Trinitatis

Themen des Neuen Testaments
SilverBullet
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#31 Re: Trinitatis

Beitrag von SilverBullet » Sa 27. Jun 2020, 12:29

“Naqual“ hat geschrieben:Ich kenne keinen, der die Trinität verstanden hätte.
Da ist wohl eher weit weniger Rätsel dran als man denkt.
Das Problem entsteht durch ein „nicht ganz so ernst nehmen“ dessen, was die antiken Leute geschrieben haben – wenn man genau hinschaut, dann haben sie es ja nicht verheimlicht.

Wenn sie über Luftphänomene schreiben und Luftwörter verwenden, dann gestehe ich ihnen direkt zu, dass sie der Luft bestimmte Inhalte zugeordnet haben. Verstärkt wird dies auch noch dadurch, dass sich die Textschreibereien in einem griechischen Umfeld tummeln, in dem (philosophisch) die Luft als allumfassendes Grundprinzip vertreten wurde.

Luft war für diese Leute der belebende nicht-körperliche Anteil in der Welt, der den gesamten Kosmos umfasste. Wer heute das Wort „Geist“ für total sinnvoll hält, ist schlicht ein Erbe dieser antiken Ideen.

Damals hat man sich religiös einen Wettergott erdacht, der vom Wesen her dieser allumfassenden philosophischen Luft entsprechen soll. Nun will man einer Erzählfigur („Jesus“) einen Anteil an diesem allumfassenden Status zugestehen, also ist die, diese Figur belebende Luft einfach Teil der „gesamten göttlichen Luftbelebung“. Es ist die gleiche (Belebungs-)Richtung also gehört es in den Köpfen der „Luftdichter“ zusammen.

Jetzt gibt es da aber auch noch die religiöse Einstellung, die über Sprache ausgedrückt und weitergegeben wird, also quasi einen belebenden Teil, der auch in diese „Gott“-Richtung zeigt und damit natürlich genauso „dazugehört“ – die „heilige Luft“ (-> „heiliger Geist“).

(in diesem Denksumpf macht sogar „das Auferstehen“ und „die Himmelfahrt“ einen gewissen Trick-17-Sinn)

Geht man mit dem heutigen Verständnis an diese Idee heran, dann stellt man sich (wie auch immer) ein grosses, dickes, schweres „Gott“-Objekt („total unsichtbar und auf den Wolken schwebend“), darunter ein menschliches „Jesus“-Objekt und ein durchsichtig schwebendes „heiliger Geist“-Nachthemd-Objekt vor und fragt sich, wie das nicht nur zusammenpassen, sondern sogar ein und dasselbe sein soll – eine nicht lösbare Aufgabe.

Ich denke, alles was in der damalig philosophierten Nicht-Körperlichkeit vom Thema her in die ungefähr gleiche Richtig ging, war für die antiken Leute einfach „von derselben Belebung ergriffen“ – „dieselbe Luft“. Die Körperlichkeit und das Einnehmen von (physikalisch) getrennten Gestalten (ohne jegliche Vereinbarkeit) war für diese Leute schlicht nicht wichtig, weil es ihrer Idee nach nicht der Kern war, sondern quasi nur „Gewürz“.

Verstehen kann man an der Sache quasi nur, wie diese Leute gedacht haben, aber eine verstehbare Funktionalität (Motto: „die haben etwas Kluges gesagt“) liegt nicht dahinter.

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sven23
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#32 Re: Trinitatis

Beitrag von sven23 » Sa 27. Jun 2020, 12:51

Maryam hat geschrieben:
Sa 27. Jun 2020, 11:45
Also ich gehöre zu denjenigen Christen, welche finden, dass Jesus von Nazareth den allein wahren GOTT, himmlischen VATER nannte.
So geht die Forschung auch davon aus, dass Jesus auch das Vater unser gebetet hat. Er hat sich nicht als Gott verstanden, was für einen gläubigen Juden sowieso eine Gotteslästerung gewesen wäre. Der unbekannte Schreiber des sog. Johannesevangliums, der kaum authensche Jesusworte bringt, hat sich aber auch nicht getraut, Jesus Worte in den Mund zu legen, mit denen er behauptet, göttlich zu sein. Aber er läßt er den ungläubigen Thomas an Jesus gerichtet sagen, "Mein Herr und mein Gott", und will damit indirekt den Gottesstatus Jesu bezeugen. Darauf hat sich natürlich die Kirche gestürzt und nicht umsonst ist das Johannesevangelium das Lieblingsevangelium Ratzingers.
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luett-matten
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#33 Re: Trinitatis

Beitrag von luett-matten » Sa 27. Jun 2020, 13:45

sven23 hat geschrieben:
Sa 27. Jun 2020, 06:31
Die Griechen kannten vermenschlichte Götter. Im Johannesevangelium ging man aber den umgekehrten Weg und versuchte einen Menschen zu vergotten.

Wie meinst du das? Welche Stelle meinst du?
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sven23
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#34 Re: Trinitatis

Beitrag von sven23 » Sa 27. Jun 2020, 15:38

luett-matten hat geschrieben:
Sa 27. Jun 2020, 13:45
sven23 hat geschrieben:
Sa 27. Jun 2020, 06:31
Die Griechen kannten vermenschlichte Götter. Im Johannesevangelium ging man aber den umgekehrten Weg und versuchte einen Menschen zu vergotten.

Wie meinst du das? Welche Stelle meinst du?
Na, wie ich oben geschrieben habe.
Die Entwicklung der Jesusfigur vom spröden Markusevangelium bis hin zum verklärten Jesusbild des Johannesevangeliums ist doch offensichtlich.

Die Hoheit Jesu wurde nun immer stärker betont. Bei Markus hört man die Worte
Heute habe ich Dich gezeugt schon bei der Taufe Jesu. Schon bei der Taufe wird hier
Jesus als Sohn Gottes adoptiert. Auch hier noch kein Wort von einer früheren Berufung
und Bedeutung des immerhin schon etwa 30-Jährigen. Für Markus beginnt seine Hoheit
erst mit seiner Taufe, sie ist auch das Erste, was er überhaupt von Jesus erwähnt. Markus
kennt noch keine Jungfrauengeburt und auch kein göttliches Kind. Erst Matthäus und
Lukas dehnen in ihren Evangelien die Hoheit Jesu schon auf das ungeborene Kind aus.
Doch dabei bleibt es nicht.
Das Johannesevangelium beginnt mit dem Satz: Am Anfang war das Wort (Logos).
Ein schöner Beginn, der angelehnt ist an den ersten Vers des Alten Testaments: Am
Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Mit dem Logos ist Christus gemeint, und mit dieser
Verknüpfung wird angedeutet, dass Christus vor aller Zeit, vor Entstehung der Welt und
der Menschen bereits der Gottessohn war. Christus ist für Johannes präexistent, seine
Hoheit erst mit der Taufe oder gar erst der Auferstehung beginnen zu lassen, wäre für
Johannes fast schon Lästerung. Das Johannesevangelium schildert uns denn auch Jesus
als wandelnden Gott auf Erden, der in gebieterischer Weise göttliche Reden hält und der
selbst am Kreuz noch mit seinem Es ist vollbracht das Gesetz des Handelns fest in der
Hand hält. Das Johannesevangelium wurde nach eigener Aussage geradezu geschrieben,
um die Göttlichkeit Jesu zu erweisen (Joh 20,31). So etwas lag Markus noch fern. Im
Johannesevangelium verkündet Jesus sich selbst, wo er bei Markus noch das Reich
Gottes verkündigt hat. Der ungläubige Thomas bei Johannes erweist sich als gar nicht so
ungläubig, denn er nimmt spätere dogmatische Fixierungen vorweg, wenn er, nun endlich
überzeugt, ausruft: Mein Herr und mein Gott (Joh 20,28), eine auch für dieses
fantasiereichste Evangelium steile Aussage.
Wie anders erscheint hier der Jesus im älteren Markusevangelium, der von dieser
Gottheit noch nichts zu wissen scheint und den uns Markus viel menschlicher schildert.
Die Anrede Sohn Gottes verbietet er den ihn so bezeichnenden Dämonen (Mk 3,12).
Dagegen wird Jesus häufig noch als Rabbi (Mk 9,5; 11,21) und als Lehrer (gr. didaskalos)
bezeichnet. Gerade in diesen eher harmlosen Beschreibungen spiegelt sich die historische
Wahrheit wider, denn es ist schwer vorstellbar, dass man ihn in späterer Zeit noch so
unspektakulär bezeichnet hätte.

Kubitza, Der Jesuswahn
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AlTheKingBundy
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#35 Re: Trinitatis

Beitrag von AlTheKingBundy » Sa 27. Jun 2020, 17:04

Die "Schlussfolgerungen" Kubitzas halte ich für falsch. Die Fleischwerdung des Wortes im Johannesprolog ist keine Gleichsetzung von Wort = Gott = Jesus. Gottes Wort wurde Fleisch, so ist der Sinnzusammenhang. Denn mit Bezug auf die ersten Verse wird klargestellt, dass durch das Wort alles geschaffen wurde (in Anlehnung an die Genesis). Auch im Johannesevangelium wird klargestellt, dass Jesus in Vollmacht Gottes redete und handelte, zwischen Vollmachtgeber und Nehmer existiert ein gewaltiger Unterschied. Schließlich stellt Johannes klar - beinahe um jede Verwechslung im Keim zu ersticken - dass kein Mensch jemals Gott gesehen hat (Jesus wurde gesehen) aber dass Jesus Gott kund getan hat.
Beste Grüße, Al

Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.
(Albert Einstein, 1879-1955)

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sven23
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#36 Re: Trinitatis

Beitrag von sven23 » Sa 27. Jun 2020, 17:11

AlTheKingBundy hat geschrieben:
Sa 27. Jun 2020, 17:04
Die "Schlussfolgerungen" Kubitzas halte ich für falsch. Die Fleischwerdung des Wortes im Johannesprolog ist keine Gleichsetzung von Wort = Gott = Jesus. Gottes Wort wurde Fleisch, so ist der Sinnzusammenhang. Denn mit Bezug auf die ersten Verse wird klargestellt, dass durch das Wort alles geschaffen wurde (in Anlehnung an die Genesis). Auch im Johannesevangelium wird klargestellt, dass Jesus in Vollmacht Gottes redete und handelte, zwischen Vollmachtgeber und Nehmer existiert ein gewaltiger Unterschied. Schließlich stellt Johannes klar - beinahe um jede Verwechslung im Keim zu ersticken - dass kein Mensch jemals Gott gesehen hat (Jesus wurde gesehen) aber dass Jesus Gott kund getan hat.
Du hast natürlich Recht. Auch im Johannesevangelium ist Jesus Gott immer noch subordiniert.
Aber es gibt Vergottungsbemühungen, wie etwa, wenn Johannes den ungläubigen Thomas ausrufen läßt: Mein Herr und mein Gott.
Das tut er nicht ohne Grund.
Aber die endgültige Vergottung des Wanderpredigers wird erst durch die Kirche vollzogen und dann dogmatisch festgeschrieben.

Der Johannesprolog stellt eine wichtige Grundlage für die systematische Christologie und – gemäß der Übersetzungsvariante der Einheitsübersetzung – für die dogmatische Interpretation in der Trinitätslehre dar. Die Großkirche hat sich schließlich auf eine Wesensgleichheit von nach ihrer Definition drei göttlichen Personen festgelegt, unter anderem unter Berufung auf diese Vorlage. Die Anerkennung der Trinität ist auch Bedingung für die Aufnahme in den Ökumenischen Rat der Kirchen.
Quelle: Wikipedia

Kubitza gibt hier ja lediglich den aktuellen Forschungsstand wieder:

Ohne etwas über den Ursprung oder die Herkunft des Logos auszusagen, hält Joh 1,1f fest, dass der Logos bereits im Anfang bei Gott war, als die Welt noch nicht existierte. Mit der Einleitung „im Anfang“ knüpft Joh 1,1 an Gen 1,1, indem die Formulierung der Septuaginta übernommen wird. Dadurch wird der Logos als Schöpfungsmittler eingeführt, der selbst aller Schöpfung vorausgeht. Der Logos wird prädikativ als ein Gott, ohne Artikel, bezeichnet, was am ehesten im Sinne einer Wesensgleichheit zu verstehen ist, nicht jedoch dahingehend, dass der Logos als zweiter Gott gleichwertig neben Gott steht (vgl. Philo, Somn 1,228-230).

Quelle: bibelwissenschaft.de
Zuletzt geändert von sven23 am Sa 27. Jun 2020, 17:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Naqual
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#37 Re: Trinitatis

Beitrag von Naqual » Sa 27. Jun 2020, 17:20

Maryam hat geschrieben:
Sa 27. Jun 2020, 11:45
Naqual hat geschrieben:
Fr 26. Jun 2020, 16:26
...
Hi Maryam, bei Deinem Beitrag kann ich nicht viel schreiben, soweit liegen wir bei dieser Thematik sicher nicht auseinander (außer, dass ich mich nicht als Christ bezeichne).
1. Joh 5.20 Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns Einsicht gegeben hat, damit wir den Wahrhaftigen erkennen. Und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben. 21 Kinder, hütet euch vor den Götzen!
Trinitarier sind dem Irrtum verfallen, hier so quasi bestätigt zu haben, dass Johannes hier Jesus als wahrahftigen Gott bestätigen würde.
Auf den ersten Blick scheint es tatsächlich so, bei genauem Hinlesen sieht man aber die gemeinte Bedeutung sehr deutlich und die steht mit deutlicher Unterscheidung des Einen Gottes zu Jesus in einer anderen Version derselben Aussage bei Joh 17,3: Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.

Das allerbeste Buch das ich zur Trinitätsproblematik aus unitarischer Sicht kenne ist: "The Doctrine of the Trinity - Christianity's self-inflicted Wound" by Anthony F. Buzzard and Charles F. Hunting. Gibt's bestimmt auch in Deutsch. Lustigerweise war der Kauf damals ein Irrtum, ich wollte eigentlich ein Buch der Gegenseite, die mit allem was sie haben für die Trinität eintreten. Gefunden hatte ich dann eine Art Lexikon, gesammelte Werke sogut wie ALLER Argumente pro und contra - zumindest soweit man sich auf die Bibel bezieht.


Jesus und die Menschheit hätte mehr davon, wenn die gesamte Christenheit sich mehr an den zu mehr Liebe, Barmherzigkeit, Frieden orientieren würden statt Jesus als wahrem Menschen UND wahren Gott anzubeten und überall zu bezeugen, NIEMAND könne sich gänzlich von aller Bosheit bekehren, müsse auch nicht, weil Jesus durch den Gang ans Kreuz den Weg zu Gott freigemacht habe.
Stimme ich zu, sofern Jesus dabei als führendes und leitendes Beispiel extremster Hingabe in Liebe in der Nachfolge verstanden wird und nicht als Ersatzbüßer für Sündenfreiheit.

 

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Naqual
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#38 Re: Trinitatis

Beitrag von Naqual » Sa 27. Jun 2020, 17:43

sven23 hat geschrieben:
Sa 27. Jun 2020, 12:51
Maryam hat geschrieben:
Sa 27. Jun 2020, 11:45
Also ich gehöre zu denjenigen Christen, welche finden, dass Jesus von Nazareth den allein wahren GOTT, himmlischen VATER nannte.
So geht die Forschung auch davon aus, dass Jesus auch das Vater unser gebetet hat. Er hat sich nicht als Gott verstanden, was für einen gläubigen Juden sowieso eine Gotteslästerung gewesen wäre. Der unbekannte Schreiber des sog. Johannesevangliums, der kaum authensche Jesusworte bringt, hat sich aber auch nicht getraut, Jesus Worte in den Mund zu legen, mit denen er behauptet, göttlich zu sein. Aber er läßt er den ungläubigen Thomas an Jesus gerichtet sagen, "Mein Herr und mein Gott", und will damit indirekt den Gottesstatus Jesu bezeugen. Darauf hat sich natürlich die Kirche gestürzt und nicht umsonst ist das Johannesevangelium das Lieblingsevangelium Ratzingers.

Ich persönlich denke da, das man diesen Satz auch anders verstehen kann: "Mein Herr UND mein Gott" statt "Mein Herr, mein Gott". Salopp gesagt, das ist so ähnlich, wie wenn jemand heute "oh my God! (OMG)" ruft. Zudem hatte der Thomas etliche Jahre Jesus erlebt, der von sich sagte, durch ihn wirkt Gott der Vater. Also die Bedeutung von Jesus war ja nicht nur die Person zu sehen, sondern Gott der durch ihn wirkt.
Auffällig: An der einzigen Stelle in der Bibel (!) wo Jesus möglicherweise als Gott bezeichnet wird, heißt die Aussage eben nicht "Mein Jesus, der Du Gott bist!". Und bei der größtmöglichen ketzerischen Aussage in der jüdischen Gedankenwelt, die die Gottschaftsbehauptung bedeutet hätte, wird die Gottheit Jesu nie in der Bibel diskutiert, erörtert, in Frage gestellt, rechtfertigt usw. Und allenfalls ein einziges mal so erwähnt. So als wenn es absolut selbstverständlich gewesen wäre. Also da finde ich da ist ein ganz massives Glaubwürdigkeitsproblem. Es ist auch anscheinend kein gedankliches Problem, dass Gott als unsterblich gesehen wird, aber dann am Kreuz stirbt. Aber irgendwo nur ein "Scheintod", weil die anderen beiden Gottheiten im einen Gott leben ja weiter. Also ich persönlich sehe das nun wirklich nicht als selbstverständlich, wo man keine Frage mehr hätte.

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sven23
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#39 Re: Trinitatis

Beitrag von sven23 » Sa 27. Jun 2020, 19:35

Naqual hat geschrieben:
Sa 27. Jun 2020, 17:43
sven23 hat geschrieben:
Sa 27. Jun 2020, 12:51
So geht die Forschung auch davon aus, dass Jesus auch das Vater unser gebetet hat. Er hat sich nicht als Gott verstanden, was für einen gläubigen Juden sowieso eine Gotteslästerung gewesen wäre. Der unbekannte Schreiber des sog. Johannesevangliums, der kaum authensche Jesusworte bringt, hat sich aber auch nicht getraut, Jesus Worte in den Mund zu legen, mit denen er behauptet, göttlich zu sein. Aber er läßt er den ungläubigen Thomas an Jesus gerichtet sagen, "Mein Herr und mein Gott", und will damit indirekt den Gottesstatus Jesu bezeugen. Darauf hat sich natürlich die Kirche gestürzt und nicht umsonst ist das Johannesevangelium das Lieblingsevangelium Ratzingers.

Ich persönlich denke da, das man diesen Satz auch anders verstehen kann: "Mein Herr UND mein Gott" statt "Mein Herr, mein Gott". Salopp gesagt, das ist so ähnlich, wie wenn jemand heute "oh my God! (OMG)" ruft. Zudem hatte der Thomas etliche Jahre Jesus erlebt, der von sich sagte, durch ihn wirkt Gott der Vater. Also die Bedeutung von Jesus war ja nicht nur die Person zu sehen, sondern Gott der durch ihn wirkt.
Die Forschung geht ja auch davon aus, dass der unbekannte Schreiber diese Worte dem ungläubigen Thomas in den Mund gelegt hat. Jesus hat sich nie als Gott verstanden und seine Jünger wußten das auch.
Wir haben nun mal bei den Evangelien das Problem, dass kein einziger Autor ein Begleiter Jesu war. Das heißt, sie konnten nur auf rudimentäre mündliche Überlieferungen und evtl. vorhandene, aber eher spärliche schriftliche Quellen zurückgreifen. Diese waren aber für das, was die Evangelisten vorhatten, wenig ergiebig, so daß sie Vorhandenes mit eigenen theologischen Phantasien und Legenden ausschmückten. Am weitesten hat es dabei wohl der Autor des Johannesevangeliums getrieben. So sollen 95% der Jesusworte frei erfunden sein.


Wie dem auch sei: Deutlich ist auf jeden Fall, dass in der Jesusüberlieferung die klare
Tendenz bestand, die Göttlichkeit Jesu immer stärker zu betonen und seine
Menschlichkeit immer stärker zurückzunehmen. Noch in den neutestamentlichen
Schriften sind diese Tendenzen klar zu erkennen, obwohl diese bereits von Jesus als dem
Messias bzw. Sohn Gottes ausgehen. Die Steigerung der Göttlichkeit Jesu war fast
unausweichlich, die Religionsgeschichte kennt hier viele Parallelen. Zentrale Personen
einer Religion, sei es der Stifter selbst oder seien es Jünger oder Heilige, werden alsbald
mit einem Kranz von Legenden umgeben. Deshalb erhalten diejenigen Schilderungen
besonderes Gewicht, die gerade nicht die Herrlichkeit, sondern die Menschlichkeit des
Religionsstifters oder seiner Jünger betonen. Gerade wo Jesus menschlich und eben
nicht göttlich, wo er fehlbar ist, wo er als Rabbi und eben nicht als Sohn Gottes auftritt,
bewegt man sich historisch auf besserem Grund.

Kubitza, Der Jesuswahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

luett-matten
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#40 Re: Trinitatis

Beitrag von luett-matten » So 28. Jun 2020, 11:45

sven23 hat geschrieben:
Sa 27. Jun 2020, 15:38
Die Entwicklung der Jesusfigur vom spröden Markusevangelium bis hin zum verklärten Jesusbild des Johannesevangeliums ist doch offensichtlich.
Nimm doch einfach eine Bibelstelle und prüfe sie.
Zum Beispiel:
Johannes 20, 28 hat geschrieben:Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!
Ist hier eine neue Lehre gepredigt worden, die man im AT oder Judentum noch nicht finden konnte?

Ich denke nicht.
lütt-matten

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