Samantha hat geschrieben:Münek hat geschrieben:Und wenn ich es wüsste, wüsste ich immer noch nicht, ob die theologischen Wissenschaftler es sind.
Seit wann sind denn Theologen Wissenschaftler?
Wenn ich mich mal einschalten darf (auch wenn @Münek vermutlich mit mir "durch" ist), ist diese Frage schwer zu beantworten, da die Theologie sehr weit zurückreich. Meines Wissens sahen sie sich im Mittelalter immer als Hüter der Wissenschaften an, aber damals war Wissenschaft noch nicht das, was wir heute darunter verstehen.
Dass sich die Theologie in der neuesten Zeit an den Universitäten halten konnte, ist meiner bescheidenen Kenntnis nach vor allem Rudolf K. Bultmann zu verdanken.
Die Frage, was Wissenschaft ist, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Was Wissenschaften gemeinsam ist, ist eine systematische Herangehensweise. Die moderne Theologie bedient sich wissenschaftlicher Methoden bei der Exegese, wie Anthropologie, Relegionstheorie, Soziologie und der historisch-kritischen Exegese.
Google mal nach Prof. Paul J. Tillich (Professor für Theologie und Philosphie) oder Prof. Erich Zenger (bedeutender Exeget). Es steht außer Frage, dass Theologen offiziell als Wissenschaftler angerkannt werden, obgleich sie aus historischen Gründen wohl eine Sonderrolle unter den Geisteswissenschaftlern einnehmen.
Zur Abfassungszeit des Lukasevangeliums:
In der Historie geht man allgemein von der Gültigkeit der Rationalität aus. Wenn in einem alten Brief von Urgroßmutter z.B. über die Trümmerfrauen berichtet wird, kann man davon ausgehen, dass dieser nach dem 2. Weltkrieg abgefasst wurde.
Im
Lukasevanegeliuem wird in prophetischen Worten beschrieben, dass die Römer Jerusalem mit ihren Heeren umringen würden und Jesus appelierte an seine Jünger, dass die Menschen daran erkennen sollten, dass die Vernichtung bevorsteht und daher in die Berge fliehen sollten.
Tatsächlich wurde Jerusalem im Jahre 66. n. Chr. von Cestius Gallus belagert, doch er zog wieder ab. Warum? Die Darstellungen, die ich hierzu kenne, reichen von plötzlich und scheinbar grundlos, bis dahin, dass sich Gallus nicht in der Lage sah, die Belagerung aufrecht zu erhalten.
Beim Rückzog jagten ihnen die Zeloten nach und die Römer erlitten ihre schwerste Niederlage. Doch im Folgejahr marschierten auf Neros Befehl Vespasian und sein Sohn Titus in Israel ein. Im Jahre 68 n. Chr. wurde u.a. das Gebiet um Quram erorbert und somit die Qumran-Höhlen geschlossen. (Daher können wir folgern, dass die jüngsten Qumran-Schriften bis zum Jahre 68 verfasst wurden.)
Lukas berichtet davon, dass die Römer Jerusalem mit einem
Wall aus spitzen Pfählen belagern und verwüsten würden.
Aus historischer Sicht erscheint es logisch, dass der Schreiber des LukEv von diesen historischen Ereignissen gewusst haben muss. Niemand würde auf die Idee kommen, dass der Historiker Josephus Geschichte im Voraus aufschrieb, also scheint es vernünftig zu sein, "Lukas"
vaticinia ex eventu zu unterstellen.
Wem der Glaube an jesuanische Prophetie zu weit hergeholt erscheint, dem möchte ich darauf aufmerksam machen, dass das drohende, römische
Damoklesschwert schon seit Dekaden über Israel und Jerusalem schwebte. Für einen gläubigen Rabbie wäre es keineswegs ungewöhnlich, diese Beobachtung nach den
"Regeln deuteronomistischer Geschichtsdeutung" (
K. Berger) mit der Befürchtung einer bevorstehenen Vernichtung Jerusalems und des Tempels in Verbindung zu bringen. Allerdings ist es schon erstaunlich, wieviele historische Details das LukEv diesbezüglich enthält.