piscator hat geschrieben:R.F. hat geschrieben:Willst Du damit andeuten, mein lieber piscator, die beiden zitierten Journalisten seien nicht ganz bei Trost? Zugegeben, das Thema ist für die Medien ein gefundenes Fressen. Doch es wird nach meiner Überzeugung anders kommen. Die Frau Merkel sollte sich schon mal überlegen, ob sie nicht dem Beispiel des Pofalla folgen und noch vor Ende März demissionieren sollte...
- - -
Aber was mich wirklich mal interessieren würde, woher kommt eigentlich deine Abneigung gegen Angela Merkel?
Wie Adenauer, Brandt, Kohl und Schröder hat auch Frau Merkel zum Aufstieg Deutschlands zur ersten Macht Europas beigetragen. Wohl kaum anzunehmen aber, dass dieses Ziel von vornherein geplant war. Während sich aber Schröder noch 2004 demütigst an die Brust des damaligen französischen Präsidenten Chirac schmiegte, Sarkozy mit Merkel immerhin noch auf Augenhöhe verhandelte, hat sich das Verhältnis zu Frankreich unter Präsident Hollande sehr verändert. Erst dann hat Merkel begonnen, die nach Ausbruch der Weltfinanzkrise offenbar gewordene Finanzmacht Deutschlands auszuspielen. Die Abhängigkeit nicht allein der Franzosen vom deutschen Kapital ist übrigens weit größer als den meisten bekannt.
Es ist wohl nicht nötig zu erwähnen, dass die von den europäischen Schuldnerstaaten geforderten Strukturen zu Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit als deutsches Diktat empfunden werden. Die Abneigung der Griechen, Spanier, Italiener und der Franzosen gegenüber Deutschland ist mit z.T. nahe 90 % der Bevölkerung hoch. Obwohl absehbar ist, dass die Spannungen je länger desto mehr zunehmen werden, denkt Merkel anscheinend aus Rücksicht auf deutsche Gläubiger nicht auf zumindest teilweise Rücknahme ihrer Forderungen an die betroffenen Mitgliedstaaten. Die Gefahr innereuropäischer Kriege, wie sie einige hochrangige europäische Politiker sehen, ist wohl nicht hoch. Doch ich bin mir ziemlich sicher, dass sich im Hintergrund eine Anti-Merkel-Allianz bildet oder bereits gebildet hat.
Politiker wissen sich diplomatisch auszudrücken. Wenn aber mal einer wie Jean-Claude Juncker sich wie folgt äußert, muss von gewaltigen Spannungen innerhalb der Europäischen Union ausgegangen werden:
Um Merkels Vorbehalte wissend, versucht Juncker jetzt, bei der CDU-Vorsitzenden guten Eindruck zu machen. Die Bundeskanzlerin sei “eine begnadete Erzählerinâ€, schrieb Juncker in einem Namensbeitrag für das “Handelsblattâ€. Es sei daher “richtig und gut, dass Angela Merkel Deutschland und Europa führtâ€, so Juncker.*)
*) DER SPIEGEL, Ausgabe Nr. 1/ 30.12.13
Offensichtlich hat der SPIEGEL-Vertreter nicht bemerkt, was Juncker mit seinen Worten sagen wollte. Kann aber durchaus sein, dass auch Merkel dies nicht bemerkt...
Merkels Politik wird in Europa jedenfalls zu Veränderungen mit dramatischen Folgen führen. Die eigentliche Neuordnung fällt nicht mehr in ihre Amtszeit - Frau Merkel fehlt das nötige Format -, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit in die ihres Nachfolgers.