Parusieverzögerung II

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Savonlinna
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#731 Parusieverzögerung II

Beitrag von Savonlinna » Fr 29. Mai 2015, 20:24

sven23 hat geschrieben:
dagegen hat geschrieben: Er (und nicht nur er) sagen, dass das Reich Gottes bereits angebrochen ist, und zwar durch die performative Kraft des Wort Gottes, welches die Kirche verkündet:
Das ist ja letzlich auch nur eine Umdeutung der Naherwartung.
Du hast kein Wort von dem, was "dagegen" geschrieben hat, verstanden - richtig?

Pluto
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#732 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Pluto » Fr 29. Mai 2015, 22:54

Thema abgetrennt: Sind Gottesbeweise Unsinn?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#733 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Sa 30. Mai 2015, 00:12

Savonlinna hat geschrieben:die Verwechslung von selbstaufgestellten Dogmen mit absolut geltenden Dogmen dient de facto dazu, das eigene Ego als Maßstab zu nehmen.
Das kann auch passieren - deshalb ist "Demut" so wichtig - will heißen: Ich GLAUBE, das x wahr ist. - Deshalb ist auch die "Pastorale" so wichtig: "Egal, was ich für wahr halten und andere für falsch halten - das Gebot darüber ist die Caritas".


savonlinna hat geschrieben: Du benutzt Begriffe von C.G.Jung, die er anders gemeint hat als Du.
Wusste nicht, dass Jung damit hantiert hat. - Diese Ich-/Selbst-Gegenüberstellung scheint heute ein von Jung unabhängiges Eigenleben zu haben - deshalb habe ich ja versucht, es halbwegs zu definieren.

savonlinna hat geschrieben: Jeder kann sich jeden beliebigen Begriff ausdenken - zum Beispiel die Hölle -, und schon soll das ein Nachweis sein, dass sie existiert?
Überhaupt nicht - ich bin immer wieder überrascht, wenn dieses Argument kommt.

Also: Begriffe für Inhalte sagen erst mal nur aus, dass man etwas thematisiert - dadurch wird es selbstverständlich NICHT "Realität". - Die Frage ist vielmehr, was dafür spricht, dass etwas Begriffs-Thematisiertes "Realität" sein könnte.

savonlinna hat geschrieben: Was meinst Du, wie oft ich diesen unseligen Satz fast wörtlich von einer bestimmten ideologischen "Gemeinschaft" gehört habe
Was will man dagegen tun? Nichts. - Deshalb sollte man sich der Aussage selber widmen - egal, ob viele nicken oder nicht.

savonlinna hat geschrieben:Ein freies Ich ist nicht so leicht instrumentalisierbar.
Das stimmt auch. - Wer aber kann das "Frei-Sein" für sich beanspruchen? - Wenn Du Christen fragst, wirst Du oft hören, dass sie endlich "frei" sind. - Wenn Du Agnostiker fragst, wirst Du oft hören, dass sie "frei" seien, weil sie keine Christen sind. ;) - Die Sprache ist aus dem Lot.

savonlinna hat geschrieben:Wenn jemand die Aufklärung rund-um ablehnt - also nicht dialektisch denkt, sondern in Schwarz-Weiß-Kategorien denkt -, dann verteidigt er die Macht gegen das Recht des Individuums auf freie Entscheidung gegen Manipuliertwerden.
Das Christentum versteht sich selber als extrrem aufgeklärt ("Lux") - der Begriff "Aufklärung" ist sehr heterogen besetzt. - Allein zwischen der Früh-Aufklärung vor 300 Jahren und der heutigen Meinungs-Gesellschafts-Aufklärung liegen Welten.

Ich lehne Aufklärung überhaupt nicht ab - ganz im Gegenteil. - Aber ich meide diesen Begriff, weil er vulgär benutzt wird.

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Scrypt.on
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#734 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Scrypt.on » Sa 30. Mai 2015, 00:18

closs hat geschrieben:Die Frage ist vielmehr, was dafür spricht, dass etwas Begriffs-Thematisiertes "Realität" sein könnte.
Im Falle von Gott:
Nichts, außer die Wunschvorstellung daran. :)

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Das ist das, was "Wissen" von "Glaube" unterscheidet.
"Wissen" wäre hier, sich auf das zu beschränken, was den Text und den Textverfasser angeht. - "Glaube" ist, wenn man daraus spekulative Schlussfolgerungen in Bezug auf das Objekt des Textes (hier: Jesus) zieht.
Die Aussagen über Jesus, welche von den Schreiberlingen vorliegen, widersprechen jedoch deinen Aussagen über Jesus.
Es ist vernünftig anzunehmen, dass sie Jesus besser kannten und ihn besser beschreiben konnten, als du es tust.

Daher ist es unerheblich, ob DU nun behauptest, Jesus wäre von keiner Naherwartung ausgegangen - denn das ist lediglich eine Behauptung deinerseits die nötig ist, um dein eigenes Glaubensgebilde aufrecht zu erhalten.
Darum: Nicht relevant.

closs
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#735 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Sa 30. Mai 2015, 00:24

Savonlinna hat geschrieben:Die vier Punkte sollten durchreflektiert werden - von wem diese "ontologische Differenz" begrifflich stammt.
Diesen Begriff gibt es wahrscheinlich tatsächlich erst seit Heidegger - UND (Du hast recht): Er verwendet ihn ursprünglich in der "Horizontalen" - also in einem Kontext, in dem "Sein" und "Seiendes" auf EINER Ebene sind - nämlich im Dasein. - Später glaube ich erlesen zu haben, dass er sein Modell auch "vertikal" zwischen Hier-Sein und Dort-Sein (Diesseits/Jenseits) ansetzt.

Trotzdem - Du hast recht: Ich zitiere ich NICHT Heidegger, sondern verwende seinen Ausdruck in einem anderen Kontext, weil dieser Ausdruck einfah so genial ist. - Mit meiner Aussage "Man könnte es so nennen" ist eigentlich nur gemeint: "Wer diesen Gedanken versteht, erspart viele weitere Erklärungen, weil damit alles gesagt ist". - Also der Versuch einer Abkürzung.

Unabhängig davon: Selbstverständlich ist das Motiv dieser Differenz hoch-biblisch und hoch-theologisch - allein dadurch, dass man Gott als grundsätzlich NICHT mit eigenem Maßstab verstehbar definiert. - Das Buch "Hiob" hat diesen Gedanken geradezu als Leitmotiv - "Eure Gedanken sind nicht meine Gedanken" is zwar (aus dem Gedächtnis) Jesaja, kommt aber auch im NT vor. - Thomas von Aquin sagt, dass man Gott nicht erkennen könne, allenfalls erkennen könne, was Gott NICHT ist.

All das kann man mit dem Begriff "ontologische Differenz" universal zum Ausdruck bringen - allerdings außerhalb der engen Rezeptions-Geschichte dieses Wortes. - Verstehe es als kreativen Akt, einen Begriff in andere Bereiche hinein zu transponieren.

closs
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#736 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Sa 30. Mai 2015, 00:43

Anton B. hat geschrieben:In dem Fall aber halt "Du, wie closs" und nicht "ihr, wie mit der historisch-kritischen Methode" arbeitende Theologen/Historiker.
Moment - die Aussage, dass Jesus KEINE Naherwartung hat, ist historisch-kritisch genauso gut begründbar wie das Gegenteil.

Anton B. hat geschrieben:Bevor ich mich dazu äußere, müsste ich wissen, was die "text-kritische Arbeit" denn als Konsens darüber vertritt.
Du willst VORHER wissen, worüber es Konsens gibt? - Kann man die Sache nicht undemokratisch inhaltlich angehen?

Anton B. hat geschrieben:Was meinst Du?
Ich kenne den wissenschaftlichen Stand nicht. - Ich kann nur wiedergeben, was x-beliebige Theologen vom Pfarrer bis zum promovierten Froscher recht homogen sagen, die mir vor die Flinte kommen: "Insgesamt in der Theologie überhaupt keine Thema - das inwendige Gottesreich ist eine Standard-Feststellung, um die man biblisch nicht rum kommt - die Historisch-Kritischen simulieren den Fall, zu welchen Ergebnissen man unter historisch-kritischen Bedingungen kommen kann". - In anderen Worten: Kalter Kaffee.

Anton B. hat geschrieben:Ich habe mir auch noch mal von 2 guten Bekannten (Diakone, rk, Bistum Köln, Theologiestudium Bonn) bestätigen lassen, dass in der Tat die Naherwartung des historischen Jesus als Wissensstand im Studium vermittelt wird.
Das ist exakt das Gegenteil dessen, was ich höre. - Sehr merkwürdig.

Vielleicht müsste man mal klären, unter welchem Aspekt der Begriff "historisch-kritisch" vermittelt wird - als Methode, als deren Ergebnis eine historische Tatsache steht - oder als Methode, die ohne jeglichen geistigen Kontext versucht zu simulieren, was dabei herauskommt.

Denn eines ist klar: Die Inwendigkeit des Reiches Gottes durch Jesus selbst ist theologische Standard-Erkenntnis - einfach weil's textlich oft genug in der Bibel steht. - Das sehr viel passieren muss, bis mit dem "äußeren" Wiederkommen Jesu zu rechnen sei, auch. - Dass Jesus vom "nahen Gottesreich" spricht, das man im Sinne einer Naherwartung interpretiert, ist ebenfalls belegt.

Da es aber nur EINEN Jesus gibt (ich meine nicht methodisch, sondern wirklich) ist auch klar - alles gleichzeitig kann er nicht gemeint haben.

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Münek
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#737 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Münek » Sa 30. Mai 2015, 01:00

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:In dem Fall aber halt "Du, wie closs" und nicht "ihr, wie mit der historisch-kritischen Methode" arbeitende Theologen/Historiker.
Moment - die Aussage, dass Jesus KEINE Naherwartung hat, ist historisch-kritisch genauso gut begründbar wie das Gegenteil.

Das war der Witz des Monats. :lol: :lol: :lol: Kurt, Du besitzt Humor. :thumbup:

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Savonlinna
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#738 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Savonlinna » Sa 30. Mai 2015, 01:23

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:die Verwechslung von selbstaufgestellten Dogmen mit absolut geltenden Dogmen dient de facto dazu, das eigene Ego als Maßstab zu nehmen.
Das kann auch passieren
Ja, und es ist Dir passiert, und es "passiert" Dir am laufenden Band.
Warum lenkst Du davon ab?
Interessiert es Dich überhaupt nicht, was andere an Deinen apodiktischen Behauptungen für sinnleer halten?
Du willst Dich nur wieder reinwaschen, verteidigen, statt dass Du einfach mal eine andere Schiene fährst und davon ablässt

savonlinna hat geschrieben: Jeder kann sich jeden beliebigen Begriff ausdenken - zum Beispiel die Hölle -, und schon soll das ein Nachweis sein, dass sie existiert?
Überhaupt nicht - ich bin immer wieder überrascht, wenn dieses Argument kommt.
Mir ging es darum, dass Du Dir einen beliebigen Begriff ausdenkst und deren Wahrheit behauptest.
Möglicherweise ist Dir nicht klar, dass das unseriös ist. Und gefährlich.

closs hat geschrieben:
savonlinna hat geschrieben: Was meinst Du, wie oft ich diesen unseligen Satz fast wörtlich von einer bestimmten ideologischen "Gemeinschaft" gehört habe
Was will man dagegen tun? Nichts. - Deshalb sollte man sich der Aussage selber widmen - egal, ob viele nicken oder nicht.
Du hast meine Aussage nicht verstanden:
Ich sagte, dass Du auf mich den Eindruck machst, dass Du nur unreflektiert das nachplapperst, was andere vorgeplappert haben.
Du hast diese festgerasteten Text-Bausteine - die andere hier im Forum in anderer Form auch haben - und die aus Dir rausblubbern, unreflektiert, wie es scheint, um den anderen mundtot zu kriegen.
Du reflektierst nicht, was ich schreibe.

closs hat geschrieben:
savonlinna hat geschrieben:Ein freies Ich ist nicht so leicht instrumentalisierbar.
Das stimmt auch. - Wer aber kann das "Frei-Sein" für sich beanspruchen? - Wenn Du Christen fragst, wirst Du oft hören, dass sie endlich "frei" sind. - Wenn Du Agnostiker fragst, wirst Du oft hören, dass sie "frei" seien, weil sie keine Christen sind. ;) - Die Sprache ist aus dem Lot.
Und wer zwingt Dich, eine Sprache, die aus dem Lot ist, zu benutzen? Nicht jeder schreibt gedankenlos Text-Bausteine hin.
Es geht auch anders, aber Du entscheidest Dich dafür, die Sprache, die Du benutzt, nicht sorgfältig zu reflektieren.
Was soll ich damit anfangen?

closs hat geschrieben:Ich lehne Aufklärung überhaupt nicht ab - ganz im Gegenteil. - Aber ich meide diesen Begriff, weil er vulgär benutzt wird.
Du hast ihn ja nun gerade nicht gemieden, sondern extra benutzt, um die Aufklärung zu diffamieren.

closs
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#739 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Sa 30. Mai 2015, 01:50

Savonlinna hat geschrieben:Mir ging es darum, dass Du Dir einen beliebigen Begriff ausdenkst und deren Wahrheit behauptest.
Bei Dir klingt es für mich immer so, als könne man nichts "finden", sondern nur "erfinden". - Als sei jegliches Denken ein "Aus-Denken".

Savonlinna hat geschrieben:Interessiert es Dich überhaupt nicht, was andere an Deinen apodiktischen Behauptungen für sinnleer halten?
Andere verstehen es - es hat etwas mit dem zugrundeliegenden Weltbild zu tun. - Welches Weltbild, das einer hat, wird denn NICHT behauptet?

Savonlinna hat geschrieben: statt dass Du einfach mal eine andere Schiene fährst und davon ablässt
Woher kommt mein Gefühl, dass ein Ablassen in den schieren Solipsismus führen würde? - Ernsthafte Frage!

Savonlinna hat geschrieben:Ich sagte, dass Du auf mich den Eindruck machst, dass Du nur unreflektiert das nachplapperst, was andere vorgeplappert haben.
Merkwürdig, dass dieser Eindruck entsteht. - Aus meiner Sicht benutze ich Ergebnisse anderer, weil sie schon da sind. - Meine Vorstellungen können falsch sein, sind aber primär - ich habe die Bibel bspw. erst gelesen, NACHDEM ich gedanklich eine geistige Struktur hatte. - Und dann "findet" man "wieder".

Savonlinna hat geschrieben:Du reflektierst nicht, was ich schreibe.
Ich suche bei Dir nach wie vor nach einem Aufhänger, der aus dem Ich als einzigem Universum herausführt. - Ich spüre etwas Monadisches - als seien Menschen geistig in sich geschlossene Wesen, von denen jeder "seine" Welt hat, die es zu entwickeln gäbe. - Und da glaube ich gemäß meines Weltverständnisses tatsächlich, dass dieses Individuelle eben nicht monadisch ist, sondern "nach oben" universal offen ist. - Ich weiss jetzt nicht, ob ich diesen Gedanken ausreichend verständlich machen kann.

Savonlinna hat geschrieben:Und wer zwingt Dich, eine Sprache, die aus dem Lot ist, zu benutzen?
Weil wir sonst bei der letzten Seite des "Tractatus logico-philosophicus" wären und gar nichts mehr sagen könnten - also versucht man es mit dem, was da ist.

Savonlinna hat geschrieben:Du hast ihn ja nun gerade nicht gemieden, sondern extra benutzt, um die Aufklärung zu diffamieren.
Indem ich es in Anführungszeichen schreibe: "Aufklärung". - "Aufklärung" erscheint heute als demokratisches Modewort ohne jegliche Selbstverpflichtung.

Was willst Du mit einem Wort anfangen, das bei einem Christen oder einem Früh-Aufklärer oder einem Heutigen etwas ganz anderes bedeutet?

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sven23
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#740 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von sven23 » Sa 30. Mai 2015, 07:39

Savonlinna hat geschrieben: Du hast kein Wort von dem, was "dagegen" geschrieben hat, verstanden - richtig?
Ich denke schon, aber deshalb muß ich seine Ansicht ja nicht teilen.
Den "Verheißungsüberschuß" konnte er uns aber damit auch nicht erklären.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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