bösem zu entgegnen.
DAS z.B. ist für mich überprüfbar anhand von Erfahrung.