Liebe deinen Nächsten

Themen des Neuen Testaments
Tree of life
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#21 Liebe deinen Nächsten

Beitrag von Tree of life » Do 11. Mär 2021, 17:03

SilverBullet hat geschrieben:
Do 11. Mär 2021, 16:40
Ah verstehe, "das Schliessen der Lücken"
Du, als auch so einige andere Menschen halfen mir Lücken zu füllen, zum Beispiel "Wissenslücken" hier im Forum, andre Menschen "draussen" im RL halfen auch, Lücken zu füllen.
Funktioniert aber nur, wenn man es möchte, denn ich könnte auch so reagieren, dass ich sage: " Ok, interessiert mich nicht" oder so " Ach was, was der da schwurbelt, ich seh das gaaanz anders.
Meiner Ansicht nach ergänzen Menschen sich immer wieder untereinander, jeder kann ein bisschen dazu beitragen, egal ob es sich um Wissen handelt oder durch sonst eine "Gabe".
Der eine kann dies, der andre das und so "dient" einer dem andren, mal bewusst, mal unbewusst
Oder man arbeitet "gegeneinander" das bringt oft Streit, Zwiespalt oder gar Kriege mit sich...

Es mangelt meiner Ansicht nach am Vertrauen zum andren, dass wurde mir gestern beim angucken des Filmes "Snowden" wieder ziemlich bewusst.

SilverBullet
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#22 Liebe deinen Nächsten

Beitrag von SilverBullet » Do 11. Mär 2021, 17:43

Tree of life hat geschrieben:Du, als auch so einige andere Menschen halfen mir Lücken zu füllen, zum Beispiel "Wissenslücken" hier im Forum, andre Menschen "draussen" im RL halfen auch, Lücken zu füllen.
Das freut mich und es geht mir bei dir genauso.

Tree of life hat geschrieben:Funktioniert aber nur, wenn man es möchte, denn ich könnte auch so reagieren, dass ich sage: " Ok, interessiert mich nicht" oder so " Ach was, was der da schwurbelt, ich seh das gaaanz anders.
Ja das stimmt.
Bei direkten Begegnungen ist dieses "Möchten" wohl durchaus vom Geruch beeinflusst, d.h. der Geruch ist oft das Einfallstor in das Ergänzen (aber bestimmt nicht immer).

Tree of life hat geschrieben:Meiner Ansicht nach ergänzen Menschen sich immer wieder untereinander, jeder kann ein bisschen dazu beitragen, egal ob es sich um Wissen handelt oder durch sonst eine "Gabe".
Der eine kann dies, der andre das und so "dient" einer dem andren, mal bewusst, mal unbewusst
Ja, wir sind (aus meiner Sicht) letztlich "Gruppentiere" mit einer enorm ausgeprägten Interaktion.
Dieses Ergänzen auf sachlicher Basis ist aber nicht schon Liebe, sondern dafür muss es meiner Meinung nach um eine Ergänzung rund um körperliche Nähe gehen (wieder: es geht nicht um Sex).
Motto: der andere Mensch soll dauerhaft bei mir (um mich herum) sein.

Tree of life hat geschrieben:Es mangelt meiner Ansicht nach am Vertrauen zum andren,...
Ja, ich würde auch sagen, dass es rund um Liebe zu einem Vertrauen bzw. einem Vertrauensvorschuss kommen muss.

Wenn man dies auf "Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst" anwendet, dann würde dies bedeuten, dass man "mit Vertrauen um sich wirft" und da ist mir nicht wohl dabei - aus meiner Sicht ist das ein Schritt zu viel (weiter oben habe ich das schon angesprochen).

Wie siehst du es, ist "Nächstenliebe" (mit Bezug auf Liebe) eine vernünftige Form oder würdest du die Bibelstellen "übersetzen", so dass es nicht um Liebe im normalen Verständnis geht, sondern z.B. darum "einen anderen Menschen nicht zu belasten"?
(du hast, wenn ich es richtig sehe, weiter oben schon angedeutet, dass es nicht um "blinde Liebe" gehen soll/kann)

Tree of life
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#23 Liebe deinen Nächsten

Beitrag von Tree of life » Do 11. Mär 2021, 18:41

SilverBullet hat geschrieben:
Do 11. Mär 2021, 17:43
Dieses Ergänzen auf sachlicher Basis ist aber nicht schon Liebe...
Also für mich ist Liebe ein Oberbegriff und beschränkt sich nicht auf Emotionen oder Sympathie oder Eros
Ich denke, es scheitert oft an den verschiedenen Ansichten über Liebe.
Man handelt aus einem Befinden heraus und ich würde mal so sagen , aus der Liebe heraus handeln, bewirkt meist positive "Früchte" oder auch aus einer guten Laune heraus.
Schlechte Laune oder Hass, Wut, Eifersucht oder Gier eher schlechte "Früchte"
Liebe ist da eher tolerant und "möchte" eigentlich keinen Schaden zufügen, eher behüten oder schützen oder helfen.
So seh ich das halt..
Bei direkten Begegnungen ist dieses "Möchten" wohl durchaus vom Geruch beeinflusst...
Muss aber nicht , zumindest sprechen meine persönlichen Erfahrungen eine andere Sprache ;)

Ruth
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#24 Liebe deinen Nächsten

Beitrag von Ruth » Fr 12. Mär 2021, 14:43

SilverBullet hat geschrieben:
Do 11. Mär 2021, 16:40
Bei Hoffnungs-, Geborgenheits-, Auffang-, Trostlücken (bestimmt noch vielen anderen) würde ich das bestätigen, denn darin sehe ich das Positive, das ein Gläubiger für sich herausziehen kann.
Ein wenig Abstriche würde ich bei all den Lücken des direkten Kontaktes machen wollen, aber es ist klar, der Glaube funktioniert letztlich nur, wenn dies als nicht wichtig angesehen wird, deshalb gleich wieder weg damit.

Ich würde hier eigentlich gar keinen Bereich ausklammern oder unterschiedlich einordnen, wo Gott im Leben eines Menschen wirken und etwas bewirken kann.
Dabei denke ich, der Unterschied zu dem, wie du es einordnest und wie ich Gottes Wirken erlebe und verstehe, liegt darin, dass du Gottes Wirken von außen her kommend betrachtest: Mensch 1 + Mensch 2 + Gott = 3 Puzzleteile

Für mich sieht es eher so aus: Mensch 1 + Mensch 2 = Beide leben bewusst mit Gott .. = 2 Puzzleteile, von Gott geprägt.
Dabei sind zwei (oder mehrere) Menschen, die sich ergänzen und miteinander kommunizieren in meiner Puzzle-Vorstellung so mit Gott verbunden, dass sie quasi mit Gott "eins" sind. Gott wirkt da nicht von außen, sondern durch die einzelnen Menschen hindurch, in deren Beziehung (welcher Art auch immer) hinein .. und dadurch kann es geschehen, dass die sichtbaren Puzzleteile einander selbst "passender" werden, als sie von Natur aus sind ... also: Lücken, die trennend oder gar gegensätzlich wirken, können sich schließen. Fähigkeiten, die Mängel im Miteinander können behoben werden, indem die Fähigkeiten des Einzelnen für den "Nächsten"nützlich werden.
SilverBullet hat geschrieben:
Do 11. Mär 2021, 16:40
Ah verstehe, "das Schliessen der Lücken" (da sind wir wieder beim Bewältigen des Lebens) gehört damit aus deiner Sicht zu der Art, wie Gott mit einem Menschen kommuniziert -> "Puzzlespiel der Liebe".

Das Puzzlespiel ist das ganze Leben, oder vielleicht auch erst einmal ein Lebensabschnitt, an dem mehrere Menschen miteinander eine Beziehung/Gemeinschaft bilden. Gott ist hier mit dabei ... und zwar in und durch die einzelnen Menschen und verbindend in der Gemeinschaft.

Mein "Nächster", so wie ich diesen in der biblischen Beschreibung verstehe, ist jeder Mensch, der auf irgendeine Weise meinen Weg kreuzt, und mit mir kommuniziert.
Sobald ich jemanden auf irgendeine Art wahrnehme, kommen wir im Puzzlespiel einander näher, und der Idealfall wäre, zu versuchen, eine "Füllung", die in meinen Ressourcen vorhanden ist (Liebe), dort anzubringen, wo ich Mangel (Sehnsucht) erkenne, diese durch das, was ich reichlich habe, zu füllen.

Das ist vielleicht leichter gesagt als getan. Denn es kann sein, dass die Äußerungen, die den Mangel des anderen hervorbringen, mich gefühlsmäßig abstößt, so dass ich lieber in die Lücke noch reinschlagen würde (bildlich gesprochen) .. was die Lücke beim Gegenüber vielleicht noch vergrößern könnte. Aber wenn ich mein Gegenüber zuerst als Mensch anschaue, anhöre, verstehen versuche ... bin ich mit Gottes Hilfe möglicherweise fähig, dessen Mangel zu erkennen (von dessen "Füllung" Gott selbst mir reichlich mitgegeben hat) ...und das weitergeben, was ich selbst empfangen habe. Ich vestehe das dann so: Gott wirkt selbst "durch mich hindurch".

Meine Schilderungen sind dabei natürlich eher Idealfälle. Darum schreibe ich auch immer nur: "es KANN so sein ..." oft ist es nicht so. Aber wenn ich mit Gott lebe, dann kann ich manchmal genau solche Situationen erleben, in denen ich spüren darf, dass meine Mängel (an Liebe) von Gott so ausgefüllt werden, dass noch genug für ein Gegenüber übrig ist, das ich abgeben kann, ohne selbst dadurch meine Mängel zu vergrößern.

SilverBullet
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#25 Liebe deinen Nächsten

Beitrag von SilverBullet » Sa 13. Mär 2021, 18:13

Ruth hat geschrieben: Dabei denke ich, der Unterschied zu dem, wie du es einordnest und wie ich Gottes Wirken erlebe und verstehe, liegt darin, dass du Gottes Wirken von außen her kommend betrachtest: Mensch 1 + Mensch 2 + Gott = 3 Puzzleteile
Ich habe es eher auf "Mensch + Gott = 2 Puzzleteile" bezogen, d.h. auf die Problematik, dass Gott geliebt werden soll.

Ruth hat geschrieben:Für mich sieht es eher so aus: Mensch 1 + Mensch 2 = Beide leben bewusst mit Gott .. = 2 Puzzleteile, von Gott geprägt.
Verstehe, für dich ist Gott die "antreibende Kraft".

Ruth hat geschrieben:Das Puzzlespiel ist das ganze Leben, oder vielleicht auch erst einmal ein Lebensabschnitt, an dem mehrere Menschen miteinander eine Beziehung/Gemeinschaft bilden. Gott ist hier mit dabei ... und zwar in und durch die einzelnen Menschen und verbindend in der Gemeinschaft.
Ja, so habe ich dich früher auch verstanden und das Liebespuzzle gehört dann zu dem grösseren Puzzlespiel der Lebensbewältigung.

Ruth hat geschrieben:Sobald ich jemanden auf irgendeine Art wahrnehme, kommen wir im Puzzlespiel einander näher, und der Idealfall wäre, zu versuchen, eine "Füllung", die in meinen Ressourcen vorhanden ist (Liebe), dort anzubringen, wo ich Mangel (Sehnsucht) erkenne, diese durch das, was ich reichlich habe, zu füllen.
Das ist der Knackpunkt, an dem ich mich frage, ob der Vorgang "Liebe" tatsächlich so universell einsetzbar ist.
Ist es angebracht, von Liebe zu sprechen, nur weil man einen anderen Menschen freundlich/höflich/wohlwollend behandelt?
Unten versuche ich mal "Liebe" aus meiner Sicht darzustellen - ist bestimmt grobmotorisch, aber immerhin habe ich mir mal was dazu überlegt und demnach wäre Liebe etwas anderes als die "normale Behandlung" von Menschen.

Ruth hat geschrieben:Ich vestehe das dann so: Gott wirkt selbst "durch mich hindurch".
Dies ist interessant, denn so ein "von aussen" bzw. "nicht bewusst" beschreibe ich unten auch.

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Tree of life hat geschrieben: Ich denke, es scheitert oft an den verschiedenen Ansichten über Liebe.
Ja, es sieht sehr stark danach aus, dass man zuerst eine Grundlage finden muss, worüber man eigentlich spricht.
Im Grunde ist das aber dann schon der erste Kritikpunkt an "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst", denn man findet in dem Text, aus dem das stammt, eher keine Grundlage - der Text ist keine "Formelsammlung", die als Ausgangsunkt eingesetzt werden kann.
Unten versuche ich mal meine Ansicht darzustellen...

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@All
Ich wage mich mal auf das Glatteis und versuche eine grundlegende Beschreibung von Liebe aufzustellen (selbstverständlich staubtrocken und frei von jeglicher Romantik :-)).
Es soll hierbei nicht um Resultate aus einer Liebeseinstellung gehen, sondern um diese Einstellung selbst.

Erst mal allgemein:

Meiner Meinung nach ist es ein wesentlicher Charakterzug unserer Wahrnehmung, unseres Denkens, dass wir Sachverhalte "durch" andere Sachverhalte verwalten können.
Das ist im ersten Moment schwer verständlich aber weil weiter oben das Beispiel mit dem Autofahren genannt wurde, möchte ich hierzu aufzeigen, was ich meine.
Das Autofahren kann zu einer derart einstudierten Handlung werden, dass wir eine ganze Fahrt hindurch an alles Mögliche denken können (danach können wir sogar oft nicht sagen, was beim Autofahren alles passiert ist - wir erinnern uns kaum daran).
Tatsächlich war jedoch in jedem Moment das Autofahren genauso ein Wahrnehmungsthema, wie das womit wir "vordergründig" beschäftigt waren, wir haben uns sozusagen mit einem anderen Thema "durch die Brille des Autofahrens" beschäftigt.
Genau in diesem "vordergründig" und "hintergründig" liegt meiner Meinung nach der oben genannte "wesentliche Charakterzug".
Die Zusammenhänge des Autofahrens sind immer mit dabei, auch wenn wir das "andere wichtige Thema" im Auge haben.
Wir können quasi über alles nachdenken, während wir das Autofahren kontrollieren.
Das Autofahren würde ich hier als "hintergründig" bezeichnen, das jeweilige andere Thema als "vordergründig" - beides ist aber immer mit dabei.

Jetzt der Wechsel zur Liebe:

Wenn ich eine Liebeseinstellung hineinrutsche, dann ergibt sich dies (wie in einem Beitrag weiter oben beschrieben) dadurch, dass ich irgendwann an mir selbst feststelle, dass ich all meine Aktivitäten unter den Gesichtspunkt meiner Bewertung einer anderen Person (in meinem Fall: eine Frau) gegenüber durchführe.
Ich scheine ständig einen Bezug zu der anderen Person aufrecht zuhalten - ich bin "hintergründig" auf diesen anderen Menschen ausgerichtet.
Das kann so weit gehen, dass ich mich als "etwas durcheinander" einschätzen würde, irgendwie "ist nichts mehr wie vorher".
Wichtig dabei ist, dass ich dies nicht bewusst hergestellt habe, es ist auch nicht das Resultat einer Überlegung oder von irgendwelchen raffinierten Gedanken.
Deshalb stelle ich die Frage: wer ist für diese "Hintergründigkeit" verantwortlich?

Aus meinem Weltbild heraus würde ich sagen:
irgendetwas an der anderen Person (Aussehen, Verhalten, Eindrücke) passt harmonisch zu meinem inneren Reaktionspotential und bildet eine Art "Ergänzung", so dass meine Reaktion (egal um was es geht) "von unten heraus" (-> "Hintergründigkeit") auf die andere Person einschwingt, sich ausrichtet.
=> Ich denke, der Körper entscheidet. Aber zu diesem Schluss komme ich vielleicht nur, weil ich mein Weltbild anwenden möchte, andere Weltbilder führen vermutlich zu anderen Erklärungen, aber eine Erklärung ist für diesen Punkt schon elementar wichtig.
=> Aus meiner Sicht ist diese Erklärung dann auch für die Bewertung von "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" von Bedeutung, denn aus meinem Weltbild heraus liegt hierbei ein eigenartiges Konzept von Liebe vor -> was bringt es, mir zu sagen, ich solle alle Menschen lieben, wenn Liebe gar nicht auf die Art funktioniert, dass ich es bewusst durchführen kann?

Meine erste derartige Reaktion auf eine Frau, die erste Hintergründigkeit, kann man bestimmt als "Verliebtheit" betrachten (-> "Schmetterlinge im Bauch"). Durch die neue "Hintergründigkeit" ist quasi alles neu, selbst wenn es der ganz normale Alltag ist.
Den Übergang zu Liebe sehe ich nun darin, dass die Verliebtheit zu einem "Normalzustand" wird, d.h. wie oben beim Autofahren beschrieben, schaue ich durch die Ausrichtung auf einen anderen Menschen, auf andere Themen, ohne dass ich mir immer der "Hintergründigkeit" bewusst bin.
D.h. der Unterschied zwischen "Verliebtheit" und "Liebe" ist aus meiner Sicht gar nicht so gross, sondern liegt eher nur an einem Gewöhnungsprozess.
Wichtig ist aber, dass bei Liebe die entsprechende "Hintergründigkeit" nachhaltig in meinen Reaktionen verankert ist, d.h. "ich denke nicht mehr unbedingt als Einzelperson", sondern irgendwie schwingt überall die Partnerschaft bzw. zumindest die andere Person mit - auch wenn dies, wie beim Autofahren, nicht (immer) bewusst geschieht.

Wenn nun etwas rund um die andere Person pasiert, dann kann die Korrektheit meiner "Hintergründigkeit", meiner grundlegenden Ausrichtung, darunter leiden.
Ist die andere Person in Gefahr, dann ist es plötzlich ein Thema, dass ich eine ganz zentrale Basis verlieren kann und nichts anderes ist mehr wichtig, als diese Person.
Kommt es zum Verlust der anderen Person (z.B. weil sich die andere Person neu orientiert hat -> von mir weg), dann fehlt bei mir schlagartig die "Hintergründigkeit" und damit "hänge ich in der Luft" -> nichts stimmt mehr, das gewohnte Fundament ist nicht mehr da.
Es dauert dann, bis man eine neue Basis gefunden hat bzw. die "Leere" ausgeglichen hat.

Wenn meine Vorstellungen hier korrekt sind, dann muss ich die Aussage "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" entweder unabhängig von Liebe sehen oder ich muss die Forderung als eigenartig ansehen, weil es so nicht funktioniert.

Hier mal ein Praxisbeispiel :-):
gestern lief bei mir der Film "Drei Engel für Charlie" mit (alphabetisch: Cameron Diaz, Drew Barrymore, Lucy Liu).
Ich habe diesen Film schon zwei, dreimal angeschaut, und zwar, weil ich auf eine dieser Frauen derart reagiere, dass ich den ganzen Film mit ihr als "Hintergründigkeit" erlebe, d.h. ich bin irgendwie von ihr fasziniert, wodurch der Film für mich interessant ist.
Vermutlich kann man davon ausgehen, dass sie bei mir eine Kandidatin für obigen Ablauf wäre (wenn ich denn so wichtig wäre, dass dies relevant werden könnte :-)).

Auch wenn die Forderung "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" für diesen Film in "Sei zu den anderen beiden Frauen genauso eingestellt, wie du zu der einen Frau eingestellt bist", würde ich nicht wissen, wie ich das machen soll.
Ich mache bei meiner Einstellung nichts wirklich bewusst, sondern "es nimmt mich mit" und zwar gar nicht unbedingt auf optisch (sexueller) Basis, denn alle drei Frauen sind selbstverständlich optisch ansprechend (so sind sie ja ausgewählt), aber das alleine reicht anscheinend nicht aus.

Vor dieser ganzen Konstellation kann ich "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" lediglich übersetzen in "belaste andere Menschen nicht in einer Art, die du selbst nicht ertragen möchtest", aber mit Liebe kann ich es eher nicht in Zusammenhang bringen.

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#26 Liebe deinen Nächsten

Beitrag von Tree of life » Sa 13. Mär 2021, 18:53

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 13. Mär 2021, 18:13
Ist es angebracht, von Liebe zu sprechen, nur weil man einen anderen Menschen freundlich/höflich/wohlwollend behandelt?
Bei diesem Satz kam mir ein Gedanke....

Oft spricht man davon, dass Liebe Menschen verbindet, also zusammen führt.
Ich werfe nun die Frage in den Raum: Hat sich jemand schon mal aus Liebe von einem Menschen getrennt/distanziert, obwohl es weh tat?

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#27 Liebe deinen Nächsten

Beitrag von Tree of life » Sa 13. Mär 2021, 19:17

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 13. Mär 2021, 18:13
.... staubtrocken und frei von jeglicher Romantik
Das kann ich gut und hab so machem damit schon auf die Palme gebracht :D

Er sieht sich die Niagarafälle an, das Wasser glitzert im Sonnenschein strahlend blauer Himmel und er kommt ins Schwärmen: "Ist das nicht wunderschön???"
Ich daneben, etwas gelangweilt (zumindest tu ich so :devilnew: ) und sage: "Hättest daheim billiger haben können, nimm einen Eimer Wasser und schütte das Wasser von ziemlich oben in die Wanne, ich sorge für die Nebeneffekte" ...

JackSparrow
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#28 Liebe deinen Nächsten

Beitrag von JackSparrow » Sa 13. Mär 2021, 21:57

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 13. Mär 2021, 18:13
=> Ich denke, der Körper entscheidet. Aber zu diesem Schluss komme ich vielleicht nur, weil ich mein Weltbild anwenden möchte, andere Weltbilder führen vermutlich zu anderen Erklärungen
Wenn eine Entscheidung körperliche Reaktionen hervorruft, dann muss die Entscheidung selbst körperlich sein.

Solange Newtons Axiome und die Hauptsätze der Thermodynamik gültig sind, kann es keine andere Erklärung geben.

was bringt es, mir zu sagen, ich solle alle Menschen lieben, wenn Liebe gar nicht auf die Art funktioniert, dass ich es bewusst durchführen kann?
Moralische Überlegenheit.

Vor dieser ganzen Konstellation kann ich "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" lediglich übersetzen in "belaste andere Menschen nicht in einer Art, die du selbst nicht ertragen möchtest", aber mit Liebe kann ich es eher nicht in Zusammenhang bringen.
Wieso nicht "Behandle deinen Nächsten so, wie er es von dir fordert."

Darf der Nächste nicht selbst entscheiden, wie er behandelt werden will?

Ruth
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#29 Liebe deinen Nächsten

Beitrag von Ruth » Sa 13. Mär 2021, 22:10

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 13. Mär 2021, 18:13
Ich habe es eher auf "Mensch + Gott = 2 Puzzleteile" bezogen, d.h. auf die Problematik, dass Gott geliebt werden soll.

Das wird oft so dargestellt. Aber ich glaube es auch nicht (mehr), dass Gott die Liebe VON uns Menschen WILL. Schon gar nicht künstlich erzwungene Liebe, die man haben MUSS. Das funktioniert niemals.
Gott will Liebe GEBEN. Und wenn jemand diese Liebe empfängt und spürt, dann ist die Liebe zu Gott eine Reaktion darauf, dass er uns zuerst geliebt hat.
Das steht so auch in der Bibel, in 1. Johannes 4,19

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 13. Mär 2021, 18:13
Das ist der Knackpunkt, an dem ich mich frage, ob der Vorgang "Liebe" tatsächlich so universell einsetzbar ist.
Ist es angebracht, von Liebe zu sprechen, nur weil man einen anderen Menschen freundlich/höflich/wohlwollend behandelt?

Ich denke, man kann etwas „Liebe“ nennen, wenn man den Menschen im Fokus hat, und nicht (nur) das, was dieser Mensch redet oder tut … und ihn als Reaktion darauf behandelt.

So verstehe ich auch die Berichte über Jesus, wie er Menschen begegnet ist. ZB In der Geschichte in Markus 10,21 steht direkt, das Jesus den Menschen ansah und ihn lieb gewann.

Um einen (fremden) Menschen zu lieben, muss man eigentlich nur den Menschen anschauen und versuchen zu verstehen, was dieser tut. Das ist schon ein Akt der Liebe, der oft dazu führt, anders zu handeln, als wenn man spontan auf jemanden reagiert.

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 13. Mär 2021, 18:13
Ich scheine ständig einen Bezug zu der anderen Person aufrecht zuhalten - ich bin "hintergründig" auf diesen anderen Menschen ausgerichtet.
Das kann so weit gehen, dass ich mich als "etwas durcheinander" einschätzen würde, irgendwie "ist nichts mehr wie vorher".
Wichtig dabei ist, dass ich dies nicht bewusst hergestellt habe, es ist auch nicht das Resultat einer Überlegung oder von irgendwelchen raffinierten Gedanken.
Deshalb stelle ich die Frage: wer ist für diese "Hintergründigkeit" verantwortlich?

Ich denke, das ist so etwas, wie ich es mit dem passenden Teilen eines Puzzles darstellen wollte.
Jeder Mensch hat Dinge/Gaben, die für ihn vielleicht selbstverständlich sind, mit denen er anderen Menschen etwas geben kann, was diese (unbewusst) suchen. Ebenso ist jeder Mensch ein Suchender, von Dingen, die ihm fehlen … oder er zumindest glaubt , dass sie ihm fehlen.

Wenn man also auf einen Menschen trifft, oder ihn auch nur sieht, und dieser etwas hat, von dem man glaubt, dass dies einem selbst fehlt, zumindest aber (vielleicht unbewusst) danach sucht, dann denke ich setzt das Gefühle in Bewegung, die anziehend wirken. Manchmal ist es auch so, dass jemand einem Menschen ähnlich sieht oder ähnliche Gestiken gebraucht, wie jemand der einem nahe steht.

Es sind die Gefühle und die Umstände, die etwas bewegen … es wird auch „Schicksal“ genannt. Verantwortlich für das auslösen der Gefühle ist eigentlich keiner von beiden. Nur wie weit man sich davon beeinflussen lässt, das liegt bei jedem selbst, dies zu entscheiden.

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 13. Mär 2021, 18:13
Vor dieser ganzen Konstellation kann ich "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" lediglich übersetzen in "belaste andere Menschen nicht in einer Art, die du selbst nicht ertragen möchtest", aber mit Liebe kann ich es eher nicht in Zusammenhang bringen.

Wie ich schon oben angab, denke ich, dass Liebe dort anfängt, wo man den Menschen wahrnimmt und beachtet. Meistens beurteilen Menschen einander spontan nach dem, wie sie selbst sein Handeln wahrnehmen. Wenn man sich dann aber mal die Mühe macht, zu erkennen, was diesen Menschen vielleicht dazu treibt, so zu handeln oder zu reagieren, wie er es tut, denke ich kann das so manche Beziehung verändern. In welchem Maß man das zulässt, das liegt immer an den Ressourcen, die man selbst hat. Niemand kann Liebe geben, wo er selbst keine empfängt. Also liegt es auch in gewissem Maß an der Selbstliebe, ob man jemand anders lieben kann. Wenn ich mich selbst hasse, weil ich an irgendeiner Stelle immer versage, dann kann ich ganz bestimmt auch keinen Menschen lieben, dessen Versagen auch deutlich an der gleichen Stelle liegt

Anthros

#30 Liebe deinen Nächsten

Beitrag von Anthros » So 14. Mär 2021, 10:11

SilverBullet hat geschrieben:
Mi 10. Mär 2021, 13:23
Die "zwei Teile" liegen als "zwei Menschen" vor - das ist schnell geklärt.
Das "Gemeinsame" ist erreicht, wenn sich die Reaktionen (die Gedanken) dieser beiden Menschen um "beide als eine Art 'Einheit'" drehen - das ist auch nachvollziehbar.

Was ist aber jetzt die "vereinigende Kraft"?

Was du manchmal für schon fast riesige Abhandlungen schreibst, worüber du dir alles Gedanken machst. Ich habe nicht alles so genau gelesen, aber diesen Absatz nehme ich heraus.
Unsere Worte haben eine Mehrfachbedeutung. Liebe und Liebe ist unterschiedlich und doch gleich. Mag sie körperlich sein, so gibt es eine Ebene im Menschen, wo sie es nicht mehr ist, sie ist frei vom Körperlichen.  

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