Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

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Hemul
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#21 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Hemul » Mo 22. Apr 2013, 15:58

Was sagt die Schrift zu dem Threadthema?

In Hebräer 10:23-25 geht der Apostel Paulus näher darauf ein, u. fordert Christen auf, das regelmäßige Zusammenkommen nicht unregelmäßig werden zu lassen.
Warum sollten sie regelmäßig zusammenkommen? Um einheitlich belehrt zu werden, damit man nicht wie Paulus das in Epheser 4:11-14 warnend aufzeigt,
ein Unmündiger ist der von jedem Wind irgendeiner falschen Lehre kapitulieren muß.

Wer einheitlich belehrt wird kann auch Pauli Gebot aus 1.Korinther 1:10 nachkommen u. verhindert somit Spaltungen innerhalb der Gemeinde.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

jupi
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#22 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von jupi » Mo 22. Apr 2013, 17:14

Zustimmung,Hemul.

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Magdalena61
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#23 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Magdalena61 » Di 23. Apr 2013, 12:01

Wenn
Hebr. 10, 24-25 (Schlachter 2000)und laßt uns aufeinander achtgeben, damit wir uns gegenseitig anspornen zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unsere eigene Versammlung nicht verlassen, wie es einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das um so mehr, als ihr den Tag herannahen seht!
richtig ausgelegt/ interpretiert wäre, dann würde ich ja nichts sagen-- und euch auch nicht widersprechen. :)

Aber "Versammlung" (episynagoge) steht hier NICHT als Synonym für "Gemeinde" (ekklesia).
LG
God bless you all for what you all have done for me.

Hemul
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#24 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Hemul » Di 23. Apr 2013, 14:40

Magdalena61 hat geschrieben:Wenn
Hebr. 10, 24-25 (Schlachter 2000)und laßt uns aufeinander achtgeben, damit wir uns gegenseitig anspornen zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unsere eigene Versammlung nicht verlassen, wie es einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das um so mehr, als ihr den Tag herannahen seht!
richtig ausgelegt/ interpretiert wäre, dann würde ich ja nichts sagen-- und euch auch nicht widersprechen. :)

Aber "Versammlung" (episynagoge) steht hier NICHT als Synonym für "Gemeinde" (ekklesia).
LG

Hallo Magda!
Andere Bibelübersetzungen sprechen hier von "Zusammenkünften". Aber ob es jetzt Versammlung oder Zusammenkünfte heißt, man sollte auf jeden Fall regelmäßig
(so weit es möglich) dort anwesend sein.

Eclesia steht gemäß meiner Erkenntnis für die wahre Kirche Gottes. Auf diese geht der Apostel Petrus in 1.Petrus 2:4-9 näher ein.
Aber nicht umsonst warnt die Schrift uns in Sprüche 18:1 vor dem Alleingang.
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GanzBaff
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#25 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von GanzBaff » Di 30. Apr 2013, 09:33

Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass manche Christen einem gemeindelosen Christen sein Christsein absprechen wollen, ihm sogar noch die Schuld geben, keine geeignete Gemeinde zu finden obgleich dieser eine Fülle an guten Gründen hat. Mir geht es eigentlich nicht anders, mein Bekenntnis zu Jesus Christus ist noch nicht sehr alt (ich war als Kind in der katholischen Kirche, aber das kann man nicht mehr zählen denke ich). Natürlich denke ich auch (steht ja auch in der Bibel) das man als Christ nicht allein sein sollte. (wo 2 oder 3...)

Nun stecke ich in einer seelischen Situation, die es mir schwer macht Vertrauen zu anderen Menschen zu fassen, selbst das Vertrauen in Jesus Christus und in Gott musste ich mir selbst beibringen und ich danke dafür, dass das gelungen ist. Ich war immer sehr leicht verführbar, habe mich daher auch auf falsche Wege begeben, habe letztlich doch immer selbst eine Einsicht bekommen, leider meist wenn es schon fast zu spät war. Ich schaue mich nach verschiedenen Gemeinschaften um, habe jedoch noch keine entdeckt wo ich sagen würde: "Jau, das passt!"

Natürlich liegt da der Vorwurf auf der Hand, ich hätte zu hohe Ansprüche oder ich sei ein "Wohlfühlchrist", aber diese Vorwürfe sind absoluter Käse. Ich bin nämlich im Gegenteil ein Mensch der eher Leiden erträgt als Glück, fragt nicht warum das so ist, dazu müsste ich meine komplette Lebensgeschichte erzählen... Ich habe mich in verschiedenen Dingen die mich belasten an den evang. Seelsorger hier in der Stadt gewandt und bin darüber auch in Kontakt zu anderen Menschen der ev. Landeskirche gekommen. Ich muss dazu sagen, es ist eine kleine Diasporagemeinde inmitten tiefkatholischen Landes. Ich habe mich bei Pfingstlern und auch bei anderen Freikirchlern umgeschaut und ich muss sagen, vieles dort hat mir Angst gemacht und bei vielen Dingen habe ich hohe Blockaden, wenngleich die Menschen dort sehr nett, herzlich und offen waren.

So nach und nach - ich habe dafür gebetet - entsteht um mich herum ein kleines christliches Netzwerk aus alten Bekannten und neuen Gesichtern und je gelassener ich das Thema angehe um so mehr Möglichkeiten tun sich für mich auf. Gerade letzte Woche habe ich an einer Gruppe der ev. Kirche hier teilgenommen, wo ich mehr über Gott und Liebe reden konnte als ich es mir je geträumt hätte. Mein Weg führt wahrscheinlich zum Eintritt in die EKD, dennoch bin ich offen für Erfahrungen in anderen Gemeinden. Die (kath.) Gemeinde in meinem Dorf ist für mich ein rotes Tuch, auch das brachte mir schon den Vorwurf ein ich sei zu wenig bereit mich selbst zu ändern, zum Gemeindeleben gehöre auch dazu sich schleifen zu lassen. Natürlich hat man es als egoistischer unwandelbarer Klotz schwer Fuß zu fassen, aber wenn das tiefste Selbstverständnis einer Gemeinschaft schon nicht mit meinem Verständnis von "Christ sein" übereinstimmt, dann sehe ich wenig Sinn darin mich dort einzubringen.

Ich sehe kein Problem darin, wenn ein Christ ohne feste Gemeinde dasteht, solange er nicht ganz alleine ist oder ein "Internetchrist" wird. Und man muss auch anerkennen, dass die Gemeinde zu Zeiten des Urchristentums noch andere soziale Aufgaben hatte als es die Gemeinde heute oft hat. Früher waren Arbeits- und Lebensmittelpunkt häufig der Gleiche, man wirtschaftete zusammen und lebte zusammen. Heute geht jeder seine eigenen Erwerbswege, jeder hat seine "Arbeitsgemeinde", seine "Hobbygemeinde", seine "Freizeitgemeinde", seine "Freundesgemeinde", seine "Nachbarschaftsgemeinde", seine "Familiengemeinde" oder meinetwegen seine "Stammtischgemeinde". Diese Entwicklung ist nicht mehr so einfach mit dem biblischen Verständnis von Gemeinde in Einklang zu bringen. Und da, wo heutzutage "echte" Gemeinden existieren (ich denke z.B. an Amische oder 12 Stämme), erfährt man auch sehr oft Indoktrinierung und Ausgrenzung, was den modernen Menschen eher (oft verständlicherweise) abschreckt.

Die Krux ist, große Gemeinschaften bluten aus weil sie immer mehr Kompromisse eingehen müssen und kleine Gemeinschaften werden immer zahlreicher und spezialisierter. Der "Durchschnittsgläubige", der irgendwo zwischen Fundamentalismus und völliger Liberalität angesiedelt ist, wird dadurch verwirrt, er weiss nicht mehr wohin er soll.

Malika
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#26 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Malika » Di 30. Apr 2013, 11:00

GanzBaff hat geschrieben:Nun stecke ich in einer seelischen Situation, die es mir schwer macht Vertrauen zu anderen Menschen zu fassen, selbst das Vertrauen in Jesus Christus und in Gott musste ich mir selbst beibringen und ich danke dafür, dass das gelungen ist.

Mir geht es da etwas ähnlich. Ich tue mich ohnehin schwer mit neuen Kontakten (abgesehen von internetforen), brauche sehr lange, bis ich Anschluss finde und mich spricht man auch so schnell nicht an, vermutlich weil ich das schon ausstrahle. Ich brauche auch eigentlich in meinem Umfeld nicht viele Kontakte, treffe mich selten mal mit Freunden und finde Gruppen ziemlich anstrengend, da zu viele Menschen auf einmal. Allgemin bin ich am glücklichsten zuhause, mit meinem Partner, dem einzigen Menschn, den ich wirklich immer gerne in meiner Nähe habe. Von daher ist mein Bedürfnis nach Gemeinde zwar da, wird aber auch beschränkt von dem Problem, dort so viele Menschen treffen zu müssen. gerade in den Freikirchen habe ich leider auch erlebt, dass man dann schnell mal ausgefragt wurde zu allen möglichen Dingen und wenn man etwas erzählte, das die entsprechenden Personen nicht für christlich hielten, wurde ich sofort kritisiert oder mit Vorbehalt betrachtet.

Das schreckt mich inzwischen am meisten ab, dass ich in Freikirchen zwar freundlich aufgenommen wurde, dann aber auch schnell die Ansprüche kamen, was ich nun noch alles ändern muss oder was so nicht geht. In vielen christlichen Bereichen in denen sich eine größere Anzahl strenger Christen herumtreibt, mag ich gar nichts mehr über mich und meine Lebensumstände erzählen, weil ich weiß, dass alles irgendwie Potential für Kritik birgt wenn man es entsprechend betrachtet: dass ich nicht laut mit anderen beten kann, was ich studiere, meine Nebenjobs, mein Partner, meine Interessen und vor allem meine zurückgezogene, im "realen Leben" ziemlich introvertierte Persönlichkeit. Ich brauche viel Zeit und ehe ich in eine Gemeinde komme, muss ich wissen, dass ich die Zeit bekomme, erst mal in Ruhe gelassen werde, anonym sein kann. Aber auch das wird gerne kritisiert. So ist ein Christ nicht, solche Probleme kennt ein echter Christ nicht, das muss ich halt überwinden, das wären faule Ausreden. Irgendwann fühlt sich das an, wie ein Strick um den Hals, der sich immer weiter zuzieht und da kommt mir schon hin und wieder die Frage wie ich als Christ überhaupt existieren soll, wenn ich in jeder Hinsicht so ungenügend bin.

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Theophilus
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#27 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Theophilus » Di 30. Apr 2013, 11:14

GanzBaff hat geschrieben: Diese Entwicklung ist nicht mehr so einfach mit dem biblischen Verständnis von Gemeinde in Einklang zu bringen. Und da, wo heutzutage "echte" Gemeinden existieren (ich denke z.B. an Amische oder 12 Stämme), erfährt man auch sehr oft Indoktrinierung und Ausgrenzung, was den modernen Menschen eher (oft verständlicherweise) abschreckt.

Hi GanzBaff,

ich würde und man kann Dir Dein Christsein nicht absprechen, wenn Du daran glaubst.
Natürlich ist es besser man lebt"" den Glauben auch in einer Gemeinde, nimmt zB am Abendmahl teil. Oder engagiert sich. Da kannst Du nur die Gemeinden prüfen, manchmal ist es auch interessant an bestimmten Gruppen teilzunehmen oder Veranstaltungen weniger Gottesdienst, kommt auch darauf an wieviel Nähe Du brauchst.

Weshalb bist Du denn so Menschenscheu geworden, wie ist das den gekommen??

So ein Schmarn, wenn Du Dich zu Jesus bekennst bist Du mein Bruder, und Deine Taufe kann ich voll anerkennen, als Exkatholik, auch wenn Du da als Kommunionkind warst.

Du bist jederzeit wieder Willkommen, und jede Gemeinde die was anderes praktiziert, ist seltsam oder Sekte,
Du bist auch Christ, wenn Du nicht Mitglied der EKD bist, hat Jesus Mitgliederunterschriften gesammelt, nein.

Ich finde eben über mein Kind wieder schnell in die Kirche oder Gemeinde hinein.
Empfehlen würde ich Dir mal den Evangelischen Kirchentag, da geht es sehr Bund und vielfältig zu auch für jüngere Menschen, oder jung gebliebene wie wir es sind. Ich könnte mir denken, dass Du da die passenden Leute live treffen würdest, "Markt der Möglichkeiten", und dass Du dann von dort aus die passenden Mitchristen finden würdest.

Natürlich gibt es auch noch andere Großivents im Jahr, von anderen alternativen Gemeinden.

LG Theo
"Es mag sein, dass alles fällt, dass die Burgen dieser Welt um uns her in Trümmer brechen,
halte Du den Glauben fest, dass Dich Gott nicht fallen lässt, Er hält sein Versprechen!"
Alexander Schröder

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GanzBaff
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#28 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von GanzBaff » Di 30. Apr 2013, 11:26

Hallo Malika,

vieles was Du schilderst kann ich nur zu gut nachvollziehen weil ich es genauso empfinde. Es ist schmerzlich wenn man in dem Glauben irgendwo hinkommt, dass man dort so akzeptiert wird wie man ist und dann alsbald feststellen muss dass das Gegenüber einen im Prinzip nur als willkommenen Träger eigener Überzeugungen sieht, als Rohling aus dem man nun endlich ein Kunstwerk machen kann, wo man endlich zeigen kann, was man gelernt hat. Diese Menschen übersehen, dass man bereits ein Kunstwerk ist. Vielleicht mit handwerklichen Fehlern, vielleicht nicht dem gängigen Geschmack entsprechend.

Dieses Streben, dem anderen seine Heilsüberzeugung ungefragt um die Ohren zu hauen, weil "man selbst es ja auch so erlebt hat und es einem ja schließlich gut tat", ist ein Grund, warum ich sehr große Vorbehalte gegen manche Strömungen habe. Wenn man nicht so funktioniert, wie es die Gemeinschaft gerne hätte, dann liegt es am mangelnden Glauben, an Dämonen oder "am Fleisch". Das verunsichert, man fühlt sich seltsam. Man hat nun zwei Möglichkeiten: Der Gemeinschaft den Rücken kehren, oder auf ihre Spielregeln einsteigen.

Malika hat geschrieben:Irgendwann fühlt sich das an, wie ein Strick um den Hals, der sich immer weiter zuzieht und da kommt mir schon hin und wieder die Frage wie ich als Christ überhaupt existieren soll, wenn ich in jeder Hinsicht so ungenügend bin.
Gott hat Dich niemals ungenügend erschaffen, wenn andere Christen Deine (vermeintlichen oder echten) Fehler so in den Vordergrund rücken, dass Du schon an Dir selbst zweifeln muss, dann frage ich mich, ob diese Menschen das Evangelium gelesen haben und verstanden haben, dass Jesus niemals auf die Fehler der Menschen schaute, sondern immer auf ihren Glauben.

Mir wurden von meiner Familie auch immer Fehler eingeredet, ich habe früher meine Geburtstage gehasst, denn wenn der Alkohol zu wirken begann, dann kamen immer meine Fehler, meine Untaten, meine Sünden auf den Tisch. Dann hagelte es von allen Seiten auf mich ein, ich war alleine. Alleine mitten unter den Menschen die mich eigentlich lieben sollten. Ich war nicht der Mensch der ich war, sondern nur der Mensch der nicht so ist wie die anderen es wollten. Vor kurzem fand ich heraus, dass alles was ich als Wahrheit über meinen Vater (meine Väter) wusste, nur Fassade ist. Dass ich von Kleinauf belogen wurde, dass nie ehrlich mit mir umgegangen wurde. Und man mag drüber lachen, aber wo ich dieses Schreibe muss ich weinen. Hätte ich nicht mittlerweile meine Frau und meine Tochter und hätte ich nicht zurückgefunden zu Jesus Christus, ich bin mir sicher, ich könnte jetzt hier nicht schreiben, denn dann wäre ich nicht mehr da. Ich habe dadurch nie gelernt zu Vertrauen, gleichwohl war ich immer sehr vertrauensselig. Wer mich beeinflussen wollte hatte leichtes Spiel.

Wenn mir nun jemand erzählt, ich müsste schauen was an MIR falsch ist weil ich keine Gemeinde finde, dann möchte ich schreien, Amok laufen, mich in irgendwas verbeißen. Diese Menschen wissen nicht wie verletzend so etwas sein kann.

Langsam, ganz langsam muss ich lernen, Mensch zu akzeptieren wie sie sind, nicht so wie ich sie gerne hätte.

Nein, kein Mensch ist ungenügend Malika!

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GanzBaff
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#29 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von GanzBaff » Di 30. Apr 2013, 11:32

Theophilus hat geschrieben:Weshalb bist Du denn so Menschenscheu geworden, wie ist das den gekommen??

Hi Theophilus, Ich war noch mitten im Schreiben daher hatte ich Deinen Beitrag gerade noch nicht gesehen. Wie Du oben lesen kannst, bin ich nicht Menschenscheu, sondern Vertrauensscheu. Ich arbeite beruflich mit Menschen, die in unserer Gesellschaft nichts wert sind, ich bin nicht Scheu vor Menschen, ich verstehe sie nur oft nicht.

Danke für Deine Tipps, Großevents sind nicht meine Sache. ;)

Was die Nähe angeht die ich brauche: Ich brauche Nähe zu Menschen, mit denen ich über Gott, Liebe und Glauben sprechen kann. Ich meide Menschen die mir sagen, man könne nur über Kirchgang oder Sakramente zur Erlösung gelangen.

Malika
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#30 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Malika » Di 30. Apr 2013, 11:57

GanzBaff hat geschrieben:Es ist schmerzlich wenn man in dem Glauben irgendwo hinkommt, dass man dort so akzeptiert wird wie man ist und dann alsbald feststellen muss dass das Gegenüber einen im Prinzip nur als willkommenen Träger eigener Überzeugungen sieht, als Rohling aus dem man nun endlich ein Kunstwerk machen kann, wo man endlich zeigen kann, was man gelernt hat. Diese Menschen übersehen, dass man bereits ein Kunstwerk ist. Vielleicht mit handwerklichen Fehlern, vielleicht nicht dem gängigen Geschmack entsprechend.

Das habe ich leider viel erlebt.

Dieses Streben, dem anderen seine Heilsüberzeugung ungefragt um die Ohren zu hauen, weil "man selbst es ja auch so erlebt hat und es einem ja schließlich gut tat", ist ein Grund, warum ich sehr große Vorbehalte gegen manche Strömungen habe. Wenn man nicht so funktioniert, wie es die Gemeinschaft gerne hätte, dann liegt es am mangelnden Glauben, an Dämonen oder "am Fleisch". Das verunsichert, man fühlt sich seltsam. Man hat nun zwei Möglichkeiten: Der Gemeinschaft den Rücken kehren, oder auf ihre Spielregeln einsteigen.

Ich habe lange mitgespielt, habe als Teenager sogar bei der Gebetsgemeinschaft im Gottesdienst laut gebetet, weil ich dachte, dadruch bin ich ein besserer Christ. Echtes Beten war das leider nicht, eher ein Theaterspiel. Das begriff ich damals nur nicht. Als ich älter wurde, ging es irgendwann einfach nicht mehr. Vor allem, wenn man in einer Gemeinde sehr negative Dinge erfahren musste, klingt es nach Hohn, wenn einem dann erzählt wird, man müsste sich unbedingt sofort wieder einer anschließen. Nicht, dass ich es für unmöglich halte, aber es braucht einfach Zeit.

Malika hat geschrieben:Irgendwann fühlt sich das an, wie ein Strick um den Hals, der sich immer weiter zuzieht und da kommt mir schon hin und wieder die Frage wie ich als Christ überhaupt existieren soll, wenn ich in jeder Hinsicht so ungenügend bin.
Gott hat Dich niemals ungenügend erschaffen, wenn andere Christen Deine (vermeintlichen oder echten) Fehler so in den Vordergrund rücken, dass Du schon an Dir selbst zweifeln muss, dann frage ich mich, ob diese Menschen das Evangelium gelesen haben und verstanden haben, dass Jesus niemals auf die Fehler der Menschen schaute, sondern immer auf ihren Glauben.

Eigentlich denke ich, Gott muss auch für mich eine Aufgabe haben. Diese zurückhaltende Persönlichkeit und das eher geringe Bedürfnis, viel mit allen möglichen Menschen zu tun zu haben, habe ich nicht als Einzige in unserer Familie, das scheint Veranlagung zu sein. Sicher könnte man besser damit umgehen, als ich das momentan tue, das möchte ich auch lernen. Aber eigntlich versuche ich schon darauf zu vertrauen, dass Gott mich möchte so wie ich bin und dass er mit mir so auch etwas anfangen kann. Allerdings glaube ich auch, dass Gott mit jedem seinen eigenen Weg und seinen eigenen Zeitplan hat. Ich habe in den vergangenen Jahren viel gelernt und meine Beziehung zu Gott, die zwischenzeitlich praktisch nicht existent war, wurde (ohne Gemeinde, das konnte ich in der Zeit einfach nicht) enger als je zuvor. Ich denke auch nicht, dass Gott ein Standard-Programm fährt, das bei jedem gleich ist. Nur habe ich manchmal den Eindruck, so einige Gemeinden tun das.

Wenn mir nun jemand erzählt, ich müsste schauen was an MIR falsch ist weil ich keine Gemeinde finde, dann möchte ich schreien, Amok laufen, mich in irgendwas verbeißen. Diese Menschen wissen nicht wie verletzend so etwas sein kann.

Das kann schon ziemlich verletzen, das stimmt. Vor allem weil bei mir der Grund für meine probleme mit Gemeinde nicht im Elternhaus oder ähnlichem liegt, sondern mit schlechten Erfahrungen in einer Gemeinde. Das kommt mir vor, als würde man von einem Spinnanphobiker verlangen, sich eine Vogelspinne als Haustier zuzulegen. Von anderen habe ich da leider ähnlich schlimmes gehört. Eine junge, christliche Amerikanerin (Freundin von einer guten Freundin von mir) hatte lange eine Facebook-Seite auf der sie Updates über ihr Baby schrieb, das mit einer schweren Krankheit geboren worden war und von Anfang an fast nur im Krankenhaus war. Sie hatte das Baby unehelich bekommen und auf der Seite fanden sich bald Erklärungen von ihr an die Christen bei denen sie eigentlich Unterstützung im Gebet gesucht hatte. Sie bat diese Christen, ihr nicht mehr zu erzählen, die Krankheit ihres Babys sei eine Strafe für den unehelichen Sex, das könne sie gerade nicht brauchen. Als Antwort kamen teilweise weitere Vorwürfe. Das kann man nicht "einfach hiner sich lassen".

Dennoch halte ich Gemeinschaft mit Christen für sehr wichtig. Die hatte ich mehr oder weniger immer. Zeitweise mal beschränkt auf Telefonate und e-mails mit einem guten Freund in England (ihn und seine Frau haben wir schon mehrmals besucht und sehr ins Herz geschlossen), aber ich war nie ganz ohne. Das fand ich auch wichtig.

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