Thaddäus hat geschrieben:"Es gibt genau eine Wahrheit, die aber nur von Perspektiven "beleuchtet" werden kann, von denen man nie weiß, wie authentisch sie zu dieser Wahrheit sind" stellt einen direkten Widerspruch dar
Weil Du "Wahrheit" anthropozentrierst - damit habe ich nicht gerechnet. - Wenn ich von "Wahrheit" spreche, meine ich damit das "Wahr-Sein".
Es "ist wahr", dass Thaddäus gelegentlich in München arbeitet - es "ist (wahrscheinlich) nicht-wahr", dass Thaddäus gelegentlich in Timbuktu arbeitet. - "Wahr-Sein" hat also ausschließlich mit Eigenschaften des Objekts zu tun - will heißen: Auch wenn Du das einzige denkende Wesen im Universum wärest, wäre es ein "Wahr-Sein", dass Du in München arbeitest, denn Du arbeitest dort WIRKLICH gelegentlich. - Es wäre nicht erst dann wahr, wenn jemand eine Aussage darüber macht.
Trotzdem: Ich verstehe Deinen Einwand - über solche Dinge kann man sich definitorisch einigen.
Thaddäus hat geschrieben:Da nach deiner eigenen Voraussetzung jeder Mensch immer nur eine Perspektive einnehmen kann, die, nach deiner eigenen Aussage, nur den Glauben an eine Annäherung an die Wahrheit zulässt, gibt es keinen Menschen und keine Möglichkeit, defintiv festzustellen, ob diese vermutete "Wahrheit" wirklich wahr ist. Und das gilt eben auch für deine ontologische These, es gäbe die eine Wahrheit!
Ich verstehe jetzt, was Du meinst - und trotzdem gäbe es das Wahr-Sein, dass Du gelegentlich in München arbeitest. - Hast Du einen Vorschlag, wie man dieses sprachliche Problem (mehr ist es nicht), einvernehmlich lösen kann?
Mir geht es darum, dass "das, was ist" ("Thaddäus arbeitet gelegentlich in München2) nicht anthropozentristischer Spielball wird - wenn Du verstehst, was ich meine.
Thaddäus hat geschrieben:Wenn du also behauptest, deine eigene ontologische Aussage könne von einem Menschen nicht eingenommen werden, du als Mensch aber genau diese Aussage triffst, dann ist das ein performativer Widerspruch.
Moment: Ich kann diese ontologische Perspektive "von unten" simulieren, aber doch nicht einnehmen. - Könnte ich sie einnehmen, hätte ich doch den absoluten Blick der Wahrheit, den ich sicherlich NICHT habe.
Wie würdest Du diesen wichtigen Unterschied sprachlich verarbeiten?
Thaddäus hat geschrieben:Es gibt leider keine Möglichkeit, dir das höflicher und schonender beizubringen, aber deine obige Antwort ist nicht nur wenig schlau, sie ist wirklich dumm.
Nein - es wird jetzt kein Revanche-Foul geben, jedoch:
Du machst nach meiner festen Überzeugung den Fehler, dass Du Dich zu sehr auf gruppenspezifische Sprach-Vereinbarungen konzentrierst (und vermeintliche oder wirkliche Verstöße dagegen sanktionierst), statt in die Dinge selbst zu gucken. - Konkret:
Hier geht es um "Wahrheit" - Deine (vielleicht ist es eine geläufige) Definition kann dazu führen, dass am Ende rauskommt: "Es gibt keine Wahrheit". - Das aber wird vom Menschen als Relativismus des Seienden selbst verstanden: "Da man Jesu Naherwartung so oder anders interpretieren kann, hat Jesus so oder anders gedacht".
Dagegen steht, dass der Mensch unter "Wahrheit" versteht, was Jesus tatsächlich damals gedacht hat, egal was wir mit unseren Bemühungen dazu meinen. - Insofern würde ich dem Subjekt nie den Begriff "Wahrheit" zugestehen, sondern nur den Begriff "für-wahr-halten": "Ich halte für wahr, dass Thaddäus gelegentlich in München arbeitet, da sie es selbst sagt, Bilder von Überwachungskameras es zeigen und auf ihren Namen neulich ein Strafzettel wegen Falschparkens gezahlt wurde". - Ob es "wahr-ist", weiß ich trotzdem nicht - aus verschiedensten Gründen - das Totschlag-Argument kommt nach wie vor von Augustinus und Descartes: "Woher weiß ich, dass meine Wahrnehmung nicht nur Vorstellung ist und es die Res extensae gar nicht gibt". - Mit anderen Worten: Der Mensch "hält für wahr" - und erst dann kann man sagen: "Dieses Für-Wahr-Halten kann sehr verdichtet werden zur Wahrheit hin mit Logik, Methodik, Experimenten, etc." - und trotzdem immer wieder mit Rest-Risiko.
Konkret: Es gibt nur die EINE Wahrheit dessen, was wirklich war. - Das Wahr-Sein ist nicht verhandelbar, jedoch über Für-wahr-Halten annäherbar.
Thaddäus hat geschrieben:Auch diese Äußerung ist nicht nur wenig intelligent, sondern recht dumm. DU bist es closs, der die obige ontologische Behauptung aufstellst.
Richtig - und in diesem Moment ist es meine Perspektive. - Der Zusammenhang war, dass Du dieser Perspektive Vollmachten zugeordnet hast, die ich nicht teilen kann. - Und gewöhne Dir trotzdem ab, alles als "dumm" zu bezeichnen, was nicht im Hoheitsgebiet Deines Sandkastens ist.
Thaddäus hat geschrieben:Wahr oder falsch können aber nur deine Ausagen über diese Eiche sein.
Das hatten wir oben - ein Sprachproblem. - Wie bringt man mit Deiner Sprachregelung das "Wahr-Sein" der Eiche ("Es IST eine Eiche - es IST wahr, dass es eine Eiche ist") unter?
Ich sehe bei Dir nach wie vor die Gefahr der Anthropozentrierung des Seins: " Dein Eiche-Sein ist erst zertifiziert, wenn es die Hürde unserer Wahrnehmung genommen hat. - Zieh Dich warm an, Du Eiche".
Thaddäus hat geschrieben:Deine ontologische These oben, es gäbe nur eine Wahrheit, kann aber deshalb nicht entschieden werden, weil dein skeptischer Perspektivismus ausschließt, dass es Kritieren dafür geben könnte festzustellen, ob deine These wahr ist oder nicht.
Mit Deiner Sprachregelung geht das - inhaltlich ist dabei was faul.
"es gäbe nur eine Wahrheit, kann aber deshalb nicht entschieden werden"
Es kann in der Tat NIE vom Menschen entschieden werden:
1) Weil Wahr-Sein grundsätzlich nicht menschlicher Entscheidung obliegt.
2) Weil die Differenz zwischen Wahrnehmung und "Realität" immer größer als Null ist.
Trotzdem gibt es ein Wahr-Sein "Das ist eine Eiche" - unabhängig von uns.
Thaddäus hat geschrieben:Sie existiert unabhängig von deinen Überzeugungen über diesen Baum.
Genau da sind wir uns einig.
Thaddäus hat geschrieben: Wahr oder falsch können aber nur deine Ausagen über diese Eiche sein.
Das ist eben Folge Deiner Sprachregelung - aus meiner Sicht gibt es:
1) Wahr-Sein des Seins selbst "Es-ist-so" als konkurrenzloser Bezugspunkt für jegliche Wahrnehmung.
2) Wahr-Sein einer perspektivischen Wahrnehmungs-Perspektive = Authentizität zum Objekt oder einem Teil davon.
WAS authentisch ist, ist bei geistigen Fragen sehr schwer objektivierbar (in naturwissenschaftlichen Fragen ist es natürlich einfacher - aber davon reden wir ja nicht).