Parusieverzögerung II

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Savonlinna
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#341 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Savonlinna » Fr 22. Mai 2015, 02:04

Zeus hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Die Frage der "Gottessohnschaft Jesu" ist doch jenseits jeden wissenschaftlichen Ansatzes.
:thumbup:
Meine Rede!
Tut mir Leid, wenn Ihr das nicht versteht.
Es ist ein Unterschied, ob im Text von einem Menschen die Rede ist oder von einem Gottessohn.
Aber lassen wir das.

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sven23
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#342 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von sven23 » Fr 22. Mai 2015, 06:25

JackSparrow hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Steht etwa im Vorwort der Evangelien: Alle Personen und Handlungen sind frei erfunden?
Das steht im Märchen von Rotkäppchen auch nicht. Da schließen wir es aus dem Kontext.
Eben, das neue scheint mir hier zu sein, daß ein Gläubiger den Märchencharakter der Bibel benutzen will, um ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Die Argumentation wird immer verworrener.
Nachdem man nun die Naherwartung durch Jesus selbst nicht mehr leugnen kann, geht man dazu über, die Glaubwürdigkeit der Bibel in Zweifel zu ziehen, weil sie ja nicht von Jesus selbst, sondern aus 2. und 3. Hand verfaßt ist. Aber genau das war ja immer die Argumentation der Bibelkritiker.
Diese Argumentation versucht nun ein closs umzudrehen und für sich zu nutzen. Dabei verliert er aus dem Blick, daß dann auch seine "geistigen" Inhalte der Bibel frei erfunden sein können.
Deshalb mein Rat an closs: wer so argumentiert, schießt sich selbst ins Knie. ;)
Zuletzt geändert von sven23 am Fr 22. Mai 2015, 06:53, insgesamt 1-mal geändert.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#343 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von sven23 » Fr 22. Mai 2015, 06:29

closs hat geschrieben:Jede Person innerhalb einer literarischen Quelle ist virtuell. - Wenn Du heute ein Buch über Bismarck schreibst, ist "Dein" Bismarck ebenfalls virtuell.
Aber die Vorlage bleibt real.


closs hat geschrieben: Wie kommt er darauf? - Er hat doch nur die Bibel-Texte, die er an anderer Stelle als unzuverlässig bezeichnet (so wurde Kubitza hier zitiert).
Ich verstehe deine Argumentation nicht. Zuerst behauptest du, die neutestamentliche Forschung würde die Historizität von Jesus bestreiten. Dann zeigt man dir, daß genau das Gegenteil der Fall ist und du fragst, wie sie darauf kommen. :shock:

closs hat geschrieben: Ich will erst mal genau wissen, unter welchen Rahmenbedingungen hier überhaupt agiert wird. - Und da scheint es einige Ungereimtheiten zu geben.

Die Rahmenbedingungen sind eigentlich klar definiert:
https://www.uni-due.de/EvangelischeTheo ... hode.shtml
http://de.wikipedia.org/wiki/Historisch ... he_Methode

Zitat daraus:
"Es ist die selbstverständliche Grundlage kritischer Wissenschaft, dass sie sich nicht über ihre Ergebnisse definiert, sondern allein darüber, ob diese methodisch an den dafür in Frage kommenden Fakten geprüft wurden."

Das bedeutet, lieber closs, wenn dir die Ergebnisse nicht gefallen, ist das noch lange keine negatives Qualitätskriterium. ;)
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sven23
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#344 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von sven23 » Fr 22. Mai 2015, 07:12

Savonlinna hat geschrieben: Tut mir Leid, wenn Ihr das nicht versteht.
Es ist ein Unterschied, ob im Text von einem Menschen die Rede ist oder von einem Gottessohn.
Aber lassen wir das.
Zumal "Sohn Gottes" ein religiöser Ehrentitel war, sowohl in Ägypten, im Hellenismus und im Judentum.
Daraus frabrizierte das Christentum den einzigen, Fleich gewordenen Sohn Gottes, der mit einem heilsgeschichtlichen Auftrag von seinem Gottesvater zu den Menschen entsandt wurde.
Dieser Mythos wurde aber erst Jahrzehnte nach dem Tod von Jesus entwickelt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Martinus
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#345 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Martinus » Fr 22. Mai 2015, 07:42

sven23 hat geschrieben: Zumal "Sohn Gottes" ein religiöser Ehrentitel war, sowohl in Ägypten, im Hellenismus und im Judentum.

Der Ehrentitel Jesu war und ist der Gesalbte, Messias oder Christus. Deswegen heißt es Jesus Christus .
Angelas Zeugen wissen was!

closs
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#346 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Fr 22. Mai 2015, 08:47

sven23 hat geschrieben:Nachdem man nun die Naherwartung durch Jesus selbst nicht mehr leugnen kann
Die Theologien der großen Kirchen sehen das ganz anders. - Habe gestern mal ausnahmsweise mit einem evangelischen Theologen gesprochen und höre (erwartungsgemäß), dass eine Naherwartung Jesu (auch) dort ausgeschlossen wird. - Die Begründung war wie bei den Katholiken in etwa diesselbe und entspricht in etwa der meinigen.

Mit anderen Worten: Man leugnet nicht einmal die Naherwartung Jesu, sondern begründet, warum sie absurd ist. Die Naherwartung der Urchristen ist dagegen stadtbekannt - das scheint ebenfalls bei den Protestanten abgehakt zu sein.

sven23 hat geschrieben:geht man dazu über, die Glaubwürdigkeit der Bibel in Zweifel zu ziehen
Auch das ist uralter Kaffee. - Man streitet sich seit Äonen darüber, welche Bibelstelle so oder so gemeint ist, eventuell hinzugefügt wurde - wo es Irrtümer des Textverfassers gibt - etc. - Auch die kirchlichen Theologien verstehen die Bibel nicht als sklavisch zu verstehendes "Wort Gottes".

sven23 hat geschrieben:Aber genau das war ja immer die Argumentation der Bibelkritiker.
Das stimmt - das war ja das Gute an der historisch-kritischen Methode in einer Zeit, in der Kirchen ganz gerne mal ausgeblendet haben, dass nicht überall, wo Petrus oder Paulus drauf steht, Petrus und Paulus drin steht. - Es gab in der Tat eine Zeit, in der die historisch-kritische Methode dringend benötigt wurde - heute scheint sie sich insofern verselbstständigt zu haben, dass sie mindestens indirekt in Fragen eingreift, bei denen sie Konkurrenz in Glaubens-Fragen macht.

sven23 hat geschrieben: Dabei verliert er aus dem Blick, daß dann auch seine "geistigen" Inhalte der Bibel frei erfunden sein können.
Auch das ist theoretisch möglich - immer wieder: Der Mensch weiss im absoluten Sinne NICHTS. - Trotzdem halte ich es für eine rein theoretische Erwägung.

sven23 hat geschrieben:Aber die Vorlage bleibt real.
Stimmt - und da gibt es unter historisch-kritischen Gesichtspunkten das Problem, dass es so gut wie keine Hinweise auf Jesus gibt außer in den biblischen Schriften.

sven23 hat geschrieben: Zuerst behauptest du, die neutestamentliche Forschung würde die Historizität von Jesus bestreiten.
Damit zitiere ich die Historisch-Kritischen - sie sagen: Eigentlich ist keine verlässliche Quelle da - und trotzdem: Wir können so gut wie ausschließen, dass es Jesus als historische Person NICHT gab. - Aus meiner Sicht ein ziemlich verwirrender Slalom.

sven23 hat geschrieben:Dann zeigt man dir, daß genau das Gegenteil der Fall ist und du fragst, wie sie darauf kommen.
Das zeigt man mit einem fragwürdigen Modell - es ist eine reine Modell-Lösung. - Wenn Sven zwei Köpfe hat (das ist das Modell), braucht er zwei Hüte (das ist dann das wissenschaftliche Ergebnis - und es ist ja richtig - absolut sauber geschlussfolgert).

sven23 hat geschrieben:Es ist die selbstverständliche Grundlage kritischer Wissenschaft
Mein Eindruck ist, dass sich die historisch-kritische Fraktion im wesentlichen der traditionellen Theologie gegenüber kritisch zeigt, aber nicht den zu untersuchenden Texten. - Begründung wurde mehrfach geliefert.

Wir haben unterm Strich den Fall, dass es innerhalb der Theologie kaum einen zu geben scheint, der auf die Idee kommt, Jesus mit einer Naherwartung in Verbindung zu bringen - gleichzeitig haben wir ein Modell der historisch-kritischen Fraktion, das eben dieses zum Ergebnis hat. -

Entweder dieses Modell ist geeignet oder ungeeignet. - Aus mehrfach vorgetragenen Gründen bin ich überzeugt, dass dieses Modell ungeeignet ist - und so scheinen es auch die meisten Theologen zu sehen, die nicht zum historisch-kritischen Department gehören. - Der kritische Punkt: Die Kritisch-Historischen fällen eine Glaubensentscheidung, wenn sie die mehrfach erwähnten Parameter wie Parusie-Bezug, Inwendigkeit, äußeres Verständnis der Textverfasser als unkritisch ablehnen. - Auf dieser "bereinigten" Grundlage arbeitet man dann mit dem Rest wissenschaftlich und kommt so gesehen zu einem korrekten wissenschaftlichen Ergebnis - aber nur "so" geht das. - Und deshalb schließe ich mich hier wohlbegründet denen (= den meisten Theologen) an, die dieses Ergebnis für absurd halten.

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Zeus
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#347 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Zeus » Fr 22. Mai 2015, 08:47

sven23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Tut mir Leid, wenn Ihr das nicht versteht.
Es ist ein Unterschied, ob im Text von einem Menschen die Rede ist oder von einem Gottessohn.
Aber lassen wir das.
Zumal "Sohn Gottes" ein religiöser Ehrentitel war, sowohl in Ägypten, im Hellenismus und im Judentum.
Daraus frabrizierte das Christentum den einzigen, Fleich gewordenen Sohn Gottes, der mit einem heilsgeschichtlichen Auftrag von seinem Gottesvater zu den Menschen entsandt wurde.
Dieser Mythos wurde aber erst Jahrzehnte nach dem Tod von Jesus entwickelt.
Wie gut, dass "wir" das gelassen haben. Nicht wahr, liebe Savonlinna? :P
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Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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Zeus
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#348 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Zeus » Fr 22. Mai 2015, 09:14

Martinus hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Zumal "Sohn Gottes" ein religiöser Ehrentitel war, sowohl in Ägypten, im Hellenismus und im Judentum.
Der Ehrentitel Jesu war und ist der Gesalbte, Messias oder Christus. Deswegen heißt es Jesus Christus .
Sag das mal den Juden!
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(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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Münek
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#349 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Münek » Fr 22. Mai 2015, 10:27

Ich bin bei meinen Recherchen auf zwei weitere renommierte Theologen gestoßen, die Klartext reden:

- Prof. Werner Georg KÜMMEL in "Verheißung und Erfüllung - Untersuchungen zur echatologischen Verkündigung Jesu", S. 141:

"Es ist darum unmöglich zu behaupten, Jesus habe sich in dieser Frage nicht geirrt."


- Prof. Eduard LOHSE in "Grundriss der neutestamentlichen Theologie", 2. Aufl. 1979, S. 30:

"Die Naherwartung [Jesu] hat sich nicht erfüllt".

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#350 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Martinus » Fr 22. Mai 2015, 10:38

Zeus hat geschrieben:
Martinus hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Zumal "Sohn Gottes" ein religiöser Ehrentitel war, sowohl in Ägypten, im Hellenismus und im Judentum.
Der Ehrentitel Jesu war und ist der Gesalbte, Messias oder Christus. Deswegen heißt es Jesus Christus .
Sag das mal den Juden!

Die wissen das Messias ein Titel ist. Außerdem warten sie ja noch auf IHREN Gesalbten. Allerdings hat Sven da noch Infobedarf.
Angelas Zeugen wissen was!

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