closs hat geschrieben:Queequeg hat geschrieben:Eigentlich erschafft sich jeder Mensch seine Welt, seinen Kosmos selbst
"Eigentlich" gerade nicht - aber seine Wahrnehmung lässt ihn dies wähnen.
Das ist eine leere Behauptung, closs, und Gott sei Dank ist sie leer. Denn aus solchen Behauptungen ist ein groß Teil menschlichen Elends entstanden, und das ist auch der Grund, warum ich immer wieder auf diese Deine Behauptung eingehe.
Denn hier passiert genau das, was Queequeg angedeutet hat:
die Verwechslung von selbstaufgestellten Dogmen mit absolut geltenden Dogmen dient de facto dazu, das eigene Ego als Maßstab zu nehmen.
So oft Du auch versuchst, rein mathematisch das Ego in solchen Aussagen wie Deiner obigen zu leugnen - de facto steckt das Ego dahinter.
Das Ego bläht sich auf zum Definierenkönnen der EINEN großen Wahrheit und bildet sich ein, damit der EINEN großen Wahrheit eine Stimme gegeben zu haben.
closs hat geschrieben:Queequeg hat geschrieben:, bis es dem geistigen Kosmos des egomanen Individiums entspricht.
Stimmt - deshalb gibt es Menschen, die zwischen "Ego" und "Selbst" unterscheiden (rein definitorisch) - um nämlich auszudrücken:
* Hier "Bewusstsein" als Narzissmus-Einlösung ("Ego").
Das ist Volksverdummung, closs.
Dadurch, dass man definiert, dass man mit "Selbst" etwas meint, was nicht dem Ego entspricht, hat man nur mit Bildung von Begrifen Sand in die Augen der anderen gestreut.
Du benutzt Begriffe von C.G.Jung, die er anders gemeint hat als Du.
closs hat geschrieben:
* Dort "Bewusstsein" als Con-Scientia - also Mit-Wissen (sprachlich im Mittelalter von "mit-wizzei" zu "ge-wizzeni" abgeschwächt) als Teilhabe an dem, woraus man kommt ("Selbst").
Das ist begriffliches bla-bla.
Warum Du das nicht erkennst, ist mir komplett unverständlich. Jeder kann sich jeden beliebigen Begriff ausdenken - zum Beispiel die Hölle -, und schon soll das ein Nachweis sein, dass sie existiert?
closs hat geschrieben:Unsere "aufgeklärte" Zeit fährt voll auf der Schiene des Ego, weil sie das Ich zum Maßstab macht - also das Gegenteil von "con-scientia".
Allein dieser Satz ist ein Zeichen unreflektierten Denkens. Solche "griffigen Sätze" sind schon zu Begriffsbausteinen geworden, über die man nicht mehr nachdenkt, weil sie schon zum unreflektietren und unreflektierbaren "Gedankengut" bestimmter ideologischer Sichtweisen gehört.
Was meinst Du, wie oft ich diesen unseligen Satz fast wörtlich von einer bestimmten ideologischen "Gemeinschaft" gehört habe.
Das wird nachgeplappert, weil es so schön leicht ist, die "heutige Zeit" abzukanzeln - nachweisen muss man nichts, man darf nur Sätze raushauen, die andere geprägt haben -, aber eine wirkliche substantielle Auseinandersetzung ist das nicht, insofern für mich nur ideologische Schaumschlägerei.
Mit gutem Recht nämlich ließe sich in unserer Zeit nachweisen, dass viele herrische und selbstverliebte Dogmen der mittelalterlichen Scholastik heute überwunden sind.
Die Aussage, dass man sich "heute" mehr das Ich zum Maßstab macht als in mittelalterlichen Zeiten - das muss in seinem ideologischen Gehalt untersucht werden.
Das könnte damit zusammenhängen, dass man - wie in manchen christlichen Gemeinschaften - nicht möchte, dass das Individuum glücklich ist.
Und warum will man es nicht?
Zum Beispiel: Weil man das Individuum sonst nicht instrumentalisieren kann für eigene egoistische Zwecke.
Ich denke, das ist der entscheidende Grund:
Ein freies Ich ist nicht so leicht instrumentalisierbar.
Wenn jemand die Aufklärung rund-um ablehnt - also nicht dialektisch denkt, sondern in Schwarz-Weiß-Kategorien denkt -, dann verteidigt er die Macht gegen das Recht des Individuums auf freie Entscheidung gegen Manipuliertwerden.
Fortsetzung folgt