sven23 hat geschrieben: ↑Fr 14. Mai 2021, 17:53
Die Zeichen deuten eher auf einen religiösen Eiferer/Fantatiker hin, der eine noch strengere Auslegung der moasaischen Gesetzte forderte. Nur so konnte man seiner Meinung nach dem unmittelbar bevorstehenden Gottesgericht entgehen. Möglicherweise hatte er größere Symphatien und engere Verbindungen zu den Zeloten, als den Evangelisten lieb sein konnte. Die Hinrichtung durch die Römer deutet auf jeden Fall ganz klar in Richtung Aufruhr oder Anstiftung zum Aufruhr. Da verstanden die Römer keinen Spaß, wie sie oft bewiesen haben
Das ist gut möglich, weil ja sogar nach dem NT (!) Zeloten in der Jüngerschaft waren. Nur für die, die es nicht wissen : Zeloten waren zur Zeit Jesus bei den Römern so beliebt, wie die RAF in den 70er und 80ern in Deutschland. Und als heimtückische Wegelagerer gegen die Staatsmacht durchaus vergleichbar.
Es kann sein...aber auch nicht. Bisher ist bei mir hängengeblieben, als Jesus auf die politische Fangfrage antwortete: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott was Gottes ist. Theoretisch ist natürlich auch möglich, dass dies "später eingeschoben wurde". Aber: Genau dieser Satz wurde die Grundlage der Zwei-Welten-Lehre, die viel Gutes bewirkt. Der Islam hängt ja genau an diesem Problem fest, da gibt es nur "Eine Welt", die Allahs. Und damit auch eine Staatsreligion (siehe alle islamischen Länder außer der Türkei, wobei letztere schon sich deutlich dahin bewegt durch die verlogene Türkeipolitik des Europäischen Westens).
Wenn ich AT und NT vergleiche ist der größte Unterschied: das AT denkt aus der Sicht der Staatsverantwortlichen, des Volkes Israels, das NT denkt aus der Sicht des einzelnen Gläubigen.
Und hier stecke ich an dieser Stelle (noch) gedanklich fest: der Staat setzt auf Böses Böses (also Strafe für Gesetzesübertretungen). Im politischen Bereich würde ich es auch nicht anders haben wollen und sehe keine Lösung mit dem NT: Böses mit Gutem zu überwinden. Also grundsätzlich wirken die Strafen des Strafgerichts und bewegen die Betroffenen in die richtige Richtung. Auch die atomare Abschreckung (und die ist wirklich böse) hat über ein Dreivierteljahrhundert gewirkt, zumindest insofern es keine Großauseinandersetzung der Hauptakteure gab. Und in der Politik sehe ich schlechte Karten für Sanftmut und Streicheln von Feinden. Im privaten Bereich, im alltäglichen Leben ist dies allerdings möglich und sogar zu empfehlen. Ich weiß nicht, wieviele Situationen ich schon entschärft hatte mit ruhig bleiben und Einfühlen in den "Gegner", da kann man mit Zugehen auf den anderen und harmoniestiftender Art viel erreichen. Auch für sich selbst (man wird liebevoller, wenn man das praktiziert und es gibt einem bei Erfolg ein sehr gutes Gefühl).
Früher als Kommunalpolitiker habe ich es etwas "hemdsärmlicher" gesehen. Ich war darauf bedacht grundsätzlich nicht zu lügen (ähm, aber nicht immer die Wahrheit an die große Glocke gehängt und innerparteilich zwar drüber diskutieren kann, aber an diesen Punkten die öffentliche Meinungsäußerung meidet) und vor allem: im Taktieren immer deutlich weniger brutal als die Gegenseite zu sein. Einfach, weil man es ohne nicht schafft und so auf Dauer auch der "böse Level" runtergeschraubt wird.
Durch diese sehr unterschiedliche Ausrichtung von AT und NT sehe ich es nicht als so wahrscheinlich an, dass Deine berechtigt vorgebrachte Möglichkeit auch zutrifft (Jesus als politischer Fanatiker).
Naqual hat geschrieben: ↑Fr 14. Mai 2021, 09:29
Und die Philosophie mit dem das Böse mit Gutem zu überwinden, gehört dazu.
Wäre das Yin-Yang Prinzip nicht eine Alternative zum Dualismus, den übrigens die Kirche immer abgelehnt hat?
Im Yin-Yang gibt es auch gegensätzliche Kräfte, die sich aber nicht bekämpfen, sondern gegenseitig ergänzen.
Da bin ich jetzt hängengeblieben inwieweit man die Dualität gut-böse auf Yin und Yang anwenden kann. Ist problematisch, da eine völlig andere Gedankenwelt dahinter steckt.
Man müsste erst einmal um auf Yin und Yang zurückzukommen die Verurteilung von Böse rausnehmen (z.B. ein anderes Gegensatzpaar: angenehm-unangenehm) denn bei Yin und Yang geht es ja nicht um die Überwindung von Yang durch Yin oder andersherum. Sondern alles ist mit beiden durchdrungen und beides muss ins Gleichgewicht gebracht werden. Also man muss im Denken dieser Philosophie "die Mitte" finden (nicht die Dualität verlassen). So ähnlich wie z.B. in der Erziehung: zuviel Erziehung (oder sehr strenge) schadet, zuwenig Erziehung aber auch. Also die Mitte. Ansonsten ist Yin und Yang eher so wie wie Plus und MInus bei ner Batterie. Beide Polen werden gebraucht, aber man muss nicht einen Pol überwinden um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Aber die Yin-Yang-Philosophie ist interessant und hat was!
Wobei Yin und Yang dual gedacht ist, also insofern den Dualismus nicht überwinden kann (das hätte mir jetzt auch als erstes gleich einfallen können...LoL. ) . Es ist eher so, als wenn hier Spannungsverhältnisse nutzbar gemacht werden. Unterschiede haben Sinn wenn man sie zusammenarbeiten lässt.
Wie kommst Du darauf, dass die Kirche den Dualismus ablehnt? Beispiele? (Oder meintest Du die lehnten Yin-Yang ab? Das wäre klar, Aral verscherbelt kein Esso und wenns nur der andere beigemengte Farbstoff ist.)
Achja, es kann sein, dass meine Begrifflichkeit bei "Dualismus" eine andere ist. Bei mir ist es das Gegenstück zu "Monismus".