sven23 hat geschrieben:immer an Ockham denken
Eine große Versuchung: Wie kann man sich mit einfachsten Mitteln ein System schaffen, das in sich schlüssig ist. - Das kann nicht die Vorgabe sein.
sven23 hat geschrieben:Jesus war unfähig, sich klar auszudrücken
Was nützt klarster Chinesisch, wenn der Adressat noch kein Chinesisch kann?
sven23 hat geschrieben:die Jünger und Apostel waren unfähig ihn zu verstehen
Hat nichts mit Dummheit zu tun, sondern mit kultureller Normierung des AT.
sven23 hat geschrieben:die Bibelschreiber, die mit großem zeitlichen Abstand schrieben, haben nicht gemerkt, daß sich die Naherwartung nicht erfüllt hat oder waren desorientiert
Dass sich eine Naherwartung nicht erfüllt hat, haben ja wohl alle gemerkt - aber nicht gewusst, warum.
sven23 hat geschrieben:Ich würde mal sagen: ein göttlicher Plan sieht anders aus.
Der Mensch mag so denken. - Weil er nicht daran denkt, dass geistige Entwicklung im Menschen nur schrittweise geschehen kann. - Der Brocken, der Jesus den Leuten vor die Füße geworfen hat, war einfach nicht mit einem Mal zu verdauen.
sven23 hat geschrieben:Da erinnere ich dich an deinen eigenen Vorschlag, sich des eigenen Verstandes zu bedienen.
Das machen alle Sparten und Perspektiven der Wissenschaft - da muss man nicht diskriminieren.
sven23 hat geschrieben: laut Bibel hatte er eine Naherwartung. Und nur die können wir beurteilen.
Dieses Argument ist das einzig nachvollziehbare, warum es (eventuell) Einvernehmen bei den historisch-kritischen Forschern gibt: "Wir können nach unserer Perspektive nur berücksichtigen, was sich unmittelbar aus dem Text ergibt - und dann kommt halt folgendes ... raus". - Aber das ist eben keine Aussage über Jesus, sondern über den Text.
Wenn ein Historisch-Kritischer mit einem Eschatologen spricht, werden sich beide abgleichen im Sinne von: "Na - zu welchem Ergebnis bist Du mit Deiner Perspektive gekommen?". Und dann wird der Historisch-Kritische sagen: "Nach meinem Modell kann man folgendes ... sagen". - Er wird aber NICHT sagen, Jesus hatte eine Naherwartung, sondern Jesus hatte unter historisch-kritischen Gesichtspunkten aus Sicht des Textverfassers eine Naherwartung.
Wenn man ihn dann fragt, was er selber denkt, wird er als Christ vermutlich sagen: "Natürlich hatte er keine Naherwartung, aber nimmt man die historisch-kritische Position ein, ist der Text und nicht Jesus im Mittelpunkt".
sven23 hat geschrieben:Doch, das geht schon.
Objektiv nein. - Das Gegenteil könnte man ebenfalls nicht nachweisen. - Man kann immer nur perspektivisch belegen.
sven23 hat geschrieben:Einen anderen kennen wir nicht, auch wenn du das immer durch die Hintertür implizieren willst.
Einen anderen kennen wir nicht, aber diesen anderen gibt es, weil er real da war. - Und welchen Sinn sollte es haben, den biblischen Jesus NICHT in möglichst große Koinzidenz mit dem realen Jesus bringen zu wollen?
Ungeachtet dessen: Auch beim biblischen Jesus wird man nicht zum Ergebnis kommen, er hätte eine Naherwartung gehabt, wenn man über den jeweils historisch-kritisch untersuchten Text hinausgeht und - um es mit dem Zitat Halmans zu sagen - den "dramatischen Zusammenhang" der einzelnen Bibeltexte erkennt.
Es SCHEINT so (ich weiss es nicht), dass die historisch-kritische Methode diesen Zusammenhang aufgrund ihrer Perpektiven-Wahl ausblenden zu müssen meint. - Meinem Verständnis von "historisch-kritisch" entspricht das NICHT, weil dieser "dramatische Zusammenhang" schließelich textlich nachweisbar ist - wie es aber gehandhabt wird, weiss ich nicht. - Da könnte der Hase im Pfeffer liegen.