Parusieverzögerung III

Themen des Neuen Testaments
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#531 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Di 14. Jul 2015, 20:06

sven23 hat geschrieben:"Um Christ zu sein, muss man glauben, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist."
Dieser Satz ist an sich richtig - um Mitglied eines Systems zu sein, muss man deren Grundlagen anerkennen.

sven23 hat geschrieben:Warum müssen die Christen glauben, was Jesus selbst nicht glaubte.
Das ist ein saublöder Satz des Redakteurs. - Woher will er wissen, was er sagt? - Dieser Satz macht sehr deutlich, dass es hier nicht um ernsthaftes Suchen nach Wahrheit geht, sondern um atheistische Erektionen.

sven23 hat geschrieben: Es geht nicht darum, ob Jesus der Sohn Gottes war, sondern um das Bekenntnis, dass er der Sohn Gottes ist.
Das ist wirklich zweifelhaft formuliert. - Wenn damit gemeint wäre, dass es nicht darum geht, ob Jesus als Sohn Gottes nachgewiesen ist, würde ich Lindemann folgen. - So wie es dasteht klingt es ontologisch wie: "Wir glauben an ein Sein Jesu, wobei es uns wurscht ist, ob es dieses Sein Jesu gibt" - das geht wirklich nicht.

sven23 hat geschrieben:Einer von beiden hat sich jedenfalls geirrt, Jesus oder Markus. Im Grunde ist das egal.
Theologisch schwach - ich hatte das Interview nicht mehr genau im Kopf und wollte Lindemanns Kopf damit retten, dass er versucht, Glaube und wissenschaftliche Wahrnehmung kategorial zu trennen (tue ich auch). - Aber hier klingt das anders und unentschuldbar.

sven23 hat geschrieben:Ob Jesus nach Quellenlage das nahe Gottesreich verkündete, ist zunächst mal keine geistige Aussage, sondern eine beschreibende.
Zustimmung - die HKM beschreibt, was sie vor der Nase hat. - Das ist genau ihre Aufgabe.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#532 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Di 14. Jul 2015, 20:18

Münek hat geschrieben:In dieser Frage besteht schließlich ein breiter Konsens in der neutestamentlichen Forschung.
Dieser Satz sagt inhaltlich nichts aus - er sagt nur aus, dass - nach Deinen Worten (ich prüfe es nicht nach) - die HKM zu diesem Ergebnis kommt. - INNERHALB des HKM-Mandats kann das sogar stimmen. - Aber es sagt nichts darüber aus, was Jesus WIRKLICH gemeint und gesagt hat.

Münek hat geschrieben:dass Jesu Aussagen über die Nähe des Gottesreiches authentisch und ihm nicht von den Evangelisten nachträglich in den Mund gelegt worden sind
Nach wie vor ist nicht geklärt, ob Jesu Meinung dazu richtig oder falsch rezipiert wurde - Gründe für eine falsche Rezeption wurden mehrfach benannt.

Münek hat geschrieben:Welche "Frohe Botschaft" soll denn nach deiner Meinung sonst im Zentrum der jesuanischen Predigt gestanden haben?
Dass mit Jesus und dessen Tod das Reich Gottes dem Menschen nah ist. - Es liegt aus meiner Sicht aus gesamt-biblischen Gründen nahe, dass diese innere Botschaft aus historischen Gründen äußerlich missverstanden wurde und dementsprechend rezipiert wurde. - Du siehst das anders - wir können beide nicht unsere Version sicher nachweisen - weil's nicht geht. - Es geht deshalb nicht, weil die HKM nicht in die Hirne der Hörer und späteren Schreiber reinsteigen kann - die HKM kann lediglich das untersuchen, was sie vor der Nase hat.

Münek hat geschrieben: ist logischerweise die von Bultmann, Rahner, Küng, Kubitza und Co. gezogene Schlussfolgerung unausweichlich, dass sich ihre endzeitlichen Prophezeiungen nicht erfüllt, sich demnach beide geirrt haben.
Sie ist NICHT unausweichlich, weil sie einen Schritt zu spät die Argumentation beginnt - sie müsste AUCH fragen, ob beide überhaupt die (äußere) Naherwartung gepredigt haben.

Münek hat geschrieben:Dass Du das aus höchstpersönlichen Glaubensgründen nicht wahrhaben und akzeptieren willst, ist höchst irrelevant.
Das hat eher etwas mit intellektuell sauberem Denken zu tun - man kann einfach nicht diesen obengenannten ersten Argumentations-Schritt weglassen ("Wir gehen mal davon aus, dass beide so gepredigt haben - hollera-hollerü - und beweisen dann an den Schriften, dass sie so gepredigt haben"). - Meistens sind die großen Denk-Fehler ganz einfach.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#533 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » Di 14. Jul 2015, 20:37

closs hat geschrieben:Das ist ein saublöder Satz des Redakteurs. - Woher will er wissen, was er sagt? - Dieser Satz macht sehr deutlich, dass es hier nicht um ernsthaftes Suchen nach Wahrheit geht, sondern um atheistische Erektionen.
Der Redakteur gibt hier ja nur die NT-Forschung wieder. Danach sah Jesus sich selbst nicht als echter Sohn Gottes. Gottesohn war übrigens ein religiöser Ehrentitel.

closs hat geschrieben: Das ist wirklich zweifelhaft formuliert. - Wenn damit gemeint wäre, dass es nicht darum geht, ob Jesus als Sohn Gottes nachgewiesen ist, würde ich Lindemann folgen. - So wie es dasteht klingt es ontologisch wie: "Wir glauben an ein Sein Jesu, wobei es uns wurscht ist, ob es dieses Sein Jesu gibt" - das geht wirklich nicht.
Sehe ich aus so.

closs hat geschrieben: Theologisch schwach - ich hatte das Interview nicht mehr genau im Kopf und wollte Lindemanns Kopf damit retten, dass er versucht, Glaube und wissenschaftliche Wahrnehmung kategorial zu trennen (tue ich auch). - Aber hier klingt das anders und unentschuldbar.
Ich verstehe ihn ehrlich gesagt auch nicht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Samantha

#534 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Samantha » Di 14. Jul 2015, 20:53

Scrypt0n hat geschrieben:
Samantha hat geschrieben:Vor Adam gab es aber keine Menschen.
Doch, gab es.
Andernfalls du gerne darlegen darfst, vor welchen Menschen sich Kain fürchtete, als er aus Eden vertrieben wurde. :)
Die Menschen lebten lt. Bibel recht lange.
Eva und Adam waren recht fruchtbar.
Sie hatten gewiss auch Enkel.
Somit gab es viele Menschen, die nicht alle auf dem Haufen wohnten wie die Ameisen.
Warum sollte Kain sich nicht vor seinen Verwandten fürchten, tun wir auch...

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#535 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Di 14. Jul 2015, 20:58

sven23 hat geschrieben:Danach sah Jesus sich selbst nicht als echter Sohn Gottes.
Wie soll das wieder zu verstehen sein? - Diese Aussage ist eh nicht falsifizierbar.

sven23 hat geschrieben:Der Redakteur gibt hier ja nur die NT-Forschung wieder.
Nein - so unschuldig doof kann man nicht sein, dass man das glaubt. - Es ist eine der üblichen platt-atheistischen Invektiven im Namen eines Fortschritts, der Rückschritt ist.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#536 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Di 14. Jul 2015, 21:00

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:In dieser Frage besteht schließlich ein breiter Konsens in der neutestamentlichen Forschung.
Dieser Satz sagt inhaltlich nichts aus - er sagt nur aus, dass - nach Deinen Worten (ich prüfe es nicht nach) - die HKM zu diesem Ergebnis kommt. - INNERHALB des HKM-Mandats kann das sogar stimmen. - Aber es sagt nichts darüber aus, was Jesus WIRKLICH gemeint und gesagt hat.

Wenn Johannes der Täufer und Jesus öffentlich dem Volk den unmittelbar bevorstehenden Anbruch der Gottesherrschaft verkündet haben, sollte man davon ausgehen dürfen, dass sie das nicht nur gesagt, sondern auch so gemeint haben. Alles andere wäre absurd.

Die neutestamentliche Forschung (auch die Kirche) geht davon aus, dass sie dies mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auch getan haben, dass also die Verkündigungsworte des Täufers und Jesu authentisch sind - und keine Erfindung der Jünger, Urchristen oder Evangelisten. Da die Jünger bei Jesu Predigten immer dabei waren und auch selbst bei ihren Missionsreisen im jüdischen Lande stets dieselbe frohe Botschaft verkündeten, werden sie den recht einfachen "Wortlaut des Evangeliums" gewiss nicht vergessen - und später so weitergegeben haben.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#537 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Di 14. Jul 2015, 21:36

Münek hat geschrieben:Wenn Johannes der Täufer und Jesus öffentlich dem Volk den unmittelbar bevorstehenden Anbruch der Gottesherrschaft verkündet haben, sollte man davon ausgehen dürfen, dass sie das nicht nur gesagt, sondern auch so gemeint haben.
Wenn es richtig reziert ist und dementsprechend niedergeschrieben wurde, hast Du recht. - Aber genau das wissen wir doch nicht.

Ich halte es nach wie vor aufgrund der durchgehenden Bibel-Präsenz des Motivs "Meine Gedanken sind nicht Eure Gedanken" resp. "Und sie verstanden ihn nicht" resp. "Sie haben Ohren, aber hören nicht" für biblisch plausibler, dass Jesu Predigt eines nahen inneren Gottesreichs im Sog einer äußeren Erwartung als äußerlich verstanden wurde.

Da muss man nicht zustimmen - eber es ist nicht weniger textlich begründbar als die Version, Jesus habe eine äußere Naherwartung gepredigt. - Und bewiesen werden können beide Versionen nicht.

Münek hat geschrieben:dass also die Verkündigungsworte des Täufers und Jesu authentisch sind
Natürlich ist authentisch, dass sie das nahe Gottesreich gepredigt haben - nur ist damit nicht geklärt, ob sie ein äußeres oder inneres Gottesreich gepredigt haben.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#538 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Di 14. Jul 2015, 21:43

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:dass Jesu Aussagen über die Nähe des Gottesreiches authentisch und ihm nicht von den Evangelisten nachträglich in den Mund gelegt worden sind
Nach wie vor ist nicht geklärt, ob Jesu Meinung dazu richtig oder falsch rezipiert wurde

Es ist exegetisch völlig unerheblich, ob die Jünger die Worte ihres Meisters "rezipiert", d.h. geistig (richtig) erfasst und verarbeitet haben oder nicht (nach Jesu eigener Aussage haben sie es, was Du kurioserweise bezweifelst). Für die historische Forschung ist es allein von Bedeutung, dass der Inhalt der Botschaft Jesu, die Worte seiner Predigt korrekt oder weitgehend wortgetreu weitergegeben worden sind:

"Die Zeit ist erfüllt. Tut Buße. Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Glaubt dieser Botschaft!"


Die neutestamentliche Forschung geht einvernehmlich davon aus, dass es so ist, dass hier ein "echtes Jesuswort" vorliegt!

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#539 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » Di 14. Jul 2015, 21:46

closs hat geschrieben:Wie soll das wieder zu verstehen sein? - Diese Aussage ist eh nicht falsifizierbar.
Was an der Bibel soll denn überhaupt falsifizierbar sein?
Lindeman ist der Ansicht, daß Jesus sich nicht als Gottessohn sah. Das kam erst mit der Rezeption durch die Schreiber und das ist beileibe keine Außenseitermeinung unter Theologen.

"SPIEGEL: Hielt sich Jesus für Gottes Sohn?

Lindemann: Nein."


closs hat geschrieben: Nein - so unschuldig doof kann man nicht sein, dass man das glaubt. - Es ist eine der üblichen platt-atheistischen Invektiven im Namen eines Fortschritts, der Rückschritt ist.
Doch, siehe oben.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#540 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Di 14. Jul 2015, 22:00

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:dass also die Verkündigungsworte des Täufers und Jesu authentisch sind
Natürlich ist authentisch, dass sie das nahe Gottesreich gepredigt haben - nur ist damit nicht geklärt, ob sie ein äußeres oder inneres Gottesreich gepredigt haben.

Was gibt es da zu klären?

Von einem nahen "inneren Gottesreich" ist in Jesu Botschaft an seine Landsleute doch überhaupt nicht die Rede.

Auch seine 70 Jünger - zu Missionszwecken in die jüdischen Dörfer und Städte ausgesandt - sollten kein "inneres"
Gottesreich verkünden, sondern nur sagen: "Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen". Punkt.

Was hätte denn Deiner Meinung nach das einfache Volk unter einem "inneren Königreich Gottes" verstehen sollen? :shock:
Kläre uns mal bitte auf.

Antworten