Parusieverzögerung II

Themen des Neuen Testaments
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Zeus
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#291 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Zeus » Do 21. Mai 2015, 14:49

Savonlinna hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben: Hast du liebe Savonlinna, dazu irgend etwas Neues zu sagen?
Nein, mehr, als dass Du Dich geirrt hast, habe ich im Moment nicht zu sagen.
Worin genau habe ich mich geirrt, liebes Mädchen?
Ich hatte geschrieben: "Ob in den Texten Jesus als Gottes Sohn gezeichnet wird, interessiert die historisch-kritische Forschung herzlich wenig."
Deine Antwort."Doch. Da sie Texte untersucht, müssen auch die Figuren und der Erzähler untersucht werden."
Habe ich geschrieben, dass die Figuren NICHT untersucht werden müssen?
Also noch einmal. Ob Jesus nun als Gottessohn gezeichnet wird oder auch nicht, ist IMHO mehr für die lieben Gläubigen interessant, jedoch - falls dir diese Formulierung besser gefällt - , für die historisch-kritische Forschung betreff der Person des Wanderpredigers Jesus von marginaler Bedeutung.
Du magst anderer Meinung sein. Einfach zu behaupten, ich habe mich geirrt, gilt nicht. :P
Außerdem, nicht vergessen:
Die Methodenschritte der historisch-kritischen Methode

3.1 Textkritik: Vergleich der Handschriften
3.2 Übersetzung aus dem Hebräischen bzw. Griechischen
3.3 Textanalyse: Die Struktur des Textes
3.4 Redaktionsgeschichte: der Umgang des Autors mit seinen Quellen
3.5 Literarkritik: Rekonstruktion der Quellen
3.6 Formgeschichte: Bestimmung der Textgattung
3.7 Traditionsgeschichte: Die zugrunde liegende mündliche Überlieferung
3.8 Begriffs- und Motivgeschichte: wie sich Vorstellungen entwickelten
3.9 Religionsgeschichte: Vergleich mit außerbiblischen Texten
3.10 Zusammenfassende Interpretation und theologische Aussage(n)
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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Zeus
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#292 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Zeus » Do 21. Mai 2015, 14:59

Anton B. hat geschrieben: Die Frage der "Gottessohnschaft Jesu" ist doch jenseits jeden wissenschaftlichen Ansatzes.
:thumbup:
Meine Rede!
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

Samantha

#293 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Samantha » Do 21. Mai 2015, 15:06

Savonlinna hat geschrieben:
Samantha hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es liegt aber außerhalb ihres Vermögens, historisch festzustellen, ob Jesus der Sohn Gottes ist, der für die Sünden
der Welt starb. Das ist keine historische Frage, sondern eine Frage des Glaubens, für die die Wissenschaft nicht zu-
ständig ist.

Kurz: Ob es Gott gibt oder nicht - dafür interessiert die Wissenschaft sich nicht, dazu äußert sie sich nicht, das ist kein Thema für sie.
Was ist in der "theologischen" Wissenschaft denn Thema?
Zum Beispiel, in welcher Weise in den jeweiligen Evangelien Jesus gezeichnet wird. Ob als normaler Mensch oder als Sohn Gottes oder beides gleichzeitig.
Also geht man möglichst ungläubig an diese Wissenschaft heran? :mrgreen:


Zeus hat geschrieben:Ob in den Texten Jesus als Gottes Sohn gezeichnet wird, interessiert die historisch-kritische Forschung herzlich wenig. Das ist Interessengebiet der lieben Gläubigen.
Das Ziel der historisch-kritischen Forschung mittels der historisch-kritischen Methode ist nicht die Textanalyse als solche, sondern eine vernünftige, plausible Exegese der Bibel auf der Basis der vorhandenen Texte...
Es wird nur geforscht, um zu Jesus und Gott etc. eine Distanz aufzubauen?

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Münek
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#294 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Münek » Do 21. Mai 2015, 15:54

Samantha hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
Samantha hat geschrieben: Was ist in der "theologischen" Wissenschaft denn Thema?
Zum Beispiel, in welcher Weise in den jeweiligen Evangelien Jesus gezeichnet wird. Ob als normaler Mensch oder als Sohn Gottes oder beides gleichzeitig.
Also geht man möglichst ungläubig an diese Wissenschaft heran? :mrgreen:

Wissenschaft forscht ergebnisoffen. In der Wissenschaft hat der Gottesglaube nichts verloren.
Man untersucht historische Sachverhalte. Die Neutestamentler sind Historiker, keine Dogmati-
ker. Ihnen geht es ausschließlich um geschichtliche Wahrheiten, nicht um Glaubenswahrheiten.

Die Theologiestudenten wollen nicht wissen, an was ihr Dozent glaubt, sondern möchten histo-
risches Wissen vermittelt bekommen. Eine Vorlesung in der Uni ist kein Gottesdienst, der fin-
det bekanntlich anderswo statt.

Samantha

#295 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Samantha » Do 21. Mai 2015, 16:09

Münek hat geschrieben:Wissenschaft forscht ergebnisoffen. In der Wissenschaft hat der Gottesglaube nichts verloren.
Man untersucht historische Sachverhalte. Die Neutestamentler sind Historiker, keine Dogmati-
ker. Ihnen geht es ausschließlich um geschichtliche Wahrheiten, nicht um Glaubenswahrheiten.

Die Theologiestudenten wollen nicht wissen, an was ihr Dozent glaubt, sondern möchten histo-
risches Wissen vermittelt bekommen. Eine Vorlesung in der Uni ist kein Gottesdienst, der fin-
det bekanntlich anderswo statt.
Du hast meine Frage nicht beantwortet. Ich sprach nicht von Wissenschaft an sich, sondern von der Theologie. Wissenschaft hat nichts mit Religion zu tun - weiß doch jeder.

Du weißt doch wohl, dass man "Gott" in der Theologie nicht wirklich ausklammern kann, denn dann würde sich das Theologiestudium erübrigen. Oder ist etwa der Papst auch ohne Glauben glaubwürdig? Müssen nach dem Studium alle Theologen lügen, um ihren "Job" machen zu können?

Anton B.
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#296 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Anton B. » Do 21. Mai 2015, 16:43

Samantha hat geschrieben:Du weißt doch wohl, dass man "Gott" in der Theologie nicht wirklich ausklammern kann, denn dann würde sich das Theologiestudium erübrigen. Oder ist etwa der Papst auch ohne Glauben glaubwürdig? Müssen nach dem Studium alle Theologen lügen, um ihren "Job" machen zu können?
Theologie als Studiengang in der Ausrichtung unserer beiden großen Kirchen stellt sich wissenschaftlich auf und vermittelt ganz verschiedene Aspekte, die die jeweilige Denomination betreffen. Dogmatik, also das "Lehrgebäude" der Kirche als auch dessen historischer Werdegang ist ebenso Teil des Studiums.

Dann darf -- zumindest im römisch-katholischen Umfeld -- nicht das "Lehramt der Kirche" vergessen werden.

Die Exegese der biblischen Texte mittels der historisch-kritischen Methode ist demzufolge eine einzelne Wissensschaftsdisziplin unter vielen und steuert Wissen aus einem bestimmten Blickwinkel bei.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

closs
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#297 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Do 21. Mai 2015, 17:02

Anton B. hat geschrieben: closs müsste nochmal klarstellen, mit welchem "aufgesetztem Hütchen" er was vertritt.
Ich antworte jetzt so, wie ich Deine Frage verstehe:

Historisch-kritisch würde ich untersuchen:
* Quellenlage? - Vorliegender Text: Ursprache? Übersetzung?
* Urschrift/Abschrift?
* Gegenstand der Schrift: Die Zeit der Schrift-Erstellung oder eine Zeit vorher?
* Gibt es vergleichbare Schriften? Gibt es darin Unterschiede? Welche?
* Autor? - Zeitzeuge des Beschriebenen?
* Wie ist das Denken der Zeit und der Region, in der die vorliegende Schrift verfasst wird?
* etc.

Geistig würde ich untersuchen:
* Wie sieht der Verfasser des Textes Jesus?
* Wie sehen andere Text-Verfasser Jesus? (das kann man bei weiterer Auslegung von "historisch-kritisch" auch unter "historisch-kritisch" subsummieren - sicherlich gibt es Bereiche, die in beide Kategorien passen)
* Wer ist Jesus aus Sicht des AT?
* Welche Motive des AT sind erkennbar im vorliegenden Text?
* Welches Verständnis dieser Motive hat der Text-Verfasser?
* Welches Verständnis hat Jesus, wenn man ihn als Messias versteht? Ist dies aus den Texten ermittelbar?
* Was kann mit "Das Gottesreich ist nah" im gesamt-biblischen Kontext geistig gemeint sein?
* Welche Rolle spielt das Motiv des "Sie haben Ohren und hören nicht" (AT)/"Und sie verstanden ihn nicht" (NT) in Bezug auf den Verfasser des späteren Textes?
* Welche Rolle spielt der geistige Paradigmen-Wechsel des "Ich aber sage Euch" in Bezug auf den Verfasser des späteren Textes?
* Kann man Irrtum und Wahrheit in den nach Jesu Tod entstandenen Texten in Bezug auf einen gesamt-biblischen Kontext trennen?
* etc.

Das wäre jetzt eine hastig verfasste Aufzählung, die Dir, lieber Anton, vielleicht Deine Frage der Spur nach klärt. - Je nach Hütchen stellt man andere Fragen.

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#298 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Do 21. Mai 2015, 17:16

Münek hat geschrieben:Wissenschaft forscht ergebnisoffen.
Natürlich - dementsprechend abgestimmt müssen die Themen sein, mit denen man sich beschäftigt.

Münek hat geschrieben:Man untersucht historische Sachverhalte.
Gegenüber Anton habe ich einige in der 1. Rubrik genannt. - Aber die Aussage "Jesus hat sich in seiner Naherwartung geirrt" ist eben KEINE historische Aussage, weil vollkommen unklar ist, ob der historische Jesus diese Erwartung hatte. - Eine historische Aussage wäre, dass der Textverfasser dies meint (WENN es überhaupt so ist - aber das wäre eine andere Frage).
Zuletzt geändert von closs am Do 21. Mai 2015, 17:17, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#299 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Do 21. Mai 2015, 17:16

Anton B. hat geschrieben:Die Exegese der biblischen Texte mittels der historisch-kritischen Methode ist demzufolge eine einzelne Wissensschaftsdisziplin unter vielen und steuert Wissen aus einem bestimmten Blickwinkel bei.
:thumbup:

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Halman
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#300 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Halman » Do 21. Mai 2015, 17:50

Pluto hat geschrieben:
Samantha hat geschrieben:Also wenn Menschen schon lange tot sind, gab es sie nicht? Dann sind alle historischen "Erkenntnisse" zweifelhaft.
Hat deiner Meinung nach König Artus gelebt? Wenn nicht, warum nicht?
Hat Julius Cäsar gelebt? Wenn ja, warum?
Vermutlich haben in gewisser Weise beide gelebt. Gut möglich, dass Artus auf Lucius Artorius Castus zurückgeht.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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