Parusieverzögerung II

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Savonlinna
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#781 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Savonlinna » Sa 30. Mai 2015, 19:44

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Du willst "Gott" gerecht werden
Ersetze in meinem vorhergehenden Satz "Gott" mit "Sein" - es ist dasselbe.
Das ist Deine Konstruktion, das weiß ich. Nur hilft mir das nichts. Das sind für mich einfach nur zwei Begriffe mit unbekanntem Inhalt.

Wenn Du aber sagen würdest, alles "Seiende" - also alles, was wahrnehmbar ist - sei für Dich das, was Du als "Gott" bezeichnest, wäre die Sache für mich sofort klar. Da würden sogar alle Phantasmagorien, alle Phantastereien, alle Träume (Tagträume und die beim Schlafen), alles Gedichtete, alles Ersehnte, alles Gedachte, alles Geschriebene, alles real Geschehene mitsamt seinen vielen Perspektiven und noch viel mehr darunter fallen.

All dies hat jeweils eigene Realität und hängt miteinander zusammen, produziert sich gegenseitig. Das könnte ich nachvollziehen, wenn jemand das als "schöpferischen Gott" bezeichnet.
Aber das Sein? Außer dem, was ich schon mal versucht habe, dahinter zu vermuten - das ging aber irgendwie fehl. Wurde nicht verstanden oder so. "Sein" also als Abstraktion dessen, dass man Seiendes überhaupt identifizieren kann: das könnte mir noch einleuchten.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ich sprach nicht von "Jede gott-"gefällige" Handlung des Menschen", sondern von "Nichts war umsonst, alles ist - und bleibt - Teil der Erkenntnis."
Deinem Satz widerspreche ich nicht - mein Zusatz hatte sehr wohl einen Sinn - aber dann fusselt's hier noch mehr aus, wenn wir es diskutieren.
Okay.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Denn was Hegel ausmacht - das Werden, die Entwicklung -, das hast Du verbal immer strikt abgelehnt.
Eigentlich nicht - jede Synthese mehr ist ein Schritt mehr Entwicklung. Da fühle ich mich jetzt nicht angesprochen.

"Entwicklung" ist doch ohnehin DAS Thema des Menschen - sonst hätte es keinen Baum der Erkenntnis gebraucht. - Du rennst bei mir offene Türen ein.

Aber umgekehrt: Wie kommst Du darauf, dass ich das Werden/die Entwicklung ablehnen würde? - Wodurch?
Gott als die Bewegung, als die Veränderung und Verwandlung - das hast Du abgelehnt, aber ich hab keine Chance, das per Suchfunktion zu finden. Was soll ich eingeben?
Bei "Dasein" hast Du es immer zugegeben, bei "Sein" aber abgelehnt.
Gott ist für Dich statisch - das habe ich immer aus Deinen Worten herausgehört. Dazu benutzt Du ja auch gerade Substantive.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Bisher dachte ich, Du meinst: das Ich muss sich als Irrtum erkennen, sonst könne man nicht Gott erkennen
Das Ich muss das Ego als Irrtum erkennen, weil man ohne Selbst nicht werden/sich entwickeln kann. - Das wäre vermutlich eine geeignete Formulierung im Kontext.
Das Ego ist aber auch kein Irrtum. Es ist da, vorhanden, und notwendig vorhanden. Es ist Teil der Entwicklung, und aus einem Menschen kann man nicht einen Teil herausbrechen und sagen: das gehört nicht in Deine Entwicklung. Denn dann brechen alle anderen Teile auch zusammen.
Der Mensch ist keine Maschine, wo man einen Teil rausnehmen kann, sondern er ist ein Organismus. Schneide ein Organ raus, und die anderen Organe müssen das Herausgeschnittene ersetzen, irgendwie.

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#782 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Sa 30. Mai 2015, 20:44

Savonlinna hat geschrieben:"Sein" also als Abstraktion dessen, dass man Seiendes überhaupt identifizieren kann: das könnte mir noch einleuchten.
Das ist gut definiert. - Passt.

Savonlinna hat geschrieben:Gott als die Bewegung, als die Veränderung und Verwandlung
Moment. - Da sollte man meines Erachtens zwischen "Gott" und "Selbst-Offenbarungen Gottes" unterscheiden.

"Gott" wäre das, was Du gerade eben als "Abstraktion" bezeichnet hast - "Selbst-Offenbarungen Gottes" das, was uns als die Bewegung, als die Veränderung und Verwandlung erscheint.

Savonlinna hat geschrieben:Bei "Dasein" hast Du es immer zugegeben, bei "Sein" aber abgelehnt.
Genau. - Das, was wir vereinbarungsmäßig "Abstraktion" nennen können, ist statisch - das aus dieser "Abstraktion" Wirkende ist beweglich, veränderlich, verwandlungs-fähig.

Jetzt wird Dich möglicherweise diees Trennung stören. - Deshalb eine praktische Feststellung: Alles, was wir wahrnehmen, ist in Bewegung, in Veränderung und Verwandlung. Auf unsere Wahrnehmungsebene sehe ich ganz sicher KEIN Unveränderliches, also auch nicht das, was man als "Gott" bezeichnen sollte (es sei denn, er wird so anarchisch definiert, dass man auch "Knäckebrot ist Gott" sagen könnte).

Savonlinna hat geschrieben:Das Ego ist aber auch kein Irrtum.
Das habe ich (hoffentlich so) nicht gesagt. - Das Ego ist kein Irrtum, sondern die Chiffre für Irrtum - das wäre meine Aussage.

Das "Ego" (im hier vereinbarten negativen Sinn im Gegensatz zum positiven "Selbst") ist deshalb kein Irrtum, weil es eine Notwendigkeit der Eigen-Entwicklung ist. - Denn keine Entwicklung ohne Anti-These.

Das ist doch die Kernaussage des sogenannten "Sündenfalls": "Ihr Menschen, die ihr den Holon, also das Embryonale der Ganzheit, verlasst, seid ab sofort dem Plus und Minus ausgesetzt ("Erkenntnis(potential) von gut und böse")". - Erst mit diesem Widerstreit "klären sich Augen" des Menschen. - Keine Erkenntnis ohne "Sündenfall".

"Erlösung" ist die "Aufhebung" von "gut und böse" in die "Synthese Gott" - allerdings auf höherem Niveau, da der Mensch jetzt durch das Dasein den Weg der Selbst-Erkenntnis gehen konnte/musste.

Hegel schreibt analog: „Das Wahre ist das Ganze. Das Ganze aber ist nur das durch seine Entwicklung sich vollendende Wesen.“ (PG 24). - Interpretiert: Durch die Entwicklung zum Eigen-Bewusstsein wird das Wahre vollendet. - Oder flapsig gesagt: Was nützt Wahrheit, wenn sie keiner erkennt.

Nimm folgenden Heidegger-Satz dazu:
„Solange das Dasein als Seiendes ‚ist‘, hat es seine ‚Gänze‘ nie erreicht. Gewinnt es sie aber, dann wird der Gewinn zum Verlust des In-der-Welt-Seins schlechthin. Als Seiendes wird es dann nie mehr erfahrbar.“ (Stelle müsste ich suchen)
Interpretiert: Im Dasein gibt es keine "Gänze". Die "Gänze" ist nur um den Preis des Daseins-Tods möglich.

Um etwaigen Vorhaltungen vorzubeugen: Ob das Hegel und Heidegger im christlichen Kontext gesagt haben, weiss ich nicht (mit großer Wahrscheinlichkeit NICHT). - Aber beide "sehen" dasselbe, was der Genesis, der Heilsgeschichte und der Erlösung zugrundeliegt. - Beide Sätze sind mystisch komplett christlich, auch wenn sie auf andere Weise "gesehen" haben.
Zuletzt geändert von closs am Sa 30. Mai 2015, 20:45, insgesamt 2-mal geändert.

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Münek
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#783 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Münek » Sa 30. Mai 2015, 20:44

closs hat geschrieben: Beide Szenarien sind historisch-kritisch möglich - im biblischen Kontext ("Kontext" hat übrigens etwas mit "Text" zu tun, ist also sehr wohl historisch-kritisch unverdächtig) ist das zweite Szenario näherliegend. - Das erste Szenario scheint zur Zeit konsens-fähig zu sein. - Das kann man nüchtern zur Kenntnis nehmen.

Konsens-fähig ist natürlich das falsche Wort, genauso wie das Wort "scheint".

Da besteht kein "fähig", da besteht kein "scheint". Da existiert der Konsens unter den Theologen als solcher. Das ist
eine nicht wegzuinterpretierende Tatsache. Deine Wortwahl ist verräterisch und leicht durchschaubar.

Dein favorisiertes "Szenario" existiert offensichtlich überhaupt nicht - außer in Deinem Wunschdenken. Als ernsthaft
zu diskutierende Alternative scheidet es erkennbar auch. Es wird handfeste, überzeugende Gründe dafür geben, dass
Deine bisher vorgetragenen "Argumente" in der Urteilsfindung der Wissenschaftler keine Rolle spielen.

Selbst für mich als bibelkundigen Laien wirken Dein "Begründungen" wie an den Haaren herbeigezogen - ohne Anhalt im
Kontext ALLER
in Frage kommenden Bibelstellen.

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#784 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Sa 30. Mai 2015, 21:15

sven23 hat geschrieben:"Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen" läßt gar keine andere sinnvolle Interpretation zu.
Nicht schon wieder - Du weißt ganz genau, dass woanders steht, wieviel Königreiche und Anti-Christüsser und sonstwas passieren müssen, bis es erste richtig losgeht - und DANN kommt Jesus im Sinne der Offenbarung.

Wenn Du Deinen Satz isoliert siehst, hast Du recht.

sven23 hat geschrieben:Darauf gibt die historisch kritische Forschung Antwort.
Nein - sie zieht eine Methode mit Interpretation durch und kommt zu Ergebnissen. - Das ist an sich ok. - Aber "Antwort" ist etwas anderes. - Antwort worauf?

sven23 hat geschrieben:Erst Johannes Weiß hat die Ergebnisse der "Leben-Jesu-Forschung" als Projektionen ihrer Verfasser entlarvt.
Kann ich nicht beurteilen - klingt aber sehr überzeugend. - Natürlich gab es eine Pro-Domo-Theologie, der zurecht eine historisch-kritische Methode gegenübergestellt wurde. - Aber das ist doch kein Freibrief für leicht (historisch-kritisch!) angreifbare Interpretationen.

sven23 hat geschrieben:Die Stimmung war auf Endzeit/Veränderung gepolt
Das wurde zwar von einem Foristen in Frage gestellt - diese Stimmung sei erst durch Jesus aufgekommen. - Aber ich folge Deiner Aussage gern.

Ja und? - Das ist doch ein gewichtiger Hinweis, dass die Jünger Jesu inwendige Aussage äußerlich gedeutet und so notiert haben. - Das ist doch gerade das, was ich mit dem Begriff "Paradigmen-Wechsel" vermitteln wollte. - Aus meiner Sicht sind solche Argumente ("Paradigmen-Wechsel im AT-NT-Kontext") historisch-kritisch berücksichtigbar - muss man nicht, kann man. - Tut man es, kommt ein anderes Ergebnis raus, als wenn man es NICHT tut - INNERHALB des historisch-kritischen Ansatzes. - Es ist eine Entscheidung/Bewertungs-Sache der Forscher, da es nicht direkt im Text steht, sondern nur aus dem gesamten Kontext (= Texte!!) erschließbar ist.

sven23 hat geschrieben:der biblische Jesus hatte nach den zur Verfügung stehenden Quellen eine Naherwartung.
Punktuell gut belegbar - im AT-NT-Kontext widerlegbar.

sven23 hat geschrieben:Allerdings birgt das auch die Möglichkeit, daß Jesus nur ein x-beliebiger Wanderprediger war, den man Jahrzehnte später als Folie benutzt hat, um Mythen in Umlauf zu bringen.
Richtig - auch das würde ich nicht ausschließen. - Historisch-kritisch korrekt.

sven23 hat geschrieben:Das wäre die Konsequenz des Bestreitens der Authentizität der Naherwartung.
Trick 17. :lol: - NEIN.

Die Authentizität der Naherwartung (in Bezug auf Jesus) kann problemlos mit den obigen Argumenten verworfen werden - dazu braucht man keine Umwege zu machen.

sven23 hat geschrieben: Spielt sie deshalb keine Rolle, weil man davon ausgeht, daß der "echte" Jesus ganz anders war als der biblische?
Nein - weil man die biblisch überlieferten Sätze ganz anders interpretiert. - Wie gesagt: Ich habe diese Stellen mehrmals gelesen, bevor ich überhaupt wusste, dass es einen Parusie-Streit gibt, und bin nie auf die Idee einer äußeren Naherwartung gekommen, weil ich die Bibel als geistiges Buch lese und deshalb geistige Parameter anlege.

Im übrigen: Die Theologen an den Universitäten sind doch nicht doof. - Natürlich weiß man, dass die Schriften in einer Zeit geschrieben wurden, die vor "Naherwartung" nur so gestrotzt hat (das kann man auch nüchtern mit der römischen Herrschaft begründen). - Natürlich kennt man das biblische Motiv, dass der Mensch Gottes Worte anders versteht, als sie gemeint sind - und dass die Menschen den Erkenntnisweg durch ihre Irrtümer durchgehen müssen. - Natürlich weiss man, dass es sich die Leute damals ihn eine Hoffnung hinein interpretiert haben (so wie im Islam Jungfrauen versprochen werden, hat man die Dollar-Zeichen der Naherwartung gesehen). - Und natürlich weiss man an die Universitäten eben AUCH, dass das das übliche Spiel ist - Gott sagt was, der Mensch macht sein Goldenes Kalb daraus.

Wenn dieses durchziehende große Motiv von AT und NT als Einflussgröße auf die untersuchten Texte berücksichtigt wird, sieht das Ergebnis anders aus. - Und nochwas zum Thema "Glaube": Es geht NICHT darum, was WIR heute glauben, sondern was die Leute damals geglaubt haben. - "Glaubens-Sachen" der damals Betroffenen (also des Untersuchungs-Zeitraums) gehören sehr wohl in eine historisch-kritischen Ansatz hinein.

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#785 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Sa 30. Mai 2015, 21:34

Anton B. hat geschrieben:Also der Konsens ist Dir nu garnicht geheuer.
Ja - denn das Thema ist so komplex, dass es verdächtig ist. - Wenn man sagen würde, bei Höherbewertung folgender ... Kriterien würde etwas ganz anders ausgehen, aber man habe sich so entschlossen, wäre es glaubwürdiger.

Anton B. hat geschrieben:äre denn bezüglich des christlichen Glaubens so viel Anstößiges an einer Naherwartungshaltung durch Jesus?
Da hat Sven recht: Es würde in der Tat den Status Jesu vollkommen unterminieren - dann würden halt die Juden recht behalten, die meinen, dass die Offenbarungs-Erscheinung die erste und nicht die zweite ist.

Aber genau diese Brisanz gibt der Sache zwischen der theologischen Wissenschaftsgeschichte eine politische Note. - Die eine Seite erweckt den Eindruck, das eine anzustreben, die andere Seite das andere.

Anton B. hat geschrieben:Die ganze Forengemeinde dürfte gespannt sein, wie lange Du das durchhältst.
Das ist nicht das Problem. - Ich bin in wenigen Tagen für den ganzen Monat weg in der Provence - ohne Laptop. - Die Meta-Ebene des Intellektuellen ist etwas ganz anderes als die Ebene dessen, von dem die Meta-Ebene spricht. - Der Wechsel ist spätestens nach Übertreten der französischen Grenze spurlos vollzogen.

Im übrigen: Die authentischen Christen, die in meinem Umfeld sind (es sind naturgemäß wenige), interessieren sich für solche intellektuellen Wahrnehmungs-Schlachten nicht, weil sie in einer Erlebens-Welt leben und nicht in einer methodischen Konstruktion.

Anton B. hat geschrieben:Die Selbstverwirklichung überlassen wir doch besser jenen, die überzeugt sind, dass "etwas der Fall ist".
Ein Naturwissenschaftler, der es für möglich hielte, dass ein Basalt-Felsen nicht der Fall ist? :?:

Anton B. hat geschrieben:Sie haben die Techniken dafür. Sagen sie jedenfalls und legen sie auch dar. Was sagst Du dazu?
Dass man Techniken nicht mit Inhalten verwechseln darf. - Es ist immer noch eine menschliche Entscheidung des Forschers, wie er verschiedene Argumente gewichtet, die im bei Verwendung seiner Techniken begegnen. - Man darf aus meiner Sicht als Wissenschaftler EIGENEN Bewertungs-Schwerpunkte nicht die Weihen der Objektivität zukommenlassen, nur weil man sie technisch sauber abarbeitet.

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#786 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Sa 30. Mai 2015, 21:39

Münek hat geschrieben:Selbst für mich als bibelkundigen Laien wirken Dein "Begründungen" wie an den Haaren herbeigezogen - ohne Anhalt im Kontext ALLER in Frage kommenden Bibelstellen.
* Inwendiger Tempel (Königsbücher) - der aber anders verstanden wird.
* Sie haben Ohren und hören nicht (Deuteronomium)
* "Und sie verstanden ihn nicht" (NT)
* "Sie fragten, aber er schwieg" (NT)
* "Sie fragten, aber Jesus drehte sich um und ging" (NT)

Das sind allein spontan aus dem Gedächtnis 5 Stellen - und es gibt mehr davon. - Und dieses Motiv wäre Dir nicht bekannt?

Verständnisfrage: Angenommen, dieses Motiv wäre so wichtig, wie von mir dargestellt. - Würde es aus Deiner Sicht in einer historisch-kritischen Text-Interpretation berücksichtigt werden müssen?

Samantha

#787 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Samantha » Sa 30. Mai 2015, 21:40

Die Menschen denken zu materiell und begrenzt - nicht ganzheitlich. Solange die Menschheit eine Chance sieht oder hat, wird es auch keine Parusie geben. Erst wenn die Menschheit ohne Gott versagt, erfüllt sich die Offenbarung.

Wahrscheinlich werden dann erst mal die Religionen verboten werden, und die Wissenschaft hat die Oberhand. Solche Foren wie diese sind dann entweder verboten oder peinlich. Regierungen behaupten dann im Sinn der Wissenschaft zu agieren - und es wird heißen, dass der Mensch befreit sei von einer Geißel.

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Savonlinna
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#788 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Savonlinna » Sa 30. Mai 2015, 21:53

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:"Sein" also als Abstraktion dessen, dass man Seiendes überhaupt identifizieren kann: das könnte mir noch einleuchten.
Das ist gut definiert. - Passt.
Ich bin nicht sicher, ob wir dasselbe meinen. Siehe weiter unten.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Gott als die Bewegung, als die Veränderung und Verwandlung
Moment. - Da sollte man meines Erachtens zwischen "Gott" und "Selbst-Offenbarungen Gottes" unterscheiden.
Ich habe beschrieben, was ich unter "Gott" verstehen würde, wofür es auch andere Bezeichnungen gibt.
Wenn ich irgendwas nicht bin, dann ein Christ. Und da gibt es keine "Selbst-Offenbarungen Gottes".
Das sind alles gedankliche Konstrukte, mit denen ich nichts anfangen kann.

closs hat geschrieben:"Gott" wäre das, was Du gerade eben als "Abstraktion" bezeichnet hast -
Siehst Du? Ich habe genau das Gegenteil gesagt. Ich lehne die Abstraktionen ab, weil sie oft ungedeckte Schecks sind.
Ich sagte nur, dass "Sein" eine Abstraktion zu allem Seienden ist.
Aber diese Abstraktion läuft nicht als Gott rum. Wenn, dann kann nur das ganz Konkrete - unsere Art der Wahrnehmung von Existierendem als solchem - in meinen Augen sinnvoll als "Gott" bezeichnet werden.

closs hat geschrieben:"Selbst-Offenbarungen Gottes" das, was uns als die Bewegung, als die Veränderung und Verwandlung erscheint.
'Damit ist der Nachweis erbracht, dass wir ganz Verschiedenes meinen und dass Du tatsächlich abgelehnt hast, dass Gott selber als die Bewegung aufgefasst werden kann.
Diese Möglichkeit lässt Du nicht zu, definierst sie weg.
Und darum ist das kein absoluter Gott, sondern einer von Deinen Gnaden quasi. Er darf nur das sein, was Du zulässt.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Bei "Dasein" hast Du es immer zugegeben, bei "Sein" aber abgelehnt.
Genau. - Das, was wir vereinbarungsmäßig "Abstraktion" nennen können, ist statisch - das aus dieser "Abstraktion" Wirkende ist beweglich, veränderlich, verwandlungs-fähig.
Siehst Du? Genau das sagte ich. Abstraktionen sind reine Verstandesoperationen, sie sind statisch und tot.
So lange wir uns kennen, versuche ich zu erklären, dass das ein typisch rationales Gedankengebäude ist, das kein Leben in sich hat und in anderen Kulturen anders aufgefasst wird.

closs hat geschrieben:Jetzt wird Dich möglicherweise diees Trennung stören. - Deshalb eine praktische Feststellung: Alles, was wir wahrnehmen, ist in Bewegung, in Veränderung und Verwandlung. Auf unsere Wahrnehmungsebene sehe ich ganz sicher KEIN Unveränderliches, also auch nicht das, was man als "Gott" bezeichnen sollte
Ja, so siehst Du das. Das weiß ich ja, weil Du das immer schreibst.
Ich aber sehe es nicht so. Abstraktionen kann mir keiner als Gott verkaufen. Es sei denn, der rationale Verstand sei plötzlich für irgendwen identisch mit Gott.

closs hat geschrieben:(es sei denn, er wird so anarchisch definiert, dass man auch "Knäckebrot ist Gott" sagen könnte).
Das war ein Genieblitz, denn jetzt hast Du es erfasst. Oder hattest es kurz erfasst.
Das ist der eigentliche Kern der "Mystik".
Und irgendwie glaube ich noch immer, dass Du das im Innersten auch weißt.
Es widerspricht nicht einmal den Naturwissenschaften, sofern sie das Leben als solches thematisieren.
Da kann ebenfalls nichts herausgenommen werden aus dem Leben, alles hängt mit allem zusammen.
Es ist dieser Prozess selber, der alles am Leben erhält und alles Leben schafft.
Das war wohl auch Goethes Grundverstehen.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Das Ego ist aber auch kein Irrtum.
Das habe ich (hoffentlich so) nicht gesagt.
Je, nu. ->
closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Bisher dachte ich, Du meinst: das Ich muss sich als Irrtum erkennen, sonst könne man nicht Gott erkennen
Das Ich muss das Ego als Irrtum erkennen, weil man ohne Selbst nicht werden/sich entwickeln kann. - Das wäre vermutlich eine geeignete Formulierung im Kontext.
closs hat geschrieben:- Das Ego ist kein Irrtum, sondern die Chiffre für Irrtum - das wäre meine Aussage.
Das Christentum ist wirklich - wie soll ich sagen - naturfeindlich, menscheinfeindlich. Gottfeindlich.
Wie kann es ein "Irrtum" sein, das Ego herauszubilden. Genauso kannst Du auch die Zähne als einen Irrtum bezeichnen.
Und wie soll ein Teil der menschlichen Psyche eine Chiffre für den Irrtum sein?
Wer ist denn der, der etwas als "Irrtum" innerhalb der Natur bezeichnet. Wo hat man das her?

closs hat geschrieben:Das "Ego" (im hier vereinbarten negativen Sinn im Gegensatz zum positiven "Selbst") ist deshalb kein Irrtum, weil es eine Notwendigkeit der Eigen-Entwicklung ist. - Denn keine Entwicklung ohne Anti-These.
Und jetzt sagst Du plötzlich das Gegenteil?

closs hat geschrieben:Das ist doch die Kernaussage des sogenannten "Sündenfalls": "Ihr Menschen, die ihr den Holon, also das Embryonale der Ganzheit, verlasst, seid ab sofort dem Plus und Minus ausgesetzt ("Erkenntnis(potential) von gut und böse")". - Erst mit diesem Widerstreit "klären sich Augen" des Menschen. - Keine Erkenntnis ohne "Sündenfall".
Wo liegt hier denn Sünde vor? Und dann noch ein Fall?
Ich brauch diese ganzen entsetzlichen Termini nicht, um zu verstehen, dass der Mensch sich entwickelt und mit der Zeit etwas begreift.

closs
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#789 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Sa 30. Mai 2015, 23:00

Savonlinna hat geschrieben:Ich lehne die Abstraktionen ab, weil sie oft ungedeckte Schecks sind.
Das ist Deine persönliche Empfindung. - Aber ob etwas gedeckt ist oder nicht, wissen wir halt manchmal nicht.

Savonlinna hat geschrieben:Aber diese Abstraktion läuft nicht als Gott rum.
Nein - deshalb gibt es ja Offenbarungen.

Es gibt irgend so einen Film, bei dem eine Figur unsichtbar ist und sich mit Creme einschmieren muss, um gesehen zu werden. - Die Creme-Ebene ist die Offenbarungs-Ebene.

Savonlinna hat geschrieben:Wenn, dann kann nur das ganz Konkrete - unsere Art der Wahrnehmung von Existierendem als solchem - in meinen Augen sinnvoll als "Gott" bezeichnet werden.
Wenn man weiss, dass man damit "Gott" nicht in dessen Wesens-Dimension anspricht, sondern in unserer, ist das ok. - So ist ja das gemeint, was man "Offenbarungen" nennt - Jesus gilt als Krönung der Offenbarungen.

Savonlinna hat geschrieben:dass Du tatsächlich abgelehnt hast, dass Gott selber als die Bewegung aufgefasst werden kann.
Warum nimmst Du überhaupt den Begriff "Gott selber" in den Mund, wenn Du ihn nur als Deine Wahrnehmungs-Größe akzeptierst? - IRgendwas beißt sich da.

Savonlinna hat geschrieben:Abstraktionen kann mir keiner als Gott verkaufen.
Moment: Gott "IST" keine Abstraktion, sondern aus unserer Wahrnehmungs-Sicht eine Abstraktion, soweit wir keine göttlichen Offenbarungen bekommen, die das Nicht-Wahrnehmbare wahrnehmbar werden lassen.

Savonlinna hat geschrieben:Abstraktionen kann mir keiner als Gott verkaufen.
Nochmals: Zustimmung. - Gott "IST" keine Abstraktion, sondern sehr konkret und lebendig, aber eben nur in unserer Wahrnehmung zugänglicher Form ("Offenbarung") erkennbar.

Savonlinna hat geschrieben:Es ist dieser Prozess selber, der alles am Leben erhält und alles Leben schafft. Das war wohl auch Goethes Grundverstehen.
Da hat er sich aber wahrscheinlich auf die naturalistische Welt bezogen - wenn Du es so meinst, stimme ich Dir ausdrücklich zu.

Savonlinna hat geschrieben:Das Christentum ist wirklich - wie soll ich sagen - naturfeindlich, menscheinfeindlich. Gottfeindlich.
Normativ ist das falsch - deskriptiv ist was dran. - Du verstehst das Christentum wahrscheinlich ziemlich versaut.

Lies 1.Kor. 13 und Du weisst, was Christentum ist. - Und wenn Dir jemand was anderes sagt, lies nochmal 1.Kor. 13. - Und das jedesmal.

Savonlinna hat geschrieben:Genauso kannst Du auch die Zähne als einen Irrtum bezeichnen.
Einer ist es nicht mehr - der ist mir nämlich letzte Woche rausgefallen. :lol:

Savonlinna hat geschrieben:Und wie soll ein Teil der menschlichen Psyche eine Chiffre für den Irrtum sein?
Das ist jetzt Sprache. - Der Satan steht ebenfalls für den Irrtum und ist trotzdem nötig. - Cannabis steht für Rausch, Gift für Tod, etc. - Vom "Sein" her (jetzt kommt das schon wieder - aber wie soll ich es Dir sonst sagen?) ist NICHTS Irrtum, jedoch für die Funktion in unserer Wahrnehmung. - Verstehst Du, was ich meine?

Savonlinna hat geschrieben:Und jetzt sagst Du plötzlich das Gegenteil?
Weil es sprachlich schwierig ist. - Der Irrtum/das Böse ist und bleibt Irrtum/Böses, selbst wenn es in seiner Funktion zur Erkenntnis-Förderung "gut" ist. - Wenn ein 3Jähriger auf die heiße Herdplatte tappt, ist es "gut" für seine Entwicklung, weil er es dann nie mehr tun wird. Trotzdem sind heiße Herdplatten "böse" für die kindliche Hand.

Das ist doch genau das Motiv des sogenannten "Sündenfalls" - auch der Teufel ist Werkzeug Gottes UND trotzdem "böse". - Und so ist das Ego Werkzeug, um zum wahren Ich zu kommen - das ist Dialektik. - Oder verstehen wir Dialektik schon wieder unterschiedlich?

Savonlinna hat geschrieben:Wo liegt hier denn Sünde vor? Und dann noch ein Fall?
Da müsste man erstmal definieren, was Sünde "ist" (wie üblich etwas anderes, als die "normale" Konnotation vormacht).

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Münek
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#790 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Münek » So 31. Mai 2015, 02:36

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Selbst für mich als bibelkundigen Laien wirken Dein "Begründungen" wie an den Haaren herbeigezogen - ohne Anhalt im Kontext ALLER in Frage kommenden Bibelstellen.
* Inwendiger Tempel (Königsbücher) - der aber anders verstanden wird.
* Sie haben Ohren und hören nicht (Deuteronomium)
* "Und sie verstanden ihn nicht" (NT)
* "Sie fragten, aber er schwieg" (NT)
* "Sie fragten, aber Jesus drehte sich um und ging" (NT)

Das sind allein spontan aus dem Gedächtnis 5 Stellen - und es gibt mehr davon. - Und dieses Motiv wäre Dir nicht bekannt?[/b]

Deine spontanen Gedanken hängen leider mal wieder völlig in der Luft. Und was soll die Frage nach einem "Motiv"?

Ein Motiv, mein lieber Kurt, ist bekanntlich ein Beweggrund für ein bestimmtes Handeln. Die Begriffsstut-
zigkeit, die Du den Jüngern fälschlicherweise in Bezug auf das Verstehen des Gottesreiches entgegen Je-
su Aussage
unterstellst, kann mitnichten ein Beweggrund sein. "Motiv" und "Nicht-Verstehen-Können" ha-
ben nichts miteinander zu tun. Also das war mal wieder nix...


Ein entsprechender "roter Faden" sowohl im "Alten Testament" als auch im "Neuen Testament" im Sinne von Grundmotiv = Leitgedanke (= permanentes Nichtverständnis des auserwählten Volkes) existiert ebenfalls nicht - allenfalls in Deinem Wunschdenken. Ungehorsam: ja; Nichtverständnis: nein; roter Faden: nicht erkennbar! Alles nur Behauptungen ohne Fundament aus rein persönlichen Glaubensgründen.


Davon unabhängig zwei Fragen:

1. Kannst Du deine fünf Beispiele mit Bibeltexten belegen und deren Kontext aufzeigen? Oder bleibt es
nur bei Behauptungen?

2. Wie verträgt sich das (von Dir unterstellte) notorische "Nicht-Verstehen-Können" mit dem ausdrück-
lichen Wunsch Gottes, seinen Willen seinem Volk zu offenbaren? Die zehn Gebote zumindest sind doch
für jedermann leicht zu verstehen.

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