sven23 hat geschrieben: Zu seiner Entstehungszeit war eigentlich schon klar, daß sich das Versprechen der Naherwartung nicht erfüllen würde.
Man KANN es so begründen - man kann es auch damit begründen, dass Johannes mehr gecheckt hat als die anderen, wo der Hase hinläuft. - Wie an anderer Stelle erwähnt: Die Inwendigkeit des "Göttlichen Reichs" ist seit dem AT mehrfach biblisch belegt.
sven23 hat geschrieben:Die neutestamentliche Forschung sieht in Verklärung und Pfingsten nicht die Ereignisse, die auf Aussagen wie: "ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen.." passen,
Manche NT-Forschung tut es schon - siehe Karl Barth. - Davon abgesehen: Es steht ja auch noch in der Bibel, was alles passieren muss, bis Jesus wiederkommt - und das ist soviel, dass es unmöglich in EINER Generation passieren kann. - Somit haben wir widersprüchliche Aussagen - was ja bei Text-Konglomeraten nicht überraschend ist.
sven23 hat geschrieben:Was man aber beobachten kann, ist die mit zunehmender Zeitdauer voranschreitende Verzögerung der Naherwartung.
Das ist einleuchtend. - Diejenigen, die unabhängig davon, was Jesus wirklich gemeint hat, eine Naherwartung hatten, müssen diese mit fortlaufender Zeit "dehnen". - Dieses Argument ist in sich logisch.
sven23 hat geschrieben:sondern allein darüber, ob diese methodisch an den dafür in Frage kommenden Fakten geprüft wurden.
Du weisst aber, dass modell-bedingt eine ganze Reihe von Faktoren nicht als in Frage kommend behandelt wurden. - Das darf sein - dafür ist ein Forscher ein Interpret.
sven23 hat geschrieben:daß ein Gläubiger diese Karte zieht, um etwas in Abrede zu stellen, was eindeutig geschrieben steht, war neu für mich.
Ist aber wirklich nicht neu - da haben sich die Bibel-Profis seit Jahrhunderten den Kopf zerbrochen. - Allerdings mit einem Unterschied zu heute: Es wurde nur das öffentlich gemacht, was kirchen-konform war.
Das Problem war nie die Forschungs-Freiheit (die Klöster, etc waren Forschungs-Einrichtungen par excellence), sondern die Veröffentlichungs-Freiheit. Allerdings muss ich spitz hinzufügen: Wenn man sieht, wie der Öffentlichkeit wissenschaftliche Kraut und Rüben um die Ohren geschmissen werden, könnte man zum Ergebnis kommen, dass es nicht das Schlechteste ist, die Menschen nicht zu verwirren.
Nimm nur einmal das Wort "Modell": Glaubst Du wirklich, dass der Durchschnitts-Bürger zwischen wirklicher Wahrheit und Modell-Wahrheit unterscheiden kann? - Wenn man heute an die Öffentlichkeit ginge und sagen würde "Die Wissenschaft hat es herausgefunden: Jesus hatte einen Naherwartung", dann würden die Menschen in ihrem Verständnis meinen, dies sei eine sichere historische Information im Sinne von: "Wenn man sich 2000 Jahre zurück-beamen ließe, würden wir DEN Jesus antreffen, den die Wissenschaft beschreibt". - Obwohl dies aus gesamt-theologischer Sicht mindestens unwahrscheinlich ist - und vor allem eh nicht nachweisbar ist.
sven23 hat geschrieben:warum haben die Schreiber die Naherwartung durch Jesus überhaupt erwähnt?
Darauf habe ich aber ausführlich geantwortet - nochmal in Kürze: Sie haben die Ankündigung des (inwendigen) nahen Gottesreiches durch Jesus äußerlich verstanden und dementsprechend textlich interpretiert. - Natürlich hat Jesus das nahe Gottesreich angekündigt - das steht doch außer Zweifel - aber man kann es so oder so verstehen und interpretieren.
sven23 hat geschrieben:„Sie werden sich über euch lustig machen und sagen: Er hat doch versprochen wiederzukommen! Wo bleibt er denn?"
"Er hat versprochen, nach seiner Auferstehung in uns zu sein" - so hat es Jesus gemeint, wenn er seinem Stiefel treu geblieben ist.
sven23 hat geschrieben:"Für die Historizität dieser Worte"
Glaube (!) ich auch, dass diese Ankündigung des Reiches Gottes historisch sind - aber doch in einer ganz anderen, nämlich inwendigen Deutung. - Mensch, wir sind im NT - da geht es doch gerade um "innere Beschneidung" (statt äußere), "Gott/Tempel im Menschen" (statt auf dem Thron/Hügel).
Natürlich hat Jesus sein zweites Kommen angekündigt (laut Offenbarung) - aber dieses 2. Kommen hat doch nichts mit der inwendigen Präsenz Jesu im Menschen bis dahin zu tun. - Und da werden auch die späteren Text-Verfasser einiges durcheinander gebracht haben - davon abgesehen, dass es diesen Text-Verfassern nicht anzulasten ist, wenn man heute "Generation" statt "Geschlecht/Volk" übersetzt. - Da gibt es also mehrere Baustellen. - Aber genau diese Baustellen aufzuspüren, wäre historisch-kritische Textarbeit.