Vom ungerechten Haushalter

Themen des Neuen Testaments
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#41 Re: Vom ungerechten Haushalter

Beitrag von closs » Mi 1. Mai 2013, 20:13

Andreas hat geschrieben:deutet für mich in die Richtung "Gemeinde in Gott"
Schwierig - der Verwalter sucht sich eindeutig eine Bleibe für die Zeit nach seinem Rausschmiss - egal ob er rausgeschmissen wird oder nicht. - ICh setz mich mal hin und versuche eine andere Variante.

Wer ist "der Herr" in 16,8? - Vom Textfluss her eigentlich der reiche Mann - von der Rede her eigentlich Jesus.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#42 Re: Vom ungerechten Haushalter

Beitrag von closs » Mi 1. Mai 2013, 20:41

So - noch ein Versuch:

Überschriften der unterschiedlichen Bibelübersetzungen:
• Vom unehrlichen Verwalter (Luther)
• Vom ungerechten Verwalter (Elberfelder)
• Der durchtriebene Verwalter (Hoffnung für alle)
• Das Gleichnis vom untreuen Verwalter (Schlachter)
• Das Gleichnis vom klugen Verwalter (Einheitsübersetzung)
• Sich Freunde machen (Neue evangelistische Übersetzung)
Die Überschriften weisen darauf hin, dass das Verhalten des Verwalters von der Mehrzahl negativ, von der Minderheit positiv gesehen wird. – Allein dass es diesen Bewertungs-Unterschied gibt, lässt vermuten, dass wir nicht die einzigen sind, die Probleme haben.

Die entscheidende Frage scheint zu sein, wer „der Herr“ (16,8) ist: Der reiche Mann oder Jesus. – Wenn es Jesus ist, würde folgendes herauskommen:
• Reicher Mann = Pharisäer
• Verwalter = „Angestellter“ beim Pharisäer
• Pharisäer setzt „Angestellten“ unter Druck
• „Angestellter“ erlässt den Schuldnern (Leute aus dem Volk) Schulden
• Der Herr (=Jesus) erklärt sich damit solidarisch, dass Vermögen auf diese Weise zugunsten des Volkes umverteilt wird (16,9)
• „Zuverlässigkeit“ im Umgang mit dem ungerechten Reichtum wäre demnach, dass man es an die Menschen verteilt.
• Niemand kann zwei Herren dienen – wer teilt, dient Gott.
• Die Pharisäer, die sehr am Geld hingen, lachten darüber – weil sie ja die Position des „reichen Mannes“ vertreten.
Dann allerdings wäre die Überschrift „Das Gleichnis vom klugen Verwalter“ richtig.

Ich bestehe nicht auf diese Deutung, stelle aber fest, dass sie durchgängig logisch ist, wenn „der Herr“ (16,8) für Jesus steht.

Benutzeravatar
Andreas
Beiträge: 5147
Registriert: So 21. Apr 2013, 19:15

#43 Re: Vom ungerechten Haushalter

Beitrag von Andreas » Mi 1. Mai 2013, 20:51

Also zunächst ist das mal ein Gleichnis, dass Jesus erzählt. Wer sind seine Zuhörer? Da sind einmal seine Jünger und zum anderen die Pharisäer. Den Pharisäern zeigt er ihren Fehler, weist ihnen gleichzeitig den Weg (am Beispiel des Verwalters), wie sie umkehren könnten von ihrem Fehlverhalten.

Die Apostel, welche ja die zukünftigen Verwalter seiner Lehre sein werden, versucht er vor dem Fehler zu bewahren, den die RKK, die sich selbst ja als direkte Nachfolge von Petrus sieht, dann doch gemacht hat.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#44 Re: Vom ungerechten Haushalter

Beitrag von closs » Mi 1. Mai 2013, 21:16

* Wofür steht der "reiche Mann" - für Gott oder die Pharisäer?
* Wer ist "der Herr" in 16,8 - der reiche Mann oder Jesus?

Wenn das geklärt wäre, wären wir ein gutes Stück weiter.

Benutzeravatar
Andreas
Beiträge: 5147
Registriert: So 21. Apr 2013, 19:15

#45 Re: Vom ungerechten Haushalter

Beitrag von Andreas » Mi 1. Mai 2013, 21:28

Der reiche Mann = Gott
16,8 Gott (in der Lutherbibel groß geschrieben HERR, also Gott)

Die unterschiedlichen Varianten der Übersetzungen, lassen mich vermuten, dass das Gleichnis vom Übersetzer entweder nicht verstanden wurde - oder schlimmstenfalls absichtlich so entstellt wurde, damit wir es nicht verstehen sollen.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#46 Re: Vom ungerechten Haushalter

Beitrag von closs » Mi 1. Mai 2013, 21:40

Andreas hat geschrieben:Der reiche Mann = Gott
16,8 Gott (in der Lutherbibel groß geschrieben HERR, also Gott)

Bei 16,8 steht in anderen Übersetzungen Jesus - das passt mir auch. - Aber für mich ist nicht ausgemacht, dass "der Herr" derselbe ist wie "der reiche Mann". - Denn wenn "der reiche Mann" Gott wäre, dann würde Gott/Jesus (16,8) ja den Haushalter loben, dass er gegen Gott unehrlich war. - Das geht eigentlich nicht. - Welchen Sinn hätte dann die (mehrheitliche) Überschrift "Der unehrliche/durchtriebene Haushalter"? - Ich meine schon, dass "der reiche Mann" für die Pharisäer steht - zumindest bis jetzt.

Benutzeravatar
Andreas
Beiträge: 5147
Registriert: So 21. Apr 2013, 19:15

#47 Re: Vom ungerechten Haushalter

Beitrag von Andreas » Mi 1. Mai 2013, 21:46

Er lobt ihn nicht weil er unehrlich war, sondern weil er so klug ist, seinen Fehler zu korrigieren. Der Verwalter ist hypothetisch. Es ist ein Gleichnis vor allem bezogen auf das Verhalten der Pharisäer - bevor Jesus in die Welt kam. Deswegen gehe ich von Gott aus, als dem reichen Mann. Gottes Vermögen (die Lehre), welches der Verwalter zu verwalten hat, ist bis zu diesem Zeitpunkt das AT.

Benutzeravatar
Andreas
Beiträge: 5147
Registriert: So 21. Apr 2013, 19:15

#48 Re: Vom ungerechten Haushalter

Beitrag von Andreas » Mi 1. Mai 2013, 22:26

Übrigens, die Überschrift zu Lukas 16 in meiner Lutherbibel 1545 lautet:
Mißbrauch des Reichtums

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#49 Re: Vom ungerechten Haushalter

Beitrag von closs » Mi 1. Mai 2013, 22:28

Dann hilf mir nochmal bei folgendem Punkt:

* Der reiche Mann hat viel Geld und will es richtig verwaltet sehen. Der Verwalter würde es "verschleudern" (16,1). - Verschleudern heisst, ausgeben.
* Darauf hin treibt der Verwalter nicht etwa die Schulden zu 100% ein, sondern gibt Nachlässe - verschleudert also wieder.
* Darauf lobt der reiche Mann die Klugheit des Verwalters.

Wenn da ein Schuh draus werden soll, müsste der reiche Mann in der Zwischenzeit ein Saulus-Paulus-Erlebnis gehabt haben.

Wir hatten das schon mal - Deine spirituelle Deutung finde ich auch hoch zustimmungsfähig. - Nur finde ich sie nicht im Text.

"Mißbrauch des Reichtums" - ist elegant neutral formuliert, weil man es sowohl auf den reichen Mann als auch auf den Verwalter anwenden kann.
Zuletzt geändert von closs am Mi 1. Mai 2013, 22:34, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Magdalena61
Beiträge: 15073
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 20:44

#50 Re: Vom ungerechten Haushalter

Beitrag von Magdalena61 » Mi 1. Mai 2013, 22:29

Das ist die interessanteste und einfallsreichste Diskussion, die ich jemals zu diesem Thema gelesen habe. :thumbup:

Eines müßt man noch erwähnen- in der Schlachter 2000 gibt es eine Erklärung zu Vers 8.
Lk. 16,8 (Schlachter 2000): Und der Herr lobte den ungerechten Haushalter, daß er klug gehandelt habe.1
Unter 1 steht: "Nach dem damaligen Brauch war der Haushalter dazu berechtigt."
Was der da gemacht hat, war also nicht illegal.

closs hat geschrieben:Ich verstehe folgendes:

* Herr: "Du, Verwalter, hast mein Geld verschwendet".
* Verwalter: "Ich, Verwalter, verschwende jetzt noch mehr".
* Herr: "Du, Verwalter, bist ein toller Hecht - bravo".

Sehr vereinfacht - gebe ich zu - aber wo habe ich etwas Entscheidendes überlesen?
:lol:
Das Lob bezog sich wohl weniger auf die Minderung des Vermögens seines Arbeitgebers, sondern auf das "kluge Handeln" des Verwalters.
LG
God bless you all for what you all have done for me.

Antworten