Markus-Evangelium

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Thaddäus
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#111 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Thaddäus » Sa 19. Aug 2017, 09:01

Rembremerding hat geschrieben: Der Mt-Urtext und das Mk wird mit Mk 11:17 geendet haben, weil man in der frühen Phase der Entstehung des Urtextes noch die Hoffnung hegte, ganz Israel zu Jesus zu bekehren und nichts Anstößiges gegen die Juden ins Evangelium einbringen wollte.
Das war gar nicht nötig, denn Jesus selbst hat authentisch ausreichend Anstößiges gegen den institutionalisierten jüdischen Kultus hervorgebracht. Das reicht von seiner Anrede Gottes mit "Vater", was für jüdische Ohren blasphemisch war; über seinen Umgang mit Frauen während ihrer Monatsregel, was einem jüdischen Rabbi strengstens verboten war und seiner Heilungen am Sabbat; bis zu seiner Tempelreinigungsaktion, seinen Umgang mit Zöllnern, Kindern usw.

Rembremerding hat geschrieben: Jesus brachte gegen eine korrupte Praxis das Gottesrecht wieder zur Geltung. Die Tempelbehörde war sich dieser Grauzone bewusst, nur so ist der Umstand erklärbar, dass bei der Tempelreinigung weder eine bereitstehende römische Kohorte von der Burg Antonia ausrücken musste noch die Autoritäten dagegen einschritten.
Das ist historisch falsch: Die Darbringung von Opfern sowie ihr Erwerb und der dafür nötige Geldwechsel im Tempelvorhof waren absolut selbstverständlich. "Korrupt" war diese Praxis ganz gewiss nicht. Der Opferbetrieb im Tempelvorhof war damals genau so erlaubt und üblich, wie heute der Verkauf von Postkarten, Kerzen und anderem im Eingangsbereich größerer katholischer Kirchen erlaubt ist. In der Tat wolte Jesus mit seiner Aktion den Tempelvorhof aber von dieser institutionalisierten Geschäftemacherei säubern.
Es gab insofern keine "Grauzone", derer sich die Tempelbehörde hätte bewusst sein können und hätte es dieses "schlechte Gewissen" tatsächlich gegeben, wäre dies gleichwohl für die römische und jüdische "Tempelpolizei" kein Grund gewesen, nicht sofort bei Tumulten im Vorhof einzugreifen. Der einizige plausible Grund, warum diese nicht eingegriffen haben, kann nur gewesen sein, dass sie von Jesu Aktion nichts mitbekommen haben, weil sie vorbei war, noch bevor es zu einem wirklichen Tumult kommen konnte.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 19. Aug 2017, 12:49, insgesamt 3-mal geändert.

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Thaddäus
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#112 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Thaddäus » Sa 19. Aug 2017, 09:32

Rembremerding hat geschrieben:Es ging tatsächlich um die Legitimation Jesu als Messias. Dabei war es sogar hinderlich, dass allgemein bekannt war, dass es sich um eine Jungfrauengeburt handelte, denn dies wird in der jüdischen Tradition nicht vom Messias berichtet.
Es geht bei der "Jungfrauengeburt" von Anfang an nicht darum, Jesus als jüdischen Messias zu legitimieren. Diese Legitimation erfolgte durch die Abgleichung von Jesu Wirken und Leben mit den diversen prophetischen Ankündigungen des Messias im AT. Paradebeispiele sind die nachträgliche Verlegung von Jesu Geburtsort von Nazareth nach Betlehem und die Konstruktion einer Abstammungslinie von König David, was Jesus als KÖNIG ISRAELS legitimieren soll.
Auch die angedichtete Jungfrauengeburt sowie die Legende von den "drei Weisen/Königen aus dem Morgendland" sollen Jesus als KÖNIG nachträglich legitimieren, jedoch nicht als den Messias.
Die altestamentlichen Prophezeihungen passen nicht deshalb auf Jesus, weil sie etwa schon Jesus als den kommenden Messias voraussagen. Sie passen darum, weil Jesu Leben und Wirken auf diese Prophezeihungen hin abgeglichen wurden.

Deine Behauptung ist übrigens falsch, es gäbe keine jüdische Tradition einer Jungfrauengeburt des Messias:
Darum wird euch der HERR selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel (Jes 7,14)
Insofern ist auch deine Schlussfolgerung falsch, es wäre plausibler gewesen, nicht von einer Jungfrauengeburt gegenüber den Juden zu sprechen; und daraus auch noch kontrafaktisch abzuleiten, eine Jungfrauengeburt Jesu zu verkünden, spräche ausgerechnet für die Authentizität dieser Jungfrauengeburtserzählung. Solche spekulativ hinkonstruierten, offensichtlich falschen Ableitungen, die allein den Zweck haben, zu einem genehmen Ergebnis zu kommen, stellen neutestamentliche Forschung auf den Kopf. Genau so wissenschaftlich unseriös geht man aber vor, wenn man kanonische Ratzingerexegese betreibt.

Rembremerding hat geschrieben:Dies zu verschweigen wäre sogar dienlicher gewesen, man tat es aber nicht, was für die Authentizität der Überlieferung spricht.
Diese Schlussfolgerung ist an den Haaren herbeigezogen und ein Witz. Sie zeigt aber, wie unseriös und spekulativ es wird, wenn man kanonische Exegese betreiben will.
Die "Jungfrauengeburt" hat eine lange altorientalische und hellenistische Tradition. Zu der Zeit, als die Jungfrauengeburt der Geburtslegende Jesu hinzugefügt wurde (der Evangelist Markus kennt überhaupt keine Geburtsgeschichte Jesu!), ging es nicht mehr nur darum, Jesus als den KÖNIG der Juden zu legitimieren, sondern als den KÖNIG über den gesamten Erdkreis (genau darum kommen die drei Weisen, die erst später zu Königen werden, aus den letzten Winkeln dieses Erdkreises).
Jungfrauengeburten und göttliche Abstammungslinien werden in der altorientalischen und hellenistischen Literatur vielen männlichen Herrschern angedichtet und sollen sie als die rechtmäßigen Herrscher rechtfertigen. Genau das ist ihr narrativer Sinn.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 19. Aug 2017, 12:52, insgesamt 2-mal geändert.

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#113 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Rembremerding » Sa 19. Aug 2017, 11:23

Thaddäus hat geschrieben:
Deine Behauptung ist übrigens falsch, es gäbe keine jüdische Tradition einer Jungfrauengeburt des Messias:
Darum wird euch der HERR selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel (Jes 7,14)
Du siehst also nicht erneut deinen Fehler?
Ich habe dir an anderer Stelle schon geschrieben, dass ich deine nur bedingte Kompetenz erkenne, hier forderst du von dir einfach einen zu hohen Anspruch, zu sicher willst du dir sein, was Fortschritte oftmals verhindert.
Ich bin jedoch weder dein Lehrer noch dein Kritiker, weshalb ich nichts korrigiere.

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Thaddäus
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#114 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Thaddäus » Sa 19. Aug 2017, 12:32

Rembremerding hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:
Deine Behauptung ist übrigens falsch, es gäbe keine jüdische Tradition einer Jungfrauengeburt des Messias:
Darum wird euch der HERR selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel (Jes 7,14)
Du siehst also nicht erneut deinen Fehler?
Der Fehler ist die fehlerhafte Übersetzung der jesanischen jungen Frau zu "Jungfrau".
Fest steht aber, dass die spätere christliche Tradition eben genau diese junge Frau bei Jesaja zur Jungfrau umgedeutet hat, um die Königswürde Jesu besonders herauszustellen. Die Rede von einer jungen Frau bei Jasaja bedeutet nicht, dass die Juden mit der Vorstellung eines von einer Jungfrau geborenen Messias ein Problem gehabt hätten.

Du hast recht, als man insofern nicht von einer "jüdischen Tradition" einer Jungefrauengeburt sprechen kann, wie ich das oben getan habe und was ich aufgrund deines berechtigten Einwandes zurückziehe.
In Wahrheit ist diese Übersetzung und Umdeutung allerdings bereits eine frühchristliche, und historisch korrekt ist an der ganzen Geschichte nicht das Geringste.

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#115 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Hemul » Sa 19. Aug 2017, 14:04

Thaddäus hat geschrieben: Der Fehler ist die fehlerhafte Übersetzung der jesanischen jungen Frau zu "Jungfrau".
Martin Buber schreibt als ein von der Fachwelt anerkannter Übersetzer des Tanach in Jesaja 7:14 aber nichts von einer "jungen Frau" sondern folgendes:
"Da, die "JUNGE" wird schwanger und gebiert einen Sohn.
Seinen Namen soll sie rufen:
Imanuel,Bei uns ist Gott."
Hast erneut wieder etwas beigemogelt-gelle? ;)
https://www.google.de/search?rlz=1C1EJF ... 5121.26226
Jụn·ge1
Substantiv [der]
1.
Kind oder Jugendlicher männlichen Geschlechts.
"In der Klasse sind 15 Jungen und 10 Mädchen.
"
Die von Buber oben erwähnte "JUNGE" muss demnach kein "JUNGE" sondern ein unberührtest Mädchen sein-gelle?
:wave:
Zuletzt geändert von Hemul am Sa 19. Aug 2017, 14:14, insgesamt 1-mal geändert.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#116 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Rembremerding » Sa 19. Aug 2017, 14:12

Thaddäus hat geschrieben:
Du hast recht, als man insofern nicht von einer "jüdischen Tradition" einer Jungefrauengeburt sprechen kann, wie ich das oben getan habe und was ich aufgrund deines berechtigten Einwandes zurückziehe.
In Wahrheit ist diese Übersetzung und Umdeutung allerdings bereits eine frühchristliche, und historisch korrekt ist an der ganzen Geschichte nicht das Geringste.
Deine Korrektur ist dir hoch anzurechnen. Danke! :Herz:
Aber schon im zweiten Satz machst du wieder eine falsche historische Aussage. Erkennst du deinen Fehler?
Wer den Anspruch erhebt hier angeblich wissenschaftlich zu argumentieren, muss genau argumentieren. Dies verlange ich zu Ehren der Wissenschaft. Entweder fehlt dir nun das nötige Wissen dafür (was ja nicht schlimm ist) oder du folgst (unerkannt?) einer Ideologie, welche wissenschaftliche Ergebnisse für ihren Zweck verfälscht oder umdeutet.


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#117 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Thaddäus » Sa 19. Aug 2017, 14:21

Rembremerding hat geschrieben: Wer den Anspruch erhebt hier angeblich wissenschaftlich zu argumentieren, muss genau argumentieren. Dies verlange ich zu Ehren der Wissenschaft. Entweder fehlt dir nun das nötige Wissen dafür (was ja nicht schlimm ist) oder du folgst (unerkannt?) einer Ideologie, welche wissenschaftliche Ergebnisse für ihren Zweck verfälscht oder umdeutet.
Eigentlich hatte ich nur für einen Moment vergessen, dass Jesaja in Wahrheit nicht von einer Jungfrau, sondern von einer jungen Frau spricht. Den Rest meiner Argumente halte ich für richtig.

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#118 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Catholic » Sa 19. Aug 2017, 14:27

Thaddäus hat geschrieben: Eigentlich hatte ich nur für einen Moment vergessen, dass Jesaja in Wahrheit nicht von einer Jungfrau, sondern von einer jungen Frau spricht. Den Rest meiner Argumente halte ich für richtig.

Wobei,"Rembre" kann mich notfalls korrigieren,nicht unwesentlich ist ob Jesaja eine unverheiratete Frau meinte oder nicht.

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#119 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Rembremerding » Sa 19. Aug 2017, 14:54

Catholic hat geschrieben: Wobei,"Rembre" kann mich notfalls korrigieren,nicht unwesentlich ist ob Jesaja eine unverheiratete Frau meinte oder nicht.
Wichtig ist hier zudem etwas anderes:
Es waren jüdische Gelehrte vor Christi Geburt, welche zuerst die Tora, dann die Prophetenbücher vom Hebräischen ins Griechische übersetzten. Jes 7,14 ist ein klassisches Beispiel über deutliche Unterschiede zwischen dem hebräischen Text und seiner griechischen Übersetzung, der Septuaginta (LXX).
Von "junger Frau" im Hebräischen (‚almā) übersetzten sie "Jungfrau" im Griechischen (parthénos).
Es fand also keine "frühchristliche" (angeblich falsche) Übersetzung und Umdeutung statt.

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Andreas
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#120 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Andreas » Sa 19. Aug 2017, 16:07

Rembremerding hat geschrieben:Es waren jüdische Gelehrte vor Christi Geburt, welche zuerst die Tora, dann die Prophetenbücher vom Hebräischen ins Griechische übersetzten. Jes 7,14 ist ein klassisches Beispiel über deutliche Unterschiede zwischen dem hebräischen Text und seiner griechischen Übersetzung, der Septuaginta (LXX).Von "junger Frau" im Hebräischen (‚almā) übersetzten sie "Jungfrau" im Griechischen (parthénos).
Um mich davon zu überzeugen, fehlt mir der Beleg durch eine Handschrift die VOR dem Christentum geschrieben wurde, in der tatsächlich ἡ παρθένος (parthénos = Jungfrau) steht und nicht νεᾶνις (neanis = junge Frau). Dieser Beleg müsste schnell zur Hand sein, denn diese Diskussion ist uralt und heftig umstritten. Ich finde da nichts, immer nur Handschriften aus Zeiten als es das Christentum schon gab.

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