Parusieverzögerung II

Themen des Neuen Testaments
Hemul
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#181 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Hemul » Di 19. Mai 2015, 23:09

Münek hat geschrieben: Es ging um die Feststellung, dass Jesus sich in seiner Naherwartung GEIRRT hat.
Wo geht das aus der Bibel "UNMISSVERSTÄNDLICH" hervor? :roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

closs
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#182 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Di 19. Mai 2015, 23:16

Münek hat geschrieben:Es ging um die Feststellung, dass Jesus sich in seiner Naherwartung GEIRRT hat.
Zur Textkritik gehört auch, dass man das gesamte textliche Umfeld (Bibel-Texte AT/NT) kennt und schlüssig interpretiert. - In diesem Sinne sehen es große Teile der Theologie als naheliegend an, dass Jesus sich NICHT geirrt hat.

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Zeus
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#183 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Zeus » Di 19. Mai 2015, 23:23

closs hat geschrieben:Die kath. Theologie, sie deutet textkritisch anders als Deine Kandidaten.
Das ist eine "kühne" Behauptung.
Ohne irgendwelche Beweise und folglich - wie Scrypt.on sagen würde - irrelevant.


*editiert*
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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Münek
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#184 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Münek » Di 19. Mai 2015, 23:47

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dein angebliches Gegenargument (Verklärung Jesu) scheint bei den Exegeten bei ihrer Urteilsfindung offensichtlich keine Rolle gespielt zu haben.
Es bezieht sich nur auf eine/wenige Bibel-Stelle/n und ist nicht das wichtigste. - Das wichtigste Argument ist "äußeres"/"inneres" Reich Gottes - und der Umstand, dass die Menschen zunächst nicht verstehen wollten, dass es "inwendig" zu verstehen war.

Das entspricht in etwa der Auffassung der katholischen/... Theologie - sie deutet textkritisch anders als Deine Kandidaten.

Meinst Du die von Dir oben erwähnte "orthodoxe wissenschaftliche Theologie", die es nach meiner Auffassung nicht geben kann.
"Strenggläubigkeit" (Orthodoxie) und "Wissenschaft" sind unvereinbar.

Was soll eigentlich eine "textkritische Deutung" sein? Google mal unter "Textkritik des Neuen Testaments".

closs
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#185 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Di 19. Mai 2015, 23:52

Zeus hat geschrieben:Das ist eine "kühne" Behauptung.
Auch dazu wurden schon Hinweise gebracht. - Davon abgesehen, dass ich die katholische Theologie halbwegs kenne, kannst Du bei kathpedia eine Zusammenfassung dazu mit Zitat-Hinweisen finden - zum x-ten mal noch mal für Dich, weil's leicht zu kopieren geht:

"Der Zeitpunkt der Wiederkunft Jesu ist den Menschen unbekannt (Sent. Certa). - Jesus hat den Zeitpunkt der Parusie unbestimmt gelassen. Am Schluss der Parusierede erklärte er: „Jenen Tag aber und die Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel und auch nicht der Sohn, sondern nur der Vater" (Mk 13,32; im Paralle text Mt 24,36 fehlen in einem Teil der Textzeugen die Worte "auch nicht der Sohn“). Kurz vor der Himmelfahrt erklärte Jesus seinen Jüngern: "Euch steht es nicht zu, die Zeiten und Fristen zu kennen, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat" (Apg 1,7).

Dass Jesus nicht mit einer sehr baldigen Wiederkunft rechnete, zeigen mehrere Äußerungen der Parusierede (Mt 24, 14. 21. 31; Lk 21, 24; vgl. Lk 17, 22; Mt 12, 41), die Wiederkunftsgleichnisse, die eine lange Abwesenheit des Herrn nahe legen (vgl. Mt 24, 48; 25, 5; 25,19: .Nach langer Zeit kam der Herr jener Knechte zurück und hielt Abrechnung mit ihnen"), und die Gleichnisse vom allmählichen Wachsen des irdischen Gottesreiches (Mt 13, ?-4-33). An mehreren Stellen ist das Kommen Jesu im uneigentlichen Sinne zu verstehen von der Offenbarung seiner Macht, sei es zur Bestrafung seiner Feinde (Mt 10,23: Zerstörung Jerusalems) oder zur Ausbreitung seines Gottesreimes auf Erden (Mt 16, 28; Mk 9, 1; Lk 9,27) oder zur Belohnung seiner Getreuen in der Seligkeit des Himmels (Jo 14, 3. 18. 28; 21, 22). Das Wort Mt 24, 34: „Wahrlich, im sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dieses alles geschieht“, ist auf die Vorzeichen der Parusie zu beziehen. Nach anderer Auslegung ist der Ausdruck „dieses Geschlecht“ nicht von den Zeitgenossen Jesu, sondern vom Geschlecht der Juden, d. h. vom jüdischen Volk zu verstehen (vgl. Mt 11,16; Mk 8,12)" (kathpedia).


Nun ist kathpedia keine wissenschaftliche Quelle, fasst aber den Status der katholischen Theologie recht authentisch zusammen. - Oder Karl Barth laut wik:

Die erste Gestalt der Parusie Christi ist für ihn das Osterereignis, ist die Auferstehung Jesu Christi.
Die zweite Gestalt der Parusie, auch „die mittlere Gestalt“, ist „die Gabe des Heiligen Geistes“, ist das Pfingstereignis, die Ausgießung des Geistes an die Gemeinde und Kirche.
Die dritte Gestalt, „die letzte Form“, ist „das Herbeikommen Jesu Christi als des Zieles der Geschichte der Kirche, der Welt und jedes einzelnen Menschen.“ [18] So definiert Karl Barth den „Jüngsten Tag“. Es ist dies das „neue Kommen“ des zuvor Gekommenen, „das neue Bei-uns-Sein dessen, der bei uns war.“ [19]


Die hier wahllos und schnell gefundenen Äußerungen zur Parusie stammen von Menschen, denen dieselben Texte vorliegen wie meinetwegen Kubitza. - Diese Texte werden selbstverständlich auch katholischer-seits textkritisch untersucht - insofern darfst Du davon ausgehen, dass die textkritische Arbeit von Kubitza & Co nichts Neues ist. Deren Interpretationen daraus sind neu (bzw waren es einmal).

Der Unterschied ist, dass DIESELBEN Texte mit unterschiedlichem Background interpretiert werden - und deshalb ergeben sich unterschiedliche Schlussfolgerungen. - Nur da besteht der Unterschied.

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#186 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Di 19. Mai 2015, 23:55

Münek hat geschrieben:Was soll eigentlich eine "textkritische Deutung" sein?
Das ist verkürzt formuliert. - Es hieße besser: Deutung auf Basis textkritischer Arbeit" - besser so?

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Münek
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#187 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Münek » Di 19. Mai 2015, 23:56

Hemul hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Es ging um die Feststellung, dass Jesus sich in seiner Naherwartung GEIRRT hat.
Wo geht das aus der Bibel "UNMISSVERSTÄNDLICH" hervor? :roll:

Mach mal das Fenster auf und schaue nach draußen. Wenn Du das "Reich Gottes" siehst, sage mir Bescheid.
Dann brauchen die Christen auch nicht mehr zu beten: "Dein Reich komme". ;)

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#188 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Hemul » Mi 20. Mai 2015, 00:03

Münek hat geschrieben: Mach mal das Fenster auf und schaue nach draußen. Wenn Du das "Reich Gottes" siehst, sage mir Bescheid.
Dann brauchen die Christen auch nicht mehr zu beten: "Dein Reich komme". ;)

Christen brauchen nicht mehr "DEIN REICH KOMME" beten, wenn sie das Fenster aufmachen u. feststellen, dass sich Daniel 2:44 erfüllt hat:
44 Noch während die Könige dieses Reiches an der Macht sind, wird der Gott des Himmels sein Reich aufbauen, das nie zugrunde geht. Kein anderes Volk kann ihm jemals die Herrschaft streitig machen. Ja, es bringt alle anderen Reiche zum Verschwinden und wird selbst für immer fortbestehen.
:wave:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#189 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von Münek » Mi 20. Mai 2015, 00:07

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was soll eigentlich eine "textkritische Deutung" sein?
Das ist verkürzt formuliert. - Es hieße besser: Deutung auf Basis textkritischer Arbeit" - besser so?

Nein - die Textkritik ist lt. Wiki eine wissenschaftliche Methode, die den Ausgangstext der verschiedenen Varianten der neutestamentlichen Texte zu rekonstruieren versucht. Sie ist ein Werkzeug der historisch-kritischen Methode der Bibelauslegung. Die Textkritik soll den Bibeltext möglichst in der ursprünglichen Form rekonstruieren.

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#190 Re: Parusieverzögerung II

Beitrag von closs » Mi 20. Mai 2015, 00:59

Münek hat geschrieben:Die Textkritik soll den Bibeltext möglichst in der ursprünglichen Form rekonstruieren.
Ja - und wenn das passiert ist, muss der Text ja auch noch inhaltlich gedeutet werden - nicht wahr?

Aber Dein Hinweis ist wichtig, weil sich Textkritik auf den Text konzentriert, der vorliegt - und da fragt man danach, ob es der Original-Text ist oder ob es eine Abschrift ist oder wer der angegebene Verfasser ist oder ob der angegebene Verfasser mit dem tatsächlichen Verfasser übereinstimmt, etc.

Weiterhin wird man fragen, was in dem Text inhaltlich steht, der einem vorliegt. - Und dann wird man in unserem Fall an einigen Stellen vermuten/feststellen können, dass der Verfasser (egal ob primär oder sekundär - aber halt eben der, der den Text, der einem vorliegt, geschrieben hat) der Auffassung war, dass Jesus seine Wiederkunft im Sinne der Offenbarung sehr zeitnah datiert hat ("Naherwartung").

Dann wird man - immer noch text-kritisch - versuchen zu überprüfen, ob es andere Texte gibt, die dies bestätigen oder dem widersprechen. - Oder man wird feststellen, dass es keine Vergleichs-Texte gibt.

Diese Arbeit macht jede wissenschaftliche Theologie der Welt - egal ob katholisch oder kubickisch. - Irgendwann wird man sich dann aber doch der Frage zuwenden müssen, wie die im Text thematisierte Person (hier: Jesus) im Kontext der Bibel mit dem konkret textkritisch bearbeiteten Text korreliert. - Und dann können sich Methodiker streiten, ob dies dann noch in die Textkritik/historisch-kritische Methode passt (ich weiss es nicht - es ist letztlich auch egal).

Die Frage lautet in jedem Fall: Wie steht Subjekt (Textverfasser/verfasster Text) zum Objekt (hier: Jesus)? - Diese Frage ist deshalb wichtig, weil Subjekt und Objekt nicht identisch sind. - Und dann kommen eben Theologen, die diese Frage mit unterschiedlichen Argumenten beantworten.

Und dann sagt bspw. Kubicki: "Ich interpretiere, dass sich Subjekt und Objekt nicht wesentlich unterscheiden - der Text könnte inhaltlich aus der Feder Jesu sein". - Und dann sagen die kirchlichen Theologien: "Im biblischen Gesamt-Kontext überlagern sich hier unmittelbare Heilserwartung in der Zeit der Textverfassung mit der jesuanischen Lehre im Kontext von AT und NT. Der Text spiegelt mehr die Zeit seiner Verfassung wider als die Zeit Jesu selbst".

Und dann kommt man halt auf ganz unterschiedliche Schlussfolgerungen. - Der eine sagt: "Jesus hatte eine (äußere) Naherwartung, in der er sich geirrt hat". - Der andere sagt: "Jesus hatte nie eine (äußere) Naherwartung, weshalb er sich in ihr nicht geirrt haben kann". - Logo.

Aber kein seriöser Wissenschaftler wird im Namen der Wissenschaft sagen: "Es ist erwiesen, dass Jesus sich in seiner Naherwartung geirrt hat". - Denn das würde bedeuten, dass der Betroffene seine eigene Disziplin nicht kennt - als Privatmeinung gekennzeichnet kann man es natürlich schon sagen: "Persönlich glaube ich, dass Jesus eine Naherwartung hatte und sich darin geirrt hat". - Das ist Ausdruck ganz normaler Meinungs-Freiheit.

Ist diese Gedankenführung denn wirklich nicht nachvollziehbar?

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