Warum aber "passiert" es Dir dann immer wieder bei Deiner Systemkonstruktion?closs hat geschrieben:Das kann auch passieren - deshalb ist "Demut" so wichtig - will heißen: Ich GLAUBE, das x wahr ist. - Deshalb ist auch die "Pastorale" so wichtig: "Egal, was ich für wahr halten und andere für falsch halten - das Gebot darüber ist die Caritas".Savonlinna hat geschrieben:die Verwechslung von selbstaufgestellten Dogmen mit absolut geltenden Dogmen dient de facto dazu, das eigene Ego als Maßstab zu nehmen.
Schau hier, darauf hatte ich mich bezogen ->
Savonlinna hat geschrieben:Das ist eine leere Behauptung, closs, und Gott sei Dank ist sie leer. Denn aus solchen Behauptungen ist ein groß Teil menschlichen Elends entstanden, und das ist auch der Grund, warum ich immer wieder auf diese Deine Behauptung eingehe.closs hat geschrieben:"Eigentlich" gerade nicht - aber seine Wahrnehmung lässt ihn dies wähnen.Queequeg hat geschrieben:Eigentlich erschafft sich jeder Mensch seine Welt, seinen Kosmos selbst
Denn hier passiert genau das, was Queequeg angedeutet hat:
die Verwechslung von selbstaufgestellten Dogmen mit absolut geltenden Dogmen dient de facto dazu, das eigene Ego als Maßstab zu nehmen.
So oft Du auch versuchst, rein mathematisch das Ego in solchen Aussagen wie Deiner obigen zu leugnen - de facto steckt das Ego dahinter.
Das Ego bläht sich auf zum Definierenkönnen der EINEN großen Wahrheit und bildet sich ein, damit der EINEN großen Wahrheit eine Stimme gegeben zu haben.
Angenommen nur mal, "Gott" offenbare sich in der Art jeglicher Wahrnehmung.
Dann wärest Du ein permanenter Gottesleugner, weil Du die Wahrnehmung kategorial von Gott unterscheidest.
Das Ego holt einen dann gerade da ein, wo man es per Kategorialbildung ausschließen will.
Ich bin da sehr viel mehr auf der Seite von Hegel, wo die These in der Synthese "bewahrt" und gewürdigt wird: als notwendige Stufe, deren Extrakt wertvoll und aufbewahrenswert ist, auch wenn die Stufe überwunden ist. Nichts war umsonst, alles ist - und bleibt - Teil der Erkenntnis.
Ich wollte nur aufzeigen, dass auch Deine Begrifflichkeiten, die Du Dir ausdenkst, dadurch nicht automatisch Realität haben.closs hat geschrieben:Überhaupt nicht - ich bin immer wieder überrascht, wenn dieses Argument kommt.savonlinna hat geschrieben: Jeder kann sich jeden beliebigen Begriff ausdenken - zum Beispiel die Hölle -, und schon soll das ein Nachweis sein, dass sie existiert?
Okay. Das wäre eine gute Basis.closs hat geschrieben:Also: Begriffe für Inhalte sagen erst mal nur aus, dass man etwas thematisiert - dadurch wird es selbstverständlich NICHT "Realität". - Die Frage ist vielmehr, was dafür spricht, dass etwas Begriffs-Thematisiertes "Realität" sein könnte.
Du hast aber, wenn ich das richtig verstanden habe, allein aus der Tatsache, dass es für "Ego" und "Selbst" zwei verschiedene Begriffe gibt, geschlussfolgert, dass "unsere Zeit" damit angemessen beschrieben wird.
"Ego" hast Du als "Narzismus" umschrieben.
Das sind bereits inhaltliche Aussagen, die Du als Realität dargestellt hast, und zwar mit diesem negativem Unterton. So habe ich es zumindest verstanden, weil Du ja öfter schreibst, dass "unsere Zeit" moralisch gesunken sei.
Damit wird aber ausgeschlossen, dass die Herausbildung des "Ich" ein wichtiger Punkt in der Entwicklung ist.
Angenommen, es sei "Gottes Plan", dass der Mensch über die Ego-Bildung - also dem Enstehen des individuellen Bewusstseins - "Gott" finde, dann wird durch die Verteufelung des Egos die Gottes-Erkenntnis verhindert.
Meine Aussage war, dass ich solche fertigen Gedankenbausteine als unreflektiert empfinde. Diese vorgefertigten "Mustersätze" machen mich immer stutzig.closs hat geschrieben:Was will man dagegen tun? Nichts. - Deshalb sollte man sich der Aussage selber widmen - egal, ob viele nicken oder nicht.savonlinna hat geschrieben: Was meinst Du, wie oft ich diesen unseligen Satz fast wörtlich von einer bestimmten ideologischen "Gemeinschaft" gehört habe
Die gibt es auf allen ideologischen Seiten, wie es aussieht, nur mit unterschiedlichen Inhalten. An solchen Fertigbauteilen meine ich immer erkennen zu können, ob jemand einfach nur eine Weltsicht hat oder eine festgefügte Ideologie, deren Richtigkeit man behaupten will.
Ich bezog mich konkret auf diesen Deinen Satz:
So ein Satz kann nur ideologisch sein, weil da lauter Setzungen sind, die praktisch unbegründbar sind. Und sie werden als Wahrheit dargestellt.closs hat geschrieben:Unsere "aufgeklärte" Zeit fährt voll auf der Schiene des Ego, weil sie das Ich zum Maßstab macht - also das Gegenteil von "con-scientia".
Wenn so ein Satz - vom Gehalt her - bei bestimmten Menschen immer wieder ganz ähnlich formuliert wird, dann ist das eine Art "Erkennungsmarke", mit der man sich in eine bestimmte Ideologie einordnet.
Dieser Satz wird nicht mehr hinterfragt, sondern er gehört zur "Basisausrüstung" einer bestimmten Welterklärung.
Das ist das, was ich dabei wahrnehme, und ich formuliere es immer in der Hoffnung, dass ich das falsch verstanden habe.
Mein Punkt war, dass Du gegen die Freiheit des Individuums anzudiskutieren scheinst, indem Du "Ego" und "Selbst" in der Weise unterscheidest, dass heute das Ego herrsche.closs hat geschrieben:Das stimmt auch. - Wer aber kann das "Frei-Sein" für sich beanspruchen? - Wenn Du Christen fragst, wirst Du oft hören, dass sie endlich "frei" sind. - Wenn Du Agnostiker fragst, wirst Du oft hören, dass sie "frei" seien, weil sie keine Christen sind.savonlinna hat geschrieben:Ein freies Ich ist nicht so leicht instrumentalisierbar.- Die Sprache ist aus dem Lot.
Es ging mir ja um DEINE Begrifflichkeit.Das Christentum versteht sich selber als extrrem aufgeklärt ("Lux") - der Begriff "Aufklärung" ist sehr heterogen besetzt. - Allein zwischen der Früh-Aufklärung vor 300 Jahren und der heutigen Meinungs-Gesellschafts-Aufklärung liegen Welten.savonlinna hat geschrieben:Wenn jemand die Aufklärung rund-um ablehnt - also nicht dialektisch denkt, sondern in Schwarz-Weiß-Kategorien denkt -, dann verteidigt er die Macht gegen das Recht des Individuums auf freie Entscheidung gegen Manipuliertwerden.
Aber Du hast oben "aufgeklärt" in Anführungszeichen gesetzt, das hatte ich als Rundumablehnung verstanden. Kann natürlich auch so von Dir gemeint sein, dass Du zwei Auffassungen von "Aufklärung" unterscheidest.
Insofern meine Frage neu:
Welche Art von Aufklärung akzeptierst Du, welche nicht?