Weißt Du noch? Oder glaubst Du schon?

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#21 Re: Weißt Du noch? Oder glaubst Du schon?

Beitrag von closs » Fr 7. Nov 2014, 09:58

sven23 hat geschrieben:Auf keinen Fall, es ist geradezu ein Paradebeispiel für eine mythologische Erzählung.
Da sind wir uns einig.

sven23 hat geschrieben:Psychologisch ist es hochinteressant, daß Gläubige selbst heute noch fieberhaft nach Gründen suchen, wie man dieser Geschichte noch irgendwas Positives abgewinnen kann.
Da gehöre ich auch dazu. :lol: - Und mit Erfolg. - Mir ist klar geworden, dass unsere Zeit ganz weit weg von dem ist, was da wirklich drinsteht. - Um es anders zu sagen: Wir sind in 2500 Jahren geistig noch nicht so weit gekommen wie Hiob und auf dem Niveau dessen Freunde stehengeblieben. - Es wurde also bereits vor 2500 Jahren etwas erkannt, was heute nicht erkannt wird - soviel zum Thema Fortschritt. ;)

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sven23
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#22 Re: Weißt Du noch? Oder glaubst Du schon?

Beitrag von sven23 » Fr 7. Nov 2014, 10:07

closs hat geschrieben: Da gehöre ich auch dazu. :lol: - Und mit Erfolg. - Mir ist klar geworden, dass unsere Zeit ganz weit weg von dem ist, was da wirklich drinsteht. - Um es anders zu sagen: Wir sind in 2500 Jahren geistig noch nicht so weit gekommen wie Hiob und auf dem Niveau dessen Freunde stehengeblieben. - Es wurde also bereits vor 2500 Jahren etwas erkannt, was heute nicht erkannt wird - soviel zum Thema Fortschritt. ;)

Ob mit Erfolg, dafür müßtest du noch den Nachweis liefern. Die Freunde Hiobs stehen für die Zweifler, deren Zweifel mehr als berechtigt sind.
Ich weiß wirklich nicht, was man aus Mord an den eigenen Kindern für geistige Erkenntnisse extrahieren will. Ein Gott, der selbst vor Mord nicht zurückschreckt, um eine Wette zu gewinnen, ist eine ethische Katastrophe und als Vorbild völlig untauglich.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#23 Re: Weißt Du noch? Oder glaubst Du schon?

Beitrag von Pluto » Fr 7. Nov 2014, 10:22

Die Geschichte Hiobs ist eine Erzählung die rechtfertigen möchte, dass Gott Leid zulässt.
Es stellt das Leid als Tatsache hin: Damit müssen wir leben, ist die einfache Botschaft.

Was mich an der Geschichte immer gestört hat...
Der eigentliche "Gewinner" ist der Teufel, denn sonst hätte Gott das Leid vernichtet.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Bastler
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#24 Re: Weißt Du noch? Oder glaubst Du schon?

Beitrag von Bastler » Fr 7. Nov 2014, 10:24

Münek hat geschrieben:da liegst Du völlig daneben. Du kannst doch nicht im Ernst der "historisch-kritischen Exegese"
als grundlegenden Fehler anlasten, dass sie als streng-wissenschaftliche Diziplin "keinen Glau-
ben zu geben vermag." :o

Doch! Wie Du siehst, kann ich das.
Das liegt ganz einfach an meiner anderen Einstellung. Für Dich als Nichtgläubigen ist natürlich alles paletti, wenn die historisch-kritische Exegese korrekt arbeitet und wissenschaftlich korrekte Ergebnisse hervorbringt.
Mir als Gläubigen ist das aber zu wenig. Ich betreibe die historisch-kritische Exegese nicht einfach nur, um mein Wissen zu bereichern. Sondern von einer Bibelauslegung erwarte ich mir Impulse für meinen Glauben.

Wenn ich sage, dass die hkE einen grundlegenden Fehler hat, dann meine ich damit nicht, dass die Ergebnisse im wissenschaftlichen Sinne falsch oder schlecht wären. Sondern ich meine damit, dass sie meine Anforderungen an eine Bibelauslegung nicht erfüllt - und sogar systematisch gar nicht erfüllen kann. Denn es kommt nach einer hist-krit. Analyse immer nur Wissen raus. Ich bin mir dem Wissen nicht zufrieden.

Als Gläubigen gibt es mir einfach zu wenig, wenn ich ein Dokument in die Zeitgeschichte einordnen kann. Nicht einmal, wenn ich die literarische Gattung korrekt bestimmen kann. Das befriedigt meinen Intellekt, aber nicht mein Bedürfnis nach Glaubensimpulsen.

Ich lehne nicht die Erkenntnisse ab, die die hist-krit Forschung hervorbringt. Zumindest nicht grundsätzlich. Wenn korrekt gearbeitet wird, dann nehme ich die Ergebnisse schon an. Und dann stehe ich da mit meinem tollen Wissen und frage mich, was ich jetzt damit anfangen soll.

Vielleicht hätte ich statt "grundsätzlichen Fehler" besser "grundsätzlichen Fehl-er" geschrieben. So war es nämlich gemeint. Da fehlt mir was.

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Bastler
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#25 Re: Weißt Du noch? Oder glaubst Du schon?

Beitrag von Bastler » Fr 7. Nov 2014, 10:25

Zu Hiob mache ich einen eigenen Thread auf im AT-Bereich.

Pluto
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#26 Re: Weißt Du noch? Oder glaubst Du schon?

Beitrag von Pluto » Fr 7. Nov 2014, 10:33

Bastler hat geschrieben:Ich lehne nicht die Erkenntnisse ab, die die hist-krit Forschung hervorbringt. Zumindest nicht grundsätzlich. Wenn korrekt gearbeitet wird, dann nehme ich die Ergebnisse schon an. Und dann stehe ich da mit meinem tollen Wissen und frage mich, was ich jetzt damit anfangen soll.
Den Stein ins Rollen brachte Martin Luther mit seinem sola scriptura. Damit stellte er die Bibel als wahres Wort Gottes, über alles andere, was der Mensch wissen kann. Viele Leute würden es gerne sehen, wenn die Bibel historish bestätigt wäre. Die historisch kritische Exegese versucht nun das sola scriptura Luthers im Licht der Forschung darzustellen.

Was dabei herauskommt, ist dass um "Inseln" der Historizität viel Mythos entstanden ist. Was dabei verloren geht ist die Botschaft der Weisheiten alter Kulturen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#27 Re: Weißt Du noch? Oder glaubst Du schon?

Beitrag von Münek » Fr 7. Nov 2014, 10:38

@ Bastler

Niemand hindert Dich, die biblischen Schriften so auszulegen, wie Du es
für richtig hälst. Für Deinen Glauben bist Du allein zuständig.

Die historisch-kritische Exegese kann und soll nicht leisten, was Du von
ihr zusätzlich erwartest. Sie arbeitet wissenschaftlich, nicht katechetisch
(glaubensvermittelnd).

Und das ist auch gut so.

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#28 Re: Weißt Du noch? Oder glaubst Du schon?

Beitrag von Rembremerding » Fr 7. Nov 2014, 11:02

Pluto hat geschrieben: Was mich an der Geschichte immer gestört hat...
Der eigentliche "Gewinner" ist der Teufel, denn sonst hätte Gott das Leid vernichtet.
Hat er aber doch, durch seinen Sohn Christus Jesus. Hast Du Dich schon einmal gefragt, warum manche gläubige Menschen besser mit dem Leid umgehen können, als Gottferne? Kam es Dir noch nie in den Sinn, dass diesen Gottfernen eine wichtige Erkenntnis fehlt, weil sie sie nicht erkennen wollen? Sie verweigern sich Perspektiven und verharren damit in ihrer Begrenztheit.

Selbst bei Job kann man eine "Vorform" der Vernichtung von Leid erkennen: Er erhält von Gott mehr an Güter und Gemeinschaft, als er zuvor hatte. Dies, weil er im Leid auf Gott vertraute. Und in seinen Freunden sieht man die ganzen Begrenztheiten des Menschen dargelegt.

Stelle Dich einmal diesem Gedanken:
Nimm an es gibt einen guten Gott, eine Meta-Präsenz des Guten oder sonst etwas allmächtiges, allwissendes.
Was könnte Gott wohl gutes aus Deinem Leid hervorbringen, das Dir und vor allen anderen Menschen, ja sogar der Schöpfung insgesamt, Gewinn bringt?
Wenn Du keine oder kaum eine Antwort darauf findest und Du ehrlich zu Dir bist, dann kannst Du unmittelbar Deine Begrenztheit, Deine Perspektivenarmut erfahren. Forscht Du aber mutig weiter nach Antworten, ringst um sie, dann kann es geschehen, dass Du plötzlich eine Horizonterweiterung, erfüllt vom Guten, von Liebe, erfährst.

Die eigene Begrenztheit zu überwinden, bedeutet seine Begrenztheit mit ganzem Willen und Verstand anzuerkennen. Erst dann kann Gott einen aus dieser Begrenztheit herausheben und an seiner Grenzenlosigkeit und Ewigkeit teilhaben lassen. So wird der Mensch erst wieder zu dem, zu dem er erschaffen wurde. Er wird wieder seiner selbst würdig.

Servus :wave:
Dieser katholische User ist hier dauerhaft inaktiv

ThomasM
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#29 Re: Weißt Du noch? Oder glaubst Du schon?

Beitrag von ThomasM » Fr 7. Nov 2014, 11:31

Münek hat geschrieben: Die historisch-kritische Exegese kann und soll nicht leisten, was Du von
ihr zusätzlich erwartest. Sie arbeitet wissenschaftlich, nicht katechetisch
(glaubensvermittelnd).
Ich bin mir nicht sicher, ob Bastler tatsächlich fordert, dass eine exegetische Methode glaubensvermittelnd arbeiten muss.
Wenn ja, dann würde ich ihm ebenfalls widersprechen, aber das muss er selbst sagen.

Der Punkt ist, dass eine Methode eben Wissenschaft definiert (hier Theologie als Wissenschaft) und Wissenschaft dadurch Wissen schafft.
Als Glaubender meint man über gewisses Wissen zu verfügen, was durchaus stimmt, eben über Wissen, was jenseits von durch Wissenschaft vermitteltes Wissen geht.

Ich hatte das an anderer Stelle als "subjektives Wissen" bezeichnet und bereits mit Pluto erörtert.

Die Schwierigkeit ist aber, dass zu viele Menschen meinen, dass das subjektive Wissen zum Glauben führt, tatsächlich führt der Glaube zu dem subjektiven Wissen.
Und die Schwierigkeit ist, dass man das subjektive Wissen anpassen muss, wenn es methodisch durch objektives Wissen (aus Wissenschaft) korrigiert wird.
Das heisst, als Glaubender muss man sich manchmal von liebgewonnenen Vorstellungen trennen. So ist das subjektive Wissen, dass Gott in 6 Tagen die Erde und das Leben geschaffen hat, abgelöst worden durch das subjektive Wissen, dass Gott alles erschaffen hat, während der Zeitraum durch Wissen abgelöst wurde.

Der entscheidende Punkt aber ist, dass Wissen alleine nicht genügt. Der Glaube kommt dazu und erzeugt subjektives Wissen. Jeder sollte sich darüber im Klaren sein, wo bei ihm persönlich die Grenzlinie verläuft.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Anton B.
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#30 Re: Weißt Du noch? Oder glaubst Du schon?

Beitrag von Anton B. » Fr 7. Nov 2014, 12:07

ThomasM hat geschrieben: Der Punkt ist, dass eine Methode eben Wissenschaft definiert (hier Theologie als Wissenschaft) und Wissenschaft dadurch Wissen schafft.

[...]

Der entscheidende Punkt aber ist, dass Wissen alleine nicht genügt. Der Glaube kommt dazu und erzeugt subjektives Wissen. Jeder sollte sich darüber im Klaren sein, wo bei ihm persönlich die Grenzlinie verläuft.
Unter anderem deshalb lassen die großen Kirchen den gläubigen Menschen, der ein kirchliches Amt übernehmen möchte, Theologie studieren. Es soll ihm ja nicht der Glaube madig gemacht werden, sondern es soll ihm eine parallele Methodik und ein paralleler Erkenntnisstrang vermittelt werden, der dann erst in einer zweiten Stufe aus dem Kontext des Glaubens betrachtet wird.

Auf diese differenzierte Weise Glaube und Wissen zusammengeführt (soll heißen: wissenschaftliches Wissen ist weiterhin als wissenschaftliches Wissen und Glaube als Glaube erkennbar), auch wenn das wissenschaftliche Wissen in der Exegese solcherart unter den Primat des Glaubens gestellt wird, das ist m.E. methodisch sauber.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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