Queequeg hat geschrieben:Wir behalten dabei im Hinterkopf: ein von Gott erlassenes Gebot aus dem immerhin - Dekalog!
Hast du Gott dabei zugesehen, wie er es erlassen hat? Woher weisst du dann, dass Gott es erlassen hat? Achso, du gibst jüdisch-christliche Anschauungen wider, meinst du so? Bist du dir ganz sicher, dass du verstanden hast, worum es bei dem Bilderverbot eigentlich geht? Im folgenden diskutiere ich das 1. Gebot anhand von Ex. 20,2ff:
Vers 3: 1. Gebot: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben
Vers 4 und 5 exemplifizieren m.E. das in Vers 3 ausgedrückte Gebot bzw. sind eine Folge des 1. Gebotes: wenn ich schon keine anderen Götter haben darf, dann ist klar, dass ich sie auch nicht anbeten darf (Vers 5).
Interessanter ist m.E. Vers 4: Du sollst Dir kein Bild machen ... usw.: Wenn ich an Gott glaube als den, worauf die Welt vollständig bezogen ist, der aber gänzlich von der Welt verschieden bleibt, dann ist klar, dass Gott zu einem "Stück Welt" neben anderen Stücken (oder Göttern) wird, sobald ich daran gehe, Schöpfung und Schöpfer homolog gleichzusetzen, miteinander zu identifizieren. Das ist, so denke ich, die Bedeutung von "sich ein Bild machen": nämlich einer fatalen Verwechselung zu erliegen.
Man könnte jetzt sagen, dass in Vers 4. ein weiteres Gebot zum Ausdruck komme. Man soll also zum einen keine anderen Götter neben GOTT haben (Vers 3) und dazu soll man sich von GOTT kein Bild machen. Das hiesse aber, dass es neben GOTT noch andere Götter geben würde. Wenn diese anderen Götter aber "echt" wären in dem Sinn, dass sie wie GOTT selbst nicht mit der Welt oder mit Teilen dieser identisch wären, dann wäre zu fragen, in welcher Beziehung diese Götter und Gott stehen. Man hätte eine Art Pantheon, einen Olymp mit mächtigen und weniger mächtigeren Götterwesen. In jedem Fall wäre GOTT nicht mehr "der einzige Gott". Da Gott aber der einzige Gott ist, können andere "Götter" nur Bilder oder Teile der Welt sein, die man irrtümlich für etwas Gottgleiches hält. Und wer Gott so begreift, nämlich ihn mit seiner Schöpfung zu identifizieren, der macht ihn solchen anderen Göttern gleich. GOTT würde damit seine Eigenständigkeit verlieren und zu einem Götzen werden, vor denen uns die Verse 3 bis 5 warnen.
Wenn in der katholischen oder orthodoxen Kirche Abbildungen von Jesus zu sehen sind, dann bedeutet dies keine Verwechselung des Bildes mit Gott. Es ist also alles ok. Aber im Bilderverbot steckt eben nebenbei eine wie ich meine tiefe Botschaft für unser Leben. Wie oft vergöttern wir Irdisches, Vergängliches? In jüdisch-christlicher Tradition ist die gesamte Schöpfung (Erde, All usw.) nur ein Verweis auf Gott, ein Fingerzeig, der aber nicht mit ihm identisch ist. Nichts weltliches vergöttern ist der erste Schritt, die Welt anders zu sehen.