Parusieverzögerung II

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Münek
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#791 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Münek » So 31. Mai 2015, 03:20

closs hat geschrieben:Der "wirkliche" Jesus ist DER Jesus, den wir antreffen würden, wenn wir uns heute 2000 Jahre zurück-beamen lassen würden. Nur dieser Jesus ist der reale Jesus. - Diesen realen Jesus haben wir nicht zur Verfügung - das müsste IMMER dazugesagt werden.

Also versucht man, Jesus unter verschiedenen Perspektiven wissenschaftlich zu ermitteln. - Egal, was man ermittelt: Es ist immer eine Projektion der Forscher-Perspektive, die man als solche verteidigen kann - aber man spricht dann nicht über Jesus, sondern über seine eigene Perspektive.

Viele Christen sehen die leibliche Auferstehung Jesu als Tatsache...

Jetzt funktioniere ich mal Deinen Text um...

"Ob diese "wirklich" stattgefunden hat, lässt sich verlässlich nur ermitteln, "wenn wir uns heute 2000 Jahre zurück-beamen lassen würden". Nur die Beobachtung des Auferstehungs-Ereignisses selbst wäre real. Dieses reale Ereignis steht uns heute nicht zur Verfügung - das müsste von Christen IMMER dazugesagt werden.

Also versucht man, Jesu Auferstehung unter verschiedenen Perspektiven glaubhaft zu machen. - Egal, was man glaubt: Es ist immer eine Projektion der Glaubens-Perspektive, die man als solche verteidigen kann - aber man spricht dann nicht über die Auferstehung Jesu, sondern über seinen eigenen Glauben.

Undsoweiter und sofort. Merkste was?! :) :lol:

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Münek
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#792 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Münek » So 31. Mai 2015, 04:22

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wie ich Kurt verstehe, können die Exegeten nur dann zu einem in seinem Sinne "richtigen" Resultat gelangen, wenn sie die auszulegenden Bibeltexte "mit geistigem Auge" betrachten.
Ersetzt "geistiges Auge" durch "Gesamt-Kontext von AT und NT", dann stimme ich Dir unter historisch-kritischen Gesichtspunkten zu.

Auch hier muss ich Dir leider widersprechen.

Der "historische Jesus" hat mit dem "Alten Testament" nichts zu tun. Die "Hebräische Bibel"
enthält - natürlich - keine Aussagen zu der Person des "Jesus von Nazareth".

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sven23
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#793 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von sven23 » So 31. Mai 2015, 07:55

closs hat geschrieben:Nicht schon wieder - Du weißt ganz genau, dass woanders steht, wieviel Königreiche und Anti-Christüsser und sonstwas passieren müssen, bis es erste richtig losgeht - und DANN kommt Jesus im Sinne der Offenbarung.
Wenn Du Deinen Satz isoliert siehst, hast Du recht.
Nein, nur im Kontext macht er Sinn.
1: Am Anfang steht die Aussage Jesu zur Naherwartung
2: Wegen nicht Eintretens erfolgt die Verzögerung der Naherwartung durch Einbau neuer Hürden
Somit ergibt sich ein chronologischer Zusammenhang.
Du bist dagegen gezwungen, die ursprüngliche Naherwartung als Fehlleistung der Schreiber oder der Jünger hinzustellen, obwohl dieser an keiner Stelle des NT widersprochen wird.

closs hat geschrieben: Das wurde zwar von einem Foristen in Frage gestellt - diese Stimmung sei erst durch Jesus aufgekommen. - Aber ich folge Deiner Aussage gern.
Das ist gut, dann folgst du hierin den Historikern.
"Die römischen Historiker hatten entweder keinerlei Notiz über Jesus, oder sie hielten die Ereignisse für zu unbedeutend, um sie zu berichten. Jesus war für sie besten falls ein weiterer „Heilsbringer“ aus dem Osten, über deren Vielzahl die gebildeten Römer genervt den Kopf schüttelten. Tacitus
kommt erst um das Jahr 117 in seinen Annalen auf die Christen zu sprechen. Er bezeichnet sie als Anhänger eines verderblichen Aberglaubens, der auch nach Rom gekommen sei..."

Kubitza (Der Jesuswahn)

closs hat geschrieben: Punktuell gut belegbar - im AT-NT-Kontext widerlegbar.
Du willst das NT mit dem AT widerlegen? Wie soll das gehen?

closs hat geschrieben: Die Authentizität der Naherwartung (in Bezug auf Jesus) kann problemlos mit den obigen Argumenten verworfen werden - dazu braucht man keine Umwege zu machen.
Da ist wohl der Wunsch Vater des Gedankens. siehe oben.

closs hat geschrieben: "Glaubens-Sachen" der damals Betroffenen (also des Untersuchungs-Zeitraums) gehören sehr wohl in eine historisch-kritischen Ansatz hinein.
Selbstverständlich sind sie formal Inhalt der Untersuchung. Deshalb ergibt sich ja in der neutestamentlichen Forschung das Bild, daß Jesus eine Naherwartung verkündetete und seine Anhänger im glaubten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#794 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von sven23 » So 31. Mai 2015, 08:00

closs hat geschrieben: * "Und sie verstanden ihn nicht" (NT)
* "Sie fragten, aber er schwieg" (NT)
* "Sie fragten, aber Jesus drehte sich um und ging" (NT)

Mal ehrlich: ist es verwunderlich, wenn sie ihn nicht verstanden, wenn sich Jesus als maulfaul erweist und wortlos weggeht?
Im Zusammenhang mit der Naherwartung wird aber nirgends gesagt, daß sie ihn nicht verstanden.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Martinus
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#795 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Martinus » So 31. Mai 2015, 08:34

..
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closs
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#796 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » So 31. Mai 2015, 08:41

Münek hat geschrieben:Die Begriffsstutzigkeit, die Du den Jüngern fälschlicherweise in Bezug auf das Verstehen des Gottesreiches entgegen Jesu Aussage unterstellst, kann mitnichten ein Beweggrund sein.
Was hat das mit Begriffs-Stutzigkeit zu tun? Es geht hier um Denkweisen der Zeit, die nicht auf einmal durchbrochen werden können. - Schau doch nur mal hier ins Forum, wenn Christen und Atheisten über dasselbe sprechen und vollständig Unterschiedliches darunter verstehen. Da ist keiner begriffs-stutzig - der Grund liegt darin, dass Agnostiker/Atheisten ganz anders geistig formatiert sind als Christen. - Und so ist es zu allen Zeiten - hier ein Mainstream, da etwas Neues, das irgendwann später als Durchbruck gefeiert wird, aber in seiner Zeit auf Granit beißt.

Münek hat geschrieben:Ungehorsam: ja; Nichtverständnis: nein; roter Faden: nicht erkennbar!
Das wäre ein eigener Thread. - Aber Du überrascht mich jetzt schon. - Wenn die historisch-kritischen Forscher dies genauso sehen, brauchen wir nicht weiter zu reden - dann ist alles klar.

Münek hat geschrieben:1. Kannst Du deine fünf Beispiele mit Bibeltexten belegen und deren Kontext aufzeigen? Oder bleibt es nur bei Behauptungen?
Ich habe die Stellen nicht auswendig im Kopf, aber mehrfach gelesen (aber DU sagst doch immer, Du känntest die Bibel recht gut - ist Dir das noch nie aufgefallen?). - Übrigens noch eine Stelle: "Eure Gedanken sind nicht meine Gedanken" - ist, meine ich, Jeremia, und wird, meine ich, im NT auch irgendwo gesagt. - Also geh mal davon aus, dass diese Stellen nicht erfunden sind - mit einiger Arbeit kann man sie auch herausfinden.

Münek hat geschrieben: Wie verträgt sich das (von Dir unterstellte) notorische "Nicht-Verstehen-Können" mit dem ausdrücklichen Wunsch Gottes, seinen Willen seinem Volk zu offenbaren?
Dafür ist die Heilsgeschichte da - mit anderen Worten: Es braucht Zeit.

Natürlich will sich Gott offenbaren (und tut es ja besonders in Jesus) - aber Offenbarungen treffen meistens erst mal auf Granit, bis dann das "JETZT verstehn wir Dich" kommt. - Passt voll ins Thema.

Münek hat geschrieben:Die zehn Gebote zumindest sind doch für jedermann leicht zu verstehen.
So ziemlich alles, was von Gott kommt, ist relativ leicht zu verstehen - wenn man selber dementsprechend formatiert ist. - Die Israeliten haben die 10 Gebote selbstverständlich "verstanden" - und fast gleichzeitig das Goldene Kalb angebetet. - Das ist normal beim Menschen.

Münek hat geschrieben:Jetzt funktioniere ich mal Deinen Text um...
Du hast absolut recht - genau so ist es. - Der Mensch kann nicht absolut wissen - deshalb spricht man ja von "glauben". - Ein Christ wird "glauben", dass Jesus auferstanden ist - so wie ein Historisch-Kritischer "glaubt", dass Jesus selber eine Naherwartung hatte. - Wenn man sich des Unterschieds zwischen glauben und wissen immer bewusst ist, ist das ok.

Münek hat geschrieben:Der "historische Jesus" hat mit dem "Alten Testament" nichts zu tun.
Wenn der biblische Jesus im Großen und Ganzen der historische Jesus ist, dann natürlich schon. - Wenn man biblischen und historischen Jesus als zwei völlig unterschiedliche Personen versteht, dann wohl nicht.

Aber was soll das? - Der schriftliche Karl der Große war Kaiser, der "wirkliche" war es nicht? - Jetzt wirst Du antworten, dass der "wirkliche" Karl der Große historisch mehrfach belegt ist - stimmt. - Aber meinst Du ernsthaft, man könne Schizo-Spielchen treiben, weil man den (zufälligen eigenen) historischen Kenntnis-Stand zum Maßstab dafür macht, ob es jemanden einmal oder zweimal gab?

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#797 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » So 31. Mai 2015, 08:54

sven23 hat geschrieben:Im Zusammenhang mit der Naherwartung wird aber nirgends gesagt, daß sie ihn nicht verstanden.
Das wäre jetzt ein schönes Dissertations-Thema - die Bibel gezielt nach diesem Motiv durchgucken.

Möglicherweise gibt es keine Stelle, bei der steht "Ey - in Bezug auf Naherwartung versteht Ihr mich aber jetzt falsch - gell?". - Aber es steht drin (das wäre das 7. spontane Beispiel) "Mein Reich ist nicht von dieser Welt".

Sven, wie oft haben wir hier schon diskutiert über Fragen wie "Überzeitlichkeit" und "Nicht-Interferenz von Naturalistischem und Geistigem" - auch das wird aus unserer Zeit heraus NICHT verstanden. - Der (naturwissenschaftlich denkend geprägte) Mensch des 21. Jh. kann damit nichts anfangen - mit bestem Wissen und Gewissen und nicht etwa, weil er doof ist. - Es gibt so etwas wie echte geistige Paradigmen-Wechsel im Denken, die ihre Zeit brauchen (auch darüber gibt es sicherlich Forschungs-Arbeiten - Kultur-Psychologie oder Soziologie oder sonstwas).

sven23 hat geschrieben:nur im Kontext macht er Sinn.
Dieser Kontext ist im Nachhinein konstruiert - denn:

Du unterstellst mit "Am Anfang steht die Aussage Jesu zur Naherwartung", es sei eine äußere Naherwartung gewesen - was ja genau der Streitpunkt ist. - Und mit dieser fragwürdigen Voraussetzung begründest Du eine Parusie-Verzögerung, die es nicht gäbe, wenn man sich nicht auf diese Setzung stützen würde.

In anderen Worten: Aus anderer Sicht gibt es keine äußere Naherwartung Jesu, weshalb es auch keine Parusie-Verzögerung geben kann. - Die Verzögerung ist dann ein Kapier-Verzögerung der Rezipienten.

Deinen Denkfehler (unhinterfragte Setzung) unterstellst Du ja auch Weiß - und dann stimmt's tatsächlich, aber es ist eben ein Produkt der Forschungs-Perspektive und nicht Produkt historisch-kritischer Notwendigkeit. - Da wird eine Wissenschaft für eigene Setzungen vorgeschoben.

sven23 hat geschrieben:Das ist gut, dann folgst du hierin den Historikern.
Ja - natürlich. - Aber was bedeutet das?

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#798 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Münek » So 31. Mai 2015, 08:56

doppelt gemoppelt.

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sven23
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#799 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von sven23 » So 31. Mai 2015, 09:05

closs hat geschrieben: Dafür ist die Heilsgeschichte da - mit anderen Worten: Es braucht Zeit.
Sind 2000 Jahre noch nicht genug? Und vor allem: ist heute ein Fortschritt gegenüber vor 2000 Jahren erkennbar? Wenn ich mich recht erinnere, beklagst du doch immer, daß es immer schlechter geworden ist.

closs hat geschrieben: Wenn der biblische Jesus im Großen und Ganzen der historische Jesus ist, dann natürlich schon. - Wenn man biblischen und historischen Jesus als zwei völlig unterschiedliche Personen versteht, dann wohl nicht.
Während du ja dem biblischen Jesus eine Naherwartung zugestehst, mußt du sie für den "echten, historischen" Jesus leugnen.
Die historisch kritische Forschung sieht aber gerade in diesem Punkt die Übereinstimmung.
"Für die Historizität dieser Worte spricht, dass sie sich schon bei Abfassung des ältesten Evangeliums quasi als falsch herausgestellt hatten und überholt waren. Sie hätten schwerlich später erfunden werden können, ihr Niederschlag in den Evangelien ist überhaupt nur zu verstehen, wenn sie die Autorität Jesu haben beanspruchen können."
Dr. Kubitza (Der Jesuswahn)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#800 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » So 31. Mai 2015, 09:24

sven23 hat geschrieben:Sind 2000 Jahre noch nicht genug?
Ob 2000 oder 200 oder 20.000 ist eigentlich wurscht.

sven23 hat geschrieben:Und vor allem: ist heute ein Fortschritt gegenüber vor 2000 Jahren erkennbar?
Man könnte manchmal meinen, nein. - Andererseits wächst irgendwie auch die Erkenntnis - und wenn es nur in der Kumulation dessen ist, was passiert. - WANN die richtige Zeit ist, weiss keiner.

sven23 hat geschrieben:Während du ja dem biblischen Jesus eine Naherwartung zugestehst
Unter einer ganz bestimmten Perspektive INNERHALB des historisch-kritischen Spektrums ist es möglich - ja. - Aber persönlich lese ich NICHT aus der Bibel heraus, dass Jesus eine äußere Naherwartung hatte.

sven23 hat geschrieben: "Sie hätten schwerlich später erfunden werden können" (Kubitza)
Und zum dritten Mal derselbe Denkfehler: NATÜRLICH war die Aussage Jesu bezüglich des baldigen Kommens des Gottesreichs (mit allergrößter Wahrscheinlichkeit) authentisch. Insofern hatten die Nachkommenden Grund, sich darauf zu beziehen. - Das bestreitet doch keiner.

Aber den WIRKLICHEN Knackpunkt lässt Du (auch Kubitza?) weg: Dass Jesus dies inwendig gemeint hat, er aber "äußerlich" verstanden wurde, dementsprenchend rezipiert wurde und deshalb auch denetsprechend zitiert wurde ("Stille Post"). - Du fängst immer erst mit der Argumentation an, wenn der Käse schon gegessen ist. - Kubitza auch?

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