closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Ich lehne die Abstraktionen ab, weil sie oft ungedeckte Schecks sind.
Das ist Deine persönliche Empfindung. - Aber ob etwas gedeckt ist oder nicht, wissen wir halt manchmal nicht.
Denk an die Musik. Dass man erkennen kann, ob ein Pianist "authentisch" spielt oder mit gezinkten Karten, das ist anderen Musikern erkennbar.
Das hast Du ja selber auch oft gesagt.
So ist auch mir erkennbar, ob jemand beim Philosophieren - auch beim theologischen Philosophieren - mogelt, oder ob er authentisch philosophiert.
Ob er - anders ausgedrückt - sich mit dem Kopf etwas zurecht denkt, oder ob er authentische Erfahrungen in Sprache bringen will.
Letzteres kann ein Gestottere sein - es ist dennoch erkennbar, oder gerade wegen des Gestotteres erkennbar -, dass es sich um ein Ringen handelt, etwas mitzuteilen, was einem klar geworden ist.
Bei demjenigen, der mir komplette Systeme vorlegt, um zu erklären, was Gott sei oder nicht sei, fehlt mir dieses Gestottere.
Zu sagen, man wisse ja nicht, was Gott sei, denn schließlich könnte ja alles Mögliche stimmen, ist eine verkopfte Aussage.
Ich nehme es dem nicht ab, dass er etwas über "Gott" weiß, der alle Möglichkeiten durchkonstruiert und dann ein paar Begriffe vorlegt wie "Sein".
Das ist eben ganz ähnlich wie beim Musizieren. Entweder es gelingt einem, die anderen durch Authentizität zu überzeugen oder nicht.
closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Aber diese Abstraktion läuft nicht als Gott rum.
Nein - deshalb gibt es ja Offenbarungen.
Es gibt irgend so einen Film, bei dem eine Figur unsichtbar ist und sich mit Creme einschmieren muss, um gesehen zu werden. - Die Creme-Ebene ist die Offenbarungs-Ebene.
Savonlinna hat geschrieben:Wenn, dann kann nur das ganz Konkrete - unsere Art der Wahrnehmung von Existierendem als solchem - in meinen Augen sinnvoll als "Gott" bezeichnet werden.
Wenn man weiss, dass man damit "Gott" nicht in dessen Wesens-Dimension anspricht, sondern in unserer, ist das ok. - So ist ja das gemeint, was man "Offenbarungen" nennt - Jesus gilt als Krönung der Offenbarungen.
Wir haben die ganze Zeit von Deinem "Seins"-Begriff gesprochen.
Ich versuchte aufzuzeigen, dass die Gleichsetzung von Gott und Sein ein gedankliches Konstrukt sei, dem keine Authentizität zugrunde liegen kann, da es nur gedanklich konstruiert sei - möglicherweise durch ein Missverstehen von Heidegger etc.
Wenn nun "Offenbarung" ins Spiel kommt, dann müsste man entweder aufzeigen, dass man selber - also Du in dem Fall - diese Offenbarung hattest oder dass die biblischen Offenbarungen diesen Seins-Begriff meinten.
Ersteres kann ich erst mal so nicht ausschließen, da ich ja nie ausschließe, dass Du wirklich authentische Erkenntnisse hast, die Du nur in ein verkopftes Denkystem kleidest, welchselbiges Dir jeder kritische Philosoph in den Händen zerreißen würde.
closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:dass Du tatsächlich abgelehnt hast, dass Gott selber als die Bewegung aufgefasst werden kann.
Warum nimmst Du überhaupt den Begriff "Gott selber" in den Mund, wenn Du ihn nur als Deine Wahrnehmungs-Größe akzeptierst? - IRgendwas beißt sich da.
Was sich da beißt, sind unserer beider unterschiedliche Verstehensweisen von "Wahrnehmung".
Was ich hier versucht habe, ist: herauszufinden, welche "Gottesvorstellung" ich als authentisch wahrnehme, welche nicht.
Wenn Du "Gott" mit "Sein" gleichsetzt, ist das für mich klar nicht authentisch. Es ist erkennbar als rationales Konstrukt, und für mich ist die ratio nicht die Instanz, die ausdrückt, was tiefgläubige Menschen als göttliche Führung etc. wahrnehmen.
Wenn ich Dich beim Wort nehmen würde, würdest Du die ratio als Gott verstehen.
Da Du aber ein musikalischer Mensch bist, weiß ich, dass Du weißt, dass es nicht die ratio ist, die authentisches Musizieren hervorbringen kann.
Da Deine Konstrukte aber rein mit der ratio geschehen, sind sie nicht authentisch.
Ob dahinter aber mehr als rationales Konstrukt liegt, versuche ich ja herauszufinden.
Solange Du aber nicht bereit bist, auch Deine Konstrukte als Deine persönlichen Denk-Operationen zu erkennen, die gerade das, was tiefgläubige Menschen als "Gott" verstehen, in ein rationales Produkt verwandeln wollen - solange kann ich keine wirkliche Authentizität in Deinen Konstruktionen erkennen. Sie sind zu glatt, zu vollkommen, sprachlich zu sehr durch feste Sprachbausteine gekennzeichnet.
closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Abstraktionen kann mir keiner als Gott verkaufen.
Moment: Gott "IST" keine Abstraktion, sondern aus unserer Wahrnehmungs-Sicht eine Abstraktion, soweit wir keine göttlichen Offenbarungen bekommen, die das Nicht-Wahrnehmbare wahrnehmbar werden lassen.
Solange jemand - in diesem Sinne - keine göttlichen Offenbarungen bekommt, kann er nicht einmal sagen, dass Gott Sein sei, das nur keiner erkenne.
Denn mit dem Begriff "Sein" wird der Offenbarung schon vorgegriffen und bestimmte Dinge per Definition schon ausgeschlossen.
Wahrscheinlich ist es das, was mich am meisten stört: dass mit solchen Formulierungen so viel ausgeschlossen wird.
closs hat geschrieben:closs hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Abstraktionen kann mir keiner als Gott verkaufen.
Nochmals: Zustimmung. - Gott "IST" keine Abstraktion, sondern sehr konkret und lebendig, aber eben nur in unserer Wahrnehmung zugänglicher Form ("Offenbarung") erkennbar.
Das Erkennen wächst mit zunehmender Sensibilisierung der eigenen Wahrnehmungskräfte.
Wenn Du nicht immer mit dem Begriff "Sein" Dir alles selber kaputt hauen würdest, könnte ich sogar verstehen, was nicht erkennbar ist.
Ich kann zum Beispiel schon das geistige Innenleben eines meiner Geschwister nicht erkennen, mein eigenes letztlich auch nicht.
Dennoch sind beider Innenleben konkret wirksam. Sie existieren, weil sie wirksam sind.
Und, was ich an anderer Stelle mal schrieb: Eine Gruppe ist, bezogen auf ihr "Inneres" - im eben genannten Sinn -, nicht nur die Summe der Einzelteile, sondern produziert eine Art "Gruppengeist" - der fast selbständig ist. Massenphänomene sind so zum Beispiel teilweise schon untersucht worden.
Wenn ich alle diese Möglichkeiten dessen, was in dieser Form "geistig" unterwegs ist, mir theoretisch vergegenwärtige, dann ist all das mir nicht zugänglich. Ich weiß nur, dass es existiert, aber ich weiß nicht, in welcher Weise es existiert.
Ich weiß es darum nicht, weil mein individuelles Bewusstsein mir die Schranken setzt. Ich kann ja schon mein eigenes mir unbewusstes Geschehen nicht erkennen, und schon gar nicht das meiner Geschwister und auch nicht, wie diese alle zusammenwirken.
Bei Massenphänomen kann man das ein klein wenig beschreiben, aber das ist nur ein Zipfel des Eisberges.
Was ich hier beschrieben habe, benennen einige auch als "Gott". Und da kann ich es nachvollziehen, weil ich das alles auch sehen kann, ohne den Begriff "Gott" benutzen zu müssen.
- Fortsetzung folgt -