-- "Ein richtiger Christ hat in jedem Fall und jederzeit vergebungsbereit zu sein. Denn wenn er seinen Schuldigern nicht (möglichst sofort und umfassen) vergibt, dann wird Gott ihm zur Strafe seine eigenen Sünden auch nicht vergeben."
-- "Ich vergebe nicht, weil ich muss. Sondern weil ich nicht besser bin als der Lügner, als der Dieb, als der Mörder."--
-- "So lange du dich an die Sünden des Täters noch erinnern kannst, hast du ihm nicht wirklich vergeben."

Mt. 6,12 (Luther 1984): Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern
Puh, das ist ein harter Tobak.Wenn wir das Vaterunser beten, wiederholen wir auch diese Bitte um Vergebung; doch oft sind wir uns der Konsequenzen nicht bewußt.
Kürzlich wurde meine Mutter mitten in der Nacht in ihrem Haus überfallen. Zwar wurde sie nicht schwer verletzt, aber sie wurde doch bedroht und ausgeraubt. Als ich davon hörte und an ihre Angst und Demütigung dachte, reagierte ich mit Wut. Einige Tage später kam mir jedoch der Gedanke, dass wir als Christen verpflichtet sind, denen zu vergeben, die uns etwas antun.
Manchmal ist es schwer, für unsere Feinde zu beten, zuweilen fast unmöglich; doch der Herr tat es und will, dass wir es auch tun. Jeden Tag konzentriere ich mich darauf, diese mir unbekannten Verbrecher vor Gott zu bringen, und ich bete auch darum, dass die Gedanken meines Herzens mit den Worten auf meinen Lippen übereinstimmen.
Tuck Eudy (Georgia)
Quelle Wegweiser, 25. November 1991
Für Menschen, die sich zu meinen Feinden gemacht und mich z.B. angelogen, getäuscht, beschimpft, verleumdet, übervorteilt, enttäuscht und verletzt haben zu beten... ja, da gehe ich noch mit. (Was soll ich eigentlich für sie beten? Wenn ich es nicht weiß, dann segne ich sie und spreche den Namen Jesu über sie aus).
Aber wenn jemand mich überfallen und berauben, oder, wenn jemand meine Kinder übel mißhandeln würde, dann würde ich Anzeige erstatten.
Der Attentäter von Boston hat mir zwar nichts getan, doch ich habe keine guten Gefühle, wenn ich an ihn und an seine Opfer denke. Ebenfalls nicht, was das Massaker auf der Insel Utøya (Norwegen, 2011) betrifft oder den Mord an dem kleinen Jakob von Metzler(2002), Mirco (2010) und vieler anderer Kinder... an der Bankiersfrau Maria Bögerl (2010), den Amoklauf von Winnenden (2009) usw.
Da ist nur eine emotional belastete Betroffenheit. Teilweise empfinde ich auch immer noch Empörung und Zorn.

Vergeben ist eine Sache. Ich verstehe darunter, sich nicht selbst zu rächen und auch nicht, auf Vergeltung zu sinnen, sondern einem reumütigen Menschen die Möglichkeit nicht zu verweigern, das Unrecht, das er getan hat, in Ordnung zu bringen und die Beziehung wieder herzustellen.
Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott von seinen Kindern verlangt, Sünde zu tolerieren, totzuschweigen, zu akzeptieren.
Wenn wir dem Fehlverhalten eines Bruder oder einer Schwester keinen Widerstand entgegensetzen und uns dagegen nicht zur Wehr setzen, dann bestärken wir ihn oder sie doch darin (!) und würden uns schuldig machen vor Gott. Hes. 3, 20
Es fällt mir schwer, für Menschen zu beten, die sich bewußt dafür entschieden haben, das Leben ihrer Mitmenschen ein für alle Male zu zerstören... noch dazu von solchen, die sie gar nicht kennen und die ihnen niemals etwas Böses getan hatten.
(Lieber bete ich für die Opfer.)
Warum sollte man die Täter für ihre Bosheit noch belohnen und ihnen die ewige Seligkeit wünschen?

Bitte... psychische Auffälligkeiten oder Erkrankungen akzeptiere ich nicht als "Entschuldigung". Gott hat auch nicht nach dem Wohlbefinden/ der geistigen Gesundheit eines Kains, einer Isebel oder eines Sauls gefragt und, warum die Genannten denn bedauerlicherweise nicht in der Lage gewesen seien, sich anständig zu benehmen. Gott erwartete ganz einfach Gehorsam gegenüber seinen Weisungen, welche den Tätern nachweislich bekannt waren.
Von mildernden Umständen lese ich nichts.
LG