Zachäus, ein Zöllner wie du und ich. Lk 19

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Magdalena61
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#1 Zachäus, ein Zöllner wie du und ich. Lk 19

Beitrag von Magdalena61 » So 8. Sep 2013, 14:51

Einer der bekanntesten „Sünder“ in der Bibel ist wohl Zachäus, der Zöllner Lk. 19, 1-10.

Der Mann, der als Zollpächter für Rom arbeitete und so unverschämt kassierte, dass er, nachdem er von seinen Einnahmen den vereinbarten Obulus an Rom entrichtet hatte, noch einen hübschen Batzen übrig behielt und so auf Kosten seiner Landsleute reich geworden war. Er arbeitete irgendwo bei oder in Jericho, das lag in der Provinz Judäa.
Zachäus war Jude, nehme ich an.

Welche Botschaft für uns steckt in diesem bekannten, häufig und gerne strapazierten Text? Welche Gedanken habt ihr dazu?
LG
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Rembremerding
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#2 Re: Zachäus, ein Zöllner wie du und ich-- Lk 19

Beitrag von Rembremerding » So 8. Sep 2013, 20:33

Hallo und einen guten Abend am Tag des Herrn alle zusammen :)

Einige sicherlich unvollständige Gedanken und Impulse zum Text:
Zunächst springt ins Auge: egal, wo du dich mit deinen Sünden verbirgst, der Herr sucht und findet dich, lädt sich in dein Haus, dein Herz ein. Haste nicht ständig durch dein weltliches Leben und sorge dich im Voraus, sondern halte einmal geistig inne, finde deinen Platz in Ruhe und mit Überblick, wo der Herr sicher kommen wird.

Egal, wie groß die Sünden sind, begehrst du den Herrn zu sehen, ja, bist du nur neugierig auf ihn, er wird vorbeikommen und sich in Liebe dir zuwenden. Jesus holt dich dort im Leben ab, wo du gerade bist, er schaut besonders auf die Sünder, die ohne ihn verloren wären. Fühlst du dich klein und unbedeutend, wirst du den Herrn trotzdem erblicken können, fühlst du dich unbeachtet in der Menge, der Herr neigt sich dir zu. Achte überhaupt nicht darauf, was die Menge tut, sondern darauf, wo der Herr ist!

Zeige auch Demut vor dem Herrn, wenn er bei dir ist, steige eilig herunter von deiner hohen Warte, befreie dich von deinem Hochmut, damit du wieder Freude empfinden kannst und der Herr wird, ja muss in dein Haus, dein Herz vor Liebe eintreten, wenn du Ja zu ihm sagst. Schäme dich nicht vor den anderen, wenn du dieses Ja sagst, sie werden weiter lästern, denn sie sehen nur das Äußere und nicht deine Umkehr im Herzen, denn dort kann nur der Herr einkehren und es durchschauen.

Wenn dann der Herr in deinem Herz verweilt, dann wird er dich ihm ähnlich machen. Du wirst nicht mehr an den Reichtümern dieser Welt hängen, du wirst barmherzig werden und nach Gerechtigkeit streben, wie der Herr. Du wirst deshalb auch jenen reichlich gutes zurückgeben wollen, denen du unrecht bereitet hast.
Diese Wiedergeburt in Jesus lässt dich Anteil haben an dem Heil, das er verheißen hat, das Heil, das selig macht und dir das ewige Leben gibt. Du wirst hineingenommen in alle Verheißungen, die Gott den Söhnen Abrahams gab, denn auch du wirst ein Israelit, zum Volk Gottes zugehörend und ihn preisen und ehren.

Nur kurz als weiteren Impuls will ich noch auf eine andere, eschatologische Deutung hinweisen:
Jericho bedeutet aus eschatologischer Sicht die Welt. Der Begriff Zöllner repräsentiert die feindlichen Mächte, die an den Grenzen unseres Lebens sitzen. Sie suchen bei uns das, was ihnen gehört, nämlich unsere Sünden, und finden sie welche, halten sie uns zurück, um zu strafen für das, was wir getan haben. Besonders wird dies bei Lk 3, 12-13 deutlich:
HSK
Es kamen auch Zöllner, um sich taufen zu lassen, und sagten zu ihm: »Meister, was sollen wir tun?« Er sprach zu ihnen: »Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist!«
Johannes fordert die Zöllner als Frucht der Umkehr also auf, von nun an nicht mehr von jenen umgekehrten Sündern zu verlangen, als im Gesetz festgelegt ist und nur soviel zu strafen, wie Gott zulässt, und ...
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Magdalena61
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#3 Re: Zachäus, ein Zöllner wie du und ich-- Lk 19

Beitrag von Magdalena61 » Mo 9. Sep 2013, 10:08

Interessante Gedanken :) .
Rembremerding hat geschrieben:Jericho bedeutet aus eschatologischer Sicht die Welt. Der Begriff Zöllner repräsentiert die feindlichen Mächte, die an den Grenzen unseres Lebens sitzen.
Das ist ein gutes Bild-- Jericho liegt nicht weit vom Jerusalem entfernt, etwa 27 km, und so ist es auch in unserem Leben. Die "Welt" befindet sich immer in erreichbarer Nähe des "Tempels".


Jesus wartet nicht im Tempel, bis die Leute zu Ihm kommen, sondern Er geht zu ihnen, Er kommt in ihre Nähe, Er möchte ihnen begegnen.
Aber wie war das nun mit der Bekehrung des Zachäus.... und mit der Sündenvergebung?

Wenn der Zöllner lediglich eine Befreiung von seiner Schuld gesucht hätte, aus Angst, in die Hölle zu kommen, dann wäre es doch naheliegend gewesen, regelmäßig mit einem Teil des erpressten Reichtums in den Tempel zu marschieren und die entsprechenden Loskauf-Opfer zu bringen.

Vermutlich existierte so etwas wie ein „Opferkatalog“ - etwa: "Für diese Sünde zwei Tauben, für jene Sünde ein Mastkalb, dazu ein wenig Räucherwerk oder was auch immer, und immer ein bisschen mehr, als gefordert ist".

Zachäus hätte sich einfach nur daran halten müssen und fertig.

Reue nach Vorschrift, Opfer nach Vorschrift und dann zurück nach Hause und so weitermachen wie bisher.

Bei Zachäus war das aber anders. Er wollte Jesus sehen.

Und wieder erkenne ich in Lk. 19 den liebenden Jesus, so aufmerksam, so verständnisvoll, so barmherzig, so milde. Das heimliche Rufen des verdorbenen, sündigen, des gerissen und egoistischen Zöllners--- es blieb Ihm nicht verborgen, und---
Er antwortete darauf.

Jesus kam dem Zachäus nahe... ganz nahe.
LG
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Pflanzenfreak
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#4 Re: Zachäus, ein Zöllner wie du und ich. Lk 19

Beitrag von Pflanzenfreak » Mo 9. Sep 2013, 10:31

Hi Magdalena, müsste die Überschrift nicht ein Sünder wie du und ich heissen? Ich bin nämlich kein Zöllner.

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#5 Re: Zachäus, ein Zöllner wie du und ich-- Lk 19

Beitrag von Rembremerding » Mo 9. Sep 2013, 11:12

Magdalena61 hat geschrieben:Jesus kam dem Zachäus nahe... ganz nahe.
LG
... und diese Nähe machte Zachäus zum Zakkai, zum "Gerechten", was sein Name bedeutet. :)
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closs
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#6 Re: Zachäus, ein Zöllner wie du und ich. Lk 19

Beitrag von closs » Mo 9. Sep 2013, 12:13

Rembremerding hat geschrieben:... und diese Nähe machte Zachäus zum Zakkai, zum "Gerechten", was sein Name bedeutet. :)
Aha - also ist "Gerechtigkeit" nichts anderes als eine Folge von Gnade - nicht wahr?

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#7 Re: Zachäus, ein Zöllner wie du und ich. Lk 19

Beitrag von Rembremerding » Mo 9. Sep 2013, 12:32

closs hat geschrieben: Aha - also ist "Gerechtigkeit" nichts anderes als eine Folge von Gnade - nicht wahr?
Alles ist zunächst Gnade: Das wir leben, hier schreiben.

Zachäus hat durch das Ja zum Herrn ebenso die Gnade der Erlösung von seinen Sünden erhalten. Aber alles der Reihe nach:
Zunächst war Zachäus nur neugierig, litt wohl aber mittels seines Gewissens unter seinem sündhaften Wesen, denn er wollte sich finden lassen (lief als Schaf dem Hirten nicht immer wieder davon oder versteckte sich). Auch das war bereits eine Gnade Gottes. Dann erhielt er die gnadenvolle Zuwendung des Herrn.
Erhielt er nun die Gnade des Glaubens?
Jedenfalls folgten nun die Früchte der Gnade des Glaubens: Er wurde gerecht, barmherzig, bereute seine Sünden (wechselte aber anscheinend nicht seinen Beruf! Darüber könnte man auch einiges schreiben). Dann kam das Heil durch den Herrn, die seligmachende Gnade, das ewige Leben in das Haus, das Herz des Zöllners.
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Magdalena61
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#8 Re: Zachäus, ein Zöllner wie du und ich. Lk 19

Beitrag von Magdalena61 » Mo 9. Sep 2013, 14:41

Pflanzenfreak hat geschrieben:Hi Magdalena, müsste die Überschrift nicht ein Sünder wie du und ich heissen? Ich bin nämlich kein Zöllner.
Bist du sicher? :D
Aber Zachäus war einer. Von Beruf.
Er war nicht nur ein einfacher kleiner Zöllner, sondern "ein Oberer der Zöllner" (Lk. 19,2), also so etwas wie ein Personalchef über die ihm unterstehenden Basiszöllner. Er war für die römische Besatzung tätig und deshalb bei seinen Landsleuten verhaßt.

Ich hätte übrigens für einen Christen, der für irgendwelche Halsabschneider arbeitet und mich ungeniert über' s Ohr haut auch nicht gerade die größte Sympathie.

Zachäus hatte bei den Römern Karriere gemacht. So ganz beschränkt kann der also nicht gewesen sein, denn die Römer hatten sicherlich den Aufgabenbereich: "Eintreibung von Zollgeldern" nicht unbedingt als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für sozial fragwürdige Existenzen unter den Juden gesehen.
Die Verpflichtung, den Römern Steuern zu zahlen, war für die Juden ein großes Ärgernis. Solche, die mit dem Eintreiben der Steuern betraut waren, wurden jeder Anerkennung für unwürdig erachtet. Daher werden „Zöllner und Sünder" oft zusammengefasst. Der Herr wurde von religiösen Personen dafür verachtet, dass er ihre Häuser betrat, man nannte ihn spottend einen „Freund der Zöllner und Sünder". Aber Gottes Gnade ist für alle da, und Matthäus wurde von seinem Zollhaus weggerufen, um einer der Apostel zu werden (Mt 5,46.47; Mk 2,15; Lk 5,27-30; 18,10-13).
bibelkommentare.de
So wie ich das verstehe, gab es verschiedene Sorten von Sündern, und die Zöllner waren die Schlimmeren. Ich könnte mir vorstellen.... man unterschied, wie heute auch, Fehlverhalten, das zwar nach dem Gesetz Sünde war, aber gesellschaftlich noch toleriert wurde, und es gab andere Vergehen, die der allgemeinen Ächtung anheim fielen.
LG
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