CoolLesterSmooth hat geschrieben: ↑Mi 10. Apr 2019, 14:31
Aber ja, wir Menschen bedienen uns immer wieder eines Glaubens, dort wo wir nicht wissen, um uns die Welt und unseren Platz darin zu erklären. Genau aus dieser Eigenschaft geht ja der
God of the Gaps, also der Gott der Lücken hervor. Grollen und helle Lichter am Himmel? Gott. Das Wasser, das mal ausbleibt, mal alles überschwemmt? Gott. Stimmen im Kopf? Gott. Je mehr wir über die Welt um uns herum lernen, umso kleiner werden diese Lücken und in vielen Fällen wurde Gott durch eine alternative, sich mit der Realität deckenden und vollkommen Gott-freien Erklärung ersetzt.
Klar, den "God of gaps" hat es gegeben und gibt es möglicherweise immer noch. Aber das ist bei weitem nicht die einzige mögliche Verankerung, die der Glauben an einen Gott in unserem Weltbild haben kann.
Eine oft verwendete Alternative ist "god the creator". Es ist die Vorstellung, dass jeder - und vor allem ich - das Ergebnis einer Idee, eines Wunsches, eines Plans ist. Das Ich hat ein Gegenüber, einen Ansprechpartner, die Existenz einen Zweck und ein Ziel. Oft wehren sich Menschen, die von solchen Vorstellungen ausgehen, gegen die Zufälle, die wir um uns beobachten, aber die Intelligenten wissen die Zufälle als Hinweis auf die Willensfreiheit Gottes zu deuten. In dieser Vorstellung bildet Gott den Rahmen um das, was wir naturwissenschaftlich wissen, er ist nicht für die Lücken da, sondern überall.
Eine weitere Alternative wäre "god the judge". Dahinter steckt die Beobachtung, dass es auf der Welt jede Menge Ungerechtigkeit und Unheil gibt. Gott ist der, der richtet und zwar gerecht, selbst wenn menschliche Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt. Das Wissen, dass Unheil seinen Richter findet, macht uns fähig, selbst gegen Ungerechtigkeit aufzustehen. Eine solche Vorstellung ist in keiner Weise mit deinem Lückengott verbunden, weil sich die Frage nach Lücken gar nicht stellt und weil Naturwissenschaft nicht für Gerechtigkeit zuständig ist.
So als Möglichkeit wäre da noch "the man made god". Es ist die Vorstellung, dass Gott eine Erfindung der Menschen ist. Dahinter steckt der Wunsch, seinen Egoismus straflos ausleben und das Leben ohne Kontrolle, allein durch selbstgewählte Macht und Gewalt, gestalten zu können. Man will sich weder moralisch noch sonstwie von irgendjemand vorschreiben lassen, wie man sich verhalten soll. Und wenn man seine Triebe ohne menschliche Strafe ausleben kann, desto besser. Auch hier gibt es keinen Lückengott, weil es keine Lücken gibt. Offene Fragen und Unklarheiten werden einfach als unwichtig gekennzeichnet.
Wie ich schon oben erwähnt hatte, bin ich für "god the reality". Ich bin Gott begegnet, habe ihn erfahren, als ich ihn weder erfahren wollte noch ihn brauchte. In etwa so, wie Physiker das strange-Quark entdeckten, das ein Physiker mal als "Quark, das niemand brauchte" bezeichnet hatte. Ich wollte Gott nicht, aber er ist nun mal da, also macht es keinen Sinn, die Augen zu verschließen und so zu tun, als wäre er nicht da.
CoolLesterSmooth hat geschrieben: ↑Mi 10. Apr 2019, 14:31
Oder anders gesagt, ich stimme zu, dass die Auflösung von Unsicher- und -klarheiten in unserem Verständnis der Welt ein Motiv, ein Grund ist, an einen Gott zu glauben. Aber ist es wirklich ein guter Grund?
Diese Frage kannst du bei jedem der oben genannten Gottesbilder stellen. Bei allen diesen Bilder kann man ganz einfach sagen:
Für die, hinter deren Glauben das entsprechende Motiv stehen, ist es jeweils ein guter Grund.
Für Menschen, die ein anderes Weltbild haben, ist das kein guter Grund.
Offen sind nur die Menschen, die erkennen, dass es solche individuellen Gründe gibt und akzeptieren, dass die Gründe des Gegenübers nicht besser oder schlechter sind, als die eigenen.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.