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#1 Parusieverzögerung II

Verfasst: So 17. Mai 2015, 12:39
von sven23
Thema abgetrennt aus: Parusieverzögerung



closs hat geschrieben:Diesen Nachweis kann NIEMAND führen - es ist eine reine Glaubens-Aussage.
Stimmt nicht, ich werde gleich noch darauf eingehen.

closs hat geschrieben: Aus eben diesem Grund kann Weiss auch nicht seinen Nachweis führen - er könnte ALLENFALLS den Nachweis führen, dass die Quellen es so meinten.
Das ist ja nun wirklich nichts neues. Aufgrund der Quellenlage kann man auch nur diese Quellen untersuchen, die man zur Verfügung hat.

closs hat geschrieben: - Es geht aber nicht bei der Frage, ob Jesus Parusie historisch ("in den nächsten paar Jahren") oder inwendig ("im Menschen selbst") versteht - weil dies ein primär geistiges und nicht historisch-kritisches Thema ist.
Das ist wieder ein grandioses Mißverständnis.
Die Beschreibung eines Phänomens ist doch etwas völlig anderes als dessen Überprüfung auf den Wahrheitsgehalt. Glaubensinhalte auf den Wahrheitsgehalt zu überprüfen ist nicht Aufgabe der historisch kritischen Methode und ist auch nicht möglich.
Sie kann aber sehr wohl z. B. sagen: Ab anno Tobak wurde das päpstliche Dogma der unbefleckten Empfängnis zu einem katholischen Glaubensinhalt.
Nichts anderes hat Weiß getan: er hat das nahe Gottesreich, das liberale Theologen als innerseelische Gottesgegenwart interpretierten, wieder die Bedeutung zukommen lassen, wie es gedacht war: nämlich als zukünftiges, aber nahes Weltenende.
An der Rezeption kann man die Bedeutung ablesen. Ab diesem Zeitpunkt schlossen sich die meisten Vertreter der historisch-kritischen Methode dieser Auslegung an. Laut Kubitza ist das bis heute so.

#2 Re: Parusieverzögerung

Verfasst: So 17. Mai 2015, 12:40
von R.F.
sven23 hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben: Ich schmore nicht im Eigensaft, sondern ich habe aus der näheren deutschen Vergangenheit gelernt. ;) Oder ist Dir nicht bekannt
wohin es geführt hat als man sich in Deutschland von anderen "EXPERTEN" das eigene Gehirn amputieren ließ? :o
Also bei allem Verständnis, aber für den Nationalsozialismus kannst du die historisch-kritische Methode beim besten Willen nicht verantwortlich machen.
Mit dieser "Methode" gelang es diesen Edel-Theologen, die Menschen von der Furcht vor einem strafenden Gott zu "befreien". Das erlaubte es Adolf Hitler und seinen begeisterten Anhängern, furchtlos ein eigenes Evangelium zu schaffen und zu vertreten: Der Glaube an die Macht des Völkischen...

#3 Re: Parusieverzögerung

Verfasst: So 17. Mai 2015, 12:45
von R.F.
sven23 hat geschrieben: - - -
"Schweitzer erkannte nur die Forschung von Johannes Weiß (Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes, 1892) als gültigen Beitrag zur historischen Erklärung der Verkündigung Jesu an. Weiß hatte nachgewiesen, dass Jesus das Reich Gottes als nahes, aber zukünftiges Weltende im Sinne des von Gott herbeigeführten Endgerichts verstand und nicht als innerseelische Gottesgegenwart, wie es die liberalen Theologen sich dachten......
- - -

In diesem Thread ist so oft von einem "Weltende" die Rede. Was genau soll damit gemeint sein?

#4 Re: Parusieverzögerung

Verfasst: So 17. Mai 2015, 12:58
von Pluto
closs hat geschrieben:Man erweckt den Eindruck, die Historisch-Kritischen dampften umfassendes geistiges Bibel-Verständnis mit der Begründung ein, dies sei nicht wissenschaftlich. - Das, was übrig bleibt (so wird der Eindruck erweckt), wird so behandelt, als sei es Geschichts-Schreibung.
Nun... gewisse Teile der Bibel sind als geschichtliche Fakten gedacht. Diese kann man doch historisch-kritisch verifizieren (z. Bsp. wenn Ortsnamen genannt werden.

closs hat geschrieben:man habe ja nichts anderes als die späteren Texte - sonst könne man nichts historisch-kritisch bearbeiten - also sei dies der Maßstab
Würde mich wundern, wenn es anders wäre. Das MUSS er sogar sein, denn es geht ja um die Untersuchung des Texts.

closs hat geschrieben:Unterm Strich wird der Eindruck erweckt, man könne nur dann auf glaubwürdige Weise historisch-kritisch arbeiten, wenn man Atheist ist.
Dieselben Schlüsse ziehen auch gläubige Exegeten.

closs hat geschrieben:Und das Schlimmste: Das, was hier als historisch-kritisch dargestellt wird, ist eine Beleidigung für jeden seriösen historisch-kritischen Wissenschaftler. - Das weiss sogar ich aus der Zeit, in der ich zeitweise historisch-kritisch gearbeitet habe - Leute wie Savolinna, die da noch viel tiefer involviert zu sein scheinen, haben sich dazu bereits mehrfach unmissverständlich geäußert.
Was zeichnet denn einen seriösen h-k Wissenschaftler aus?
Persönliche Meinungen sind jedenfalls kein objektiver Maßstab. Wer Wissenschaftlichkeit beansprucht, hat sich auch an das entsprechende Regelwerk zu halten. Wer das nicht tut, forscht nicht ergebnisoffen.

#5 Re: Parusieverzögerung

Verfasst: So 17. Mai 2015, 12:59
von Halman
Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Allerhöchstens dann erst wärst Du in der Lage, fundierte Kritik in diesen wissenschaftlichen Prozess einzubringen.
Um die Methode selbst ging es nie, sondern um das, was daraus gemacht wird.
Wenn ich das richtig verstehe, ist die historisch kritische Methode voll im Einklang mit der wissenschaftlich anerkannten Methodik, aber dir gefällt aber das Ergebnis nicht.
Die historisch kritische Methode IST die wissenschaftlich anerkannten Methodik, eine die trivialerweise wissenschhaftlich anerkannt ist.

#6 Re: Parusieverzögerung

Verfasst: So 17. Mai 2015, 13:01
von Pluto
Halman hat geschrieben:Die historisch kritische Methode IST die wissenschaftlich anerkannten Methodik, eine die trivialerweise wissenschhaftlich anerkannt ist.
Eben. Und wenn die Ergebnisse nicht gefallen, werden sie halt platt gemacht (sooo war das ja nicht gemeint...).

#7 Re: Parusieverzögerung

Verfasst: So 17. Mai 2015, 13:01
von closs
sven23 hat geschrieben:Aufgrund der Quellenlage kann man auch nur diese Quellen untersuchen
Was lernen wir daraus? - Über den Gegenstand dieser Quellen - hier: Jesus - kann man nur mutmaßen, aber nichts nachweisen.

sven23 hat geschrieben:Die Beschreibung eines Phänomens ist doch etwas völlig anderes als dessen Überprüfung auf den Wahrheitsgehalt.
Dann muss man diesen Unterschied deutlich machen: "Die bestimmte Quelle/das konkrete Zitat ist beschreibbar als .... - Ob der Zitaten-Geber damit recht hat oder nicht, wissen wir nicht".

Dann aber kann man eben NICHT sagen: "Es besteht weitgehende Einigkeit, dass Jesus (also nicht der Zitaten-Geber, sondern Jesus) eine Naherwartung hatte". - Das ist purste Interpretation jenseits der historisch-kritischen Aussage-Kraft.

#8 Re: Parusieverzögerung

Verfasst: So 17. Mai 2015, 13:02
von Hemul
@closs
Wertes clösschen!
Beim durchforsten meiner Unterlagen fiel mir folgende Aussage von Dir ins Auge:
Beitragvon closs » Do 30. Apr 2015, 14:57
Hemul hat geschrieben:weil die Zeit dafür noch nicht reif war.
closs hat geschrieben:Sehe ich genauso - die Jünger waren noch nicht so weit. "Und sie verstanden ihn nicht" ist ein gängiges Motiv in der Bibel.
Mir ist aufgefallen, dass Du meine Steilvorlage fast in jedem Deiner Beiträge anführst. Meinst Du nicht, dass hier ein kleines Dankeschön angebracht wäre? ;)

#9 Re: Parusieverzögerung II

Verfasst: So 17. Mai 2015, 13:04
von closs
Halman hat geschrieben:Die historisch kritische Methode IST die wissenschaftlich anerkannten Methodik, eine die trivialerweise wissenschhaftlich anerkannt ist.
Solange man innerhalb deren Möglichkeiten interpretiert, ist das doch gut. - Die großen Kirchen haben alle eine historisch-kritische Theologie.

Ich glaube, wir sprechen hier nicht über die Berechtigung der historisch-kritischen Methode (sie ist überall anerkannt), sondern über deren Grenzen und Grenzüberschreitungen.

#10 Re: Parusieverzögerung II

Verfasst: So 17. Mai 2015, 13:05
von closs
Hemul hat geschrieben: Meinst Du nicht, dass hier ein kleines Dankeschön angebracht wäre?
Deine Bestätigung in diesem Punkt war mir eine große Hilfe - vielen Dank. :Herz: