Aus der Werkstatt des Theologen

Themen des Neuen Testaments
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abc
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#151 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von abc » Di 15. Okt 2019, 10:42

Helmuth hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 09:13
Lukas stellt zwei Bezirke gegenüber, Galilä und Gadara, welche der See trennt. Galiläa ist keine Stadt sondern ein Gebiet. Gadara erwähnt er ebenso nicht als Stadt sondern als Gebiet, was übrigens alle so tun.
Volle Zustimmung, siehe dazu auch meine Erst-Beiträge, hinsichtlich Seenähe und alternative topographische Lösungen.

Meiner Ansicht nach geht es um Gegenüberstellungen (auf diversen Ebenen).

Gadara/Geresa sind möglicherweise nur bekannte Platzhalter für den ehemaligen Städte-Bund der Dekapolis und dessen Einzugsbereiche, an dessen Grenze, sich eben auch das kleine (unbedeutende) Gergesa befand, direkt am See. Auf dieser Seite (östlich des Sees) waren mehrheitlich Heiden anzutreffen, in der Einöde natürlich weniger als in den größeren Städten.

Je nachdem, wie man die Erzählungen interpretiert und deutet, kann man zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Möglicherweise stelle ich (sobald aber nicht) meine Sicht einmal dar.

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abc
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#152 Re: Aus der Werkstatt des Theologen - Fortsetzung der Exegese

Beitrag von abc » Di 15. Okt 2019, 11:53

Magdalena61 hat geschrieben:
Fr 11. Okt 2019, 04:14
Und dann könntest du dir eventuell abringen: Sorry, das war mir nicht geläufig.

Sorry, aber du hast bei mir vollkommen verspielt, aufgrund meiner Erfahrungen im grünen Forum, deren Vorsteherin du bist. Dort durfte ich feststellen, du bist nicht nur parteiisch, sondern unredlich und in deiner leitenden Funktion (Moderation) nicht nur inkompetent, sondern korrupt - und das auf eine schamlose Weise, was sich auch im Verhalten deiner Söhne (zumindest einem) spiegelte, der wiederholt ausfallend wurde - leider!

Du legst dir scheinbar überhaupt keine Rechenschaft ab, über die Dinge, die du "öffentlich" zum Ausdruck bringst. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, insbesondere wenn man ein öffentliches Forum führt. Eventuelle "Hausrechte!" entbinden dich nicht von gesetzlichen Regelungen, aber ich will hier kein Faß aufmachen, sondern es auf biblische Inhalte bewenden lassen, die du völlig inkonsistent (willkürlich) für dich in Anspruch nimmst.

Magdalena61 hat geschrieben:
Di 8. Okt 2019, 02:45
Aber ich glaube, dass die Schriften inhaltlich wahr sind und den Willen Gottes widerspiegeln. Trotz ihrer Mängel, die meist auf Verständnis-, Übersetzungs- oder Abschreibefehlern beruhen.

Tatsächlich? Die Textsammlungen zeigen auch große Übereinstimmungen auf, sprich, aus allen anerkannten Quellen geht unmißverständlich und eindeutig eine gemeinsame Aussage hervor. Die große Frage ist doch, ob du deinen eigenen Ansprüchen genügst?

Magdalena61 hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 03:52
Die Bibel ist "Urkunde der Offenbarung Gottes" (Ulrich Parzany). Ich ziehe es vor, in der Lehre der Apostel zu bleiben. Weil ich glaube, Gott hat diese bis heute erhalten und bewahrt.

So, so - du ziehst es vor in der Lehre der Apostel zu bleiben?

"Wie es in allen Gemeinden der Heiligen ist, sollen die Frauen in den Gemeinden schweigen, (...) denn es ist schändlich für eine Frau in der Gemeinde zu reden. // Eine Frau lerne in der Stille in aller Unterordnung. 12 Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren ... (1. Kor. 33-35 // Tim.1,11-12)"

Was bedeutet das im Klartext?

"In den Timotheusbriefen finden wir wiederholt einen Hinweis auf die Lehre und auf das Lehren (z.B. 1. Tim 4,11; 6,3; 2. Tim 2,2;). Es bedeutet so viel wie „ein Lehrer sein“. Es geht darum, dass die biblische Lehre nicht von Frauen, sondern von Männern vermittelt werden soll. Lehren bedeutet nichts anderes als das Wort auslegen und erklären. Frauen sollen das in der Öffentlichkeit nicht tun." // Quelle: Bibelkommentare.de

Für Boldliebhaberinnen ...
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Frauen sollen das in der Öffentlichkeit nicht tun.


Du übergehst nicht nur diesen überaus deutlichen Hinweis (Mahnung), sondern gibst tatsächlich auch ein schlechtes Beispiel ab, die Sorge der Apostel bestätigend und machst deren Befürchtungen exemplarisch sichtbar. Dafür muß man dir wiederum dankbar sein!

In diesem Sinne
abc.

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Thaddaeus
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#153 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Thaddaeus » Di 15. Okt 2019, 12:44

Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 01:07
Moment, es geht nicht nur darum aufgeworfene Fragen zu erklären, sondern die Botschaft des Textes zu verstehen.
Dann solltest du auch keinen Strohmann aufbauen. Was die Botschaften des Textes sind (es sind nämlich mehrere), steht nicht im Widerspruch zu den Ergebnissen der obigen Analyse, sondern ergibt sich überhaupt erst aus dieser!
Es gibt nicht meine Analyse und dann auch noch deine, die beide eine Berechtigung hätten. Analysen wie meine oben sollten die Grundlage jeder auch noch so erbaulichen Predigt sein. Darum lernen Pfarrer diese exegetischen Techniken ja, ansonsten könnte man in ihrer Ausbildung auch darauf verzichten und sie um 5 Semester verkürzen. Deshalb gibt es exegetische Kommentare! Die sollen den Pfarrern für ihre Predigt die Grundlagen vorgeben, ohne dass die alles selbst erarbeiten müssen.

Wenn man wissen will, warum Mt. aus einem Besessenen zwei macht und aus Gerasa Gadara, dann darf man eben gerade keine Denkverbote in Anschlag bringen, wie das Magdalena61 macht, wenn sie mit aufgesetzter Empörung schreibt: "Wie bitte? Du stellst das Zeugnis der Evangelisten in Frage?" und dabei nicht bemerkt, dass nicht ich das "Zeugnis" der Evangelisten infrage stelle, sondern diese selbst, wenn nämlich Mk.+Lk. einen Besessenen, Mt. aber zwei Besessene auftreten lässt und der eine das Geschehen bei Gerasa, der andere bei Gadara stattfinden lässt.

Bevor man zu erbaulichen Auslegungen für die Gemeinde übergeht, steht es einem Theologen gut zu Gesicht, zu allerst einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass das Geschehen so, wie es von allen drei Synoptikern kolportiert wird, nicht stattgefunden haben kann. Das sollte man schon aus Respekt gegenüber den Texten, mit denen man es zu tun hat.

Du tendierst zu einer Art Pseudo-Offenheit gegenüber der historisch-kritischen Analyse der biblischen Texte, die du zwar einerseits vorgibst mit offenem Interesse zur Kenntnis zu nehmen, die aber andererseits keine Auswirkungen darauf haben soll, wie du die biblischen Texte gerne verstanden haben möchtest. Wenn du herausfinden willst, was die Theologie des Mk.-Ev.'s ist, musst du es mit allen analytischen Mitteln untersuchen, die dir zur Verfügung stehen und dabei darf es eben nicht passieren, dass der erbaulichen Verkündigung wegen, Brüche und Widersprüche im Text weggeglättet werden. Insbesondere nicht, wenn man wissenschaftlich mit den Texten arbeitet. Es stellt ja gerade ein erhebliches Verkündigungsproblem für die Gemeindepfarrer dar, ihren Schafen im Gottesdienst bedeutsame Ergebnisse alt- und neutestamentlicher Forschung nicht vermitteln zu können, weil das auch gar nicht Aufgabe des sonntägloichen Gottesdienstes ist.


Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 01:07
Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 14. Okt 2019, 19:07
dass er vermutlich eher nicht den Heiden verkündigen wollte.
Das hast du jetzt schon mehrmals gesagt, wo steht denn das im Mk?
Jesu Selbstverständnis, zu wem er sich eigentlich gesandt sah, findest du in allen Evv. verstreut, weshalb du auch alle synoptischen Evv. dahingehend untersuchen musst. Oder möchtest du dir vielleicht einen Synoptiker heraussuchen, der am wenigsten heidenfeindlich ist?
Außerdem spielt die Jerusalemer Urgemeinde unter Leitung des Petrus und seine Auseinandersetzung mit Paulus bei der Frage eine große Rolle. Das führt hier aber zu weit.

Mt 15,21-28 (Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden hinzuwerfen.)
Mk 7,24-30 (Da sagte er zu ihr: Lass zuerst die Kinder satt werden, denn es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden hinzuwerfen.)
Mt 10,5-6 (Nehmt nicht den Weg zu den Heiden und betretet keine samaritanische Stadt. Geht vielmehr zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel.)
Mt 6,32 par Lk 12,30 (Sorgt euch also nicht und sagt nicht: Was werden wir essen? Oder: Was werden wir trinken? Oder: Was werden wir anziehen?
32 Denn um all das kümmern sich die Heiden // Denn um all das kümmern sich die Völker der Welt. Euer Vater weiss doch, dass ihr das braucht = Die Heiden leben in der Gottesferne: ihr Trachten ist auf materielle Güter ausgerichtet)
Mk 12,1ff (Es pflanzte einer einen Weinberg, zog einen Zaun ringsum, ... [Israel ist der Weinberg, um den es an dieser Stelle geht!])
Lk 13,16 (Diese aber, eine Tochter Abrahams ... [WEIL die Israeliten Abrahamskinder sind, DESWEGEN wird ihnen geholfen ...])
Lk 19,9 (Heute ist diesem Haus Heil widerfahren, denn auch er ist ein Sohn Abrahams. [WEIL die Israeliten Abrahamskinder sind, DESWEGEN wird ihnen geholfen ...])
Mt 5,47 (Und wenn ihr nur eure Brüder grüsst, was tut ihr da Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? 48 Ihr sollt also vollkommen sein ...)
Mt 6,7 (Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, ... )
Mk 10,33 (Auch da, wo die Heiden Werkzeuge Gottes sind, üben sie eine zerstörerische Kraft aus: ... und sie werden ihn zum Tod verurteilen und ihn den Heiden ausliefern ...)

Sogar Paulus, der die Heidenmission erst ins Leben ruft, spricht in Röm 16,7-10 davon, das Christus zum Diener der Beschnittenen geworden ist.

Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 01:07
Bei der Syrophönizierin ziert er sich ein wenig hilft ihr aber dann, doch.
Bei der Syrophönizierin ziert sich Jesus nicht allein, er bezeichnet sie praktisch als "Hund" und will nicht einmal mit ihr sprechen (was auch daran liegt, dass sie eine Frau ist). Hunde galten als noch unreiner als Schweine. Es war die schlimmstmögliche Beleidigung, die Jesus gegen diese Frau ausspricht - und ganz gewiss kein Scherz!

Helmuth
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#154 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Helmuth » Di 15. Okt 2019, 13:08

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Wenn man wissen will, warum Mt. aus einem Besessenen zwei macht und aus Gerasa Gadara, dann darf man eben gerade keine Denkverbote in Anschlag bringen, wie das Magdalena61 macht, wenn sie mit aufgesetzter Empörung schreibt: "Wie bitte? Du stellst das Zeugnis der Evangelisten in Frage?" und dabei nicht bemerkt, dass nicht ich das "Zeugnis" der Evangelisten infrage stelle, sondern diese selbst, wenn nämlich Mk.+Lk. einen Besessenen, Mt. aber zwei Besessene auftreten lässt und der eine das Geschehen bei Gerasa, der andere bei Gadara stattfinden lässt.
Das erhält meine Zustimmung! Denkverbot beschreibt sehr gut, wie religiöse Christen andere manipulieren. Es ist ihnen vielleicht bloß nicht bewusst, weil ihre Dogmen schon so fest sitzen, dass selbst seriöse Untersuchung schon blaspehmisch bewertet wird. Also würde ich auch nicht zu scharf mit ihnen ins Gericht gehen. Wir ingorieren es einfach gelassen und denken weiter.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Sogar Paulus, der die Heidenmission erst ins Leben ruft, spricht in Röm 16,7-10 davon, das Christus zum Diener der Beschnittenen geworden ist.
Dem Argument Heidenmission gewinne ich hier aber nicht viel ab. Im Grunde genommen erfahren wir nicht, warum sich Jesus auf die gegenüberliege Seite des Sees begeben hatte. Vielleicht um mit den Jüngern wieder mal alleine zu sein. Was er auch dazu unternahm, wirklich gelang es ihm nie. Das Schweine-Tohuwabohu führte jedenfalls gerade nicht dazu. 8-)

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Hunde galten als noch unreiner als Schweine. Es war die schlimmstmögliche Beleidigung, die Jesus gegen diese Frau ausspricht - und ganz gewiss kein Scherz!
Sagt wer? Eine Frau? ;)

Das gehört hier kaum dazu. Grabenkämpfe mit Usern führen nicht weiter. Andreas ist mir schon bekannt für seine oft schrägen Ansagen. 100 Sätze voller Text mit zwei Zeilen Sachbezug.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

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Andreas
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#155 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Andreas » Di 15. Okt 2019, 14:24

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 01:07
Moment, es geht nicht nur darum aufgeworfene Fragen zu erklären, sondern die Botschaft des Textes zu verstehen.
Dann solltest du auch keinen Strohmann aufbauen. Was die Botschaften des Textes sind (es sind nämlich mehrere), steht nicht im Widerspruch zu den Ergebnissen der obigen Analyse, sondern ergibt sich überhaupt erst aus dieser!
Es gibt nicht meine Analyse und dann auch noch deine, die beide eine Berechtigung hätten. Analysen wie meine oben sollten die Grundlage jeder auch noch so erbaulichen Predigt sein. Darum lernen Pfarrer diese exegetischen Techniken ja, ansonsten könnte man in ihrer Ausbildung auch darauf verzichten und sie um 5 Semester verkürzen. Deshalb gibt es exegetische Kommentare! Die sollen den Pfarrern für ihre Predigt die Grundlagen vorgeben, ohne dass die alles selbst erarbeiten müssen.
Ich glaube du missverstehst mich wirklich. Vermutlich störst du dich daran, dass ich von einer "Botschaft" gesprochen habe, vielleicht hätte ich besser von Inhalten sprechen sollen. Was ich sagen will: Je nachdem mit welcher Methode man an einen Text herangeht, und welche Fragestellungen man an ihn richtet, erhält man unterschiedliche Antworten. Wenn ich von einer Exegese des Textes Mk 5,1-20 spreche, verstehe ich das so, dass es darum geht, diesen Markustext zu verstehen und auszulegen und nicht darum eine Leben-Jesu-Forschung zu veranstalten. Das wäre für mich ein anderes Thema.

Du sprichst im weiteren dieses Beitrags ständig von Jesus, wie er in den Synoptikern vermittelt wird und selbst Paulus führst du ins Feld. Mich interessiert hier lediglich, was der markinische Jesus in dieser Perikope macht. Der Jesus des Lk oder Mt oder dem Rest des NT spielt für mich bei Mk 5,1-20 einfach keine Rolle. Auch die Textentwicklung und Überlieferungsgeschichte sind interessante Themenstellungen, aber wieder ein anderes Thema als den von Markus beabsichtigten Sinn dieser Perikope zu erfassen und zu vermitteln.

Das muss nicht in eine Predigt ausufern, sondern kann eine Auslegung bleiben. Wenn ich mit einer anderen Methode als der HKM zu der ich ja gar nicht fähig bin, an den Text herangehe, wird eine andere Auslegung als deine herauskommen und dann gibt es zwei Auslegungen. Ob dann nur deine Auslegung eine Berechtigung hat oder auch meine, überlasse ich jedem selbst zu beurteilen. Deine hat für mich eine Berechtigung, wenn du sie meiner absprichst, ist das halt dann so. Aber schon jetzt kann ich das nicht nachvollziehen.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Wenn man wissen will, warum Mt. aus einem Besessenen zwei macht und aus Gerasa Gadara, dann darf man eben gerade keine Denkverbote in Anschlag bringen, wie das Magdalena61 macht, wenn sie mit aufgesetzter Empörung schreibt: "Wie bitte? Du stellst das Zeugnis der Evangelisten in Frage?" und dabei nicht bemerkt, dass nicht ich das "Zeugnis" der Evangelisten infrage stelle, sondern diese selbst, wenn nämlich Mk.+Lk. einen Besessenen, Mt. aber zwei Besessene auftreten lässt und der eine das Geschehen bei Gerasa, der andere bei Gadara stattfinden lässt.
Ich will gar nicht wissen, was Mt. macht sondern nur was Mk macht. Ich sehe auch nicht ein, was ich mit dem Quatsch von Magdalena zu tun haben sollte.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Bevor man zu erbaulichen Auslegungen für die Gemeinde übergeht, steht es einem Theologen gut zu Gesicht, zu allerst einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass das Geschehen so, wie es von allen drei Synoptikern kolportiert wird, nicht stattgefunden haben kann. Das sollte man schon aus Respekt gegenüber den Texten, mit denen man es zu tun hat.
Was geht das mich an? Ich gehöre nicht mal einer Gemeinde an, und will auch niemanden erbauen.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Du tendierst zu einer Art Pseudo-Offenheit gegenüber der historisch-kritischen Analyse der biblischen Texte, die du zwar einerseits vorgibst mit offenem Interesse zur Kenntnis zu nehmen, die aber andererseits keine Auswirkungen darauf haben soll, wie du die biblischen Texte gerne verstanden haben möchtest.
Ich gebe kein offenes Intersse vor, sondern habe es. Ich habe auch nirgends behauptet, dass sie keine Auswirkungen darauf haben sollen und ich möchte die biblischen Texte selbst verstehen und nicht von anderen verstanden haben so wie ich verstanden haben wollen.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Wenn du herausfinden willst, was die Theologie des Mk.-Ev.'s ist, musst du es mit allen analytischen Mitteln untersuchen, die dir zur Verfügung stehen und dabei darf es eben nicht passieren, dass der erbaulichen Verkündigung wegen, Brüche und Widersprüche im Text weggeglättet werden.
Ich habe überhaupt nichts weggeglättet. Du verwechselst mich mit Magdalena die mich in ihrem Forum als Mühlsteinanwärter beschimpft, weil sie mich für einen HKM-Anhänger hält und ich ihr nicht bibeltreu genug bin. Du stellst mich jetzt in die bibeltreue Ecke. Super.
Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Insbesondere nicht, wenn man wissenschaftlich mit den Texten arbeitet.
Hab ich nie behauptet wissenschaftlich zu arbeiten. Ich bin ein Laie und bezeichne mich auch so.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Es stellt ja gerade ein erhebliches Verkündigungsproblem für die Gemeindepfarrer dar, ihren Schafen im Gottesdienst bedeutsame Ergebnisse alt- und neutestamentlicher Forschung nicht vermitteln zu können, weil das auch gar nicht Aufgabe des sonntägloichen Gottesdienstes ist.
Ich habe mit diesem ganzen kirchlichen Quatsch nix am Hut, und gehöre keiner Kirche an.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 01:07
Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 14. Okt 2019, 19:07
dass er vermutlich eher nicht den Heiden verkündigen wollte.
Das hast du jetzt schon mehrmals gesagt, wo steht denn das im Mk?
Jesu Selbstverständnis, zu wem er sich eigentlich gesandt sah, findest du in allen Evv. verstreut, weshalb du auch alle synoptischen Evv. dahingehend untersuchen musst. Oder möchtest du dir vielleicht einen Synoptiker heraussuchen, der am wenigsten heidenfeindlich ist?
Außerdem spielt die Jerusalemer Urgemeinde unter Leitung des Petrus und seine Auseinandersetzung mit Paulus bei der Frage eine große Rolle. Das führt hier aber zu weit.

Mt 15,21-28 (Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden hinzuwerfen.)
Mk 7,24-30 (Da sagte er zu ihr: Lass zuerst die Kinder satt werden, denn es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden hinzuwerfen.)
Mt 10,5-6 (Nehmt nicht den Weg zu den Heiden und betretet keine samaritanische Stadt. Geht vielmehr zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel.)
Mt 6,32 par Lk 12,30 (Sorgt euch also nicht und sagt nicht: Was werden wir essen? Oder: Was werden wir trinken? Oder: Was werden wir anziehen?
32 Denn um all das kümmern sich die Heiden // Denn um all das kümmern sich die Völker der Welt. Euer Vater weiss doch, dass ihr das braucht = Die Heiden leben in der Gottesferne: ihr Trachten ist auf materielle Güter ausgerichtet)
Mk 12,1ff (Es pflanzte einer einen Weinberg, zog einen Zaun ringsum, ... [Israel ist der Weinberg, um den es an dieser Stelle geht!])
Lk 13,16 (Diese aber, eine Tochter Abrahams ... [WEIL die Israeliten Abrahamskinder sind, DESWEGEN wird ihnen geholfen ...])
Lk 19,9 (Heute ist diesem Haus Heil widerfahren, denn auch er ist ein Sohn Abrahams. [WEIL die Israeliten Abrahamskinder sind, DESWEGEN wird ihnen geholfen ...])
Mt 5,47 (Und wenn ihr nur eure Brüder grüsst, was tut ihr da Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? 48 Ihr sollt also vollkommen sein ...)
Mt 6,7 (Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, ... )
Mk 10,33 (Auch da, wo die Heiden Werkzeuge Gottes sind, üben sie eine zerstörerische Kraft aus: ... und sie werden ihn zum Tod verurteilen und ihn den Heiden ausliefern ...)

Sogar Paulus, der die Heidenmission erst ins Leben ruft, spricht in Röm 16,7-10 davon, das Christus zum Diener der Beschnittenen geworden ist.
Ich fragte nach Markus und nicht nach Mt, Lk oder Paulus und da gibt es nicht viel, wie man sieht.

Thaddaeus hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 12:44
Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 01:07
Bei der Syrophönizierin ziert er sich ein wenig hilft ihr aber dann, doch.
Bei der Syrophönizierin ziert sich Jesus nicht allein, er bezeichnet sie praktisch als "Hund" und will nicht einmal mit ihr sprechen (was auch daran liegt, dass sie eine Frau ist). Hunde galten als noch unreiner als Schweine. Es war die schlimmstmögliche Beleidigung, die Jesus gegen diese Frau ausspricht - und ganz gewiss kein Scherz!
Ja was jetzt? "Berichterstattung" oder Literatur: "steht es einem Theologen gut zu Gesicht, zu allerst einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass das Geschehen so, wie es von allen drei Synoptikern kolportiert wird, nicht stattgefunden haben kann." Eben. Ob Jesus jemals diesen Dialog führte, weiß keine Sau. Deswegen sprach ich den manchmal schwarzen Humor des Markus an und nicht von einem Frauen beleidigenden oder witzereißenden Jesus, den niemand kennt. Sorry, die Pointe dieser Perikope ist: Ende gut, alles gut. Weder die Frau noch Jesus sind irgendwie angepisst. Jesus spricht der Frau sogar seine Hochachtung dafür aus, wie sie zwischen den religiösen Unterschiedlichkeiten mit Bravour eine tragfähige Brücke baut. Das ist ein Lob des Markus an "die Heiden" wie bei dem Gerasener auch, weil er diesen unter den Heiden für seinen Gott sogar missionieren lässt, wozu seine eigenen Jünger noch lange nicht fähig sind.

Tree of life
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#156 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Tree of life » Di 15. Okt 2019, 15:15

abc hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 11:53
"Wie es in allen Gemeinden der Heiligen ist, sollen die Frauen in den Gemeinden schweigen, (...) denn es ist schändlich für eine Frau in der Gemeinde zu reden. // Eine Frau lerne in der Stille in aller Unterordnung. 12 Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren ... (1. Kor. 33-35 // Tim.1,11-12)"

Was bedeutet das im Klartext?
Daß ein Forum keine "Gemeinde" ist? :whistle:
Und echt jetzt, wem juckts, was Paulus erlaubt oder will... :popcorn:

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Thaddaeus
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#157 Re: Aus der Werkstatt des Theologen - Fortsetzung der Exegese

Beitrag von Thaddaeus » Di 15. Okt 2019, 16:00

Magdalena61 hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 02:18

Lukas und Markus schreiben: Gadara.
Matthäus spricht von Gergesa.

Zu früh gefreut.

Genau gesagt steht da "Gadarener" und "Gergesener".

Lies mal. Die entsprechenden Verse. Schlachter 2000.
Weißt du warum Theologiestudenten Griechisch, Latein und Hebräisch lernen müssen? (Und fallen sie 3x durch eine der Sprachprüfungen, können sie keine Theologen mehr werden, dann sind sie für immer raus).

Richtig! Sie müssen das lernen, um nicht auf irgendeine Bibelübersetzung dieser Welt angewiesen zu sein, die sämtlich auf je ihre besondere Weise falsch sind. Die eine Übersetzung ist zu frei, die andere harmonisiert den Text, wieder andere sind tendenziös. Die katholische und protestantische Bibel beinhalten nicht einmal diesselben Bücher.

Und weißt du, warum Theologiestudenten die ziemlich komplizierte Textkritik als die Basismethode der historisch-kritischen Methodiken erlernen müssen?
Richtig! Damit sie eigenständig in der Lage sind, die Güte der existierenden Papyri, Handschriften, Kodizes usw. selbst beurteilen zu können, aus denen der hebräische und griechische Ursprungstext in fisseliger Kleinarbeit Wort für Wort mühsam rekonstruiert wird. Dabei werden die Quellen in Qualitätskategorien eingeteilt, die unterschiedliche Kriterien umfassen, von denen das Alter der Quelle nur eines unter vielen ist. Diese Quellen finden sich im so genannten textkritischen Apparat unter dem rekonstruierten Text in NOVUM TESTAMENTUM GRAECE.


Der Text des NTG von Nestle/Aland stellt die mit den besten vorhandenen Quellen rekonstruierte, älteste Textfassung des NT dar. Und in dieser ältesten rekonstruierten Fassung heißt es, wie abc es bereits ausgeführt hat:
abc hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 09:26

Bei Markus und Lukas heißt es ...
(1) "Καὶ ἦλθον εἰς τὸ πέραν τῆς θαλάσσης εἰς τὴν χώραν τῶν Γερασηνῶν." (Markus 5:1)
(2) "Καὶ κατέπλευσαν εἰς τὴν χώραν τῶν Γερασηνῶν, ἥτις ἐστὶν ἀντιπέρα τῆς Γαλιλαίας."(Lukas 8:26)
Man achte auf das Wort "Γερασηνῶν" (Gerasänon) - es verweist jeweilis auf das Land der Gerasener!

Bei Matthäus steht ...
"Καὶ ἐλθόντος αὐτοῦ εἰς τὸ πέραν εἰς τὴν χώραν τῶν Γαδαρηνῶν ὑπήντησαν αὐτῷ δύο δαιμονιζόμενοι ἐκ τῶν μνημείων ἐξερχόμενοι, χαλεποὶ λίαν, ὥστε μὴ ἰσχύειν τινὰ παρελθεῖν διὰ τῆς ὁδοῦ ἐκείνης." (Markus 8:28)
Man achte auf das Wort "Γαδαρηνῶν" (Gadaränon) - es verweist auf das Land der Gadarener!
In späteren und schlechteren Handschriften als denen, aus denen der NTG-Text rekonstruiert wird, finden sich durchaus auch Γεργεσηνῶν (Gergesänon) und auch noch Γαζαρηνῶν (Gazaränon). Aber das sind eben genau spätere Angleichungen in den Texten, um die falsche Ortsnennung bei Mk. zu heilen.

Ich habe die Textkritik nicht in meine Exegese aufgenommen, weil sie kompliziert ist und man zwingend des Griechischen mächtig sein muss sowie sich mit den Handschriften bzw. ihrer Güte und Eigenarten auskennen muss. Und es gibt eine Menge Quellen, die allesamt erfasst und bewertet worden sind. Hier eine Liste nur der wichtigsten Papyri des Nt ...

Der Umstand, dass du dich blind in die nebensächliche Frage verbeißt, ob es nun Gerasa, Gadara oder Gergesa ist, wo das Geschehen vermeintlich stattgefunden hat zeigt auf, dass du das eigentliche Problem noch gar nicht verstanden hast. Bei Mk. steht zweifelsfrei Gerasa. Die Frage ist nun nicht, wie etwa 2000 Schweine 60 km ohne Herzinfarkt zu einer Klippe am See Genezareth laufen können, um sich von der in den See zu stürzen. Das ist ohnehin nicht geschehen, weil die Schweineepisode ursprünglich überhaupt nicht zu der Exorzismusgeschichte gehörte. Die Frage ist vielmehr, woher Mk. die Verortung nach Gerasa hat und was diese Verortung bedeutet?
Sinn ergibt diese Verortung nur, wenn es in Wahrheit eigentlich darum geht, dass Jesus in dieser heidnischen Gegend nicht oder fast nicht gewirkt hat und spätere Christen die Frage stellten, warum Jesus das nicht getan hat. Damit erhält die Verortung nach Gerasa eine aitiologische Bedeutung! Sie begründet das Nichtwirken Jesu in dieser Gegend nachträglich.
Zuletzt geändert von Thaddaeus am Di 15. Okt 2019, 16:14, insgesamt 3-mal geändert.

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#158 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von abc » Di 15. Okt 2019, 16:03

Tree of life hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 15:15
Und echt jetzt, wen juckts, was Paulus erlaubt oder will... :popcorn:
Hi "Tree of life", es wird natürlich nur diejenigen (Christen) jucken, die in der Bibel den "Willen Gottes" sehen und ihr Leben entsprechend auszurichten suchen, gemäß dem biblischen Kanon. Wer sich anders verortet, dem wird es Schnuppe sein - ist doch klar. Es kommt also auf den eigenen Anspruch & Maßstäbe an.

Wer sagt, er sei Gottes Wort gehorsam, gemäß der Bibel und folge der Lehre der Apostel ...
und hält sich (in Wahrheit) nicht daran, der macht sich unglaubwürdig: einerlei ob Mann oder Frau!

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#159 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Tree of life » Di 15. Okt 2019, 16:32

abc hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 16:03

Wer sagt, er sei Gottes Wort gehorsam
Gottes Wort ist laut Bibel aber Jesus Christus.
Paulus sagt aber eindeutig: ICH erlaube aber nicht...
Also...
Ich hab fertig-OT Ende

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#160 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Thaddaeus » Di 15. Okt 2019, 17:50

Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 14:24
Was ich sagen will: Je nachdem mit welcher Methode man an einen Text herangeht, und welche Fragestellungen man an ihn richtet, erhält man unterschiedliche Antworten. Wenn ich von einer Exegese des Textes Mk 5,1-20 spreche, verstehe ich das so, dass es darum geht, diesen Markustext zu verstehen und auszulegen und nicht darum eine Leben-Jesu-Forschung zu veranstalten. Das wäre für mich ein anderes Thema.
Und hast du den Eindruck, in meiner obigen Exegese ginge es nicht darum "diesen Markustext zu verstehen und auszulegen"?
Wenn du jetzt antwortest: "Nein, natürlich geht es auch in deiner Exegese darum, den Markustext zu verstehen und auszulegen", dann weiß ich nicht, worauf du eigentlich hinauswillst, wenn du deinen Ansatz (den wir noch gar nicht kennengelernt haben) von meinem zu unterscheiden versuchst.

Antwortest du aber: "Ja, in deiner Exegese geht es nicht darum, den Markustext zu verstehen und auszulegen", dann frage ich dich, worum es denn deiner Meinung nach in meiner Exegese geht?!

Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 14:24
Du sprichst im weiteren dieses Beitrags ständig von Jesus, wie er in den Synoptikern vermittelt wird und selbst Paulus führst du ins Feld. Mich interessiert hier lediglich, was der markinische Jesus in dieser Perikope macht.
Ja, das ist aber falsch.
Natürlich kannst du dir die Perikope erst einmal ausschließlich im Mk.-Ev. anschauen und dir deine Gedanken machen. Wenn es aber darum geht, bestimmte Fragen zu beantworten, wie die z.B., warum Mk. das Geschehen überhaupt nach Gerasa verortet (woher hat er diesen Ortsnamen, zumal der Ort nicht am See Genezareth liegt?), dann wirst du auf übergeordnete Aspekte verwiesen, die mit Mk. allein nicht beantwortet werden können. Dieser übergeordnete Aspekt ergibt sich aus der Tatsache, dass es sich um heidnisches Gebiet handelt und die Leute Jesus nach Mk. in der Perikope über den besessenen Gerasener dort nicht haben wollen. Worauf - so muss man nun nachfragen - gibt diese markinische Texttatsache eine Antwort? Sie gibt eine Antwort auf die Frage, warum Jesus dort nicht war und wirkte (wer auch immer diese Frage in der späteren Gemeinde gestellt hat!). Und dies verweist wiederum auf die übergeordnete Frage, welche Bedeutung es für die frühe Christenheit gespielt hat, dass Jesus Jude war, Rabbi genannt wurde und sich nach eigener Aussage ausschließlich zu den Schafen Israels gesandt sah?

Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 14:24
Der Jesus des Lk oder Mt oder dem Rest des NT spielt für mich bei Mk 5,1-20 einfach keine Rolle.
So einfach ist das aber nicht. jeder Synoptiker hat sein eigenes Profil und seine eigene Theologie. Dennoch kann man nie einfach so tun, als gäbe es die anderen nicht. Letztlich müssen sie alle im Zusammenhang betrachtet werden, im Besonderen die drei Synoptiker, von denen zwei Mk. redaktionell bearbeiten.

Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 14:24
Ob dann nur deine Auslegung eine Berechtigung hat oder auch meine, überlasse ich jedem selbst zu beurteilen. Deine hat für mich eine Berechtigung, wenn du sie meiner absprichst, ist das halt dann so. Aber schon jetzt kann ich das nicht nachvollziehen.
Nein, ich möchte gar nicht darauf hinaus, dass nur meine Exegese eine Berechtigung hat. Jede Beschäftigung mit dem Text hat zunächst ihre Berechtigung und ihre eigene Bedeutung. Wenn du aus der Mk.-Perikope eine für dich wichtige, existenzielle Bedeutung ziehst auf der Grundlage dessen, was da exakt so steht wie es da steht, dann ist das so. Wenn du aber glaubst, dass tatsächlich 2000 Schweine infolge eines Exorzismus Jesu im Gerasener Gebiet in den 60 km entfernten See Genezareth gesprungen sind, dann irrst du dich. Du musst es hinbekommen die existenzielle Botschaft ernst zu nehmen, ohne dafür den Buchstaben der Geschichte für wahr zu halten.
Das ist eine Aufgabe, die jeder Theologiestudent während seiner Ausbilsung meistern muss. Manche schaffen es, andere belügen sich den Rest ihres Lebens selbst; wieder andere wenden sich ab.

Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 14:24
Ich fragte nach Markus und nicht nach Mt, Lk oder Paulus und da gibt es nicht viel, wie man sieht.
Ja eben. Um die übergeordnete Frage zu beantworten, welche Bedeutung es für die frühe Christenheit hatte, dass Jesus Jude und Rabbi war und sich vermutlich gar nicht zu irgendwelchen Heiden gesandt sah, darf man sich nicht allein auf Mk. fokussieren. Da gilt es das gesamte NT unter die Lupe zu nehmen. Und Paulus spielt da eben auch eine Rolle. Man kann sich sogar auf den Standpunkt stellen, dass Paulus die Lehre Jesu komplett gegen dessen Absicht verändert hat, als er die Heidenmission initiierte.
Es wurde zwischen Paulus und Petrus hart darum gestritten, ob Heiden beschnitten werden müssen, wenn sie ins Himmelreich gelangen wollen!

Andreas hat geschrieben:
Di 15. Okt 2019, 14:24
Ja was jetzt? "Berichterstattung" oder Literatur: [...] Deswegen sprach ich den manchmal schwarzen Humor des Markus an und nicht von einem Frauen beleidigenden oder witzereißenden Jesus, den niemand kennt.
Wie kommst du darauf, dass Mk. schwarzen Humor an den Tag gelegt haben sollte?
Wenn er die Syrophynizierin praktisch als Hund anspricht, dann ist das etwa so, als sagtest du zu mir: "Du Abschaum einer Argentinierin, sprich mich nicht an!"
Eben wegen dieser ungewöhnlichen Schärfe im Ton halten die Exegeten dieses Jesuswort für echt. Der jüdische Glaube ist bis heute extrem exklusiv. Israel ist das von Gott JHWH auserwählte Volk aus allen Völkern. Alle anderen sind NICHT auserwählt.

Folgendes ist grundsätzlich wissenswert, wenn man das Umfeld Jesu verstehen möchte:
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Frauen gelten wegen ihrer Menstruation als unrein. Ein Rabbi sollte zur Zeit Jesu weder mit Frauen sprechen und sich schon gar nicht von ihnen berühren lassen, insbesondere nicht in der Zeit ihrer Blutungen. Beobachtete eine Frau ein Verbrechen, konnte sie trotzdem nicht als Zeugin auftreten. Es war egal, ob sie etwas gesehen hatte oder nicht. Nur Männer konnten bezeugen. Frauen konnten sich nicht von ihren Männern scheiden lassen, aber Männer jederzeit wegen nichtiger Anlässe mit einem Scheidebrief von ihrer Frau, die sie nicht weiter verorgen mussten. Ein Mann konnte sich scheiden lassen, auch, wenn die Frau nur das Essen hatte anbrennen lassen o.ä.

Schweine sind unreine Tiere und sie zu essen ist Juden (wie auch Muslims) bis heute verboten. Hunde sind noch unreiner als Schweine. Kinder sind vom sozialen Status so wertlos wie Frauen. Sie bleiben nach einer Scheidung bei den Müttern, die Mutter darf nicht mehr heiraten. Geschiedenen Frauen blieb praktisch nichts anderes übrig, als sich zu prostituieren, wenn sie (mit ihren Kindern) irgendwie überleben wollten. Damit waren sie gesellschaftlich allerdings nicht nur wertlos, sondern auch noch geächtet.

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