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von closs » Do 2. Mai 2013, 13:57
Hier noch mal ein Versuch. – Dabei soll unterschieden werden zwischen
A) der Text selbst,
B) die unmittelbare Textdeutung (was steht da?) und
C) die Interpretation (was soll das geistig bedeuten?)
1. Basis „Konkordantes NT“ (Pforzheim)
16,1 Da war ein reicher Mann, der einen Verwalter hatte. Dieser wurde bei ihm von einem Widersacher beschuldigt als einer, der dessen Besitz vergeude.
Der Verwalter wird also nicht vom reichen Mann, sondern von einem Widersacher beschuldigt.
Darauf sagt der reiche Mann: 16,2 Was ist das, was ich von Dir hören muss? Erstatte Rechenschaft.
Darauf der Verwalter: 16,3 Was soll ich tun, da mein Herr mir die Verwaltung wegnimmt?
Der Verwalter geht also davon aus, dass ihm die Verwaltung weggenommen wird, obwohl er lediglich nach Rechtfertigung ersucht wird. Dies legt nahe, dass der Verwalter davon ausgeht, dass er sich nicht rechtfertigen kann.
Dementsprechend fährt der Verwalter weiter: 16,4 Ich erkenne jetzt, was ich tun werde, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich aus der Verwaltung abgesetzt bin.
Der Verwalter will also etwas für „sie“ tun, die eine Personengruppe betrifft, die nicht zum reichen Mann gehört. – Denn wenn der Verwalter für den Falle seiner Absetzung auf „sie“ setzt, sind es andere, als Personen beim „reichen Mann“. – Der Verwalter will also etwas für andere tun, statt etwas für seinen Herrn zu tun.
16,5 Dann rief er jeden Schuldner seines Herrn zu sich, um ihnen Nachlässe auf die Schuld beim „reichen Mann“ zu gewähren.
Der Verwalter meint also mit „sie“ die Personengruppe der Schuldner seines Herrn, denen er Schulden erlässt, sich also Dankbarkeit erkauft, 16,4 damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich aus der Verwaltung abgesetzt bin.
16,8 Jener Herr lobte den ungerechten Verwalter, dass er klug gehandelt habe; denn die Söhne dieses Äons sind im Umgang mit ihrer Generation klüger als die Söhne des Lichts.
Das „jener“ weist darauf hin, dass „jener Herr“ und „der reiche Mann“ identisch sind. – Denn das Demonstrativpronomen „jener“ muss Bezug haben zu einer bereits genannten Person – und dafür kommt nur „der reiche Mann“ in Frage. – Der „reiche Mann“ lobt also jemanden als „klug“, den er gleichzeitig als „ungerecht“ bezeichnet. – Begründet wird dieses Lob damit, dass der Verwalter erkannt habe, wie man mit den Menschen in der Zeit (hier den Schuldnern) umzugehen habe.
Hier wäre zu klären, was mit „Lob“ und „klug“ gemeint ist. – Ist damit
A) ein aufrichtiges Lob für aufrichtige Klugheit gemeint, oder
B) drückt der „reiche Mann“ damit aus, dass der Verwalter sich gerissen aus einer für ihn glimpflichen Situation gerettet habe – im Sinne von: „Hast Du schlau gelöst, Du Hund“
Setzt man „den reichen Mann“ und „den Herrn“ mit Gott gleich (was vermutlich alternativlos ist), hieße dies,
ad A) dass Gott einen Ungerechten dafür lobt, dass er den pragmatischen Umgang mit Problemen höher schätzt als das, was „Söhne des Lichts“ tun würden. – Das erscheint merkwürdig.
Ad B) Alternative: Gott anerkennt („lobt“), dass der Verwalter im pragmatischen Umgang mit Problemen zielgenau gearbeitet hat. – Das ginge – stimmt aber nur bei weiter Auslegung mit dem Text überein.
Gehen wir weiter – darauf sagt Jesus (wie es aussieht, ist das Gleichnis beendet) zu 16,1„Seinen Jüngern“: 16,9 Sage ich Euch etwa: „Macht Euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er ausgegangen ist, man Euch in die äonische Zelte aufnehme?
Jesus kommentiert also das Gleichnis, indem er die rhetorische Frage stellt im Sinne von: „Glaubt Ihr wirklich, meine Jünger, man könne das Heil erreichen, indem man sich mit ungerechtem Mammon, also mit weltlichen „Klugheiten“, Freunde macht? – Auf das Geschehen vorher bezogen heißt dies: Die Klugheit des Verwalters, sich in Erwartung eines Rausschmisses durch seinen Herrn durch kluge Unehrlichkeit bringt zwar erst mal Häuser, in die man aufgenommen wird. Aber der Lohn des ungerechten Mammons ist irgendwann „ausgegangen“. – Meint der Verwalter, er würde mit diesem Verhalten „in die äonische Zelte“, also ins Heil, aufgenommen werden?
Weiter gibt Jesus die Antwort auf die von ihm gestellte rhetorische Frage: 16,11 Wenn ihr mit dem ungerechten Mammon nicht treu wart, wer wird Euch das wahrhafte Gut anvertrauen?
Wenn also der Mensch schon mit dem ihm anvertrauten Vermögen in der Welt untreu umgeht (wie es der Haushalter tut) – wie soll man ihm dann geistige Güter anvertrauen? – Sie also in den Stand von Söhne des Lichts bringen, die zwar nicht „daseins-schlau“ sind, aber der geistigen Güter würdig sind.
Zusammenfassend sagt darauf hin Jesus: 16,13 Ihr könnt nicht Gott sklaven (dienen) und dem Mammon.
Wer der Hausverwalter ist, wird aus Jesu Mund auch klar: 16,15 Ihr (Pharisäer) seid es, die sich vor den Augen der Menschen selbst rechtfertigen. Gott aber kennt Eure Herzen.
Jesus wirft also den Pharisäern vor, dass sie sich vor den Menschen rechtfertigen, so wie „die Söhne dieses Äons … im Umgang mit ihrer Generation klüger <sind> als die Söhne des Lichts“. – Gott will aber, das seine Stellvertreter (also die Pharisäer) „Söhne des Lichts“ sind – nicht daseins-gerissen, sondern mit gutem Herzen.
Diese Interpretation erscheint mir spirituell in Bezug auf Gottes Wesen passend zu sein. – Allerdings bereitet ein Satz nach wie vor Bauchschmerzen:
16,8 Jener Herr lobte den ungerechten Verwalter, dass er klug gehandelt habe; denn die Söhne dieses Äons sind im Umgang mit ihrer Generation klüger als die Söhne des Lichts.
Blicken wir in andere Übersetzungen:
(Münchener Übersetzung) 16,8 Und es lobte der Herr den Verwalter der Ungerechtigkeit, weil klug er handelte; denn die Söhne dieses Aions sind klüger als die Söhne des Lichts in ihrer eigenen Art
(David Stern) 16,8 Und der Arbeitgeber dieses unehrlichen Verwalters gratulierte ihm dafür, so klug gehandelt zu haben! Denn die Weltkinder haben mehr Sechel als die, die das Licht empfangen – jedenfalls im Umgang mit Menschen ihren Schlags!
Mir bleibt zur Vermeidung weit schwerwiegenderer Widersprüche weiterhin nichts anderes, als zu interpretieren: Der Arbeitgeber gratuliert seinem unehrlichen Verwalter für dessen Erfolg auf DESSEN Art, die dem Umgang mit Seinesgleichen entspricht – im Sinne von: „Haste echt schlau gemacht“, aber auch: „Ich bin nicht Deinesgleichen“. – „Du bist gefeuert“.